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matthias_p

Für mich spannende Themen, vorrangig rund um historische Fahrzeuge

Tue May 31 08:52:12 CEST 2022    |    matthias_p

Buchempfehlung Dieter Klauke (Fichtel & Sachs) "Wankelmotor - da war doch mal was?"

Irgendeiner schrieb mal, daß bei Technikthemen noch bis heute kaum anderswo soviel Gedöns gemacht wird wie beim Wankelmotor. In diesem Band wird mit vielem aufgeräumt. Dieter Klauke war Versuchsleiter bei Fichtel & Sachs und kennt die Kreiskolben-Entwicklung von "innen"; Fichtel & Sachs ist aber nur wenigen als Wankelmotoren-Hersteller geläufig. Er schreibt neben der selbst erlebten Technikgeschichte von den Vor- und Nachteilen, aber eben meiner Meinung nach auch ausführlicher als andere, was im Kern die wesentlichen, systembedingten Nachteile sind. Dies ist in Publikationen eher selten, da von anderen Autoren gern nur mitgeteilt wird, wie glorreich der Wankel doch angeblich gewesen sein soll. Mir selber fällt dazu noch ein:

  • Beim Wankelmotor verbrennt viel Kraftstoff erst im Auspuff, und leistet keine Arbeit mehr am Kolben. Ursache ist u.a. neben der langen Brenndauer in der Kammer auch die Transportgeschwindigkeit des Gemisches, der Kolben "dreht" es ja weiter und schneller, als das Gemisch verbrennt. Je höher die Drehzahl, je mehr. Eigentlich alle Wankelautos sind für "Fußbodenheizung" bekannt. Abgastemperaturen liegen 100 bis fast 250 Grad (Angabe Mazda) höher als beim HKM.
  • Von den Wankeljungs wird immer gern erzählt, der Kreiskolbenmotor wäre ja viel besser hinsichtlich Drehvermögen. Unglücklicherweise gibt es in allen Baujahren zu Wankelautos Hubkolbenmotoren, die höher drehten - Fiat Dino: roter Bereich bei 8000 U/min, Suzuki Hayabusa 11000 U/min, Formel 1 schon Ende der 1970er 12000 U/min, Mazda in Le Mans 1991 nur 9000 U/min - wieso eigentlich? Öl- und Kraftstoffverbrauch nehmen überproportional zu, die Reibung ebenfalls. Bei den 9000 U/min des 1991 Le Mans-Mazda sowie auch beim RX-8, der als Straßenauto die gleiche Drehzahl macht, dreht ein einzelner Kreiskolben nur mit 3000 U/min, dann muß der Wankelmotor schon die Segel streichen. Die 9000 Touren sind die Exzenterwellendrehzahl, aber nicht die "Kolbendrehzahl".
  • Autoren wie Dieter Korp zeichneten wiederkehrend das Bild, der Felix, eher Außenseiter, nimmt es ganz allein mit der gesamten Automobilindustrie auf. So war es nicht. Am Wankel haben weltweit fast alle (aber nicht alle) großen Firmen geforscht, und dies für 10-15 Jahre. Wieviel Milliarden Dollar wurden hier eigentlich in Summe "verbrannt"? Hat das mal jemand ausgerechnet?
  • Gern wird auch immer behauptet, der Wankel - als eigentlich stramm-deutsche Erfindung - da hätten die Japaner (Mazda) "uns was vorgemacht" und gezeigt, wie man damit Geld verdient. Mazda hatte die meiste Zeit wohl Wankelautos nur im einstelligen Prozentbereich am Gesamtausstoß verkauft, also eigentlich verzichtbar. Nur kurzzeitig, Ende 60er bis ganz frühe 70er, gab es bei Mazda eine Fülle von Kreiskolben-Modellen. Und man unterstreicht bis heute gern, wie haltbar die Wankel bei Mazda eigentlich seien (besser: gewesen sein sollen). Ich habe letztens erst einen Auto, Motor und Sport Bericht aus 1980 entdeckt, es gab eine Sammelklage von Mazda-Besitzern in den USA für Autos der Baujahre 1970-1975, Schadensersatz wegen zerbröselnder Dichtleisten. Und dies, obwohl man damals ja nur streng 55 mph fahren durfte. Betraf also nicht nur die frühen Jahre bei NSU.
  • Erstaunlich finde ich seitens der letzten verbliebenen, heutigen RX-8-Besitzer übrigens, daß häufig davon berichtet wird, die Autos hätten ihre angegebene Leistung nicht. Wer sich jetzt noch für RX-8 interessieren sollte, könnte vor einem Kauf vielleicht mal die Suchstrings anwenden "abgesoffen" / "Absaufen" / "Kompression prüfen" / "Zündspulen" / "Katalysator" / "geschmolzener Kat". Gibt aber noch viel mehr Problempunkte, spannend fand ich diverse Aussagen von RX-8-Besitzern im Ro80-Clubforum, sucht selbst bei Interesse.

Das Buch ist meinerseits eine Empfehlung, eigentlich für alle Automobilinteressierten, kostet nämlich nur so ca. 10 Euro und liest sich flüssig. Ich habe übrigens keinerlei Beziehung zum Autor oder zum Verlag.

Grüsse Matthias

klaukeklauke

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