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Opel Karl: Sitzprobe - Quadratisch, praktisch, Karl

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Anfang März zeigt Opel den Karl erstmals öffentlich auf dem Genfer Salon. Wir saßen schon mal Probe und finden: Anders als Karl May ist dieser Opel kein Scharlatan.

Opel Karl: Die Designer zauberten außen und innen viel Opel-typisches auf das GM-Weltauto Opel Karl: Die Designer zauberten außen und innen viel Opel-typisches auf das GM-Weltauto Quelle: Opel

Rüsselsheim – Die Dekorfliesen im Bad kleben nicht hinter der Waschmaschine, sagt Opel-Designer Steffan Arndt. Deshalb sieht Opels neuer Karl dort gut aus, wo man ihn häufig berührt oder anschaut: Ein Chromring um die Instrumente, ein hochwertiger Bezug auf den Vordersitzen, solide Griffe in der Tür, gegen Aufpreis ein beheizbares Lederlenkrad.

„Selbst, wenn man sich keine Softtouch-Oberflächen leisten möchte, kann man doch ein paar Linien hineinlegen und so gegen die Langeweile kämpfen“, erklärt der Designer den hübschen Schwung in der Kunststofflandschaft des Armaturenbretts. Da gönnt sich Karl immerhin vier Luftdüsen und eine Blende in Klavierlack.

Kompromisse müssen sein, bei einem Einstiegs-Listenpreis von 9.500 Euro. Je weiter man im Karl nach hinten krabbelt, desto deutlicher wird dieser Sparzwang. Der Fond ist trist, das Gepäckabteil sogar trostlos. Fadenscheinige Verkleidungen, dünne Kunststoffteile. Aber Arndt hat schon recht: Beim Fahren berührt niemand den Kofferraum.

Aus 195 Litern Kofferraum werden blitzschnell 940 Liter. Beides sind in dieser Klasse gute Werte Aus 195 Litern Kofferraum werden blitzschnell 940 Liter. Beides sind in dieser Klasse gute Werte Quelle: Opel

Opel Karl: Keine Kompromisse beim Nutzwert

Karls Kehrseite (hinter den Vordersitzen) hat dafür andere Stärken, sie ist praktisch. „Karl der Große“ wäre übertrieben, aber: Hinten können zwei (nicht zu große) Erwachsene durchaus sitzen, der Kofferraum ist mit 195 Litern 10 Prozent größer als beim Adam. Und: er wächst mit zwei Handgriffen auf 940 Liter und hat die niedrigere Ladekante. Gut gemacht, Karl!

Darf ein Auto überhaupt Karl heißen – so wie der Chef von Opel (Karl-Thomas) oder ein großer Scharlatan der Weltliteratur, Karl May? Warum nicht, denn dieser Karl ist kein Blender.

Er kostet 2.250 Euro weniger als der Adam, ist zwei Zentimeter kürzer und bietet trotzdem immer fünf Türen und mehr Platz. Beim Adam haben wir für das Design Kompromisse bei der Praktikabilität gemacht, sagt Opel – beim Karl war es anders herum. Form follows function, Nutzwert zuerst.

Weltauto aus Korea

Trotzdem wirkt das ums Karlchen geschlagene Blech lange nicht so fade wie beim Vorgänger Opel Agila. Der Karl ist pfiffig, denn er tarnt ein GM-Weltauto mit deutscher Ingenieurskunst. Opel besteht zwar darauf, den Karl maßgeblich in Rüsselsheim gezeichnet und entwickelt zu haben. Allerdings wird er auch bald als Nachfolger des Chevrolet Spark angeboten und in Korea produziert. Auch bei uns übernimmt Karl die Rolle des Spark im GM-Sortiment: viel Platz für wenig Geld.

Da ist es umso bemerkenswerter, dass der Karl aussieht und sich anfühlt wie ein echter Opel. Typische Designmerkmale wie die Opel-Sichel außen finden innen in vertrauten Schaltern und Oberflächen ihre Fortsetzung.

Karl I. von Rüsselsheim Karl I. von Rüsselsheim Quelle: Opel Das Lenkrad kennt man von Corsa & Co, und in der Mittelkonsole steckt der große Intellilink-Touchscreen aus dem Adam. Darunter sitzen zwei große Drehregler für die Klimaanlage. Sogar, anders als beim Adam, mit integrierten Digitaldisplays.

Weitere Motoren geplant

Nur weil er der günstigste Opel ist, bedeutet Karlfahren nicht Verzicht. Mit Spurassistent, Sitzheizung oder Sonnendach kostet der 3,68 Meter kurze Wagen zwar schnell 15.000 Euro – aber wie ein Billigauto fährt sich das Karlchen dann sicher nicht mehr.

Etwas trist ist vorerst noch der Anblick unter der Motorhaube. Ein 1,0-Liter-Dreizylinder steckt zwar auch im flippigen Adam, dort allerdings mit Turbolader. Im 939 Kilo leichten Karl muss das Triebwerk mit 75 PS und 96 Newtonmeter maximalem Drehmoment auskommen.

Damit schafft Karl im besten Fall 170 km/h und verbraucht in der sparsamsten Variante 4,3 Liter auf 100 Kilometer. Weitere Motoren stehen aber bereit: „Nach oben und nach unten haben wir noch Alternativen“, lässt Opel durchblicken.

Kommt Karl nach Europa?

Im Laufe des Jahres bekommt der Opel Karl sogar noch schnelles LTE-Internet, sobald das OnStar-System verfügbar ist. Damit lässt sich dann sogar Bildungsfernsehen schauen. Wobei uns einfällt: Karl der Erste von Neapel eroberte um 1250 Frankreich und zog bis nach Ägypten. Schafft das Opels Karl auch?

Unsere Prognose: Karl I. von Rüsselsheim dürfte immerhin das Korea-Trauma des erfolglosen Opel Antara überwinden. Wobei das ja eigentlich schon seit dem Opel Mokka kalter Kaffee von gestern ist. Und wenn Karl Europa erobert, bekommt er hier vielleicht sogar ein Werk – das sagte uns zumindest der andere Karl, Opel-Chef Karl-Thomas Neumann.

 

Quelle: bmt/SP-X

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