VW-Bulli-Restaurateur: Olaf Kuntze

Ein Leben für den Bulli

verfasst am Mon Jan 01 12:06:13 CET 2018

Als Autoteilehändler auf ein einziges Modell zu setzen, ist riskant. Olaf Kuntze hat es dennoch getan. Mit großem Erfolg. Denn er wählte das richtige Modell.

Olaf Kuntze vor einem seiner Bullis - mittlerweile besitzt er von jedem Typ mindestens ein Exemplar, vom T1 bis zum T5
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de

Willich – Luft kann weder frieren noch kochen. Ein Grund, warum Olaf Kuntze luftgekühlte Motoren so schätzt. Hinzu kommt die simple und robuste Technik. Kuntze brannte bereits als junger Mann für einen VW Käfer. Heute verbringt er seine Tage zwischen alten Bullis in einer Halle in Willich. Ein paar sind verstaubt, ein paar auf Hochglanz poliert. Dazwischen: Regale mit Schrauben, Dichtungen und Kunststoffteilen. Olaf Kuntze ist vor ein paar Jahren auf den Bus gekommen – und lebt davon ganz gut. Er ist Gründer des Onlineshops bus-ok.de.

Alles begann mit einem Käfer

Schon sein Großvater arbeitete bei VW in Niedersachsen, ebenso wie sein Vater. „Auch wenn der Bulli nicht aus Wolfsburg stammt sondern aus Hannover, bin ich mit luftgekühlten Boxermotoren groß geworden“, sagt er. Mit 16 Jahren kaufte er sich einen VW Käfer. Schraubte daran herum. Tiefer, breiter, schneller.

Jeden Samstag schraubt Kuntze an einem seiner vielen Bullis
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Der klingelnde Motorsound, die einfache und günstige Technik und der Geruch machten ihn zum leidenschaftlichen Fan von luftgekühlten Motoren. „Wie das so ist, wenn man jung ist“, sagt der heute 49-Jährige. Er besuchte Käfer-Treffen in der Region, bald in ganz Deutschland, traf Gleichgesinnte und begann, Teile zu sammeln. Um sie später wieder zu verkaufen, als Hobby, für den Zeitvertreib.

Nach dem Käfer kommt der Bulli

Das Schrauben zum Beruf machen wollte er nicht. Er absolvierte eine Kochlehre und anschließend eine Ausbildung zum Hotelfachmann. Rund 20 Jahre arbeitete er in der Gastronomie. „Nebenbei habe ich immer an meinem Käfer geschraubt und Teile gekauft, gesammelt und weiterverkauft“, sagt Kuntze. Das Auto wurde ihm und seiner Familie aber mit der Zeit zu klein. Für einen ausgewiesenen „Lufti“ gibt es dann nur eine Alternative: den VW Bulli.

1996 kaufte er seinen ersten Bus, einen T2 von 1973. Ein Auto, das sein Leben verändern wird. „Die Technik ist fast identisch zum Käfer und das Modell bietet deutlich mehr Platz“, sagt Kuntze. Er sammelte nun auch vom großen VW Teile, verkaufte sie weiter. Und sah, dass der Markt nach gut erhaltenen Ersatzteilen giert. Er tingelte von Oldtimerbörse zu Oldtimerbörse, kaufte alte Bestände auf, sortierte die Teile und handelte damit – als Hobby neben seinem eigentlichen Beruf.

Im Bulli ist das Fahrgefühl ein ganz anderes als in einem Pkw, sagt Kuntze
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de

Kochlöffel oder Schraubendreher?

Zehn Jahre nach dem ersten Bulli-Kauf muss Kuntze sich entscheiden: Entweder er führt weiter ein Restaurant oder er spezialisiert sich aufs Altmetall. Denn beides parallel schafft er nicht mehr. Der Düsseldorfer legte den Kochlöffel beiseite und entschied sich für den Schraubendreher.

2006 gründete er im Keller seines Hauses seinen Onlineshop bus-ok.de, drei Jahre später bezog er seine ersten Geschäftsräume. Die Firma wuchs. Mittlerweile verkauft er nicht nur gebrauchte Teile, sondern lässt bei Zulieferern neue anfertigen: Kunststoffteile, Teppiche, Polster und Möbel für die Campingwagen.

Der Bulli-Markt boomt. Im Vergleich zu Oldtimern von Mercedes oder Porsche gilt der VW Bus nicht als Luxusgut oder abgehobene Spinnerei. „Der Bulli wirkt sympathisch, da kommt kein Neid auf“, sagt Kuntze. Außerdem ist er praktisch: In welchem Oldtimer findet man sonst so viel Platz, kann mit ihm zum Baumarkt fahren oder mit der ganzen Familie in den Urlaub? Die Preise für gebrauchte Busse und Teile ziehen an.

Ungebundenheit und Hippietum

Die Campingmöbel lässt Kuntze nachfertigen
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
„Der VW Samba-Bus und auch der normale Bulli sind in den vergangenen Jahren zu Kultobjekten geworden, weil sich die Besitzer mit den Fahrzeugen ein Lebensgefühl der 60er- und 70er-Jahre kaufen“, sagt Frank Wilke, Oldtimerspezialist und Geschäftsführer vom Oldtimerbewerter classic-analytics. Der Bus strahle eine Ungebundenheit, Hippietum und ein lässige Lebensweise aus. Viele Kunden haben diese Zeit verpasst, weil sie entweder zu jung waren oder damals kein Geld für einen Bus hatten. Sie holen das jetzt nach.

„Doch nur wenige Exemplare haben überlebt, deshalb sind die Bullis heute teuer“, sagt Frank Wilke. Für Topexemplare werden Toppreise erzielt, selbst Restaurationsobjekte sind teuer geworden. Lag der Wert eines T1 Westfalia Wohnmobils in gutem Zustand 2011 bei 26.200 Euro, sind es heute 54.000 Euro. Für die jüngeren T2-Camper werden heute 30.000 Euro verlangt, vor fünf Jahren waren es nur 18.000 Euro.

Kuntze liebt es, ins Auto zu steigen und zu entspannen: „Es ist ein anderes Fahren als mit einem normalen Pkw. Es gibt keine Hetze mehr, wenig Luxus, dafür Platz und Komfort. Schon nach einer kurzen Fahrt habe ich den Kopf frei“, sagt er. Er fährt gerne einen T2B ab 1973. „Das Modell hat ausreichend Leistung, um im Verkehr mitzuschwimmen, verbraucht nicht zu viel und setzt auf schrauberfreundliche Käfer-Technik“, sagt Kuntze.

Gut erhaltene Camper kosten allerdings mittlerweile rund 35.000 Euro. Auch der VW Bulli T3 sei ein Schrauberauto und ein echter Volkswagen. „Den konnten sich damals noch Familien leisten, deshalb ist der heute so beliebt“, sagt Kuntze.

Wenn der Rost nicht wäre

Typische Schwachstelle bei älteren Bussen wie dem T1 und T2 sei übrigens nicht die Technik, sondern das Blech. Bei den 1,6-Liter-Motoren überhitze zwar öfter der dritte Zylinder wegen schlechter Belüftung - mit Rissen im Zylinderkopf als Folge. Doch viel schlimmer sei der Rost.

Das aktuelle Schrauberprojekt von Kuntze
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Radhäuser und Bodenbleche rosten mit der Zeit, ähnlich wie das Blech an Scheiben, Frontmaske, im vorderen Fußraum, bei den Einstiegen, an den Wagenheberaufnahmen, den Holmen und den Schwellern. „Wer sich einen alten Bus kauft, sollte mit dem Schweißgerät gut umgehen können“, sagt Olaf Kuntze. Andernfalls gehen Karosseriearbeiten mächtig ins Geld. Reparaturbleche gibt es aber ausreichend. „Gut erhaltene und teurere Autos sind meist der bessere Kauf“, sagt Kuntze.

Der Trend der Bulli-Fans geht zum originalen Auto. „Fast jeder Camper wurde von den Besitzern im Laufe des Autolebens individuell umgebaut. Viele Kunden rüsten aber mit Originalteilen die Fahrzeuge wieder in den Auslieferungszustand zurück“, sagt er.

Die Bulli-Fans legen stetig mehr Wert auf Qualität bei den Ersatzteilen, sie geben mehr Geld für hochwertige Ersatzteile und Originalität aus. Deshalb lässt er mittlerweile auch Teile bei Zulieferern anfertigen – in einer besseren Qualität: robusterer Kunststoff, ohne scharfe Kanten und vor allem nach Jahren noch farbecht. Ein Service, der bei den meist solventen Kunden ankommt.

Keine Logos, keine Fotos

Nur nicht bei VW. Vor Jahren schneite aus Wolfsburg eine Abmahnung ins Haus. Es ging nicht um Ersatzteile, sondern um Campinggeschirr und Grillschürzen, auf denen VW-Busse abgebildet waren.

Die Tacho-Uhren lagern fein säuberlich in seinem Büro
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Denn die sind innerhalb des dreidimensionalen Markenrechts geschützt. Ein Streit entbrannte, auch innerhalb der Bulli-Gemeinde. „Wir haben uns mit Volkswagen aber wieder vertragen“, sagt Kuntze. Fotos und Logos sind für ihn tabu, Ersatzteile verkauft er aber weiter, auch seine eigenen. Die liefert er sogar an das VW Classic Parts Center.

Seine Liebe zum VW aus Hannover ist ungebrochen. Mittlerweile besitzt er mindestens ein Fahrzeug pro Typ. Dazu zählen T1 (1950 bis 1967), T2 (1967 bis 1979), T3 (1979 bis 1992), T4 (1992 bis 2003) und T5 (ab 2003). Sein Lieblingsauto ist eine Doppelkabine mit Pritsche (Doka) von 1967, perfekt restauriert bis hin zur kleinsten Schraube.

„Ich wollte wenigsten ein Auto perfekt restaurieren, ohne Kompromisse. Dafür habe ich dann allerdings auch 15 Jahre benötigt“, sagt er. „Das schweißt zusammen, es ist die älteste noch fahrbereite Doka der Republik und mein absolutes Traumauto“, sagt Kuntze.

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Für Kuntze ist der Bulli das perfekte Familienauto - genug Platz für Baumarkt und Familienurlaub
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Jeden Samstag schraubt Kuntze an einem seiner vielen Bullis
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Im Bulli ist das Fahrgefühl ein ganz anderes als in einem Pkw, sagt Kuntze
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Die Campingmöbel lässt Kuntze nachfertigen
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Einen Bulli pro Jahr würde Kuntze gerne restaurieren. Oft kommen Messen oder ein Treffen dazwischen
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Das aktuelle Schrauberprojekt von Kuntze
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Jeden Samstag schraubt Kuntze in seiner Halle
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Schrauben ja - für das Fahren mit seinen Bullis bleibt ihm wenig Zeit
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Die Tacho-Uhren lagern fein säuberlich in seinem Büro
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Wo kein Platz für einen Bulli ist, hängen Poster
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de