ForumS-Klasse
  1. Startseite
  2. Forum
  3. Auto
  4. Mercedes
  5. S-Klasse & CL
  6. S-Klasse

Mercedes S-Klasse W140
Themenstarteram 17. Februar 2011 um 8:44

Der Mercedes W 140 weiß es, wie kein zweites Automobil: Größe macht einsam. Nach dem Spott von einst droht der "Kohl-S-Klasse" nun das Vergessen. Es wäre schade um ihn. Keiner weiß genau, wo die vielen Mercedes W 140 geblieben sind. Im Osten, heißt es.

Ich hatte kürzlich einen Traum. Irgendwo in der endlosen Steppe Sibiriens sah ich einen weiten Krater, den Nachlass eines gewaltigen Meteoriteneinschlags. Dort hortete ein verrückter Riese alle Mercedes W 140, die er picken konnte. In Reih und Glied schob er sie zurecht, es war ein Reservat für automobile Saurier. Er hatte das auch mit anderen Modellen probiert. Doch sie waren ihm nur so zwischen den Fingern zerbröselt.

Ein Auto mit der Statur und Langlebigkeit Helmut Kohls

Mercedes hat den W 140 so groß und wuchtig gebaut, dass er allen Zeitenstürmen trotzt. Er ist die letzte bundesrepublikanische S-Klasse, seit 1982 hatten sich Mercedes-Ingenieure um ihre Entwicklung gekümmert. Doch als sie 1991 endlich auf den Markt rollte, verschmolzen Ost und West bereits miteinander. In dieser neuen Weltordnung fremdelte der Mercedes W 140. In ihm steckte etwas Absolutes, und Mercedes hätte mit vielem gerechnet, nur nicht mit Häme. Doch kurz nachdem auto motor und sport noch bewundernd zwei Zentimeter mehr Radstand als bei einem Rolls-Royce in Langversion konstatierte, verhöhnten andere die S-Klasse, weil sie so breit war, dass sie nicht auf die Waggons des Autoreisezugs nach Sylt passen wollte. Dabei ignorierten sie völlig, dass der Fond Helmut Kohl mit Anstand schluckte. Und wahrlich: Das ist eine Leistung.

Sie sollte das beste Auto der Welt werden, hat der damalige Mercedes-Chef Werner Niefer betont. Vielleicht haben sie das in Riga, St. Petersburg und Moskau auch gehört und schnell zugegriffen, als der Mercedes W 140 bei uns als wenig geliebter Gebrauchtwagen debütierte. Noch gut erinnere ich mich an jenen Tag vor zehn Jahren, an dem ich einen VW Golf beim Autovermieter abholen wollte. "Wir haben einen Upgrade für Sie", sagte die Dame am Schalter und schob mir einen Mercedes-Schlüssel zu: "Sie fahren S-Klasse, und wir sparen uns die Überführung." Gern, antwortete ich. Flüsternd flog der Riese über die Autobahn, so sanft, so sicher, so selbstbewusst, so souverän, als habe er sich von dieser Welt entkoppelt.

Auf der Suche nach dem verschmähten Riesenbaby

Alle hatten dieses Auto verstanden. In den USA war Größe ein Plus, ebenso in Fernost, selbst in Japan. Nur hier zu Lande war die Gesinnung wenig freundlich. Sein Auftritt wurde als klobig bekrittelt, als unelegant, doch 5,21 Meter sind eben ein stolzes Maß. Prunk dagegen hielt niemand ernsthaft dem Mercedes W 140 vor, denn sein Zierrat war bescheiden. Noch heute sieht er so aus, als habe man eine C-Klasse aufgepumpt. Die Proportionen stimmen, nur scheint alles eine Nummer zu groß zu sein. Ein Riesenbaby.

Ich wollte trotzdem einen. Es war die Neugier, nach zehn Jahren dem zu begegnen, was mich so beeindruckt hatte. Und ich suchte ein Auto zum Reisen, einen großen Wagen für die Strecke. Ich war bereit für einen Selbstversuch. Bis zum Ende der Kohl-Ära - 1998 war das - hatten die Stuttgarter immerhin 406.532 Exemplare des Mercedes W 140 verkauft. Doch nur selten haben die Auto-Höker noch ein Exemplar unter ihren Fähnchen stehen. Im Internet fand ich einige Mercedes W 140, fotografiert zwischen Baumaschinen, mit Laufleistungen jenseits der 300.000 Kilometer und der Warnung "nur Händler oder Export". Man traut ihnen nicht.

Über Wochen suchte ich. Dann tauchte ganz in der Nähe ein Mercedes W 140, genauer: ein 500 SEL auf. Ein frühes Modell von 1991, 186.000 Kilometer, für 5.700 Euro - mehr als 90 Prozent Rabatt auf den einstigen Neupreis. Dazu der kryptische Zusatz: "sehr gepflegt ohne worte familien wagen". Sollten Familien also einen 500 wagen?

Meisterleistungen der Ingenieure

Ich fuhr los, mit Frau und Tochter. Der 500er hatte sich in einer Gasse breitgemacht. Sein Besitzer war Kroate, der ein italienisches Restaurant betrieb. "Ich muss nicht verkaufen", begrüßte er mich, "verstehst du?"  Ich verstand nicht. Aber ich hatte keine Wahl. Es gab nur diesen, und auf den ersten Blick schien er proper zu sein. Wir gingen auf Probefahrt. Mit einem leisen Schmatzer saugte die Zuziehhilfe die Türen des Mercedes W 140 ins Schloss, in der Ferne säuselte der mächtige V8. Es dauerte einen Moment, bis er losbrach, als sammle der Wandler Kraft, bevor er den Befehl zum Abmarsch gibt. Der gelingt dann sehr zügig, wenn der Gasfuß gut füttert.

Ich prüfte die Gimmicks des Mercedes W 140, bewunderte das Doppelglas der Scheiben, ließ das Heckrollo hoch- und runterfahren, spielte mit den Silhouettenschaltern der Sitzverstellung und dem elektrisch justierbaren Innenspiegel. Die Sitzheizung glühte auf allen vier Plätzen durch dickes, schwarzes Leder, aus dem Becker-Radio plätscherte ein Schlager. Sogar die beiden Peilstäbe am Heck schoben sich nach oben, als ich den 500er rückwärts steuerte: Wie kein anderes Teil dieses Mercedes W 140 manifestieren sie die ingeniöse Hingabe seiner Macher. Alberne Dekadenz? Heute sind die auf- und abfahrenden Chromstummel längst Kult. Ihr unschätzbarer Vorteil: Sie nerven nicht, weil sie nie piepen.

Ich hatte schon schlechtere Mercedes W 140 gesehen. Wir verhandelten, doch der Verkäufer ließ nur wenig nach. Ein Trip nach Kroatien hatte ihn zum Fan gemacht. Letztlich fuhr er den 500 nur ein halbes Jahr. Dann war sein Führerschein weg. Meine Zweifel an der Laufleistung halfen mir wenig. Ich fand keine Argumente, das Scheckheft hatte schon der zweite Besitzer nicht weitergeführt. Immerhin gab es die Datenkarte noch, auf der ich lesen konnte, dass eine Steuerberatungssozietät in Markgröningen das Schiff am 26. November 1991 erstmals zugelassen hatte.

Nun also ich. Die S-Klasse ist im Volk angekommen, selbst im V 140-Format - das V steht im Mercedes-Jargon für die Modelle mit verlängertem Radstand. Trotz seiner Würde zieht der Mercedes W 140 leicht nach rechts, und ab und zu dringt ein stumpfes Knacken nach innen. Ein Dröhnen ist dagegen immer da: Es sind die alten, breiten Falken-Reifen.

Eine Woche später folgt die erste große Fahrt im Mercedes W 140. Italien. Motor und Automatikgetriebe haben frisches Öl erhalten, die gebrochenen Vorderachsfedern und ein Querlenker sind getauscht. Das Knacken ist weg, nur die Türverkleidungen knarzen noch mürrisch vor sich hin. Dafür rollt der schwere Wagen auf den neuen Michelin-Pneus sehr diskret und nutzt beinahe behände sein überlegenes Fahrwerk - Reifen machen Welten aus. Der Satz originaler Alu-Räder für den Mercedes W 140 kostete in einer Internet-Auktion übrigens nur rund 90 Euro. Und das ist ein üblicher Preis.

Souveräne Motorisierung, akzeptabler Verbrauch

So flüstert sich der 500er Richtung Süden. An der Grenze zu Italien der erste Tankstopp: 12,7 Liter auf 100 Kilometer, weniger als erwartet für fünf Liter Hubraum, 326 PS, 480 Nm und über zwei Tonnen Gewicht - auf den Test der Abregelung bei 250 km/h verzichteten wir allerdings. Sogar Euro 2 erfüllt der Mercedes W 140, wie die grüne Plakette bestätigt. Und er darf wahrlich als nachhaltig gelten - nicht nur, weil Mercedes schon 1991 versprochen hat, dass sich diese S-Klasse zu 75 Prozent recyceln ließe. Sondern auch, weil sie hält: Bisher sind es 16 Jahre. Und ein Ende ist keineswegs in Sicht.

Allerdings absolviert der 500er seine Premiere dann doch nicht völlig frei von Tadel. Im dichten Stop-and-Go bei Mailand fällt das Gaspedal plötzlich ins Nichts. Mit Standgas rollt der Mercedes W 140 Richtung Haltebucht. Haube auf, die Diagnose: Ein mürbes Gummiteil hat den Gaszug aus dem Hebel gelöst. Mit Draht lässt er sich fixieren. Die Werkstatt zu Hause kennt den Fehler gut. Ein Pfennigartikel war es, der das beste Auto der Welt stranden ließ. Dennoch, das muss ich zugeben, verstehe ich den Mercedes W 140 seither etwas besser. Auf dieser Reise sind wir vielen S-Klassen begegnet - neueren Modellen hauptsächlich. Aber auch einige W 126 waren unterwegs, sogar mancher W 116. Doch Mercedes W 140? Fehlanzeige. Wir sahen nur einen Einzigen: unseren.

 

Quelle: Motor Klassik

103 Antworten
am 10. Juli 2014 um 8:05

Tja, wo sind sie denn nur hin?

Der Gammel und die Elektronikprobleme werden sie endgültig dahingerafft haben.

Für mich nicht nur einer der häßlichesten S-Klassen ever, sondern Qualitativ muss das wohl ziemlicher Müll gewesen sein und zwar von Anfang an. Es gab seinerzeit schon Reportagen über verärgerte Erstbesitzer, denen die Qualität gegenüber den Vorgängern ziemlich abging.

Alles was davor war und was danach kam war um Längen besser als dieser Kübel.

am 10. Juli 2014 um 9:52

Wie sind denn die aktuellen Zulassungszahlen, einen W126er sieht man viel häufiger, der wird geliebt .

am 10. Juli 2014 um 23:32

Zitat:

Original geschrieben von Goify

Der direkte Nachfolger ist der Maybach. Der teilt sich u. A. die Bodengruppe mit dem W140.

der ist nicht umsonst ebenfalls von der bildfläche verschwunden.:p

 

ich dürfte so einen trum aus nächster nähe mal in rahden bewundern, als ich geschäftlich dort war; in der 12zyl. variante.

ein paar werden sich vielleicht denken können, mit welchem pickeligen jüngling ich zu tun hatte:D

das hat mich damals besonders in der ansicht bestärkt, nie, nieee ein mercedes, die essenz bourgeoisen daseins:D

leider wird das heutzutage durch die moppel-autos x3,5,ungelöst-kuh7-und-wie-sie-heissen getoppt

 

Also wo min. zwei der 140er S-Klassen gebleiben sind weiß ich ganz genau ... :) :D ... eine moderne S-Klasse kann zwar fast alles besser, aber damals als die 140er auf den Markt kamen, waren es schlicht und einfach (mal wieder) die besten Autos der Welt! :) - Und das merkt man diesen Fahrzeugen auch heute noch an, gute Exemplare können auch nach über 20 Jahren noch wie ein Jahreswagen dahrstehen, und das Fahren mit diesen extrem soliden Dickschiffen ist auch heute noch wirklich beeindruckend ... :cool:

Mit ebsten Sterngrüßen

Sebastian

am 10. August 2014 um 10:28

Die moderne S-Klasse kann technisch vielleicht alles besser, aber ich finde sie absolut hässlich. Und mehr Überblick hat man ohne hochgezogene Fenster auch.

Na ja schön-häßlich ist immer sehr relativ, die Nachfolger des W140, die W220/221/222 sind da schon auch alle sehr schick, wobei der W140 ja auch keine klassische Schönheit war, gerade die großen Fensterflächen machten den 140 optische ja etwas gewöhnungsbedürftig, weil die Fahrgastzelle dadurch sehr hoch wirkt.

Das fand übriegends auch Bruno Sacco, der den W140 aus optischen Gründen gern ein paar cm niedriger gemacht hätte.. aber nicht drufte, weil der Vorstand damals vom immer größer werdenden Menschen etwas besessen war ... :)

Eine etwas flachere Linie hätte dem w140 aber wirklich ganz gut getan, und ihn speziell für den deutschen Markt sicherlich leichter verdaulich gemacht ... ;)

http://www.nast-sonderfahrzeuge.de/.../...rol%20AlternativentwurfA.JPG

http://www.nast-sonderfahrzeuge.de/.../...L%20beryll%20alternativA.JPG

Mit besten Sterngrüßen

Sebastian

am 12. Oktober 2014 um 9:41

Moin,

S-Klasse W 140 schön oder nicht - das ist Geschmackssache. Auf jeden Fall ein Fahrzeug, das vor

20 Jahren genau so Alltagstauglich ist wie heute. Und auch gilt wie bei den Vorgängern :

Hätte ich mir doch in 2014 ein gutes gepflegtes Exemplar gekauft. Noch gibt es den 140 zu

günstigen Preisen.

fivepointsix ( V 126 560 SEL )

Für mich einer der hässlichsten Mercedes, die je gebaut wurden. Klobig und unförmig von außen, mit einem ebenso unschönem Innenraum.

Ich glaube, nur die aktuelle E-Klasse sowie der erste Zweiauger-Benz (ebenfalls E-Klasse, Nachfolger des W124) sind in der Lage, sich mit dem W140 an Hässlichkeit zu messen bzw. ihn zu überbieten (das schafft die aktuelle E-Klasse nur mit dem Innenraum, der den zurzeit hässlichsten Innenraum der deutschen Premium-Klasse ist).

Meine Meinung - wenn der W140 verschwindet, hat das Straßenbild gewonnen.

am 13. Oktober 2014 um 15:54

Moin,

ja, so in den ersten Jahren war es für mich auch ein Monster, dann hatte man sich daran

gewöhnt - und schon kam der 220er.

Viel später hatte ich einige Male die Gelegenheit, den 140er zu fahren ( 2,8 l. bis 6,0 l ) -

und seither gefällt er mir richtig gut - der Dicke, mein Traum : 500 in lang, volle Hütte :-),

abwarten und sehen, was passiert . . .

 

fivepointsix

W 140 von Tina Turner - aus prominentem Vorbesitz

https://www.youtube.com/watch?v=EEDaPwIYYFY

https://www.youtube.com/watch?v=8buxEctHVaA

Links gehen nicht! (zumindest der zweite nicht)

Damit suchen bei youtube.com

Scheunenfund Mercedes-Benz von EMI Records prominenter Vorbesitz?

Scheunenfund Mercedes-Benz von Tina Turner (EMI Records) Teil 2

Viele Grüße

Jörg H. und Blau Bär

Zu Thema "wo sind die Dicken hin?"

Die Dicken und vor allem die Sahne-Häubchen sind im Ausland! Türkei, Ex-Sowjetrepubliken, Osteuropa, Naher Osten, Asien und USA.

Gut, ich glaube nach USA und Asien (speziell Japan und China) geht kein 140er mehr, die kommen zurück, bei meinen anderen genannten Ländern findet die "Auswanderung" weiterhin statt.

Somit gilt aktuell: beim W140 hat man nicht wie Qual der Wahl - man muss nehmen, was da ist - wenn man einen will.

Zu Thema "wo sind die Dicken hin?"

Wir sind zur Zeit auf Tour in Nord Frankreich. Wir haben in den hier vergangenen 5 Tagen nicht eine S-Klasse egal ob W 140 , W 220 oder W 221 gesehen. Muss aber zugeben wir haben uns für diese Urlaubstour selbst für den C 180 CGI meiner Frau entschieden. Unser W 220 muss dann wieder ran im Spätsommer zur Alpenfahrt.

Auffallend ist der hier wesentlich höhere Anteil von E-Autos als bei uns , selbst in ländlichen Gebieten.

S 204 CGI

Zitat:

@Blau Baer schrieb am 24. Mai 2023 um 17:39:07 Uhr:

W 140 von Tina Turner - aus prominentem Vorbesitz

https://www.youtube.com/watch?v=tJTdDl3pXiQ

Sold! €34,500 -- knapp 150.000 km; S 320 kurz; 1995; mit 722.3 Automat und altem Bedienteil der Klimaautomatik

https://www.classic.com/veh/...es-benz-s-320-wdb1400321a250324-Wkqayz4

Den Preis halte ich (deutlich) für zu hoch für den Wagen. Realistisch sehe ich so einen Wagen bei ca. der Hälfte. Aber das ist vielleicht Geschmackssache. In wieweit hier der Promi-Bonus mitgespielt hat? Man weiß es nicht. Da Promis in der Regel ihre Autos nicht gut behandeln / pflegen, wäre ein Promi-Fahrzeug eher weniger wert für mich als ein "normales". Vergleiche hier z. B. Hella von Sinnen, die auch einmal einen W 140 hatte (in den 1990ern). Eine Autozeitung schrieb vor vielen Jahren darüber. Zitat: "Sie gönnt ihm keine Inspektion, höchstens einmal eine Wäsche."

Viele Grüße

Jörg H. und Blau Bär

 

Zitat:

@Blau Baer schrieb am 29. Nov. 2023 um 18:59:23 Uhr:

Sold! €34,500

Da waren die Erwartungen/Prognosen in meiner Erinnerung aber deutlich höher....

Hallo Ihr beiden,

das ist in der Tat sehr interesssant; aber das Zitat von Hella von Sinnen....ich weiss nicht.

Naja, ueber die Dame koennte man ja ewig diskutieren.

Herzliche Gruesse an euch beide, und eine friedvolle Adventszeit.

Werner

Deine Antwort