Bugatti Chiron: Produktion in Molsheim, Bilderstrecke

So entsteht der 1.500-PS-Bugatti

Björn Tolksdorf

verfasst am Sat Feb 11 17:41:17 CET 2017

Bugatti zeigt uns in einer Bilderserie, wie der 1.500-PS- Chiron entsteht. Das Molsheimer Werk erinnert dabei mehr an einen OP-Saal als an ein Autowerk. Und der Prüfstand produziert Strom.

Der Motor wird vormontiert aus dem VW-Werk Salzgitter angeliefert. Und zwar "just in time"
Quelle: Bugatti

Molsheim - In den meisten der weltweit rund 120 Produktionsstätten des VW-Konzerns wird nach hochautomatisierten Prozessen produziert: Fließband, Roboter, Gleichteile, Baukasten. Etwas anders funktioniert der Autobau im Bugatti-Werk Molsheim. Dort ist die Produktion des 1.500-PS-Supersportwagens Chiron mittlerweile voll angelaufen.

Wie man sich "Produktion" bei Bugatti vorstellen muss, dokumentiert die Konzernmarke nun in einer Bilderserie. Die Produktionsräume wirken steril wie ein OP-Saal: Keine überpolierten Ölflecken am Boden, kein Gummiabrieb an Maschinen, keine mehrfach übergestrichenen Wände. Stattdessen besteht der Boden der gut 1.000 Quadratmeter großen Hallen aus hochglänzendem Kunststoff.

Hier schrauben 20 Mitarbeiter pro Jahr bis zu 70 Bugatti in Handarbeit zusammen. Das einzige elektronische Werkzeug ist ein elektrischer Drehmomentschlüssel. Dafür gibt es einen technischen Grund: Das Gerät speichert die verwendeten Anzugmomente, sie lassen sich später am Computer auslesen. Das ist wichtig, denn von den 1.800 Schraubverbindungen am 420-km/h-Auto muss für gut 1.000 Verbindungen das jeweils verwendete Anzugsmoment dokumentiert werden.

Der Motor kommt aus Salzgitter

Der fertige Chiron wird auf Dichtheit geprüft: Er muss für 30 Minuten in den Starkregen-Simulator
Quelle: Bugatti

Aktuell produziert Molsheim 12 Chiron gleichzeitig, die Auslieferungen starten dieser Tage. Der Aufbau eines Autos dauert sechs Monate, zwischen Bestellung und Auslieferung liegen neun Monate.

Noch ein Unterschied zu Großserien-Werken: Allzu viele Teile kann Bugatti am Standort Molsheim nicht einlagern. Die meisten Komponenten bestellt das Werk daher erst, wenn der Produktionsstart für das konkrete Auto feststeht. Darunter den 16-Zylinder-Motor, der vormontiert aus dem VW-Werk Salzgitter geliefert wird. Auch Monocoque und Rahmen werden vor der Montage schon einmal testweise zusammengesetzt und außerdem lackiert.

An 12 Stationen wird jeder Chiron in Molsheim zusammengesetzt. Allein die Montage des Chassis dauert eine Woche. Montiert wird zunächst nur der Vorderwagen, während das Heck komplett um den Antrieb herum aufgebaut wird.

Eine klassische "Hochzeit" gibt es bei Bugatti auch: Dabei werden Vorderwagen und Heck mit insgesamt 14 Titanbolzen verbunden. Ebenfalls reine Handarbeit. Erst danach werden die Betriebsflüssigkeiten aufgefüllt und der Motor zum ersten Mal gestartet. Danach geht es auf den Prüfstand, laut Bugatti der leistungsfähigste der Welt: Die Anlage kann bis zu 200 Kilometer pro Stunde und Beschleunigungen unter Vollast (1.500 PS) simulieren. Dabei entsteht so viel Energie, dass überschüssiger Strom ins kommunale Stromnetz eingespeist wird.

Erst testen, dann das finale Finish

Ebenfalls zum Check gehört das Simulieren von Starkregen. Erst wenn der Chiron sich dabei wasserdicht zeigt, wird der Innenraum eingebaut. Leder, Sitze, Metall und Carbon sind empfindlich. Außerdem testen die Techniker die Elektronik und stellen die Spur ein.

Alles Handarbeit: Hier setzen die Mitarbeiter das Fahrzeugheck rund um die Antriebseinheit zusammen
Quelle: Bugatti
Jeder Chiron wird vor der Auslieferung in "freier Wildbahn" getestet. Dafür wird die komplette Karosse mit Plastikfolie abgeklebt. Die Originalräder kommen dabei noch nicht zum Einsatz. Sie sind zu teuer, um auf der mehr als 300 Kilometer langen Fahrt durch die Vogesen Schäden zu riskieren. Der Trip beinhaltet eine Hochgeschwindigkeitsfahrt auf einem Flugfeld, und auch eine Autobahnfahrt.

Nach dem Straßentest wechselt Bugatti Betriebsflüssigkeiten und Unterboden montiert die Orginalräder und entfernt die Schutzfolie. Allein das dauert einen Tag. Erst dann wird die finale Lackschicht aufgetragen und dann im Lichttunnel auf Makellosigkeit überprüft. Wenn dabei ein Fehler gefunden wird, kann es bis zu drei Wochen dauern, das entsprechende Teil nachzuproduzieren.

Mit Großserienproduktion hat all das wenig zu tun, aber auch im Vergleich mit anderen Manufaktur-Produktionsstrecken betreibt Bugatti einen hohen Aufwand. Das kann man bei dem am Ende aufgerufenen Preis wohl auch erwarten. Wer will, kann beim Bau seines gut 2,8 Millionen Euro teuren Supersportlers auch Hand anlegen. Die meisten Kunden waren vor der Übergabe bereits mehrmals in Molsheim, zum Beispiel, um ihr Auto zu konfigurieren.

Mehr zum Thema: So klingt der 16-Zylinder im Bugatti Chiron

Bugatti Chiron: Technische Daten

  • Motor: 8,0-Liter-W16-Zylinder, vier Turbolader, doppelte Registeraufladung
  • Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Haldex-Allradantrieb
  • Leistung: 1.500 PS
  • Drehmoment: 1.600 Nm
  • Verbrauch: 22,5 l/100 km
  • 0 – 100 km/h: < 2,5 s
  • 0 – 200 km/h: < 6,5 s
  • 0 – 300 km/h: < 13,6 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 420 km/h (Top Speed, begrenzt), 380 km/h (andere Fahrmodi)
  • Länge: 4,54 m
  • Breite: 2,04 m
  • Höhe: 1,21 m
  • Preis: 2.856.000 Euro brutto
  • Gewicht: 2.070 kg (EU-Norm, inklusive Fahrer)

 

Quelle: Bugatti

Bugatti-Montagehalle "Atelier" in Molsheim/Frankreich. Das Gebäude wurde 2005 eingeweiht
Quelle: Bugatti
Auf etwas mehr als 1.000 Quadratmeter montieren die Mitarbeiter hier die Bugatti-Fahrzeuge. Die Prozesse ähneln denen anderer Kleinserienhersteller, das Ambiente wirkt etwas cleaner
Quelle: Bugatti
Hier wird der 1.500-PS-Motor mit 16 Zylindern mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe verschraubt
Quelle: Bugatti
Im Bugatti-Werk Molsheim/Frankreich
Quelle: Bugatti
Wichtigstes Werkzeug bei der Chassis-Montage ist ein Drehmomentschlüssel
Quelle: Bugatti
Die "Hochzeit" fällt bei Bugatti eine Nummer kleiner aus als anderswo: Monocoque und das Heck mit Motor werden verbunden
Quelle: Bugatti
Vier Techniker schieben den schweren Motor vorwärts. Das Heck des Supersportlers wird um den Motor herumgebaut
Quelle: Bugatti
Handgeschraubt: Nach der "Hochzeit" verbinden 14 Titanbolzen das Heck und das Monocoque
Quelle: Bugatti
Alles Handarbeit: Hier setzen die Mitarbeiter das Fahrzeugheck rund um die Antriebseinheit zusammen
Quelle: Bugatti
Nach eigenen Angaben betreibt Bugatti den leistungsstärksten Rollenprüfstand der Welt
Quelle: Bugatti
Wenn der Chiron auf dem Prüfstand fährt, fällt viel überschüssige Energie an. Die wird von Bugatti ins lokale Stromnetz eingespeist
Quelle: Bugatti
Das Seitenteil des Chiron ist laut Bugatti das größte Carbonteil, das derzeit in der Autoindustrie verbaut wird
Quelle: Bugatti
Der fertige Chiron wird auf Dichtheit geprüft: Er muss für 30 Minuten in den Starkregen-Simulator
Quelle: Bugatti
Drei Tage dauert der Einbau der Innenraumteile. Das liegt auch an den vielen Wahlmöglichkeiten, die Kunden bei einem millionenteuren Auto erwarten
Quelle: Bugatti
Für die finale Probefahrt muss jedes Exemplar auf die Straße und auf die Teststrecke. Dafür wird das Auto mit einer Schutzfolie versehen
Quelle: Bugatti
Für einige Tests muss der Bugatti schneller als 250 km/h bewegt werden. Das tun die Ingenieure auf dem Flugplatz Colmar, etwa 300 Kilometer vom Werk entfernt
Quelle: Bugatti
Muss auch gemacht werden: Ein Mitarbeiter prüft den korrekten Sitz der Heckkamera
Quelle: Bugatti
Im Lichttunnel wird die Lackierung auf Fehler überprüft
Quelle: Bugatti
Überprüfung der Spaltmaße: Immerhin holte Ferdinand Piëch die Marke einst in den VW-Konzern
Quelle: Bugatti
Bugatti-Produktion in Molsheim
Quelle: Bugatti
Gehört einfach dazu, wenn man ein Auto verkaufen will: Offizielle Verbrauchsangaben. Der kombinierte NEFZ-Verbrauch des Chiron beträgt 22,5 l/100 km
Quelle: Bugatti