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Fahrbericht Jaguar XKR-S Cabrio - Blubbern, Fauchen, Brüllen, Gleiten

verfasst am

VON BJÖRN TOLKSDORF

Ein bisschen Rasen, ein bisschen Reisen. Das XKR-S Cabrio ist ein Supersportler für Superreiche, die sich nicht zwischen Adrenalin und Eleganz entscheiden können. 550 PS im MOTOR-TALK-Test.

Irgendwie ist es ein Treppenwitz der Geschichte. Jaguar, eine Perle englischer Automobiltradition, ist fest in der Hand eines in der ehemaligen Kolonie Indien beheimateten Konzerns. Tata Motors (so heißt die Jaguar-Mutter) tut den Briten gut, scheinbar sogar sehr gut. Und bislang deutlich besser als Ford, unter deren Dach die Marke bis 2007 parkte.

Elegante Seitenlinie Elegante Seitenlinie Eine echte Ansage

550 PS, Heckantrieb und ein Dach nach Belieben sagen mehr als alle folgenden Worte. Wir schreiben trotzdem noch ein paar. Denn Ihr solltet wissen: Das XKR-S Cabrio wird längst nicht mehr für Nostalgiker oder patriotische, britische Earls gebaut. Im Gegenteil: Es hat ein Sportfahrwerk, dass dem Gentleman die Kronen wackeln lässt. Knochentrocken, bretthart. Und trotzdem samtig.

So vielversprechend das klingt, so klingt es auch: Der Motor blubbert kräftig und tief, nachdem ich ihn per Knopfdruck mit Benzin befeuere. Und während ich sanft vom Parkplatz gleite, jault mir ein Jaguar-Mitarbeiter noch etwas von Hecktriebler, Leistung, Unwägbar....hinterher. Egal, raus auf die Landstraße, rein ins Leben. Später dünkt mir dann, was der Mann meinte. Einmal kurz das Gas gepresst und hui, drehen die Hinterräder durch. Völlig unbritisch, diese Macho-Attitüde. Aber echt geil.

Noch viel mehr Spaß machen die bis zu 680 Nm. Wenn der XKR-S lossprintet, der Auspuff glüht und Wind wie Sturm durch die Haare wirbelt, dann verliert auch der Jaguar kurz seine Contenance und faucht, brüllt und donnert, dass es eine Wonne ist. Die britisch-indischen Entwickler geben zu: Dahinter steckt ausgefeiltes Sounddesign. Und das verfehlt nicht seinen Effekt. Auch alle anderen Verkehrsteilnehmer in dem von mir genutzten Landstraßenabschnitt wissen jetzt, dass der Jaguar und ich ein verdammt lautes Team sind.

Straff, aber nicht unkomfortabel

Das „straffste Jaguar-Fahrwerk aller Zeiten“ zeigt dabei vorbildliche Manieren. Das Fahrzeug soll so bei Geschwindigkeiten von über 300 km/h noch beherrschbar bleiben. Unterstützend wirkt da der neckische Heckspoiler mit Karbon-Mittelteil. Er hilft, den Auftrieb zu mindern, damit die Hinterräder hübsch fest auf dem Asphalt bleiben.

Von 300 km/h bleibe ich heute weit entfernt. Trotzdem stelle ich fest: Straff heißt nicht unkomfortabel. Dazu ein kleiner Witz: Was haben Angela Merkel und der XKR-S gemeinsam? Beide lässt das poltrige Patchwork uckermärkischer Landstraßen völlig ungerührt.

Sehr hübsch zum Frühling und für Romantiker: Bis 90 km/h kann man sich bei offenem Verdeck noch zärtlich flüsternd unterhalten. Eingerahmt von den prächtigen Alleen in diesem Landesteil.

Wohlfühlraum für intime Diskussionen

Für intensivere Besprechung kann man während der Fahrt (bis 20 km/h) das Dach schließen. Überhaupt reist es sich drinnen hübsch.

Leder, Alu, Karbon Leder, Alu, Karbon Edles Leder, Karbon und Aluminium formen eine Bedienkulisse aus erfreulich wenig Schaltern. Im Gegenzug verstecken sich viele Features im Innern des Bordcomputers. Zu den Notsitzen nur ein Kommentar: Es muss wirklich Not herrschen, um hier sitzen zu wollen. Immerhin eignen sie sich als Ablage.

Wer jetzt noch über Sinn und Unsinn solcher Hochleistungs-Sportwagen streiten möchte, bitte schön. Das Forum ist groß. Aber mich hat längst der kindliche "Will-Haben-Effekt" eingenommen.

Eigentlich zu billig?

Aber einen Gedanken gibt es noch, also aufgepasst: Eigentlich ist das Auto viel zu billig. Billig? Bei 138.100 Euro Einstandspreis? Schien denn die Sonne so arg? In der Tat ist es so. Mit Blick auf die Konkurrenz, z.B. dem neuen SL 63 AMG von Mercedes sieht der Jaguar XKR-S plötzlich vergleichsweise schottisch aus. Immerhin kostet er fast 20.000 Euro weniger als das, was Mercedes für den SL63 AMG verlangt. Als Schnäppchen gilt er dennoch nicht. Das wäre dann doch übertrieben.

Ein Platz an der Sonne Ein Platz an der Sonne Fazit

Galt Jaguar unter Ford-Führung oft als teures und schlecht gemanagtes Schmuckstück, lebt die Marke unter indischer Ägide auf. Tata Motors investiert viel und gewährt Rückendeckung am stürmischen Markt. Im abgelaufenen Jahr erwirtschaftete Jaguar einen Gewinn von 840 Mio. Euro.

Vor allem in Indien, aber auch in China, sind die britischen Edelkatzen gefragt wie selten zuvor. Deshalb wird die Produktion des kleinen Roadsters F-Type auf Mitte 2013 vorgezogen. In England entstehen so mehrere tausend Arbeitsplätze.

Modell: Jaguar XKR-S Cabrio

Motor: 5,0 Liter-Kompressor V8

Getriebe: Sechsstufen-Automatik

Leistung: 550 PS (405 kW)

Verbrauch: 12,3 Liter/100 km (kombiniert, NEFZ)

CO2: 292 g/km

0 – 100 km/h: 4,4 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h

Länge x Breite x Höhe: 4,79 m, 1,89 m, 1,31 m

Kofferraum: 330 Liter

Preis: 138.100 Euro

Marktstart: März 2012

Quelle: MOTOR-TALK

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