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Ein Crash Test privater Natur

Mercedes A-Klasse W176
Themenstarteram 9. August 2014 um 19:49

Düsseldorf, Mitte der Stadt, Mitte August, Mitte Freitag.

Es regnet ausnahmsweise nicht. Der Verkehr ist dicht, da alle irgendwohin fahren, um irgendwas Weltbewegendes zu tun. Weil ich mit Weltbewegendem nicht weniger als alle Anderen zu tun habe, mache ich auch mit.

Eine Kreuzung, drei Spuren pro Fahrtrichtung quer, zwei Spuren pro Fahrtrichtung längs, dazwischen Straßenbahnspuren.

Ich stehe an der Ampel in der ersten Reihe der linken Spur in der Richtung mit zwei Spuren pro Fahrtrichtung. Keiner hätte es geglaubt, aber nach Rot kommt Gelb und danach Grün. Nur anfahren kann ich nicht, da ich noch zwei Quernachzügler, die bei Orange fahren, durchlassen muss.

Circa 3-4 Sekunden nach dem Anfang der Grünphase ist der Weg frei. Ich konzentriere meine Aufmerksamkeit auf die Situation vor mir, da meine Spur hinter der Kreuzung verstopft ist und ich mir überlegen muss, ob ich doch an der Ampel stehen bleiben soll, um mitten in der rechten Querspur nicht stehen zu bleiben. In dem Moment fahren die Fahrzeuge in meiner Spur hinter der Kreuzung vor, sodass es genug Platz für 2-3 Fahrzeuge entsteht und ich fahre mitten in der Grünphase an. Schnell, aber ohne Vollgas.

Plötzlich durchquert ein Fahrzeug meine Fahrspur in der mittleren Querspur der (von mir aus) Rechtsrichtung und direkt vor mir erscheint ein Weiteres. Ich fange an zu bremsen und mit ca. 20-25 km/h erwische dieses Fahrzeug auf der Höhe des rechten Vorderrades / der A-Säule. Es fühlt sich wie in einem Videospiel an. Ich sehe und höre, was passiert, aber mein Körper spürt keinen Aufprall. Die Fahrgastzelle bleibt absolut unbeschädigt.

Während die Wucht des Aufpralls das von mir getroffene Fahrzeug leicht nach links dreht, weicht noch ein (dritter) Nachzügler in die linke Spur der Querrichtung aus und fährt weiter, ohne anzuhalten.

So bleibt das von mir getroffene Fahrzeug in der linken Spur und meins in der mittleren Spur der (von mir aus) Rechtsrichtung des Querverkehrs stehen. Beide diagonal zur Verkehrsrichtung.

Es ist vorbei. Stille, Stillstand, still bleiben.

Ich schaue nach vorne, sehe die ausgelöste Airbags des von mir getroffenen Autos. Zu ihm laufen viele Menschen, machen die Fahrertür auf, befreien die ca. 20-jährige Fahrerin.

Meine Airbags wurden aufgrund der Geschwindigkeit unter 30 km/h nicht ausgelöst, was mir einen Schlag ins Gesicht ersparte. Ich schaue mich in meinem Fahrzeug um, kontrolliere, ob mit meinem Körper alles stimmt, schalte die Warnblinkanlage ein, nehme mein Portemonnaie aus der Fahrertürtasche und mein Handy aus dem Mitteltunnel-Multimediafach heraus. Danach schnalle ich mich ab, mache die Fahrertür auf und steige aus. Keiner kommt zu meinem Auto, keiner kommt auf mich zu.

Ich versuche die Ruhe zu bewahren, schaue mich um, ob der nachkommende Verkehr den Unfall wahrgenommen hat und suche die Fahrerin des von mir getroffenen Autos.

Sie steht umrundet von ca. einem Dutzend Menschen, meistens Frauen.

Ich komme auf sie mit der Frage zu, ob sie verletzt ist. Sie steht weinend, zitternd und antwortet nicht. Ich frage die Passanten, ob jemand einen Krankenwagen gerufen hat. Nachdem die Frage bejaht wurde, hacke ich weiter nach, wie es mit dem Rufen der Polizei aussieht. Ebenfalls erledigt. Ich versuche, die Fahrerin zu trösten, dass Hauptsache ihr nichts passiert ist und den Rest die Versicherung übernimmt.

Eine der Zeugen, eine ca. 50-jährige Frau meint zu mir, ich sei aber wie ein Verrückter gefahren. Ich versuche, den Kopf klar zu kriegen und antworte, dass mein Auto über 360 PS und einen lauten Auspuff hat, sodass bei Manchen der Eindruck entstehen kann, dass ich schnell fahre, selbst, wenn ich mit Schrittgeschwindigkeit rolle. Ich erspare ihr die Erklärung, dass ich in der Stadt meistens im S-Modus fahre, sobald die Betriebstemperaturen erreicht sind. Dabei geht es mir nicht um die akustische Präsenz, sondern um einen direkten Draht zum Fahrzeug, ohne verzögerte Gasannahme im C-Modus.

In dem Moment kommt der Krankenwagen und das Mädel wird behandelt. Einer der Sanitäter kommt auf mich zu und stellt mir eine Frage, die mir an dem Tag zum ersten Mal gestellt wird: wie es mir geht.

Verkehrskaos. Eine Menge Autos, Menschenmenge, Unmenge an Geräuschen.

Zum Martinshorn des Krankenwagens kommt der der Polizei dazu. Ein Motorradpolizist ist da. Während er parkt und danach die Unfallstelle fotografiert, stehe ich in der Menschenmenge. Die Fahrerin des von mir getroffenen Autos ist im Krankenwagen verschwunden, eine edel angezogene 35-40-jährige Frau spricht mich an und meinte, sie sei neben dem Mädel gefahren und habe alles gut sehen können, das Mädel sei bei Dunkelrot gefahren. Ein ca. 35-jähriger Fußgänger kommt auf uns zu uns sagt das Gleiche. Eine ca. 50-jährige Frau, die offenbar zusammen mit der Frau unterwegs war, die mir vorgeworfen hat, zu schnell gefahren zu sein, meint, ich hätte nicht wie ein Verrückter fahren sollen. Ich antworte nichts. Ich fahre ein einigermaßen teueres und lautes Auto, ich bin ein Mann, selbst wenn ich gleich ein paar süße Welpen aus einem brennenden Haus retten würde, bin ich für sie trotzdem ein Völkermörder und Kindervergewaltiger.

Ich gehe um mein Auto herum, mache Fotos und inspiziere den Schaden. Die vordere Stossstange hat sich nach rechts gewickelt und hängt auf der Höhe des rechten Kotflügels an einem Streifen Plastik, die Scheinwerfer sind ganz, genauso wie die Kotflügel und die Motorhaube. Aber sie wurden aufeinander geschoben. Links tropft etwas ein wenig.

Der Polizist kommt auf mich zu, fragt mich, ob mein Auto fahrbereit sei und bittet mich, wenn es der Fall sei, mein Auto ein Stück weiter zu fahren, um die Fahrbahn zu räumen und dem Abschlepper des von mir getroffenen Autos Platz zu machen. Ich befestige die vordere Stossstange so gut es geht an ihrem ursprünglichen Platz und steige in mein Auto. Ich mache die Fahrertür zu, schnalle mich an, mache die Warnblinkanlage aus und starte den Motor. Das Auto springt sofort an, im zentralen Display erscheint eine Meldung, dass die 4-Martic sowie die Abstandsregelung nicht verfügbar sind. Ich betätige den Rechtsblinker, schaue mich um und fahre an. Das Auto fährt sich ganz normal, keine komischen Geräusche oder etwas Ähnliches. Wenn man mit verbundenen Augen eingestiegen wäre, wäre man beim Fahren niemals auf den Gedanken gekommen, am Steuer eines Unfallwagens zu sitzen.

Vorgefahren ein paar Dutzend Meter halte ich an, schalte die Warnblinkanlage wieder an, mache den Motor aus, schnalle mich ab, steige aus, schliesse das Auto ab und gehe zum Polizisten.

Er fragt nach dem Führer- und dem Fahrzeugschein. Ich händige diese aus und während der Polizist die Formulare ausfüllt, rede mit der edel angezogenen Frau. Die Menschenmenge wird geringer, der Krankenwagen fährt weg, die Zeugen verlassen die Unfallstelle.

Der Polizist ruft mich und reicht mir meine Unterlagen. Danach klärt er mich bezüglich der Situation auf. Es gäbe fünf Zeugen, drei von denen meinen, das Mädel sei bei Rot und ich bei Grün gefahren, zwei dagegen, dass sowohl das Mädel, als auch ich bei Grün gefahren sind, ich allerdings zwischen „sehr sportlich“ und „wie ein Berserker“ gefahren sei. Deshalb sehe es folgendermaßen aus: Es gäbe einen Verkehrsunfall mit Personenschaden (das Mädel), es könne sein, dass die gegnerische Versicherung versuchen würde, mir die Teilschuld in die Schuhe zu schieben.

Danach verabschiedet sich der Polizist und verlässt die Unfallstelle.

Die Bühne nach der Show. Die Strasse wird leer, Leere in meinem Kopf, mein Auto im Leelauf.

Ich fahre vorsichtig an, überlege mir, wie ich am schnellsten Wege in die Werkstatt komme. Ich fahre betont ruhig, mein Auto erzeugt mehr Aufmerksamkeit, als ein Bugatti Veyron. Mitleidig nickende Mercedes-Fahrer, neugierig schauende Jugendliche, Schadenfreude in jedem dritten Gesicht. Nach circa 20 Minuten komme ich in die Werkstatt. Der Parkplatzwächter meint, Unfallfahrzeuge sollen nicht vor dem Eingang stehen, was ich auch selbst für richtig halte, und lotst mich zum Tor der Werkstatt.

Ich melde mich am Empfang, ungefähr eine Minute später kommt ein sehr netter Meister auf mich zu, mit dem ich bereits vorher zu tun hatte. Der Schaden wird aufgenommen und begutachtet (12000-15000 Euro, Genaueres werde der Gutachter ermitteln, die Reparatur nehme nicht unter zwei Wochen in Anspruch). Nach geschätzt 20 Minuten steige ich in einen Ersatz-GLA 250 4Matic in fast Vollausstattung und fahre weiter Weltbewegendes vollbringen.

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Später Abend, verspätete Nackenschmerzen, Spätschicht im Krankenhaus.

Der Nacken wird untersucht und geröntgt, ein sehr netter Chirurg bescheinigt mir ein leichtes Schleudertrauma. Hoffentlich geht es dem Mädel nicht schlechter.

Das Leben geht zum Glück weiter.

 

 

Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 9. August 2014 um 19:49

Düsseldorf, Mitte der Stadt, Mitte August, Mitte Freitag.

Es regnet ausnahmsweise nicht. Der Verkehr ist dicht, da alle irgendwohin fahren, um irgendwas Weltbewegendes zu tun. Weil ich mit Weltbewegendem nicht weniger als alle Anderen zu tun habe, mache ich auch mit.

Eine Kreuzung, drei Spuren pro Fahrtrichtung quer, zwei Spuren pro Fahrtrichtung längs, dazwischen Straßenbahnspuren.

Ich stehe an der Ampel in der ersten Reihe der linken Spur in der Richtung mit zwei Spuren pro Fahrtrichtung. Keiner hätte es geglaubt, aber nach Rot kommt Gelb und danach Grün. Nur anfahren kann ich nicht, da ich noch zwei Quernachzügler, die bei Orange fahren, durchlassen muss.

Circa 3-4 Sekunden nach dem Anfang der Grünphase ist der Weg frei. Ich konzentriere meine Aufmerksamkeit auf die Situation vor mir, da meine Spur hinter der Kreuzung verstopft ist und ich mir überlegen muss, ob ich doch an der Ampel stehen bleiben soll, um mitten in der rechten Querspur nicht stehen zu bleiben. In dem Moment fahren die Fahrzeuge in meiner Spur hinter der Kreuzung vor, sodass es genug Platz für 2-3 Fahrzeuge entsteht und ich fahre mitten in der Grünphase an. Schnell, aber ohne Vollgas.

Plötzlich durchquert ein Fahrzeug meine Fahrspur in der mittleren Querspur der (von mir aus) Rechtsrichtung und direkt vor mir erscheint ein Weiteres. Ich fange an zu bremsen und mit ca. 20-25 km/h erwische dieses Fahrzeug auf der Höhe des rechten Vorderrades / der A-Säule. Es fühlt sich wie in einem Videospiel an. Ich sehe und höre, was passiert, aber mein Körper spürt keinen Aufprall. Die Fahrgastzelle bleibt absolut unbeschädigt.

Während die Wucht des Aufpralls das von mir getroffene Fahrzeug leicht nach links dreht, weicht noch ein (dritter) Nachzügler in die linke Spur der Querrichtung aus und fährt weiter, ohne anzuhalten.

So bleibt das von mir getroffene Fahrzeug in der linken Spur und meins in der mittleren Spur der (von mir aus) Rechtsrichtung des Querverkehrs stehen. Beide diagonal zur Verkehrsrichtung.

Es ist vorbei. Stille, Stillstand, still bleiben.

Ich schaue nach vorne, sehe die ausgelöste Airbags des von mir getroffenen Autos. Zu ihm laufen viele Menschen, machen die Fahrertür auf, befreien die ca. 20-jährige Fahrerin.

Meine Airbags wurden aufgrund der Geschwindigkeit unter 30 km/h nicht ausgelöst, was mir einen Schlag ins Gesicht ersparte. Ich schaue mich in meinem Fahrzeug um, kontrolliere, ob mit meinem Körper alles stimmt, schalte die Warnblinkanlage ein, nehme mein Portemonnaie aus der Fahrertürtasche und mein Handy aus dem Mitteltunnel-Multimediafach heraus. Danach schnalle ich mich ab, mache die Fahrertür auf und steige aus. Keiner kommt zu meinem Auto, keiner kommt auf mich zu.

Ich versuche die Ruhe zu bewahren, schaue mich um, ob der nachkommende Verkehr den Unfall wahrgenommen hat und suche die Fahrerin des von mir getroffenen Autos.

Sie steht umrundet von ca. einem Dutzend Menschen, meistens Frauen.

Ich komme auf sie mit der Frage zu, ob sie verletzt ist. Sie steht weinend, zitternd und antwortet nicht. Ich frage die Passanten, ob jemand einen Krankenwagen gerufen hat. Nachdem die Frage bejaht wurde, hacke ich weiter nach, wie es mit dem Rufen der Polizei aussieht. Ebenfalls erledigt. Ich versuche, die Fahrerin zu trösten, dass Hauptsache ihr nichts passiert ist und den Rest die Versicherung übernimmt.

Eine der Zeugen, eine ca. 50-jährige Frau meint zu mir, ich sei aber wie ein Verrückter gefahren. Ich versuche, den Kopf klar zu kriegen und antworte, dass mein Auto über 360 PS und einen lauten Auspuff hat, sodass bei Manchen der Eindruck entstehen kann, dass ich schnell fahre, selbst, wenn ich mit Schrittgeschwindigkeit rolle. Ich erspare ihr die Erklärung, dass ich in der Stadt meistens im S-Modus fahre, sobald die Betriebstemperaturen erreicht sind. Dabei geht es mir nicht um die akustische Präsenz, sondern um einen direkten Draht zum Fahrzeug, ohne verzögerte Gasannahme im C-Modus.

In dem Moment kommt der Krankenwagen und das Mädel wird behandelt. Einer der Sanitäter kommt auf mich zu und stellt mir eine Frage, die mir an dem Tag zum ersten Mal gestellt wird: wie es mir geht.

Verkehrskaos. Eine Menge Autos, Menschenmenge, Unmenge an Geräuschen.

Zum Martinshorn des Krankenwagens kommt der der Polizei dazu. Ein Motorradpolizist ist da. Während er parkt und danach die Unfallstelle fotografiert, stehe ich in der Menschenmenge. Die Fahrerin des von mir getroffenen Autos ist im Krankenwagen verschwunden, eine edel angezogene 35-40-jährige Frau spricht mich an und meinte, sie sei neben dem Mädel gefahren und habe alles gut sehen können, das Mädel sei bei Dunkelrot gefahren. Ein ca. 35-jähriger Fußgänger kommt auf uns zu uns sagt das Gleiche. Eine ca. 50-jährige Frau, die offenbar zusammen mit der Frau unterwegs war, die mir vorgeworfen hat, zu schnell gefahren zu sein, meint, ich hätte nicht wie ein Verrückter fahren sollen. Ich antworte nichts. Ich fahre ein einigermaßen teueres und lautes Auto, ich bin ein Mann, selbst wenn ich gleich ein paar süße Welpen aus einem brennenden Haus retten würde, bin ich für sie trotzdem ein Völkermörder und Kindervergewaltiger.

Ich gehe um mein Auto herum, mache Fotos und inspiziere den Schaden. Die vordere Stossstange hat sich nach rechts gewickelt und hängt auf der Höhe des rechten Kotflügels an einem Streifen Plastik, die Scheinwerfer sind ganz, genauso wie die Kotflügel und die Motorhaube. Aber sie wurden aufeinander geschoben. Links tropft etwas ein wenig.

Der Polizist kommt auf mich zu, fragt mich, ob mein Auto fahrbereit sei und bittet mich, wenn es der Fall sei, mein Auto ein Stück weiter zu fahren, um die Fahrbahn zu räumen und dem Abschlepper des von mir getroffenen Autos Platz zu machen. Ich befestige die vordere Stossstange so gut es geht an ihrem ursprünglichen Platz und steige in mein Auto. Ich mache die Fahrertür zu, schnalle mich an, mache die Warnblinkanlage aus und starte den Motor. Das Auto springt sofort an, im zentralen Display erscheint eine Meldung, dass die 4-Martic sowie die Abstandsregelung nicht verfügbar sind. Ich betätige den Rechtsblinker, schaue mich um und fahre an. Das Auto fährt sich ganz normal, keine komischen Geräusche oder etwas Ähnliches. Wenn man mit verbundenen Augen eingestiegen wäre, wäre man beim Fahren niemals auf den Gedanken gekommen, am Steuer eines Unfallwagens zu sitzen.

Vorgefahren ein paar Dutzend Meter halte ich an, schalte die Warnblinkanlage wieder an, mache den Motor aus, schnalle mich ab, steige aus, schliesse das Auto ab und gehe zum Polizisten.

Er fragt nach dem Führer- und dem Fahrzeugschein. Ich händige diese aus und während der Polizist die Formulare ausfüllt, rede mit der edel angezogenen Frau. Die Menschenmenge wird geringer, der Krankenwagen fährt weg, die Zeugen verlassen die Unfallstelle.

Der Polizist ruft mich und reicht mir meine Unterlagen. Danach klärt er mich bezüglich der Situation auf. Es gäbe fünf Zeugen, drei von denen meinen, das Mädel sei bei Rot und ich bei Grün gefahren, zwei dagegen, dass sowohl das Mädel, als auch ich bei Grün gefahren sind, ich allerdings zwischen „sehr sportlich“ und „wie ein Berserker“ gefahren sei. Deshalb sehe es folgendermaßen aus: Es gäbe einen Verkehrsunfall mit Personenschaden (das Mädel), es könne sein, dass die gegnerische Versicherung versuchen würde, mir die Teilschuld in die Schuhe zu schieben.

Danach verabschiedet sich der Polizist und verlässt die Unfallstelle.

Die Bühne nach der Show. Die Strasse wird leer, Leere in meinem Kopf, mein Auto im Leelauf.

Ich fahre vorsichtig an, überlege mir, wie ich am schnellsten Wege in die Werkstatt komme. Ich fahre betont ruhig, mein Auto erzeugt mehr Aufmerksamkeit, als ein Bugatti Veyron. Mitleidig nickende Mercedes-Fahrer, neugierig schauende Jugendliche, Schadenfreude in jedem dritten Gesicht. Nach circa 20 Minuten komme ich in die Werkstatt. Der Parkplatzwächter meint, Unfallfahrzeuge sollen nicht vor dem Eingang stehen, was ich auch selbst für richtig halte, und lotst mich zum Tor der Werkstatt.

Ich melde mich am Empfang, ungefähr eine Minute später kommt ein sehr netter Meister auf mich zu, mit dem ich bereits vorher zu tun hatte. Der Schaden wird aufgenommen und begutachtet (12000-15000 Euro, Genaueres werde der Gutachter ermitteln, die Reparatur nehme nicht unter zwei Wochen in Anspruch). Nach geschätzt 20 Minuten steige ich in einen Ersatz-GLA 250 4Matic in fast Vollausstattung und fahre weiter Weltbewegendes vollbringen.

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Später Abend, verspätete Nackenschmerzen, Spätschicht im Krankenhaus.

Der Nacken wird untersucht und geröntgt, ein sehr netter Chirurg bescheinigt mir ein leichtes Schleudertrauma. Hoffentlich geht es dem Mädel nicht schlechter.

Das Leben geht zum Glück weiter.

 

 

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273 Antworten
am 12. Februar 2016 um 15:50

Hilft eventuell auch dem Anwalt und der eigenen Erinnerung. D.h. selbst wenn nicht verwertbar kann man sich eventuell noch mal alle Details anschauen und ist für einen Sachverständigen für die Rekonstruktion eventuell ganz nützlich ??Sieht aber jeder anders. Hatten im CLA Forum auch gerade eine Diskussion über DASHCams. Ich baue mir jedenfalls auch eine ein. So teuer ist das wirklich nicht.

Themenstarteram 12. Februar 2016 um 20:04

Sagen wir mal so: Ein günstiger Unfall ist teurer, als eine teure Dash Cam.

@Three-5

Ich sehe das genauso.

Themenstarteram 12. Februar 2016 um 20:09

@Litefor

Mein neuer Bericht ist schon in der Mache. Ich kann aber jetzt schon spoilern und preisgeben: Noch nicht.

 

Bin auch sehr gespannt auf deinen neuen Bericht... Freue mich auf deine Zeilen, die lesen sich immer so flockig und erfrischend, auch wenn das Thema eher ein trauriger Anlass war.

mfg Wiesel

am 12. Februar 2016 um 21:27

@AsiRider, danke für die Unterhaltung auf Deine Kosten. Habe den Thread gerade zum ersten Mal gefunden und komplett gelesen.

Tief in meinem Innern bin ich fest davon überzeugt, daß das Rechtssystem eine der wichtigsten Säulen unseres Wohlergehens sein könnte. Allerdings waren meine persönlichen Erfahrungen mit Rechtsanwälten, insbesondere den gegnerischen, dahingehend dann doch immer wieder eher entmutigend. Ist wohl so, wenn die Erwartung an einen Berufsstand ist, eine Auseinandersetzung schlicht zu gewinnen, wobei dann die Sachlage natürlich nebensächlich ist.

Ich hätte mir die Zivilklage vermutlich nicht angetan. Jede Auseinandersetzung kostet Ressourcen und Kraft, die man für weltbewegende Dinge meistens viel gewinnbringender einsetzen kann. Der potentielle finanzielle und moralische Gewinn bei einem Sieg dürfte vergleichsweise dünn ausfallen. Kann es aber verstehen, wenn man nicht loslassen will, habe den Fehler (subjektiv) auch nicht nur einmal gemacht.

Themenstarteram 12. Februar 2016 um 21:33

@DieselWiesel198

Liebsten Dank!

Tja, in meinem Fall kann man das, was ich bis jetzt berichtet habe, mittlerweile als "den guten Teil" bezeichnen. Aber ich höre lieber mit billigen Werbeversprechungen auf und konzentriere mich besser auf den kommenden Bericht:-)

 

Themenstarteram 12. Februar 2016 um 21:43

@EtOHNase

Vielen Dank für Deinen Post!

Ich stimme Dir in allen Punkten zu. Bis auf einen:

Ich bin ein 173 cm-großer, 39-jähriger Mann aus Osteuropa, der Erfolgserlebnisse auf Kosten seiner Rechtsschutzversicherung braucht. Und naiverweise an die Wahrheit glaubt. Und glaubt, es sich auf Kosten seiner Rechtsschutzversicherung leisten zu können:-)

Und ums Geld geht es mir gar nicht. Sollte ich den Fall gewinnen (was ich natürlich hoffe), wird das komplette Geld gespendet. Bis auf ein paar Hundert Euro, die dafür verwendet werden, meinen Anwalt, der wirklich eine tolle Arbeit leistet, zu einem ordentlichen Abendessen einzuladen.

 

am 14. Februar 2016 um 12:25

@AsiRider 1976? Ich verstehe absolut, was Du meinst. Ich drück Dir die Daumen, dass Du nicht den Punkt verpasst hast, an dem Du schon gewonnen hattest ;)

Themenstarteram 14. Februar 2016 um 13:12

@EtOHNase

Ja, das Geburtsjahr des Golf GTI, von Apple und des Albums "Hotel California" von The Eagles.

Vielen Dank!

Und danke für Deine philosophisch-ironischen Kommentare! Das ist nicht ironisch gemeint.

 

am 14. Februar 2016 um 14:10

@AsiRider die sollen auch ganz ehrlich Deiner seelisch-moralischen Unterstützung (neudeutsch: Support) zu Gute kommen :)

Selbst (oder gerade) wenn so eine Nummer dann doch nach hinten losgeht, man kann dann immer wichtige Dinge dabei lernen. 1976 war übrigens auch ein Jahr des Drachen. Milliarden Chinesen können nicht falsch liegen. Willkommen auf der Sonnenseite des Lebens ;)

Zitat:

@AsiRider schrieb am 12. Februar 2016 um 22:33:28 Uhr:

@DieselWiesel198

Liebsten Dank!

Tja, in meinem Fall kann man das, was ich bis jetzt berichtet habe, mittlerweile als "den guten Teil" bezeichnen. Aber ich höre lieber mit billigen Werbeversprechungen auf und konzentriere mich besser auf den kommenden Bericht:-)

Oh, oh, das hört sich ja nicht schön an, wenn das bisher berichtete noch "der gute Teil" war. Ich hoffe echt, dass Recht haben und Recht kriegen in diesem Fall nicht zu weit auseinanderdriften...

Auf jeden Fall: die Spannung steigt!

Themenstarteram 3. März 2016 um 18:07

@EtOHNase

@Litefor

Danke sehr!

Eine kurze und langweilige Zusammenfassung meiner neuesten Erlebnisse bezüglich des Hauptgrundes dieses Threads ist schon fast fertig. Diese poste ich in wenigen Tagen.

Themenstarteram 5. März 2016 um 12:10

Liebe Forumsmitglieder,

wer glaubt, dass dieser Thread schon tot ist, hat noch nie etwas von Elvis gehört. Für all die, die sich in meiner literarischen Abwesenheit mit "Tatort", „Frauentausch“ und QVC übers Wasser halten mussten, gibt es jetzt einen Hoffnungsschimmer:

Ich komme, um Euch zu retten und zu erlösen. Und zwar mit deutlich spannenderen Geschichten aus dem wahren Leben.

Themenstarteram 5. März 2016 um 12:15

„Mein alter Neuer.“

„Guten Morgen! Ich habe heute einen Inspektionstermin.“

„Guten Tag! Ich brauche Ihre Fahrzeugdaten.“

„Mercedes-Benz A45 AMG, Erstzulassung Januar 2014, 2 Liter 4-Zylinder Turbo, Maximaler Ladedruck: 1,8 Bar, Leistung: 265 kW / 360 PS bei 6.000/min, Maximales Drehmoment: 450 Nm bei 2.250-5000/min, Leergewicht 1555 kg, Beschleunigung 0-100 km/h: in 4,6 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit mit dem Driver´s Package: 270 km/h – den Rest muss ich nachschauen.“

„Mir hätte das Kennzeichen gereicht.“

„Sind Sie denn gar nicht technikinteressiert?“

„Wie lautet Ihr Kennzeichen?“

„Hier ist meine Business-Leasing plus-Karte.“

„Danke! Warten Sie bitte in unserem Mercedes-Benz-Café, ein Mitarbeiter kommt gleich auf Sie zu.“

„Gut, danke!“

„Tach!

Na, was ist los

mit dem Ross?“

„Guten Tag! Ich habe heute meinen D1-Service, außerdem gibt es einige Problemchen, die ich gerne ansprechen würde.“

„Ok.

Wo steht

mein Date?“

„Auf B51.“

„Gut.

Ich rock´s

in die Box.

Denn dieser Regen

kommt mir nicht gelegen.“

„Komm ich von hier aus in die Box?“

„Hier hinten,

leicht zu finden.“

„So,

eine weiße Pocket-Rocket also.“

„Ja, so ungefähr.“

„Ok. Dann schau ich gleich hin,

was is´ beim Servicetermin alles drin.“

„Das ist der Serviceumfang D1.“

„Ja.

Ohne Späßen

tun wir gleich alles auslesen.“

„Gut, aber das mit dem normalen Serviceumfang ist klar. Mir geht es momentan um ein paar Sachen, die mit dem Servicetermin nicht direkt zusammenhängen. Undzwar...“

„Ja, Sekunde,

mein ungeduldiger Kunde!“

„Ähmmm... Ok.“

„So.

Also auch die Bremsflüssigkeit

ist diesmal soweit...“

„Ja. Aber das können Sie auch ohne mich klären. Lassen sie mich Sachen ansprechen, die nicht im Serviceumfang enthalten sind.“

„Ja, sofort,

my Lord.

Aber wenn das Ding schon auf der Hebebühne steht,

höchste Zeit für ´n Unterboden-Date.“

„Na gut...“

„So, hier sehen wir eine Motor-Potenz

ohne Inkontinenz.

Alles trocken,

bis in die Socken.

Ach, hier vorne an der Stossstange war wohl ein Aufsetzer in Rage

in der Tiefgarage.“

„Nein, da musste ich einem schlingernden LKW in einer Baustelle ausweichen und erwischte diese Plastikzungen, die die Fahrbahn-Grenze markierten. Ich weiß nicht, wie sie richtig heißen.

Aber wenn wir schon unter dem Auto sind, würde ich etwas ansprechen, was wir jetzt am Besten nachschauen können. Undzwar, seit ca. 2000 km habe ich ab ca. 150 km/h sehr leichte, aber gut wahrnehmbare, konstante Vibrationen im Lenkrad. Alle Radbolzen habe ich kontrolliert, alles ist fest angezogen. Der Luftdruck stimmt natürlich auch. Ich habe keine Bordsteine oder Schlaglöcher erwischt, das Auto läuft absolut spurtreu, das Thema „Fahrwerksschaden“ können wir somit ausschließen – man sieht ja auch klar und deutlich, das da auch nicht mal ein Minikratzer ist. Ist tippe auf Antriebswelle und/oder Lagerschaden. Ich muss auch erwähnen, dass ich vor ca. 14.000 km einen mittelschweren Frontschaden hatte, der aber hier, bei Ihnen behoben wurde, und seitdem bin ich ca. 12.000 km ohne solche Probleme gefahren.“

„Gibt es diese Vibration

seit der Winterreifenwechsel-Aktion?“

„Nein, nicht direkt. Ich bin nach dem Wechsel ca. 1000 km ohne Probleme gefahren. Außerdem fahre ich schon das dritte Jahr auf diesen Winterreifen – hätte es damit zu tun, wäre es mir schon früher aufgefallen.“

„Ich würde bis zum Wechsel auf die Sommerreifen warten

und dann mit der Problemsuche starten.“

„Hmmm... Ich sehe da zwar keinen Zusammenhang, aber Ok...“

„Uns geht es gediegen

um Kundenanliegen.

Ihre Garantie ist seit ein paar Woche vorbei,

kostenlose Reparatur – bye bye!

Natürlich können wir alles reparieren,

damit die Kunden nicht hyperventilieren.

Aber siehst du Preise,

wird´s dir Scheiße.“

„Ähmmm... Ok. Ich fahre das Auto noch knapp über ein halbes Jahr, sollte es bis dahin auseinanderfallen – berufe ich mich auf Sie. Wenn Sie die Hebebühne runterfahren würden, riskiere ich noch ein paar Sachen anzusprechen...“

„So, die Bremse...

Der Patient

ist bei 40 Prozent...“

„Für den Rest der Leasinglaufzeit dürfte das reichen. Ich habe nicht vor, das Fahrzeug auf meine Kosten runderneuern zu lassen.“

„Dann geht´s munter

runter.“

„So. Also, das Thema „Klappereien“ endet wahrscheinlich genauso, wie das mit Lenkradvibrationen. Ich erwähne aber trotzdem, dass es neben den ununterbrochenen Klapper-, Knarz-, Knirsch- etc. Geräuschen, die von überall kommen: von hinten, von den Seiten – die Seitenverkleidungen, B-Säule, Gurtbefestigung etc., von vorne – der komplette Armaturenträger an mehreren Stellen, die Mittelkonsole etc., klingt seit Neuestem noch der Fahrersitz wie ein altes Bett, auf dem Tante Hilde und Onkel Manuel Jahrzehnte lang immer wieder zu H&M wurden.

Die Geräuschkulisse im Innenraum ist mittlerweile so, dass es mir peinlich ist, jemanden mitzunehmen. Es gibt immer konstante Hintergrundgeräusche und je nach Qualität der Fahrbahn kommen noch Andere hinzu. Und das ohne Musik. Wenn ich selbst mittelmäßig basslastige Musik auf der halben Lautstärke höre, werden alle bereits vorhandenen Klappereien etc. noch zusätzlich verstärkt, außerdem kommt noch ein starkes Dröhnen dazu. Dabei hat das Fahrzeug lediglich 22.000 km gelaufen, immer auf 18-Zöllern, kein Performance Fahrwerk, ich wohne in der Stadt und fahre hauptsächlich auf ordentlichem Straßenbelag.“

„Das ist die Klapper-Klasse

für die breite Masse.

Das Klapperriolet

im Autoquartett...

Zusätzlich zum normalen Serviceumfang D1 würde ich noch was vorschlagen,

damit Sie später nicht wegen Allergien klagen

– eine Klimaanlagenreinigung.“

„Gegen Klappergeräusche?“

„Für Nostalgie

auf Allergie.“

„Oh, Ok. Ja, die würde ich gerne machen lassen. Was kostet sie?“

„Unter Hundert

wirste verwundert.“

„Ok, einverstanden. Also, ich versuche es noch mal. Ich habe im mittleren Display mal ein Mal die Woche, mal mehrmals am Tag Fehlermeldungen wie „ESP ohne Funktion“, „Distronic Plus ohne Funktion“ – dann funktioniert sie tatsächlich nicht, „Collision Prevention Assist Plus ohne Funktion“ – sie schalte ich immer aus, da ich ihretwegen beinahe einen Unfall hatte – die Meldung erscheint unabhängig davon, ob sie „an“ oder „aus“ ist. Hier ist ein Video, wo sie sich nacheinander abwechseln – das habe ich im Stand gefilmt, wie Sie allein an der Getriebestellung sehen können.“

„Elektronik-

Fehlertronik.

Aber analog

gibbet net mehr im Autokatalog.“

„Aha. Ok. Dann mein letzter Versuch.

Ich habe noch eine Problemstelle bei der Windschutzscheibe. Sie ist nicht nur im Blickfeld, sondern ganz direkt vor den Augen, wenn ich ganz normal nach vorne schaue. Beim Regen zieht der linke Scheibenwischer an dieser Stelle Schlieren. Das Problem habe ich schon seit gut 1,5 Jahren. Ich habe das Glas mit allen möglichen Mitteln gereinigt, das ist schon der dritte Satz Scheibenwischer und er ist ca. 2 Monate alt. Und selbst nach dem Wechsel war es beim ersten Regen schon wieder soweit. Das liegt also definitiv nicht an einer Beschädigung der Scheibenwischer und diese werden auch jedes Mal sorgfältig gereinigt, aber mit gummischonenden Mitteln. Die Scheibe an sich habe ich mehrmals untersucht, aber da ist kein Fehler zu sehen. Ich weiß es nicht weiter, aber beim Regen, besonders, wenn es dunkel ist, ist es immer ein Blindflug, was höchst sicherheitsrelevant ist. Der Fehler ist jederzeit reproduzierbar, Sie können sich selbst ein Bild davon machen.“

„Ok.

Ich hol´gleich Wasser,

dann machen wir´s nasser...

So, wo war die Problemstelle

der Regenfälle?“

„Hier, so groß, wie eine Handfläche. Lassen Sie das Wasser auf die Windschutzscheibe laufen und betätigen Sie die Scheibenwischer, dass sehen Sie diese sofort. Lassen Sie mich nur ein paar Schritte zurück gehen, da ich für die heutigen geschäftlichen Termine trockene Klamotten bräuchte.

Ähmmm... Danke! Genau das habe ich gerade gesagt. Hoffentlich trocknet meine Hose nicht allzu lange.“

„Ach, das ist nur Wasser,

es tötet nicht, macht nur nasser.“

„Schon gut.“

„... Ja, da sehe ich schon diese Stelle

für vorprogrammierte Unfälle.“

„Hey!!! Das ist doch nicht Ihr Ernst mit der Scheibenwaschanlage! Sie haben mich gerade komplett abgeduscht! Ohne meine Brille hätte ich die Scheibenreinigungsflüssigkeit auch in die Augen abgekriegt! Geht es noch?!“

„´Tschuldigung!

Aber jetzt ist Ihre Brille nicht nur fein,

sondern auch rein.

Also ich empfehle

„Rain X“ für diese Stelle.

Das Mittel gibt es nicht an der Ausschanke,

sondern an jeder Tanke.“

„Und was soll ich damit?“

„Einfach die Stelle putzen,

vielleicht bringt´s Nutzen.“

„Ich bezweifle zwar, dass das Mittel etwas Neues bringt, aber gut.

Wann kann ich mein Auto abholen?“

„Am späten Nachmittag siehste

wieder die Kiste.“

„Ok, dann bräuchte ich einen Ersatzwagen.“

„Wurde einer reserviert?

Hier steht nix dokumentiert.“

„Nein, ich dachte, dass der Service maximal ein paar Stunden dauert. Aber mir ist es egal, was für ein Auto ich bekomme. Ich nehme gerne auch einen Smart.“

„AMG dann Smart?

Das wird hart!“

„Schon gut. Ich mag alle Autos. Dann gehe ich zu Ihrem Ersatzwagenverleih. Einen schönen Tag noch!“

„Tschüss,

Bleifuß!“

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Themenstarteram 5. März 2016 um 12:17

„The Proper Wife“

 

Nach mehreren Anhörungstermin-Verschiebungen, ein paar Selfies vor dem „Hausgefängnis“-Schild im Gerichtsgebäude und einem Warte-kurz,-ich–bin-gleich-da,-muss-nur-noch-einen-Parkplatz-finden,-da-ich-meinen-Hund-mitnehmen-musste,-weil-meine-Freundin-keine-Lust-auf-ihn-hatte-Anruf von meinem Anwalt war es soweit: Mein Anwalt und ich standen vor dem Gerichtssaal. Die elektronische Anzeige neben der Eingangstür berichtete, dass um 9:30 Uhr ein Fall der Atom-U-Boot-Entführung und um 10 Uhr wegen eines Parkremplers an einem Linienflugzeug verhandelt werden sollte. Aber unsere Zeit, also 9:45 Uhr war gar nicht dabei. Wir schauten uns die vor dem Saal sitzenden U-Boot-Entführer und Flugzeug-Stoßstangenramponierer an. Für die Rechtsvertretung meiner Unfallgegnerin sahen sie viel zu harmlos aus. Mein Anwalt und ich schauten zuerst jeder auf seine Uhr, dann jeder auf die des Anderen, dann auf die elektronische Anzeige an der Wand – überall war 9:46 Uhr zu sehen. Ca. 2 Sekunden lange Ratlosigkeit machte sich bei uns breit. Ist es schon vorbei? Alles entschieden? Erfahren wir zumindest das Urteil? Bis mein Anwalt seinem übernatürlichen Mut freien Lauf ließ und an der Tür klopfte. Fasziniert von seiner Heldentat und der Selbstlosigkeit im Interesse des Mandanten (meiner Wenigkeit also) bewegte ich mich etwas übermotiviert ihm hinterher. Die Worte der Richterin „Alles gut, kommen Sie doch herein!“ hörten wir schon im Flug, der aus dem Zusammenstoß meiner rechten Hüfte mit dem Hintern meines Anwalts resultierte, der seinerzeit durch etwas zu viel Anlauf meinerseits und dem erhöhten Bremsweg meiner Ledersohlen auf dem polierten Boden sowie dem ebenfalls unzureichenden Grip der Ledersohlen meines Anwalts auf demselben resultierte. Schuldig lächelnd landeten wir fast mitten im Saal, während wir ums Gleichgewicht kämpften. Aber jeder von uns um sein Eigenes.

Die sehr nett, etwas älter als wir wirkende Richterin – wobei es gesagt werden muss, dass in dem Moment jeder 13-Jährige älter als wir gewirkt hätte – wartete höfflich ein paar Sekunden, bis wir unsere innere Balance fanden, huldigte unserem Erfolg auf diesem Gebiet mit einem würdigenden Kopfnicken und stellte die Frage, die unsere gerade eben wieder gewonnene Balance erneut zum Erschütteln brachte: „Worum geht es denn?“

Während ich den Unfallhergang visualisierte, ohne in dem Moment zu realisieren, dass ich ihn auch noch verbalisieren sollte, zeigte mein Anwalt seine grenzenlose Opferbereitschaft für seine Mandanten zum zweiten Mal und beantwortete die Frage der Richterin.

Die Antwort versetzte sie ins Nachgrübeln. Dem folgte das Durchwühlen der Sachen auf ihrem Tisch. Auf die nächste Äußerung der Richterin waren wir schon innerlich vorbereitet: „Der Fall steht bei mir gar nicht auf der Rolle. Ich weiß nicht, worum es geht, und bin absolut unvorbereitet...“

Darauf murmelten mein Anwalt und ich gleichzeitig so etwas wie „Ok, kein Problem, sollen wir einen neuen Termin machen?“.

„Nein, nein, setzen Sie sich bitte, wenn Sie schon da sind.“ – meinte die Richterin. „Ich hole mir gleich die Akte.“ – fügte sie anschließend hinzu. Während sie ihre Sekretärin kontaktierte, damit diese die Akte besorgte, studierten wir im Sitzen unsere Ledersohlen.

„Mögen Sie schon mal einen Blick in meinen Folder werfen, bis Ihrer da ist?“ – opferte sich mein Anwalt zum dritten Mal, während er der Richterin mit einem Stapel Makulatur im Format eines ordentlichen Bandes der Brockhaus Enzyklopädie drohte.

„Nein, nein, meiner ist gleich da, vielen Dank!“ – wehrte die Richterin die Gefahr ab.

„Wo ist die Vertretung der Gegenseite?“ – Fragte uns die Richterin, um die Pause sinnvoll zu nutzen.

„Das wüssten wir auch gerne.“ – Rutschte uns beiden gleichzeitig heraus, während die Tür aufging.

Ein Mann schaute etwas irritiert herein. „Ist das der Fall „Asozialer Massenmörder gegen unschuldige junge Fahranfängerin um 9:45 Uhr?““ – informierte er sich.

„Ja, kommen Sie bitte herein!“ – antwortete die Richterin verbal, während wir nonverbal nickten. „Wer sind Sie?“ – formulierte die Richterin die Frage, die uns alle interessierte.

„Rechtsvertretung der Versicherung des Klägers und des Widerbeklagten.“ – versuchte der Mann seine Tätigkeit für die HDI sozialverträglicher zu beschreiben. Danach setzte er sich zu uns und wir stellten uns alle vor.

„Also, wo ist die Rechtsvertretung der unschuldigen jungen Fahranfängerin?“ – ließ die Richterin es nicht locker. Wenige Sekunden später ging die Tür wiederholt auf und eine junge, etwas erschrockene Frau mit einem dicken Folder kam herein und brachte ihn zur Richterin.

Für ein paar Minuten beschäftigte sich die Richterin mit dessen Inhalt, während der HDI-Anwalt das Fenster anstarrte, mein Anwalt und ich uns über diverse Arten von Schuhsohlen unterhielten.

Die Uhr zeigte mittlerweile kurz nach 10 und die Tür ging noch ein paar Mal auf, da die Beteiligten am Flugzeug-Parkrempler langsam nervös wurden.

Dann meldete sich die Richterin zu Wort: „Ok, verstehe. Heute soll also die Der-Typ-ist-doch-kein-Massenmörder-und-die-junge-Fahranfängerin-ist-überhaupt-nicht-unschuldig-Zeugin aussagen. Wo ist sie? Und wo ist die Vertretung der Unfallgegnerin?“

Die Frage konnte durch uns nicht beantwortet werden. Aber die Tür ging wieder auf und im Saal erschien der graue, eigentlich fast weiße Kopf eines Mannes.

„Ist das der Fall „Asozialer Massenmörder gegen unschuldige junge Fahranfängerin?““ – sprach der Kopf zu uns.

„Ja, der um 9:45 Uhr.“ – antwortete die Richterin, während sie auf ihre Armbanduhr schaute, die schon 10:15 zeigte. „Kommen Sie bitte herein. Wer sind Sie?“

„Rechtsvertretung der Versicherung der Beklagten und der Widerklägerin.“ – versuchte der Mann seine Tätigkeit für die Zürich sozialverträglicher zu beschreiben. Auch er setzte sich zu uns.

„Also, wo ist die Zeugin und die Rechtsvertretung der unschuldigen jungen Fahranfängerin?“ – wir alle sahen der Richterin an, dass sie an eine Antwort unsererseits nicht wirklich glaubte.

Um die Zeit zu schlagen, unterhielten wir uns – also mein Anwalt, der meiner Versicherung, der der Versicherung meiner Unfallgegnerin, die Richterin und ich – über das Wetter, die Gegend um das Gerichtsgebäude, das Gerichtgebäude an sich, die Sicherheitsmaßnahmen nach dem sich neulich ereigneten Vorfall bei einer Demonstration vorm Gerichtsgebäude und Hunde. Keine Wach-, sondern ganz normale Haushunde. Mitten in unserem Gespräch ging die Tür nochmals auf und im Türrahmen erschien eine ca. 30-Jahre junge Frau, die uns mit der folgender Frage überraschte:

„Ist das der Fall „Asozialer Massenmörder gegen unschuldige junge Fahranfängerin?““.

Die Richterin schaute zuerst schweigend auf ihre Armbanduhr und zeigte sich erst danach interessiert, wer die Frau war.

„Rechtsvertretung der Beklagten und der Verklagten... Des Klägers... der Klägerin... Der Widerklägerin.“ – die Frau schaute uns alle nacheinander hilfesuchend an.

„Der Beklagten und der Widerklägerin.“ – halfen wir ihr aus dem Wald. Alle zusammen im Chor.

„Okkkkay... Und die Zeugin?“ – traf die Richterin den wunden Punkt erneut. „Das ist schon das zweite Mal, dass sie unentschuldigt nicht erscheint... Ich will sie jetzt nicht bestrafen... Man weiß ja nicht, was passiert ist. Aber die Ladung hat sie definitiv erhalten... Mit Zustellungsurkunde... Tja... Aber irgendwas muss ich ja tun... Ok, dann nochmals 150 Euro Ordnungsgeld... Hoffentlich das letzte Mal...“

„Wenn wir schon sowieso hier sind und warten, möchten Sie vielleicht den Kläger anhören?“ – versuchte mein Anwalt unseren gemeinsamen Zeitvertreib zu optimieren.

„Ich bin jetzt immer noch nicht wirklich vorbereitet, wir machen das später, falls das nötig sein wird.“ – beschloss die Richterin. „Apropos das nächste Mal... Wann wollen wir uns wieder treffen?“

An der Stelle kamen Terminvorschläge, die jedes Mal einem der Anwesenden nicht passten, aber direkt mit einem passenden Gegenvorschlag gekontert wurden, sodass in wenigen Minuten ein Termin feststand. Der aber nicht lange hielt. Denn die Anwältin meiner Unfallgegnerin zeigte sich sehr weiblich, erfolgsorientiert, weiblich, kompetent und weiblich. In kürzester Zeit erfuhren alle Anwesenden, also außer ihr noch drei Anwälte, die Richterin und ich, dass sie aus Köln kommt, viele Termine sowie ein Kind hat, das zur KiTa gebracht werden muss und sie eine Frau ist. Trotz dem bei allen Anwesenden aufgekommenen Wunsch, sich bei ihr zu entschuldigen, dass wir sie von ihrem Leben ablenkten und ansonsten mit nicht genug Blumen empfingen, wurde es schweren Herzens beschlossen, den Prozess doch weiter zu führen. Aber erst dann, wann sie Zeit dafür hat. Also in ca. 3 Monaten. Fraglich bleibt nur, ob die Frau Anwältin genau das erreichte, was sie erreichen wollte, da ich den Eindruck hatte, dass selbst die Richterin nicht verbergen konnte, dass ihr deren Weiblichkeit gehörig übertheatralisiert vorkam. Ich persönlich konnte das Gefühl nicht loswerden, dass ich bei den Dreharbeiten für die Serie, die ähnlich – siehe ganz oben – heißt, dabei war.

Ein paar Wochen nach der „Anhörung“ erfuhr ich, dass die Zeugin doch da war, aber aufgrund der Abwesenheit des Falls auf der Rolle, also der elektronischen Anzeigetafel irritiert war und zu spät im Anhörungssaal erschien. Deshalb wurde das Ordnungsgeld aufgehoben und sie musste keinerlei Konsequenzen tragen. Außerdem wurde die nächste Anhörung wieder um eine Woche verschoben, da der Vertreter meiner Versicherung an dem Tag nicht konnte, wovor er aber schon vor Ort warnte, dass es so etwas passieren könnte, da er seinen Terminkalender im Auto vergaß und nicht genau wusste, ob er tatsächlich an dem Tag konnte. Wer wetten will, dass dieser Termin endgültig bleiben wird, sollte vielleicht nicht zu viel Geld darauf setzen. Übrigens, im August sind es schon 2 Jahre nach dem Unfall.

Aber die Richterin lernte mich kennen, fand mich nicht unsympathisch (zumindest hatte ich das Gefühl) und sah, dass ich kein pubertierender Ampel-Racer bin. Sie registrierte auch unsere Pünktlichkeit, unser Interesse und dass wir vorbereitet waren. Meiner Einschätzung nach haben wir ausschließlich Pluspunkte gesammelt. Und die Gegenseite eher ein paar Minuspunkte. Was aber – das kann an der Stelle noch mal erwähnt werden – nicht allein entscheidend ist, da die Aufstellung nach wie vor „1 Zeugin und die Sachlage für mich, 4 Zeugen gegen mich“ ist. Und „meine“ Versicherung ist ebenfalls ein Geschäft mit der Angst. Mal schauen...

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