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VW will Frauenanteil erhöhen - VW und die Frauen

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VW gilt selbst in der männerdominierten Autobranche als ausgesprochener Herrenverein. Das soll sich ändern. Das muss sich sogar ändern, sagt Betriebsratschef Bernd Osterloh.

In der Führungsrige sind Frauen selten zu finden In der Führungsrige sind Frauen selten zu finden Quelle: picture alliance / dpa

Wolfsburg - In der Autobranche gilt seit jeher eine klare Rollenverteilung. Das hat sich bis heute nicht geändert, wie die IAA im Herbst zeigen wird: Frauen tragen einen kurzen Rock und posieren neben den neuen Autos. Männer erklären die Technik, bahnen Vertragsabschlüsse an oder führen Debatten auf den Podien. Top-Managerinnen muss man auf der IAA lange suchen. Das ist ungesund für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche, sagt die Wissenschaft - und sagt ein Automann mit Rieseneinfluss: Bernd Osterloh.

Der mächtige VW-Betriebsratschef ist für die Schonungslosigkeit gefürchtet. Nun hat er wieder losgepoltert. Diesmal für die Frauen. Als kürzlich bekanntwurde, dass VW eine Top-Managerin an die TUI verliert, kritisierte Osterloh: „Anscheinend ist Volkswagen als technikgetriebenes Unternehmen nach wie vor nicht in der Lage, Frauen auf Top-Positionen langfristig zu binden. Daran muss das Unternehmen härter arbeiten.“

Auf der VW-Hauptversammlung muss man lange nach Frauen suchen. Foto: Bernd Osterloh, Jürgen Peters und Berthold Huber Auf der VW-Hauptversammlung muss man lange nach Frauen suchen. Foto: Bernd Osterloh, Jürgen Peters und Berthold Huber Quelle: picture alliance / dpa

Das kann sich VW auf Dauer nicht leisten

Gekündigt hatte Elke Eller, Personalchefin der Marke VW-Nutzfahrzeuge (VWN). Und sie ist nicht alleine. Erst vor wenigen Wochen ging die Leiterin der Investorenabteilung, Christine Ritz, vor einem Jahr Personalchefin bei Bentley, Ariane Reinhart. Für Osterloh ist das in Kürze „der dritte Abgang einer Frau auf dem Top-Level“. Er warnt den Konzern: „Das sollten wir uns auf Dauer nicht leisten.“

Fehlende Weiblichkeit ist kein VW-Phänomen. Im Frühling ergab eine Auswertung der Deutschen Presse-Agentur, dass der Frauenanteil in den Vorstandsetagen der 30 Börsenriesen im Dax nur bei gut 8 Prozent lag. Siemens, der Versicherer Munich Re und Lufthansa waren die Einzigen mit zwei Vorstandsfrauen. Gut die Hälfte der Dax-Konzerne war noch immer eine reine Männerrunde.

Bei den Autobauern sticht VW als Herrenveranstaltung heraus. Bei BMW hält Milagros Caiña Carreiro-Andree seit drei Jahren ein Vorstandsamt, bei Daimler sitzt sogar schon seit gut vier Jahren Christine Hohmann-Dennhardt im obersten Machtgremium. Sie sagte der dpa im Jahr 2012, dass Frauen die reinen Männerzirkel schon deshalb positiv beeinflussten, „weil dann die Art der Kommunikation einfach eine andere ist“.

Mehr Gewinne mit gemischten Teams

Forscher haben längst vielfach belegt, dass gemischte Teams mehr Erfolg haben. Das gilt für Alter, Erfahrung, Herkunft - und den Geschlechter-Mix. Eine Analyse des Beratungsunternehmens EY unter den 300 größten börsennotierten Unternehmen Europas legte nahe: Vorsicht vor reinen Männerzirkeln an der Unternehmensspitze. Sind Frauen dabei, machen die Firmen mehr Gewinn.

Elke Eller (einzige Frau im Bild) hat VW verlassen und arbeitet künftig für TUI Elke Eller (einzige Frau im Bild) hat VW verlassen und arbeitet künftig für TUI Quelle: picture alliance / dpa Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin beschäftigt sich seit Jahren mit Aufstiegschancen von Frauen in Führungspositionen. Sie weiß, dass es Vorbilder ganz oben braucht. Allerdings: „Man braucht als Frau insbesondere in Top-Positionen wirklich ein dickes Fell“, sagt Holst. Neben den üblichen Herausforderungen an die Führungskräfte hätten es Frauen doppelt schwer. „Man muss Attacken aushalten können, die auf das Anderssein als Frau abzielen, und darüber hinaus ja auch allen Ansprüchen genügen“, sagt Holst.

Dass Frauen das Weite suchen, wenn sie ganz oben angekommen sind, ist nicht selten. Siemens-Vorstandsfrau Brigitte Ederer etwa ging vor einem Jahr, bei der Bahn war es kürzlich mit der Technikchefin Heike Hanagarth die bisher einzige Vorstandsfrau. Der VW-Konkurrent General Motors dagegen hat mit Mary Barra eine Frau als Konzernchefin.

Die erste Vorstandsfrau in der Geschichte des Autozulieferers Conti, Elke Strathmann, wollte mehr Frauen für den Konzern begeistern und die Unternehmenskultur verändern. Dann musste sie 2014 nach gut zwei Jahren gehen. Ihre Nachfolgerin, Ariane Reinhart, kam von VW - Frauen mit Führungserfahrung ganz oben sind rar. Umso wichtiger scheint es, sie zu halten und weibliche Talente zu stärken.

Immerhin ist bei Europas größtem Autobauer inzwischen jeder dritte neu eingestellte Mitarbeiter mit einem Hochschulabschluss weiblich. Der Frauenanteil unter Akademikern hat sich damit binnen acht Jahren fast verdoppelt. Doch der Anteil der Frauen in Führungsposition ist mit gut 10 Prozent noch klein. „Langfristig“, so das Ziel, sollen auf 30 Prozent aller Posten Frauen sitzen. Auch ganz oben.

Osterloh selber hat übrigens die Chance, die reine Männerrunde im VW-Vorstand zu beenden. Personalchef Horst Neumann hört demnächst auf - die Arbeitnehmerseite hat das Vorschlagsrecht für dessen Nachfolger.

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