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Autoreisezug: Deutsche Bahn stellt das Angebot Ende Oktober ein - Der DB-Autoreisezug geht in seine letzte Saison

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Für die Deutsche Bahn war und ist das Geschäft mit Autozügen defizitär. Nach deutlichen Kürzungen beim Angebot folgt im Oktober das endgültige Aus für den Autoreisezug.

Ende Oktober wird sich die Deutsche Bahn aus dem Geschäft der Autoreisezüge zurückziehen und ihr Angebot einstellen Ende Oktober wird sich die Deutsche Bahn aus dem Geschäft der Autoreisezüge zurückziehen und ihr Angebot einstellen Quelle: Deutsche Bahn AG

Frankfurt - Wenn in den Morgenstunden des 31. Oktober 2016 der Aufruf "Endstation Hamburg-Altona" ertönt und die Autos von den doppelstöckigen Transportwaggons abgeladen sind, ist Schluss. Der Autoreisezug kommt auf das Abstellgleis. Die Deutschen Bahn stellt das Angebot ein und nabelt sich von dem defizitären Geschäftszweig ab.

„Die letzte Fahrt Richtung Hamburg startet am Abend des 30. Oktober um 21:15 Uhr in Lörrach an der Schweizer Grenze“, erklärt Susanne Schulz von der DB-Pressestelle in Berlin. Neben dieser Strecke betreibt die Bahn in der Saison 2016 ohnehin nur noch eine weitere Nord-Süd-Verbindung von Hamburg-Altona nach München-Ost und zurück. Alle internationalen Ziele, ob Narbonne oder Avignon in Frankreich, Alessandria, Verona oder Bozen in Italien, Siofok in Ungarn oder gar Thessaloniki in Griechenland, sind längst dem Rotstift zum Opfer gefallen. Seit 2014 überquert kein DB-Autozug, so die 1998 eingeführte, verkürzte Bezeichnung, mehr die Grenze. Unrentabel.

Seit 2014 verkehren die Autoreisezüge der Deutschen Bahn nur noch innerhalb Deutschlands Seit 2014 verkehren die Autoreisezüge der Deutschen Bahn nur noch innerhalb Deutschlands Quelle: picture alliance / dpa

Ohne Stau in den Urlaub

Defizitär war das Geschäft mit den Autoreisezügen eigentlich eh und je. Da mögen ältere Semester noch so verklärt an die guten alten Zeiten zurückdenken, an das erwachende Reisefieber in den Wirtschaftswunder-Jahren und die Bahnfahrt mit dem Pkw im Huckepack.

Billig war das nie, aber es hatte unbestreitbare Vorzüge: Auto oder Motorrad wurden am Abend eigenhändig auf den Transportwaggon verladen. Im Liege- oder Schlafwagen wartete schon der Zugbegleiter, bereitete auf Wunsch die Betten vor und notierte die Vorlieben für das Frühstück am nächsten Morgen.

Nach einem Abendmahl im Speisewagen oder der billigeren Variante mit selbst geschmierten Stullen und den ersten wohligen Seufzern „Endlich Urlaub“ schlummerten zum monotonen Ratatamm, ratatamm der Räder nicht nur die Kinder schnell und selig ein. Von den Stopps, zu denen der Autozug nächtens gezwungen war, weil er hierarchisch so weit unten angesiedelt war, dass er selbst ellenlange Güterzüge passieren lassen musste, bekamen die Reisenden selten etwas mit. Dafür setzten die Urlauber sich am nächsten Morgen ausgeschlafen hinters Lenkrad zur kurzen Schlussetappe – und gewannen auf diese Weise bei Hin- und Rückfahrt quasi zwei Urlaubstage hinzu.

Finanziell brachte das nichts, denn der Fahrpreis wog die gesparten Übernachtungen meist locker auf. Die Zeitersparnis und die stressfreie Anreise ohne Staus und quengelnde Kinder auf den Rücksitzen beruhigten aber das Gewissen wegen des teuren Bahntarifs.

Einparken auf dem Transportwaggon: Wer sein Auto abgestellt hatte, konnte im Passagierwagen Platz nehmen und kam staufrei in seinem Urlaubsland an Einparken auf dem Transportwaggon: Wer sein Auto abgestellt hatte, konnte im Passagierwagen Platz nehmen und kam staufrei in seinem Urlaubsland an Quelle: picture alliance / dpa

Verlustgeschäft Autoreisezug

Eine vierköpfige Familie musste in den 80er-Jahren, der Blütezeit der Autoreisezüge, während der Hauptsaison locker über 1.000 D-Mark für eine Tour von Neu-Isenburg nach Avignon hinblättern. Kostendeckend lief der Betrieb trotzdem nur selten. Es blieb immer ein Nischenangebot und ein saisonales Geschäft. Selbst dann noch, als 1973 im Jahr der ersten Ölkrise mit 185.500 transportierten Fahrzeugen ein Rekord erzielt wurde. 1987 nutzten sogar rund 397.000 Reisende das Angebot von insgesamt 26 innerdeutschen und 61 internationalen Verbindungen.

Die Autozugsparte siechte dahin. Für eine dringend erforderliche Modernisierung der Waggons war kein Geld da. Eine Sanierung hätte viele Millionen Euro verschlungen. „Dieses Geld können wir nicht dauerhaft in ein defizitäres Nischengeschäft stecken“, sagte Bahnchef Rüdiger Grube im vergangenen Jahr, als der Abschied vom Autoreisezug längst besiegelt war. Ein finaler Schlussstrich, wie ihn umliegende Nachbarländer schon vier, fünf Jahre früher vollzogen hatten. Denn die Billigflieger hatten die prekäre Lage in rasantem Tempo drastisch verschärft.

In der Saison 2016 gibt es noch einen privaten Anbieter (bahnreiseladen.de), der von Düsseldorf nach Wien und Verona zwei internationale Autozug-Verbindungen im Programm hat und das Sylt-Shuttle, das Reisende mit ihren Autos von Niebüll auf die Nordseeinsel bringt. Ansonsten ist das Thema am 31. Oktober erledigt.

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