Medien: Abgasbericht des KBA für Autohersteller geschönt

Vorwurf: Kritische Passagen getilgt

MOTOR-TALK

verfasst am Fri Dec 09 12:08:11 CET 2016

Laut Medienberichten wurden im Bericht zu Abgasuntersuchungen des KBA kritische Passagen getilgt. Zweifel an der Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen blieben unerwähnt.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (l., CSU) und der Leiter der Untersuchungskommission Volkswagen, Michael Odenwald (SPD) stellten im April die Ergebnisse der Abgasuntersuchungen vor. In dem Bericht sollen zuvor kritische Passagen getilgt worden sein
Quelle: dpa/picture-alliance

Berlin - Es nimmt kein Ende. Gerade hat Brüssel ein Verfahren gegen Deutschland wegen mutmaßlicher Versäumnisse im Abgas-Skandal eingeleitet, schon gibt es neuen Ärger. Jetzt erhebt die Opposition ernste Vorwürfe gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und das Verkehrsministerium. Im Abschlussbericht zu den Abgasuntersuchungen seien kritische Passagen einfach getilgt worden, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Oliver Krischer.

Nach Recherchen von "Spiegel Online", "BR Recherche" und der Deutschen Presse-Agentur (dpa) waren in dem Bericht bei 14 Pkw-Modellen Zweifel an der Zulässigkeit der Abschaltung der Abgasreinigung formuliert worden. Die entsprechenden Stellen tauchten demnach in Entwurfsversionen auf, im fertigen Untersuchungsbericht nicht mehr.

Zwar sind in der Endfassung des Berichts vom April die 14 Modelle einer Gruppe zugeordnet, deren Stickoxid-Werte im Abgas "technisch nicht ausreichend erklärbar schienen". Aus den Beschreibungen der einzelnen Modelle wurden die Passagen allerdings gestrichen.

Enge Zusammenarbeit beim Abschlussbericht des KBA

Wie eng das KBA und die Hersteller für den Untersuchungsbericht zusammenarbeiteten, ging bereits aus E-Mails hervor, deren Inhalt die Deutsche Presse-Agentur, "Spiegel Online" und "BR Recherche" einsehen konnten. "Die Unschuld der Hersteller scheint im Kraftfahrtbundesamt schon dann erwiesen, wenn die Hersteller dies in einer kurzen Mail beteuern", sagte Krischer, der die Grünen-Fraktion als Obmann im Untersuchungsausschuss zur Diesel-Affäre vertritt. KBA-Chef Ekhard Zinke verstehe sich "offensichtlich als Dienstleister der Autoindustrie und nicht als Leiter einer Überwachungsbehörde."

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte im September 2015 die "Untersuchungskommission Volkswagen" eingesetzt. Außerdem ordnete er Abgas-Nachmessungen durch das KBA bei VW und anderen Herstellern an. Die Ergebnisse dieser Messungen finden sich in dem Bericht der Untersuchungskommission, der im April veröffentlicht wurde.

Zweifel an der Zulässigkeit bei Opel-Modellen

Im Fall der Opel-Modelle Insignia und Zafira verwiesen die Autoren in früheren Versionen des Berichts auf ein Gutachten des Experten Georg Wachtmeister von der Technischen Universität München. Unter anderem ging es darum, dass bereits ab 17 Grad Außentemperatur das Abgas nicht mehr richtig gereinigt wurde. Wörtlich hieß es dazu im Entwurf: "Dieses Gutachten stützt die Zweifel an der Zulässigkeit dieser temperaturabhängigen Emissions-Minderungs-Strategie." Dieser Hinweis fehlt in der veröffentlichten Fassung des Berichts.

Auf Anfrage verwies Opel darauf, dass nur Ministerium und KBA Fragen zur Untersuchungskommission beantworten könnten. Das Ministerium teilte mit, bei den 14 Fahrzeugen habe die Kommission Zweifel gehabt, ob die Abschaltung der Abgasreinigung "vollumfänglich mit Motorschutzgründen gerechtfertigt werden können und damit zulässig" sei. Darum seien sie in die entsprechende Gruppe von Fahrzeugen eingeordnet worden. Auf Fragen nach der Streichung der Textpassagen ging das Ministerium nicht ein.

Belege für illegale Abschalteinrichtungen ignoriert?

Am Donnerstag hatte die EU-Kommission ein Mahnverfahren gegen Deutschland und sechs weitere Staaten eingeleitet. Brüssel wirft der Bundesrepublik vor, sie habe VW nicht für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft und halte Informationen über technische Daten zurück. Auch gegen Tschechien, Litauen, Griechenland, Luxemburg, Spanien und Großbritannien leitete die EU-Behörde sogenannte Vertragsverletzungsverfahren ein.

"Aus den Akten geht eindeutig hervor, dass dem Verkehrsministerium nicht nur im Fall VW Belege für illegale Abschalteinrichtungen vorlagen", sagte Linke-Politiker Herbert Behrens, der dem Untersuchungsausschuss des Bundestags vorsitzt. "Warum und durch wen die eigenen Erkenntnisse schließlich zensiert wurden, wird im Untersuchungsausschuss zu klären sein."

Quelle: dpa

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