Opel Insignia B Sports Tourer 2.0 Diesel: Test

Großer Opel-Kombi mit Stärken und Schwächen

Constantin Bergander

verfasst am Wed Aug 09 12:13:27 CEST 2017

Das letzte große Ding unter GM: Opel macht beim Insignia B vieles sehr gut. Leider fehlt es im Detail, und damit hier und da an Souveränität. Der Insignia Kombi im Test.

Opel Insignia: Der Sports Tourer streckt sich auf fast fünf Meter Länge und legt einen imposanten Auftritt hin
Quelle: mobile.de
  • Opel Insignia Sports Tourer 2.0 Diesel (170 PS): Ab 30.615 Euro
  • Bequeme Ergonomie-Sitze, gutes Raumgefühl
  • Komfortable Achtgang-Automatik
  • Unangenehme Abrollgeräusche, hölzernes Fahrwerk
  • Träger, durstiger Diesel

Berlin – Was für eine Entwicklung! Der Insignia Kombi macht zum Modellwechsel einen großen Schritt – vom pummeligen Außendienst-Arbeiter zum eleganten Gleiter. Opel streckt den Mittelklässler, schmeißt Knöpfe und Ballast raus, nutzt den Raum besser und verpasst ihm einen tollen Auftritt. Auf den ersten Blick wirkt der Sports Tourer imposant. Nicht nur wegen seiner Länge von fast fünf Metern.

Leider geht ihm auf halbem Weg die Luft aus. Opel patzt bei den Details. Die Assistenz reagiert nervös, die Materialauswahl wirkt halbherzig und der 2,0-Liter-Diesel mit 170 PS fährt träge und durstig. Schade, denn auf der anderen Seite stehen eine hervorragende Sitzposition, viel Platz und ein guter Preis.

Wir fuhren den Kombi Insignia Sports Tourer mit dem aktuell stärksten Selbstzünder (170 PS) und Achtgang-Automatik zwei Wochen lang im Alltag. Was uns aufgefallen ist, lest Ihr in der Detailwertung.

Karosserie und Platzangebot: Größe kommt von innen

Im Insignia gibt es viel Platz in Innen- und Kofferraum. Andere schaffen aber mehr Raum bei weniger Länge
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Die wichtigste Neuerung bei Generation 2: Das Platzangebot. Der Insignia B baut 8 Zentimeter länger als sein Vorgänger, der Radstand misst 10 Zentimeter mehr. Das meiste davon kommt im Innenraum an. Im Fond erreicht er beinahe Skoda-Superb-Niveau. Rückbänkler sitzen oder lümmeln bequem mit viel Raum zwischen Bank und Vordersitzen. Eine schmale Mittelkonsole schafft vorn ordentlich Platz. Vier große Menschen kommen sich nicht in die Quere.

Im Kofferraum des Kombi wird es, gemessen an der Fahrzeuggröße, eng - auf dem Papier zumindest. Da stehen 560 bis 1.665 Liter Volumen. Die Mittelklasse-Konkurrenz bietet auf dem Papier zum Teil weniger (z. B. Audi A4: 505 bis 1.510 Liter, 4,73 m Länge), zum Teil deutlich mehr (z. B. Skoda Superb Combi: 660 bis 1.950 Liter, 4,86 m Länge). Unser Eindruck: Opel hat eher konservativ ausgelitert. Der tatsächlich nutzbare Raum wirkt durchaus konkurrenzfähig.

Innenraum und Verarbeitung: Schöne Stühle in halb-schöner Umgebung

In unserem gut ausstaffierten Testwagen zeigt Opel, was beim Insignia möglich ist. Umso mehr nervt, dass er sich längst nicht überall gut anfühlt. Große Flächen von Türverkleidung und Mittelkonsole bestehen aus hartem Kunststoff. Eine Verkleidung im Beifahrer-Fußraum unterhalb des Armaturenbretts hatte sich gelöst und wackelte während der Fahrt. Diverse Teile klapperten und knarzten.

Gegen Aufpreis überwacht der Insignia Front und Heck mit Kameras
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Dabei macht der Insignia im Innenraum zunächst einen guten Eindruck: Ausgezeichnete, sehr bequeme Ergonomie-Sitze mit weichem Leder und hübschen Nähten, ein hoher, gemütlicher Mitteltunnel und ein Head-up-Display, das auf die Frontscheibe projiziert. All das fühlt sich eine halbe Klasse höher an.

Dann gibt es aber ein halb-digitales Kombiinstrument („8“-Fahrerinfodisplay“), das nicht völlig durchdacht wirkt. Beispiel Voltmeter: Die Digitalanzeige mit merkwürdiger Skalierung zeigt bei aktivierter Zündung eine Bordspannung von 9 Volt an und arbeitet träge. Würde die Batterie beim Start tatsächlich schwächeln – der Zeiger käme nicht rechtzeitig hinterher. Unnötig.

Radio, Infotainment und Assistenz: Viel serienmäßig, manches zu sensibel

Das Infotainment-System des Insignia stammt aus dem kleineren Astra. Serienmäßig gibt es das Radio „R 4.0 IntelliLink“. Das kann auf Smartphones zugreifen und Apps übertragen – zum Beispiel Navigationssoftware. Ein Navi ist also immer an Bord, wenn ein modernes Handy dabei ist. Ab der Ausstattung „Dynamic“ (oder für 1.250 Euro Aufpreis) gibt es das „Navi 900 IntelliLink“ mit eingebauter Navigation mit größerem Display (8 Zoll) und zusätzlichen Funktionen.

Gemütlicher Innenraum mit Schwächen bei Materialien und Verarbeitung
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Das Display sitzt weit oben im Armaturenbrett und wird vor allem über Berührungen gesteuert. Menüführung und Display-Brillanz ließen sich verbessern. Dafür arbeitet das System besonders schnell mit Smartphones zusammen: Ist ein Telefon per Bluetooth registriert, verbindet es sich innerhalb weniger Sekunden mit dem Auto. Toll: Bei Telefonaten regelt sich die Lüftung automatisch runter.

Ebenfalls gut: Die kabellose Smartphone-Ladestation in der Mittelarmlehne (120 Euro). Das Handy rastet fest ein und wird durch die Klimaanlage gekühlt. Selbst nach langen Strecken mit hoher Telefon-Belastung bleiben die Akkus kühl. Handy-Schutzhüllen verhindern im Fall unserer Hülle leider das Laden.

Bei der Assistenz wiederholt Opel die Schwächen des Astra. Die Parksensoren aktivieren sich selbstständig, wenn dem Auto etwas zu nah kommt. Zum Beispiel ein Fahrradfahrer, der sich im Stau vorbeischiebt. Oder ein Fußgänger. Dadurch piept der Insignia im Berufsverkehr ständig. Ebenfalls zu sensibel: Der serienmäßige Unfallwarner.

Antrieb: Guter Wandler, lahmer Motor

In unserem Testwagen kombiniert Opel betagte mit neuer Technik. Der aktuell stärkste Selbstzünder, ein 2,0-Liter-Turbodiesel mit 170 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment, basiert weitestgehend auf dem Vorgänger-Motor. Verglichen mit Opels neuer Diesel-Generation läuft er rau, träge und durstig. 9,2 Sekunden auf Tempo 100 fühlen sich eher gemütlich als flott an. Im Schnitt spritzte er in unserem Test 7,4 Liter Diesel pro 100 Kilometer ein. Selbst bei konstanter Schleichfahrt unterbot er die 6,0-Liter-Marke selten. Mit gleicher Leistung fährt die Konkurrenz flinker und sparsamer.

Kunststoff und Leder im gleichen Farbton. Schade: Hartes, unangenehmes Plastik
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Dafür überzeugt die Achtgang-Automatik von Aisin: Sie schaltet flott, komfortabel und zur richtigen Zeit. Verbrauch, Sprint und Tempo leiden etwas, eine Empfehlung gibt es trotzdem. Leider bietet Opel den modernen Wandler bisher nur im großen Diesel (Frontantrieb) und im Spitzenbenziner (260 PS, Allrad) an. Die kleineren Antriebe bekommen eine Sechsgang-Automatik.

Fahrwerk und Lenkung: Hier hapert es

Beim Fahrverhalten verschenkt Opel leider Potenzial. Der Insignia fährt souveräner als ein Astra – aber nicht so, wie man es anhand von Größe und Optionen erwartet. Das Soll absolviert er problemlos: Er fährt komfortabel und schluckt die gröbsten Unebenheiten problemlos. Für die Kür federt er aber zu hölzern und rollt zu laut ab. Vor allem von der Hinterachse kommt viel Lärm im Innenraum an. Das reißt auch die präzise, direkte Lenkung nicht mehr raus.

Fazit, Ausstattung und Preis: Der Günstigste in dieser Größe

Trotz Schwächen in der B-Note ist der Insignia ein interessantes Auto. Denn Opel schlägt die Konkurrenz deutlich im Preis. Laut Liste kostet die Basisversion (Benzin, 140 PS, Handschaltung) 25.940 Euro. Ein nackter VW Passat mit 125-PS-Benziner ist 810 Euro teurer. Wer mit Handy-Software auf dem Radio-Display navigieren will, zahlt bei VW 1.060 Euro extra. Bei Opel gehört das zum Serienumfang.

Auf dem Papier geht mehr. Tatsächlich packt der Insigina aber ordentlich ein
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Den großen Diesel mit Kombi-Heck bietet Opel in der „Business Edition“ ab 30.615 Euro an. Serienmäßig dabei: Das große Navi, Ergonomiesitz auf der Fahrerseite, Parkwarner rundum, Sitzheizung vorn, induktives Handy-Laden und der Online-Service „OnStar“. Zum Vergleich: Für den gleichen Listenpreis gibt es bei Skoda den Superb Combi mit Basisausstattung, Parkpiepsern hinten und 150-PS-Diesel.

Die gemütlichen Ergonomiesitze (Fahrer: 390 Euro, Beifahrer: 295 Euro) gehören auf jeden Fall in den Insignia. Sie sind für alle Modelle verfügbar. Das ebenfalls empfehlenswerte Matrix-LED-Licht gibt es nicht in der Basisversion. Ein Head-up-Display baut Opel erst ab „Dynamic“ ein.

Elektrische Spiegel und Fensterheber, Tempomat, Spurhalte-Assistent und ein schlüsselloses Startsystem sind beim Insignia immer dabei. Die Aufpreise für viele Extras sind moderat. Das tröstet locker über kleine Schönheitsfehler hinweg.

Opel Insignia 2.0 Diesel: Technische Daten

  • Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel
  • Leistung: 170 PS (125 kW) bei 3.500 – 4.000 U/min
  • Drehmoment: 400 Nm bei 1.750 – 2.500 U/min
  • Getriebe: Achtgang-Automatik, Frontantrieb
  • 0-100 km/h: 9,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h
  • Verbrauch (NEFZ): 5,7 l/100 km
  • Testverbrauch: 7,4 l/100 km
  • Länge: 4,99 m
  • Breite: 1,86 m
  • Höhe: 1,5 m
  • Leergewicht: 1.613 kg
  • Basispreis Opel Insignia: 25.940 Euro
  • Basispreis Opel Insignia 2.0 Diesel Automatik Sports Tourer: 32.615 Euro
Fahrverhalten des Insignia Sports Tourer: Hölzern und laut, aber bequem und ausreichend direkt
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Empfehlenswert: Matrix-LED-Scheinwerfer, Serie ab "Innovation"
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Im Insignia gibt es viel Platz in Innen- und Kofferraum. Andere schaffen aber mehr Raum bei weniger Länge
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Die Heckklappe öffnet gegen Aufpreis per Fußkick. Das System ist unzuverlässig
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Opel Insignia Sports Tourer: Der Kombi baut acht Zentimeter länger als sein Vorgänger
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Gegen Aufpreis überwacht der Insignia Front und Heck mit Kameras
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Aufpreis für 20-Zoll-Räder: Gut 1.500 Euro
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Das Matrix-LED-Licht kostet 1.560 Euro Aufpreis
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Länge läuft: Der Insignia Sports Tourer baut größer als die Limousine
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Gemütlicher Innenraum mit Schwächen bei Materialien und Verarbeitung
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Gefällt: Ergonomie-Stühle mit toller Sitzposition
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Ordentlich: Im Fond gibt es eine Menge Platz
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Kunststoff und Leder im gleichen Farbton. Schade: Hartes, unangenehmes Plastik
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Elektrische Sitzverstellung mit überflüssiger Massage-Funktion: 690 Euro
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Auf dem Papier geht mehr. Tatsächlich packt der Insigina aber ordentlich ein
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Unter dem Kofferraumboden bleibt wenig Platz. Es fehlt Stauraum für die Kofferraumabdeckung
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Gut: Zurrösen-Vorrat
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Wie beim Astra: Der Öffnungswinkel der Heckklappe lässt sich einstellen
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Passt: An der Sitzposition gibt es nichts zu meckern
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Das Head-up-Display projiziert auf die Frontscheibe und kostet knapp 1.000 Euro
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Sehr gut: Wenig Knöpfe und Tasten im Cockpit
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Das Navi sitzt weit oben und wird über Berührungen bedient
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Am Panoramadach knarzte es auf schlechter Straße
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Der große Diesel stammt aus dem Vorgänger. Er säuft zu viel und fährt träge, trotz moderner Achtgang-Automatik
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