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VW Polo 6 2017: Erste Fahrt im Erlkönig - Besser, sparsamer, aber nicht spannender

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Volkswagen bringt im Herbst den neuen Polo, mit neuer Technik und neuer Plattform. Das sieht man ihm kaum an. Erste Fahrt im noch getarnten Prototypen des Kleinwagens.

Das ist der Neue: Vieles am komplett neuen, sechsten Polo wirkt altbekannt. Aber unter dem Blech steckt eine neue Architektur Das ist der Neue: Vieles am komplett neuen, sechsten Polo wirkt altbekannt. Aber unter dem Blech steckt eine neue Architektur Quelle: Volkswagen

Von Stefan Grundhoff

Johannesburg – Beim Polo ging VW stets auf Nummer sicher, mehr noch als beim Golf. Das hat sich seit 30 Jahren kaum geändert: Viel unauffälliger als in einem VW Polo kann man kaum unterwegs sein. Doch so blass und unscheinbar der Polo daherkommt: Grobe Fehler, Unzulänglichkeiten und Defizite leistete sich VW selten. Auch deshalb gehört der Polo zu den wertstabilsten Modellen unterhalb der Mittelklasse.

Die gute und die schlechte Nachricht: Daran wird sich beim sechsten Polo wohl nichts ändern. Weiter so, lautete die Vorgabe an die Entwickler. Der neue Polo soll das beste Modell seiner Klasse werden. Das bedeutet zunächst einmal, aufzuholen: Hyundai oder Opel haben die Viermeter-Marke längst bei ihren Kleinwagen geknackt, nun zieht VW nach. Mit einer Länge von 4,05 Meter erreicht der VW Polo künftig das Format des VW Golf III.

"Der neue Polo ist ein Technologiesprung"

Mit 4,05 Metern Länge überschreitet auch der Polo die Viermeter-Marke. Andere Kleinwagen haben dies bereits getan Mit 4,05 Metern Länge überschreitet auch der Polo die Viermeter-Marke. Andere Kleinwagen haben dies bereits getan Quelle: Volkswagen

Noch getarnt steht der Polo vor uns. Proportionen, Kanten und Knicke erinnern ans aktuelle Modell, seit 2009 auf dem Markt. Trotzdem wurde der Polo komplett neu entwickelt und steht auf einer neuen Plattform. VWs Standardbaukasten für Quermotoren ("MQB") erhält im Kleinwagensegment den Namenszusatz A0. Vermutlich nicht mehr vorgesehen ist der Dreitürer, auch wenn VW das offiziell noch nicht bestätigt.

So emotional wie Ford Fiesta oder Renault Clio wirkt der Polo nicht. Weder außen noch innen, trotz grundlegender Neuentwicklungen. Dazu hat VW natürlich eine andere Meinung: „Der Polo ein Langweiler? Wir haben beim Up gelernt, wie man ein buntes, lebenslustiges Auto macht. Davon lassen wir uns auch beim Polo inspirieren“, widerspricht Klaus-Gerhard Wolpert, Leiter der kleinen Baureihe bei Volkswagen.

Er ergänzt: „Wir haben innerhalb der Klasse einen riesigen Schritt gemacht. Der neue Polo ist ein Technologiesprung, auch weil wir unseren wichtigsten Baukasten nach unten ausgerollt haben.“ Dabei muss allerdings erwähnt werden, dass Seat beim neuen Ibiza als erste Konzernmarke die neue Plattform nutzen darf.

Dieser Sprung sollte sich erfahren lassen. Das Thermometer zeigt mehr als 38 Grad und die vorausfahrenden Fahrzeuge wirbeln mächtig Staub auf. Als die Straßen ruppiger und rütteliger werden, überrascht der Polo trotz Prototypenstand: kaum Knarzen, kaum Knirschen. Das könnte auch ein Golf sein, der hier mit Tempo 100 über die Landstraße rollt.

Die Seriensitze sind bequem und haben allemal Langstreckenqualitäten. So wenig sich in der ersten Reihe beim Platzangebot getan hat, im Fond sitzt es sich bequemer, weil Knie und Oberkörper nach vorn und zur Seite mehr Platz haben. Der Laderaum wuchs auf rund 350 Liter (bisher: 280 l).

Dreizylinder bis 115 PS

Das Fahrwerk federt locker über den rauen Asphalt hinweg und wirkt dabei nicht weich oder schwammig. Die direkte Lenkung ist klasse. Weniger überzeugend wirkt der rasselnde Klang des aufgeladenen 1,0-Liter-Dreizylinders, gerade bei niedrigem Tempo. Mag sein, dass im finalen Entwicklungsprozess noch ein paar Vibrationen gebügelt werden, doch ein entspannter Leisetreter ist der Motor beim besten Willen nicht.

Unter die Haube des künftigen Polo pflanzt VW in erster Linie Dreizylinder. Dieselmotoren wird es nur noch mit mit SCR-Kat geben. CNG bleibt im Programm Unter die Haube des künftigen Polo pflanzt VW in erster Linie Dreizylinder. Dieselmotoren wird es nur noch mit mit SCR-Kat geben. CNG bleibt im Programm Quelle: Volkswagen Dafür spricht das 115 PS und 200 Newtonmeter starke Motörchen gut, spontan und kraftvoll an, dennoch wünscht man sich manchmal einen Vierzylinder herbei. Dafür muss man jedoch zum 200 PS starken Polo GTI greifen. Oder darauf hoffen, dass Volkswagen seinem Polo genau wie Seat dem Ibiza auch den 1.5 TSI verordnet. Der wäre allerdings mit 150 PS kein Massenmotor. Dreizylinder werden beim neuen Polo die Regel sein.

VW will Varianten mit 65 PS oder 75 PS ohne Turboaufladung anbieten sowie Turboversionen mit 95 oder eben 115 PS. Der stärkste Dreizylinder soll 4,5 Liter pro 100 Kilometer verbrauchen. Da wird die Luft auf der Dieselseite dünn - zumal der neue Polo TDI serienmäßig den aufwändigen und teuren SCR-Kat an Bord hat. Zum Marktstart gibt es zwei 1,6-Liter-Selbstzünder mit 80 und 95 PS. Eine Version mit 115 PS könnte folgen.

Elektrifizierung ist möglich, aber nicht geplant

Die schwächeren Motoren schalten mittels der bekannten Fünfgang-Handschaltung, die stärkeren lassen dem Kunden die Wahl zwischen manuellem Sechsganggetriebe oder dem siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebe. „Wir bieten zudem CNG und Partikelfilter für alle Benziner an“, sagt Wolpert, und: „die Plattform ist auch für ein batterieelektrisches Fahrzeug ausgelegt. Doch das bezahlt in dieser Klasse keiner. Dazu ist das Segment zu preissensitiv für 20 Prozent Mehrkosten. So etwas kommt daher nur, wenn regulatorisch etwas passiert.“

Die Entwicklungsphase des neuen VW Polo ist beendet. Anfang Juni wird der neue Kleinwagen sich erstmals offiziell ohne Tarnfolie zeigen. Bis zu Marktstart kurz nach der IAA vergeht noch fast ein halbes Jahr. An den Preisen will VW nicht viel tun: „Der Preis des neuen VW Polo soll auf dem alten Niveau bleiben“, sagt Wolpert, „der Kunde bekommt mehr Wert für sein Geld.“ Ebenfalls fest eingeplant ist ein Polo-SUV. Entwicklungsname: T-Cross.

Technische Daten: VW Polo 6 1.0 TSI

(vorläufige Angaben)

  • Motor: Dreizylinder-Turbobenziner
  • Hubraum: 999 ccm
  • Leistung: 115 PS (85 kW)
  • Max. Drehmoment: 200 Nm zwischen 2.000 – 3.500 U/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h
  • Länge: 4,05 m
  • Breite: 1,75 m
  • Höhe: 1,45 m
  • Verbrauch: ca. 4,7 l/100 km
  • CO2: 108 g/km
  • Leergewicht: ca. 1.100 kg
  • Kofferraum: ca. 350 l

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