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Volkswagen: Viele richtungsweisende Termine im April - Der April wird kein Scherz für Volkswagen

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Jahresbilanz, Zwischenbericht zum Abgasskandal, ein Ultimatum läuft ab: Viele mit Spannung erwartete Termine machen den April zum "Schicksals-Monat" für Volkswagen.

Bei der Präsentation der Jahresbilanz wird VW auch einen Zwischenbericht zur Aufarbeitung der Manipulationen vorstellen Bei der Präsentation der Jahresbilanz wird VW auch einen Zwischenbericht zur Aufarbeitung der Manipulationen vorstellen Quelle: picture alliance / dpa

Wolfsburg - Auf den April würden sie bei VW wohl auch in diesem Jahr am liebsten verzichten. Wie schon 2015 könnte der Frühlingsmonat einen unrühmlichen Platz in den Geschichtsbüchern von Europas größtem Autohersteller einnehmen.

"Schon wieder April", heißt es durchaus augenzwinkernd aus dem VW-Aufsichtsrat. Im vergangenen Jahr tobte der Machtkampf zwischen dem VW-Patriarchen Ferdinand Piëch und dem damaligen Konzernchef Martin Winterkorn. Und diesen April stehen die wichtigsten Wegmarken im Abgas-Skandal an.

Ende des Monats will der Vorstand um Chef Matthias Müller die mit Spannung erwartete Jahresbilanz präsentieren. Zudem steht auch der Zwischenbericht zur Aufarbeitung der Manipulationen an. Die US-Kanzlei Jones Day untersucht die Schuldfrage im Auftrag des Aufsichtsrates. Beide Veröffentlichungen dürften Volkswagen einmal mehr in die weltweiten Schlagzeilen katapultieren.

Nach dem Rücktritt von Martin Winterkorn hat Matthias Müller das Ruder beim VW-Konzern übernommen Nach dem Rücktritt von Martin Winterkorn hat Matthias Müller das Ruder beim VW-Konzern übernommen Quelle: picture alliance / dpa

Am 21. April läuft außerdem das zweite Ultimatum von US-Richter Charles Breyer aus. Bis zu dieser Gnadenfrist sollen VW und die US-Behörden eine Lösung für die manipulierten Diesel in den USA gefunden haben - und das dürfte "schmerzhaft" werden, wie Winterkorns-Nachfolger Müller vor kurzem sagte. Richtiggehend Angst habe zwar niemand vor dem, was da im April nun kommen mag, aber dennoch sei er längst als "Monat der Wahrheit" im Gespräch, sagen einige VW-Kontrolleure.

Die Winterkorn-Ära ist Vergangenheit

Der April 2016 könnte noch ungemütlicher ausfallen als jene unvergesslichen Wochen im Frühjahr 2015: Vom 10. bis 25. April lief der Machtpoker an der VW-Spitze. Mit den Worten "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn" hatte Piëch den Kampf eröffnet. Am Ende legte er überraschend seine Ämter im VW-Konzern nieder.

Winterkorns besetzte nur kurz die Spitze. Seit dem 25. September 2015 ist sein Name nur noch VW-Historie. An dem Tag trat er zähneknirschend von der Konzernspitze zurück. Kurz zuvor hatte VW zugegeben, bei mehr als elf Millionen Diesel-Autos die Abgaswerte manipuliert zu haben.

"Die Winterkorn-Zeit ist endgültig vorbei", heißt es heute aus dem Aufsichtsrat. Trotzdem dürfte wohl auch Winterkorn die Nachrichten von Volkswagen im April von seiner Münchner Villa aus sehr aufmerksam verfolgen. Sowohl bei den Jahreszahlen als auch im Bericht von Jones Day zur Abgas-Affäre wird der ehemalige Top-Manager unfreiwillig eine zentrale Rolle einnehmen. Winterkorn, der angeblich jede Schraube im Konzern kannte und prüfte, pflegte ein ähnlich hierarchisch geprägtes Führungsverständnis wie Piëch. Nun sind sie nur noch indirekt dabei.

VW muss die Kosten der Diesel-Affäre beziffern

Volkswagen wird in der Bilanz erstmals Angaben zur Höhe der zu erwartenden Kosten für den Abgas-Skandal bekanntgeben Volkswagen wird in der Bilanz erstmals Angaben zur Höhe der zu erwartenden Kosten für den Abgas-Skandal bekanntgeben Quelle: picture alliance / dpa

Finanziell könnte der April 2016 diesmal richtig unangenehm werden. Denn die bisher erfolgten knapp 7 Milliarden Euro an Rückstellungen für die Diesel-Krise scheinen beileibe nicht auszureichen. Jener vorläufige Finanzpuffer für die Rückrufe hatte dem Konzern im dritten Quartal 2015 bereits den ersten Verlust seit mehr als 20 Jahren eingebrockt. Nun, im April zur Jahresendabrechnung, muss VW erstmals das gesamte Ausmaß des Diesel-Debakels in seiner Bilanz finanziell einschätzen. Dazu gehören auch mögliche Strafen und Klagerisiken.

Seinen Aktionären muss der Konzern laut Satzung trotz der Krise eine Minimal-Dividende zahlen - falls es einen Gewinn auszuschütten gibt. Die 4,80 Euro pro Vorzugsaktie und 4,86 Euro pro Stammaktie aus dem vergangenen Jahr sind schon ins Unerreichbare gerückt. Im Falle einer Nullrunde - wie jüngst aus dem Aufsichtsrat zu hören war - würde der Druck auf Vorstand und Aufsichtsrat noch einmal weiter steigen.

Auf die Bilanz Ende April warten noch Andere mit Interesse: Da sind zum einen die US-Justizbehörden, die insbesondere die Höhe der Rückstellungen sehr interessieren dürfte. Denn mit der Zahl muss VW sich beim Poker um die Höhe der Strafzahlungen in den USA in die Karten schauen lassen. Im Aufsichtsrat kursiert eine Spannbreite von 20 bis 30 Milliarden Euro - samt dem Hinweis, dass es eher Letzteres werden dürfte.

Zum anderen sind da aber auch die Ratingagenturen, die bei einer zu hohen Rückstellung ihre Prognosen für VW verschlechtern dürften. Das würde künftige Kredite für Volkswagen verteuern.

Schuldfrage soll geklärt werden

Für viele im Konzern mit seinen gut 600.000 Mitarbeitern ist vermutlich der Jones-Day-Bericht die zentrale Botschaft im April. Immerhin erhofft sich die Öffentlichkeit eine Antwort auf die Schuldfrage, die seit mehr als sieben Monaten über allem schwebt. Sind die Manipulationen das Werk einer kleinen Gruppe, die jahrelang unerkannt im Geheimen arbeitete? Oder trägt auch der VW-Konzernvorstand, gar am Ende Winterkorn selbst, eine Mitschuld beim Einbau der Betrugs-Software?

Anfang März hatte Niedersachsens Regierungschef und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) schon vor neuen Hiobsbotschaften gewarnt: "Wir werden in diesem Jahr immer mal wieder mit unangenehmen Nachrichten im Zusammenhang mit "Dieselgate" konfrontiert werden." Es darf ihm unterstellt werden, dabei auch an den Monat April gedacht zu haben.

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