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Interview-Panne: Wackelt VW-Chef Müller? - Eigentümer stehen zum Vorstandschef

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In Detroit gab VW-Chef Matthias Müller ein missglücktes Radio-Interview. Das Medienecho war groß, das interne Echo noch größer. Wackelt der neue VW-Chef bereits?

"Missverständlich interpretiert": Bei seinem ersten Auftritt in den USA hat Müller offenbar auch sein Standing innerhalb des VW-Konzerns geschwächt "Missverständlich interpretiert": Bei seinem ersten Auftritt in den USA hat Müller offenbar auch sein Standing innerhalb des VW-Konzerns geschwächt Quelle: dpa/Picture Alliance

Wolfsburg - Kaum im Amt, soll der neue VW-Konzernchef Matthias Müller bereits wackeln. Das berichten die "Bild am Sonntag" sowie Reuters USA. Noch stünden die VW-Mehrheitseigentümer, die Familien Porsche und Piëch, hinter ihrem Vorstandsvorsitzenden - Betonung auf „noch“?

Der Grund für die Unruhe war Müllers missglücktes Radio-Interview am Rande der „North American International Auto Show“ (NAIAS) in Detroit. Man habe lediglich die US-Gesetze falsch interpretiert, sehe aber im Abgasskandal keinen ethischen Fehler, sagte Müller dort einem Radioreporter ins Mikrofon. Um dann später eine erneute Aufzeichnung des längst gesendeten Interviews zu veranlassen.

Die allgemeine Lesart dieses Interviews: Müller verharmlose den Abgasskandal. In den USA kam das nicht gut an. Dort wurde ohnehin bereits kritisiert, dass der VW-Chef bis zur Detroiter Messe Mitte Januar gewartet hatte, bevor er persönlich in die USA reiste. Bekanntgeworden war der Abgasskandal schließlich bereits Ende September 2015.

US-Reise nicht erfolgreich

Alles ein Missverständnis? Vermutlich. In anderen Interviews der letzten Wochen und Monate hatte Müller stets die richtigen Worte gefunden. In den USA, wo VW Strafzahlungen und Entschädigungsansprüche in zweistelliger Milliardenhöhe drohen, landet aber jedes Wort auf der Goldwaage. Und das im Wortsinn: Solche Missverständnisse könnten den Konzern Milliarden kosten.

Mal schauen,was die anderen machen: Müller besichtigt einen Hyundai Genesis G90 bei einem Rundgang über die Auto Show in Detroit Mal schauen,was die anderen machen: Müller besichtigt einen Hyundai Genesis G90 bei einem Rundgang über die Auto Show in Detroit Quelle: dpa/Picture Alliance „Jeder kann sehen, dass Müllers US-Reise nicht erfolgreich war. Er hat einen Fehler gemacht. Das heißt aber nicht, dass wir auf Distanz gehen“, zitiert Reuters eine „Person, die dem Aufsichtsrat nahesteht“. Die Eigentümerfamilien stünden hinter Müller. Die "Bild am Sonntag" zitiert einen nicht genannten Aufsichtsrat jedoch mit den Worten: „Müller wackelt gewaltig. Beim nächsten Patzer ist er weg.“

Das Auftreten Müllers in Detroit wird, so viel steht fest, im VW-Konzern diskutiert. Arbeitnehmerkreise "sprechen von einer Fehlbesetzung", so die Zeitung weiter. Neben der missglückten Außenwirkung habe Müller auch in der Sache nichts erreicht, zitiert die "Bild" einen weiteren Manager. Gegenüber Reuters hat VW den "BamS"-Bericht zurückgewiesen.

"Frage missverständlich interpretiert"

„Es war sehr beengt, sehr laut und die Fragen wurden in deutscher und englischer Sprache hineingerufen. In dieser Situation wurde eine Frage missverständlich interpretiert beziehungsweise in einen anderen Zusammenhang gestellt“ - das hatte die VW-Pressestelle in einer Stellungnahme über das Zustandekommen des fraglichen Interviews mitgeteilt. Der 3,0-Liter-TDI sei ebenfalls Thema gewesen.

Hinterher dürften alle Beteiligten schlauer sein. Das gilt für Müller selbst, wie für seinen in großen Teilen neu zusammengestellten Kommunikationsapparat. Geholfen hätte Müller vielleicht, was brasilianische Bundesliga-Fußballprofis seit Jahrzehnten kennen: Auch wenn sie im Mannschaftskreis deutsch sprechen und verstehen, geben sie Interviews oftmals nur in ihrer Muttersprache - im Beisein eines professionellen Dolmetschers. Heikle Themen hätte auch der VW-Chef in seiner Muttersprache abhandeln und dabei vermutlich Missverständnisse vermeiden können.

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Renault
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