Mercedes S 600 Guard

Ein Panzer für die Kanzlerin

Björn Tolksdorf

verfasst am Tue Aug 05 18:20:11 CEST 2014

Mercedes' neue, gepanzerte S-Klasse ist sicherer als jeder bisherige Pkw und kostet doppelt so viel wie eine zivile S-Klasse. Ist das der neue Kanzlerinnen-Panzer?

Mercedes-Benz S-Klasse, S 600 Guard: Die Sicherheitsklasse VR9 bekam zuvor noch kein umgerüsteter Serien-Pkw zertifiziert
Quelle: Daimler

Stuttgart – So ein Mercedes S 600 ist ein feines Auto. Viel Platz, 530 PS aus 12 Zylindern, ein maximales Drehmoment von 830 Nm. Diese Leistung kann man nutzen, um schnell über freigegebene Autobahnabschnitte zu fahren.

 

Gepanzert als Guard-Modell ist er nicht mehr ganz so schnell, bei 210 km/h wird abgeregelt. Deshalb lenkt Mercedes das Interesse darauf: Es gelte „bei Bedrohungen die Gefahrenzone schnell zu verlassen.“ Der neue S 600 Guard schließt eine Lücke: Bisher verkaufte Untertürkheims Spezialabteilung für gepanzerte Fahrzeuge noch die alte S-Klasse. Doch welcher Staatslenker oder Industriekapitän gibt sich gern mit altem Eisen zufrieden?

Höchste Schutzklasse im Sortiment

Das braucht nicht jeder Kunde, aber manche schon: Abnehmbare Standarte am vorderen Kotflügel
Quelle: Daimler
Im Nachfolger können sich die Schutzbedürftigen noch geschützter fühlen. Denn die gepanzerte Limousine erreicht die Höchstschutz-Widerstandsklasse VR9 (VR=Vehicle Resistance, früher: Beschussklasse). Der Vorgänger schaffte VR7, bis dato gut genug für das Bundeskriminalamt (BKA). Die G-Klasse erreicht VR10 auf Glasflächen, insgesamt aber auch nur VR7.

Für die Einstufung in VR9 muss der S-Guard einen Beschuss mit dem Kaliber 7,62 × 51 mm bei 3.261 Joule aushalten. Diese Munition kommt bei der Bundeswehr im G27-Sturmgewehr zum Einsatz. Um das Fahrzeug gegen diese Munition zu wappnen, integriert Mercedes Stahl- Aramid- und Kunststoffkomponenten zwischen Rohbau und Außenhaut. An kritischen Stellen wie Fugen und Materialübergängen überlappt sich das Material.

Details unterliegen der Schweigepflicht

Die Innenseite der Fensterscheiben sind mit Polycarbonat beschichtet. Zu Einzelheiten wie der Glasstärke macht Mercedes keine Angaben – man weiß nie, wer mitliest. In diesem Auto sind Insassen vor herkömmlichen Waffen und Sprengsätzen jeder Art geschützt. Besser schützt aktuell nur ein Panzer.

Von außen sieht man dem Luxusgerät seine hochfesten Eigenschaften kaum an. Beim Komfort soll das Fahrzeug dem Serienmodell ähneln. Doch das hohe Gewicht erzwingt ein stabileres Fahrwerk – stärkere Luftfedern vorn, stärkere Stahlfedern hinten.

An der Mittelkonsole bedient der Fahrer die Zusatz-Ausstattung wie Frischluftanlage und Notstartbatterie
Quelle: Daimler
Wie in der zivilen S-Klasse sorgt eine Niveauregulierung für konstante Bodenfreiheit – Obamas „Beast-Missgeschick“ soll keinem Mercedes-Kunden passieren. Und auch Nägel sind kein Problem: Die Notlaufbereifung von Michelin schleppt die S-Klasse auch mit defekten Reifen 30 Kilometer weit.

Basispreis: verdoppelt

Wie viel die gepanzerte S-Klasse wiegt und was sie verbraucht? Dazu schweigen die Sicherheitsexperten. Klar ist, mit den 11,1 l/100 km Normverbrauch des regulären S 600 kommt die gepanzerte Version nicht annähernd aus.

Auch den Einstiegspreis des S 600 von 164.279,50 Euro kann man getrost verdoppeln: Die gepanzerte S-Klasse kostet mindestens 324.300 Euro. Wer blickdichte Rollos, automatische Feuerlöscher oder eine Frischluftanlage gegen Reizgasrisiken wünscht, liegt schnell 200.000 Euro über dem Listenpreis der S-Klasse. Bombensichere Sicherheit kostet.

Das braucht nicht jeder Kunde, aber manche schon: Abnehmbare Standarte am vorderen Kotflügel
Quelle: Daimler
Von außen ist der S 600 Guard praktisch nicht von der regulären S-Klasse zu unterscheiden
Quelle: Daimler
Für den Staatsdienst gibt es den dicken Benz mit LED-Blaulicht im Kühlergrill
Quelle: Daimler
Auch für die Heckscheibe gibt es LED-Licht für den Einsatz als Behördenfahrzeug
Quelle: Daimler
Mercedes S 600 Guard:
Quelle: Daimler
Mercedes S 600 Guard: Blick in den Kofferraum
Quelle: Daimler
Wie dick die dicken Scheiben genau sind, verschweigt Daimler. Man weiß nie, wer mitliest
Quelle: Daimler
An der Mittelkonsole bedient der Fahrer die Zusatz-Ausstattung wie Frischluftanlage und Notstartbatterie
Quelle: Daimler
Im Innenraum bietet der S-Panzer praktisch alles, was auch die normale S-Klasse bietet
Quelle: Daimler
Sonderzubehör: Erfrischung für Präsidenten und Industriekapitäne
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Sonderzubehör: Automatischer Feuerlöscher
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Sonderzubehör: Frischluftanlage gegen Gas- und Rauchproblematiken
Quelle: Daimler