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VW-Skandal: Aufsichtsrat tagt, Greenpeace protestiert - Update: KBA ordnet Neuermittlung der CO2-Werte

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Update: In Wolfsburg tagte der VW-Aufsichtsrat zur Krise. Mit dem Betriebsrat konnte sich die Führung einigen. EU und KBA setzen VW jedoch weiter unter Druck.

Vorbei mit der Demokratie bei VW? Genau das befürchtet Betriebsratschef Bernd Osterloh Vorbei mit der Demokratie bei VW? Genau das befürchtet Betriebsratschef Bernd Osterloh Quelle: dpa/Picture Alliance

Wolfsburg – Auf dem VW-Werksgelände in Wolfsburg trafen sich am Montagvormittag zunächst das Präsidium des Aufsichtsrates und später das komplette Kontrollgremium zur Beratung. Am Sonntagabend hatte bereits der zur Aufarbeitung des Abgas-Skandals einberufene Sonderausschuss getagt. Die Ergebnisse dieser Beratungen sollten im Aufsichtsrat diskutiert werden. Die VW-Konzerngremien sprechen nach dpa-Informationen außerdem über die jüngst von Betriebsratschef Bernd Osterloh geäußerte Kritik am Konzernvorstand.

Betriebsratschef Bernd Osterloh vermisst ein schlüssiges Konzept zur Bewältigung der Krise Betriebsratschef Bernd Osterloh vermisst ein schlüssiges Konzept zur Bewältigung der Krise Quelle: dpa/Picture Alliance „Der Vorstand verkündet Sparmaßnahmen einseitig und ohne Grundlage“, hatte Osterloh am Freitag moniert. Der Betriebsrat werde bewusst außen vor gelassen. In einem Brief an die Belegschaft schrieb Osterloh: „Wer die Axt bei Volkswagen an die demokratischen Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten legen will, der gefährdet den sozialen Frieden und die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens."

Osterloh vermisst ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Bewältigung der Affäre. "Wir können nur an die Herren Müller und Diess appellieren, gerade in diesen Tagen die Einigkeit zwischen Beschäftigten und Management nicht weiter durch Sprachlosigkeit auf eine Zerreißprobe zu stellen."

Osterloh wechselt nicht ins Personalwesen

Ein Wechsel auf den Posten des Personalvorstands komme für Osterloh nicht infrage. „Wir erleben derzeit, wie der Vorstand agiert und dabei die Interessen der Beschäftigten vollkommen außer Acht lässt." Jetzt gehe es um den maximalen Schutz der Beschäftigten, die anscheinend doch die Krise zahlen sollten. Der neue VW-Chef Müller hatte wegen der hohen Kosten des Skandals angekündigt, den Sparkurs bei VW zu verschärfen. Alles komme auf den Prüfstand.

Neben den Vorwürfen des Betriebsratschefs dürfte der VW-Aufsichtsrat weitere Personalfragen sowie die neusten Erkenntnisse der internen Ermittlungen diskutieren. VW hatte eingestanden, sowohl bei Dieselfahrzeugen die Schadstoffwerte als auch bei diversen Pkw die CO2-Werte geschönt zu haben. Nun drohen dem Konzern Kosten in Milliardenhöhe und strafrechtliche Ermittlungen. Auch die Frage nach den Schuldigen des Skandals muss aufgeklärt werden.

Update: Müller und Osterloh geben gemeinsame Erklärung aB

Am späten Nachmittag teilte der VW-Konzern in einer Pressemeldung mit: Konzernchef Müller und Betriebsratschef Osterloh hätten sich über „das weitere Vorgehen zur Investitions- und Auslastungsplanung verständigt“. In den kommenden Tagen solle es eine Reihe von Gesprächen zwischen Vorstand und Betriebsrat geben, um sich auf einen gemeinsamen Weg zu verständigen.

Vorstandschef Müller sieht demnach „ die Prioritäten auf Zukunftsprodukte(n) und Technologien“ – dies solle die Beschäftigung im VW-Konzern langfristig sichern. Darüber sei er mit Osterloh einig.

Der mächtige Betriebsratschef sieht sich gestärkt: „Matthias Müller wird sich persönlich um die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Betriebsrat kümmern. Dies ist ein starkes Signal für die Belegschaft.“ Die Belegschaft stehe hinter dem Unternehmen, sofern es gelinge, eine ausgewogene Planung zwischen Investitionen, Sparmaßnahmen und Zukunftsprojekten zu verabreden.

 

Greenpeace protestiert am VW-Werkstor

Während der Aufsichtsratssitzung sind am Montag Greenpeace-Aktivisten auf das Dach des streng bewachten Haupteingangs am VW-Werk in Wolfsburg geklettert. Die Umweltschützer verwandelten das Logo des Autobauers am Tor Sandkamp in einen CO2-Schriftzug. Daneben entrollten sie - in Anlehnung an den VW-Werbespruch „Das Auto“ - ein Transparent mit der Aufschrift „Das Problem“. Der Werksschutz ließ die Kletterer zunächst gewähren.

Konzernchef Matthias Müller (r.) wurde am Freitagabend von Betriebsratschef Bernd Osterloh (l.) scharf kritisiert Konzernchef Matthias Müller (r.) wurde am Freitagabend von Betriebsratschef Bernd Osterloh (l.) scharf kritisiert Quelle: dpa/Picture Alliance Greenpeace forderte mit der Aktion den Autobauer zu Transparenz auf: „VW hat sich 2012 gegenüber Greenpeace verpflichtet, den CO2-Flottenwert bis zum Jahr 2020 auf 95 Gramm pro gefahrenen Kilometer zu reduzieren. Mir ist schleierhaft, wie der Konzern das schaffen will, wenn nicht einmal konkrete Daten vorgelegt werden“, sagte der Greenpeace-Verkehrsexperte Daniel Moser.

VW verwies auf die noch laufenden Untersuchungen. Ein Sprecher hatte der dpa vergangene Woche zu den Flottenzielen mitgeteilt: „Ob das selbst gesteckte, sehr ambitionierte Ziel von 120 Gramm (CO2) für 2015 erreicht wird, kann erst nach abschließender Bewertung der aktuellen Erkenntnisse beurteilt werden.“

Update: Kreditwürdigkeit problematisch

Volkswagen könnte in Zukunft mehr Zinsen für geliehenes Geld bezahlen müssen. Als letzte der drei großen Ratingagenturen hat Fitch wegen des Abgas-Skandals die Kreditwürdigkeit des Konzerns herabgesetzt. Die Experten senkten die Bewertung von VW gleich um zwei Stufen von "A" auf "BBB+" mit negativem Ausblick, wie Fitch am Montag mitteilte.

Dass in dem Unternehmen ein Betrug dieser Größenordnung passieren und so lange vom Top-Management unbemerkt bleiben könne, sei nicht mit einem Rating in der dritthöchsten Kategorie (A) vereinbar, hieß es. Die Ratingagenturen Standard & Poor's (S&P) und Moody's hatten ihre Bewertungen bereits gesenkt.

Update: EU stellt CO2-Ultimatum

Nach Informationen des "Wall Street Journal" hat die EU-Kommission VW ein Ultimatum gestellt: Binnen 10 Tagen soll der Autokonzern Informationen darüber liefern, welche Modelle von CO2-Fehlangaben betroffen sind. Außerdem möchte die EU wissen, in welcher Stückzahl die Fahrzeuge in den Markt kamen um wie groß die Abweichungen beim CO2-Ausstoß sind.

Die Angaben könnten sowohl die Kfz-Steuer in den wichtigsten EU-Märkten wie Deutschland und Frankreich beeinflussen, als auch VWs Flottenemissionen. Wenn VW nach einer Neuberechnung sein Flottenziel verfehlt (132 g/km in 2015), drohen Strafzahlungen. Angesichts der bisher angegebenen Stückzahlen erscheint dies jedoch als unwahrscheinlich. VW hat bereits angekündigt, eventuelle Mehrsteuern für die Kunden tragen zu wollen.

Update: KBA ordnet Neuermittlung der CO2-Werte an

Das Kraftfahrtbundesamt will unter eigener Aufsicht die Emissionswerte aller mutmaßlich vom VW-Skandal betroffenen Fahrzeuge ermitteln lassen. Das betrifft Schadstoffe, CO2 und Verbrauch. Außerdem will das KBA den Prozess der Ermittlung der bisherigen Werte bei VW und den Fachdienstren wie Tüv und Dekra überprüfen.

Nach Angaben des KBA wurden für Euro-6-Motoren der Baureihe EA288 (Diesel) mit 1,4, 1,6 und 2,0 Liter Hubraum falsche CO2-Angaben gemacht. Ebenfalls betroffen sei VWs 1,4-Liter-Benzinmotor.

540.000 Fahrzeuge benötigen größere technische Änderungen

Insgesamt sind in Deutschland etwa 2,4 Millionen Fahrzeuge vom Diesel-Skandal betroffen. Bei einem Großteil korrigiert VW die Abgaswerte mit einem Software-Update. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts sind bei etwa 540.000 Fahrzeugen größere Änderungen nötig.

Lest hier weitere News zum Abgas-Skandal bei VW

Quelle: dpa

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