Teilautonome Lkw: MAN testet Platooning auf der A 9

Einer lenkt, der andere folgt

MOTOR-TALK

verfasst am Mon Jul 09 12:06:35 CEST 2018

Platooning soll den Lieferverkehr auf der Langstrecke revolutionieren, indem es Treibstoff und Platz spart sowie die Fahrer entlastet. MAN testet das aktuell auf der A9.

MAN und das Logistikunternehmen DB Schenker setzen derzeit Platoons aus zwei Lkw auf der A9 ein
Quelle: MAN

Berlin - So richtig beeindruckend sieht dieser "Konvoi" nicht aus. Nur zwei Fahrzeuge lassen der Lkw-Bauer MAN und das Logistikunternehmen DB Schenker hintereinander fahren. Immerhin auf der Autobahn A9, also ganz real im Verkehr, aber eigentlich stellt man sich unter einem "Platoon" etwas anders vor.

"Platooning" soll den Lieferverkehr auf der Langstrecke revolutionieren, indem mehrere Lkw hintereinander geschaltet werden. Der vordere gibt Geschwindigkeit und Richtung vor, alle anderen folgen autonom in knappem Abstand. Verbunden sind sie durch eine „elektronische Deichsel“ via Car-to-Car-Kommunikation. Daimler hatte bereits vor gut zwei Jahren einen ersten Test auf der A52 durchgeführt, auch in den USA laufen Tests.

„Mehr als zwei oder drei Fahrzeuge sind in Deutschland aufgrund der dichten Verkehrslage sowie der gesetzlichen Auflagen nicht sinnvoll“, erklärt Man-Projektleiter Peter Strauß die Beschränkung auf nur zwei Lkw. In anderen Ländern mit wenig Verkehr wie zum Beispiel im mittleren Westen der USA oder im Norden Skandinaviens, sind längere Konvois denkbar.

Lkw-Konvoi mit 15 Metern Abstand auf der Autobahn

Später sollen die Lkw sich auch markenübergreifend via Car-to-Car-Kommunikation in Platoons zusammenschließen können
Quelle: MAN
Doch vorerst wird getestet. Seit Mitte Juni schicken MAN und DB Schenker solche Platoons regelmäßig auf die A9 zwischen München und Nürnberg. Die über Fahrassistenz- und Steuersysteme gelenkten Lkw fahren mit nur 15 Metern Abstand statt der eigentlich vorgeschriebenen 50 Meter hintereinander her. Das spart Verkehrsraum, Treibstoff und irgendwann mal Arbeitszeit und Stress für die Fahrer. Denn nur der erste Brummi muss auf den Verkehr achten, alle anderen könnten sich anderen Aufgaben widmen.

Noch ist es nicht soweit. Damit der Platoon überhaupt auf öffentlichen Straße fahren darf, sind strikte Regeln einzuhalten. Jede Fahrt muss angemeldet sein. Bei Eis und Schnee oder starken Regenfällen darf der Verbund nicht unterwegs sein. Genauso wenig ist es erlaubt, über Autobahnkreuze, durch Baustellen oder auf bergigen Strecken gekoppelt zu fahren. Hier muss sofort die Verbindung unterbrochen werden.

Zudem dürfen die Fahrer des zweiten Trucks weder schlafen oder Zeitung lesen noch sich sonst wie ablenken lassen. Sie müssen jederzeit die Hände am Lenkrad haben, um gegebenenfalls eingreifen zu können. Sie unterliegen den Vorschriften des „Level 2“ für automatisiertes Fahren. Als Technik stehen kamera-, radar- und laserbasierte Systeme zur Verfügung, die Funktionen für teilautomatisiertes Fahren wie adaptive Geschwindigkeitsregelung, Notbremsung oder Spurhalten übernehmen. Bis zu den Level 4 und 5, die weitgehend auf den Einsatz des Fahrers oder sogar komplett ohne einen auskommen, dauert es noch.

Wenn der Brummifahrer Zeit hat

Noch bis Januar 2019 wollen MAN und DB Schenker Erkenntnisse und Daten sammeln. Wie hoch ist die Treibstoffersparnis konkret? Funktioniert die Technik immer einwandfrei? Wie reagieren die anderen Verkehrsteilnehmer? Und welche Auswirkungen hat das Platooning auf Konzentration und Wohlbefinden der Fahrer?

Schließlich unterscheidet sich die Arbeit des Fahrers im hinterherfahrenden Truck von seinem bisherigen Alltag. Einerseits muss er aufgrund der gesetzlichen Vorschriften die Hände am Lenkrad haben. Andererseits muss er sich auf die Technik verlassen, die für ihn Gas gibt und gegebenenfalls bremst. Um seine Aufmerksamkeit messen zu können, werden die Testfahrer regelmäßig mittels Eyetracking und Gehirnstrommessungen überwacht. Bis zu 100 Millionen Datenpunkte werden so pro Fahrt generiert.

Ein weiterer wichtiger Punkt für die Verbreitung von Platooning liegt in der Fähigkeit der Lkw untereinander unmissverständlich zu kommunizieren. Zurzeit arbeitet das Projektteam von Strauß daher daran, dass sich nicht nur die eigenen Lkw verstehen, sondern dass sie sich zumindest auch mit den VW-Konzernschwester Scania verständigen können. Noch komplizierter wird es, wenn sich eines Tages Platoons aus verschiedenen Lkw-Marken bilden sollen. „Bis alle eine einheitliche Sprache für die Technikübertragung sprechen, dauert es noch“, so Strauß.

Quelle: sp-x

 

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