CO2-Austoß nach WLTP und Kfz-Steuer für einzelne Modelle

Was der WLTP mit der Kfz-Steuer macht

Heiko Dilk

verfasst am Fri Jan 27 16:59:20 CET 2017

Ab September 2018 berechnet sich die Kfz-Steuer nach einem neuen Verbrauchszyklus. Was das ganz konkret für Neuwagenkäufer bedeuten könnte? Wir haben nachgerechnet.

Wenn der WLTP jetzt schon maßgeblich für die Kfz-Steuer wäre, müssten Smart-Fahrer massiv drauf zahlen
Quelle: Toyota, Daimler, Audi

Berlin – NEFZ heißt jetzt WLTP, sonst ändert sich nichts. So könnte man zusammenfassen was geschieht, wenn ab September 2018 der neue Verbrauchszyklus WLTP für die Berechnung der Kfz-Steuer von Neuwagen gilt. Doch laut Finanzminister Wolfgang Schäuble ändert sich durchaus etwas: Er rechnet mit höheren Steuereinnahmen, weil der CO2-Ausstoß im WLTP höher ausfalle. Um 1,1 Milliarden Euro sollen dadurch die Einnahmen von 2018 bis 2022 steigen.

Diese "Steuerschätzung" ist derzeit nur eine grobe Annahme. Schäuble geht davon aus, dass der CO2-Ausstoß der in Deutschland zugelassenen Autos durch die Berechnung nach WLTP steigt. Dass Neuwagenkäufer mehr zahlen müssten, wenn ihr Auto auf dem Papier mehr CO2 ausstößt ist logisch - schließlich berechnet sich die Steuer teilweise anhand des CO2-Ausstoßes.

Aber zahlen einige auch weniger? Möglich, sagen Experten. Beim TÜV Süd etwa hatte man schon 2015 einige Fahrzeuge nach WLTP („Worldwide harmonized Light Vehicle Test Procedure“) gemessen und kam zu dem Ergebnis, dass der Verbrauch nicht zwangsläufig steige. Vor allem größere Dieselmotoren könnten im WLTP-Zyklus weniger CO2 ausstoßen.

Auch der Prius würde nach WLTP vermutlich mehr CO2 ausstoßen, allerdings bleibt er in der modifizierten ADAC-Messung mit 84 g/km deutlich unter dem Freibetrag für die Kfz-Steuer
Quelle: Toyota

Theoretische Kfz-Steuer nach WLTP: Zwei Autos bleiben stabil

Eine konkrete Datenbasis dafür fehlt bisher. Den besten Anhaltspunkt bieten Daten des ADAC. Der Automobilclub ermittelt für seinen Ecotest seit Ende letzten Jahres auch die WLTP-Werte. Bislang wurden 45 aktuelle Modelle auf den Prüfstand geschickt. Der nächste Schwung soll im Frühjahr folgen.

Wie hoch die Kfz-Steuer auf Basis der ADAC-Daten für einige der getesteten Modelle wäre, wenn der WLTP jetzt schon gelten würde, haben wir ausgerechnet (Kfz-Steuer-Rechner des Finanzministeriums).

Demnach bleibt die Kfz-Steuer nur für zwei Modelle stabil: Für den Toyota Prius und den Mazda2 mit 105-PS-Diesel. Auch sie stoßen nach WLTP zwar mehr CO2 aus, bleiben aber unter dem derzeitigen "CO2-Freibetrag" von 95 Gramm. Erst darüber werden pro Gramm zwei Euro Steuer fällig. Darunter richtet sich die Kfz-Steuer nur nach dem Hubraum und nach der Kraftstoffsorte.

Auf den ersten Blick wirken die Daten erschreckend. Egal ob City-Mini wie der Smart Fortwo oder Power-SUV wie der Audi SQ7 - die Steuer steigt von den beiden Ausnahmen abgesehen überall. Zum Teil erheblich, wie die folgende Tabelle mit ausgewählten Modellen zeigt (die vollständige Liste aller 45 Modelle findet Ihr in der Galerie):

ModellHubraumCO2-Ausstoß NEFZKfz-Steuer bisherCO2-Ausstoß WLTP mod.Kfz-Steuer ab 09/2018
Audi A4 Avant 3.0 TDI design s tronic2.967 ccm114 g/km323 Euro146 g/km387 Euro
Audi SQ7 TDI Quattro tiptronic3.956 ccm189 g/km568 Euro227 g/km644 Euro
BMW 118d Urban Line Steptronic1.995 ccm99 g/km198 Euro117 g/km234 Euro
BMW 520d xDrive Steptronic1.995 ccm118 g/km236 Euro136 g/km272 Euro
Ford Focus 2.0 TDCi Start/Stopp Titanium1.998 ccm105 g/km210 Euro123 g/km246 Euro
Ford Focus RS2.261 ccm175 g/km206 Euro189 g/km234 Euro
Mazda2 Skyactiv-D 105 Exclusive-Line1.499 ccm89 g/km142 Euro94 g/km142 Euro
Mercedes E 220d 9G-Tronic1.950 ccm102 g/km204 Euro127 g/km254 Euro
Opel Corsa 1.0 ecoFlex999 ccm102 g/km34 Euro120 g/km70 Euro
Toyota Prius Executive1.798 ccm76 g/km36 Euro84 g/km36 Euro
Smart fortwo Cabrio prime999 ccm97 g/km24 Euro139 g/km108 Euro
VW Golf Sportsvan 1.6 TDI BMT Comfortline1.598 ccm101 g/km164 Euro124 g/km210 Euro
VW Tiguan 1.4 TSI ACT BMT Comfortline DSG1.395 ccm140 g/km118 Euro173 g/km184 Euro

 

Der Schreck relativiert sich bei genauerer Betrachtung. Der ADAC ermittelt die WLTP-Werte schließlich nicht für die Steuerberechnung, sondern als Teil seiner Ecotest-Wertung. Bei Beschleunigung, Geschwindigkeit und Standzeiten hält er sich an die Vorgaben des Zyklus. Allerdings legt er das tatsächliche Leergewicht der Autos zugrunde und lädt noch 200 Kilo zu. So sollen möglichst realitätsnahe Werte herauskommen. Welche Maßgaben hier ab September 2018 tatsächlich gelten, steht noch nicht fest.

Auf Basis der vom ADAC ermittelten WLTP-Werte erhöht sich der Verbrauch beim Smart Fortwo Cabrio von 4,2 auf 6,0 Liter
Quelle: Daimler
Abgesehen davon befinden sich in der Liste logischerweise nur aktuelle Modelle. Der WLTP gilt jedoch erst ab September 2018 für neu zugelassene Autos, die nach dem 1. September 2017 ihre Typzulassung erhalten. Das betrifft keines der getesteten Fahrzeuge. Die Hersteller haben also noch ein wenig Zeit, den CO2-Ausstoß ihrer Modelle zu drücken.

Die Phase ist relevant: Große Streuung beim WLTP-Verbrauch

Die WLTP-Werte des ADAC könnten irgendwo zwischen dem Best- und dem Worst-Case-Szenario liegen. Das legen Daten nahe, die Opel veröffentlicht hat. Für den Astra gibt der Hersteller seit Sommer 2016 WLTP-Verbräuche an. Die Spanne dabei ist enorm. Je nachdem, welche Phase des WLTP (langsam, mittel, schnell, sehr schnell) und welche Ausstattung zugrunde gelegt wird.

Im schlimmsten Fall würde beispielsweise ein Astra 1.4 nach WLTP 9,0 Liter Benzin verbrauchen, im besten Fall kommt er auf den gleichen Wert wie nach NEFZ (5,4 l/00 km). Da die Bedingungen für die künftige Zertifizierung noch nicht final feststehen, existiere kein gemittelter Normwert, sagte uns ein Opel-Sprecher.

Profitieren große, kräftige Motoren vom WLTP?

Das dicke SUV Audi SQ7 stößt laut NEFZ 189 g CO2 pro km aus, nach der WLTP-Messung des ADAC sind es 227 g
Quelle: Audi
Die Annahme, dass großvolumige Motoren nach WLTP günstiger werden als derzeit nach NEFZ, stützen die ADAC-Daten nicht. Allerdings wurden bislang nur zwei größere Diesel getestet. In der Theorie sollten sie profitieren: Beim WLTP wird dynamischer beschleunigt als beim NEFZ. Die Endgeschwindigkeit liegt bei 130 km/h, während Autos auf dem NEFZ-Prüfstand maximal 120 km/h erreichen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit steigt von 33,4 km/h auf 47 km/h, der neue Zyklus ist um zehn Minuten länger (30 statt 20 Minuten). Allerdings sinkt die Standzeit von 25 Prozent auf 13 Prozent.

Damit sollten Autos mit wenig Leistung im neuen Zyklus öfter in höheren Lastbereichen fahren als im NEFZ. Außer beim Smart Fortwo sind jedoch bei kleineren Motoren keine signifikant größeren Abweichungen nach oben feststellbar als bei mittleren und großen Motoren. Offenbar gibt es also genügend Stellschrauben für die Hersteller, den CO2-Ausstoß zu beeinflussen. Hauptsache, sie sind legal.

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Auf Basis der vom ADAC ermittelten WLTP-Werte erhöht sich der Verbrauch beim Smart Fortwo Cabrio von 4,2 auf 6,0 Liter
Quelle: Daimler
Auch der Prius würde nach WLTP vermutlich mehr CO2 ausstoßen, allerdings bleibt er in der modifizierten ADAC-Messung mit 84 g/km deutlich unter dem Freibetrag für die Kfz-Steuer
Quelle: Toyota
Das dicke SUV Audi SQ7 stößt laut NEFZ 189 g CO2 pro km aus, nach der WLTP-Messung des ADAC sind es 227 g
Quelle: Audi
Der ADAC hat für seinen Ecotest bislang 45 Modelle getestet. Dabei wendet er neben einem eigenen Autobahnzyklus auch den WLTP 5.3 an. Die Prüfstandsfahrt erfolgt dabei "kalt", also bei rund 22 Grad mit tatsächlichem Leergewicht und 200 Kilo Zuladung
Quelle: ADAC