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Fiat übernimmt Chrysler komplett - Fiat auf dem Weg aus der Krise

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Marchionne holt Fiat aus der Krise: Der Konzern kauft alle übrigen Chrysler-Anteile. Die Ersparnisse der Amerikaner könnten Fiat retten.

Fiat kauft die letzten Chrysler-Anteile für 4,35 Milliarden US-Dollar. Die Übernahme könnte dem Konzern aus der Krise helfen Fiat kauft die letzten Chrysler-Anteile für 4,35 Milliarden US-Dollar. Die Übernahme könnte dem Konzern aus der Krise helfen Quelle: dpa/Picture Alliance

Turin/Auburn Hills - Nach monatelangen Verhandlungen ist Fiat-Chef Sergio Marchionne am Neujahrstag ein echter Coup gelungen: Schneller als erwartet übernimmt der angeschlagene italienische Autobauer seine Tochter Chrysler komplett. Die Verschmelzung mit dem US-Autobauer soll Fiat aus der Krise helfen. Und dabei müssen die Italiener wohl nicht einmal neue Aktien auf den Markt werfen, um den Milliarden-Deal zu stemmen. In Mailand schossen Fiat-Papiere zum Handelsstart am Donnerstag knapp 15 Prozent nach oben.

Fiat kauft Chrysler: Finanzierung überzeugt Analysten

Analyst Max Warburton von Bernstein Research zog seinen Hut vor dem Fiat-Boss: "Marchionne hat in seinen Weihnachtsferien auf jeden Fall härter gearbeitet als wir", schrieb er und hob die Details des Geschäfts hervor. Insgesamt zahlt Fiat dem Gesundheitsfonds der nordamerikanischen Autogewerkschaft UAW für die restlichen 41,5 Prozent der Chrysler-Anteile 4,35 Milliarden Dollar (3,16 Mrd Euro).

Aus eigener Kasse müssen die Italiener zunächst aber nur 1,75 Milliarden Dollar bezahlen. Weitere 1,9 Milliarden kommen aus den Rücklagen von Chrysler, die restlichen 700 Millionen werden in Raten über vier Jahre abgestottert. Damit benötige Fiat voraussichtlich keine Kapitalerhöhung, um den Kaufpreis zu stemmen, teilten die Italiener mit. Am 20. Januar sollen die Anteile den Besitzer wechseln.

Fiat will an Chrysler-Rücklagen

Fiat und der Gewerkschaftsfonds hatten heftig um den Preis für die restlichen Chrysler-Aktien gestritten und sogar Gerichte in den USA beschäftigt. Als letzter Ausweg galt ein Börsengang der US-Tochter, über den ein fairer Preis für den Verkauf bestimmt werden sollte. Doch dieser Umweg hätte den Zusammenschluss wohl noch länger verzögert - und ist jetzt hinfällig.

Neben den möglichen Synergien durch eine engere Zusammenarbeit dürfte es Marchionne vor allem auf Chryslers prall gefüllte Kasse abgesehen haben. Rund zwölf Milliarden US-Dollar hat die US-Tochter auf der hohen Kante - Geld, das Fiat dringend braucht, um sein darbendes Europageschäft in Gang zu bringen und den überfälligen Neustart seiner sportlichen Marke Alfa Romeo anzuschieben.

Marchionnes Winterschlaf-Strategie

So könnte mit der Übernahme auch Marchionnes aus der Not geborene Strategie aufgehen. Der hatte im Gegensatz zu Konkurrenten wie Volkswagen oder PSA Peugeot Citroën in der europäischen Absatzkrise nicht auf teure Modelloffensiven gesetzt, sondern auf einen eisernen Sparkurs. Das riskante Kalkül: Mit neuen Modellen soll Fiat erst punkten, wenn in Europa die Nachfrage wieder anzieht. Allerdings dürften die Verluste auf dem Heimatkontinent dem Fiat-Boss kaum eine andere Wahl gelassen haben, als eine Art Modell-Winterschlaf zu halten.

Rechtzeitig zu den ersten zaghaften Anzeichen einer Erholung in Europa hat Marchionne nun aber frisches Geld für neue Modelle und große Investitionen in Aussicht. Schon im Dezember hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg aus Konzernkreisen erfahren, dass Fiat neun Milliarden Euro in die Hand nehmen wolle, um seine veraltete Modellpalette in Europa aufzupeppen und in Richtung Oberklasse zu drücken.

2009 bei Chrysler eingestiegen

Das scheint jetzt im engen Verbund mit Chrysler möglich. "Dank der einheitlichen Besitzverhältnisse können wir nun unsere Vision eines globalen Autobauers umsetzen", sagte Marchionne am Mittwoch. Zusammen kamen beide Seiten 2012 auf rund vier Millionen verkaufte Autos. Während Fiat seine Wagen vor allem in Europa und Lateinamerika verkauft, ist Chrysler in Nordamerika stark. Zu dem Gesamtkonzern gehören auch die Marken Lancia und Abarth sowie Jeep, Dodge und Ram.

Die Italiener waren 2009 bei Chrysler eingestiegen, als der US-Hersteller in der Wirtschaftskrise in die Insolvenz schlitterte und vom amerikanischen Steuerzahler gerettet werden musste. Fiat bot technisches Know-how an und erhielt im Gegenzug immer mehr Anteile. Die Partnerschaft erwies sich trotz aller Unkenrufe als Erfolg: Chrysler schreibt seit mehr als zwei Jahren Gewinne und half Fiat, die Einbrüche in Europa zu überstehen.

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