Ratgeber: Wie man Bagatellschäden richtig abwickelt

Kleiner Schaden ohne großen Ärger

MOTOR-TALK

verfasst am Tue Jun 19 12:34:02 CEST 2018

Wenn es nur knirscht und nicht kracht, kann das dennoch Ärger bedeuten. Wie man den vermeidet, indem man Unfälle mit Bagatellschäden korrekt abwickelt, lest Ihr hier.

Bei Bagatellschäden muss man nicht die Polizei rufen, man darf es aber. Auf jeden Fall gilt: Wer sich entfernt, ohne auf den Geschädigten zu warten, macht sich fast immer strafbar
Quelle: dpa/picture-alliance

Köln/Andernach - Unübersichtliche Parkplätze, ein Hindernis im toten Winkel oder schlicht Unachtsamkeit: Schnell hat man eine kleine Delle oder einen Kratzer ins Auto gefahren. Auch wenn der Schaden minimal erscheint, kann er großen Ärger bedeuten. Muss er aber nicht, wenn man sich an gewisse Regeln hält.

Erste Pflicht des Verursachers: Bloß nicht aus dem Staub machen. Das gilt als Fahrerflucht und ist strafbar. Außerdem sollte man Fotos von den Beschädigungen machen und, so Jens Dötsch, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Andernach: "Das Wichtigste ist, immer die Daten auszutauschen, egal wie groß oder klein der Schaden auch sein mag." Was man sonst noch bei Bagatellschäden zu beachten hat, lest Ihr hier.

Wie muss der Geschädigte benachrichtigt werden?

Egal, wie groß der Schaden ist, bei einem Unfall gelten immer die gleichen Regeln: "Wenn der Fahrer des beschädigten Fahrzeugs nicht vor Ort anzutreffen ist, sind Sie laut Paragraph 142 Strafgesetzbuch dazu verpflichtet, eine angemessene Zeit auf den Fahrer zu warten", sagt Holger Küster, Geschäftsführer des ACV Automobil-Club Verkehr. Taucht der Geschädigte nicht auf, sollte der Verursacher die Polizei informieren. Wenn so etwas auf dem Parkplatz eines Kaufhauses passiert, könne man auch versuchen, den Halter ausrufen zu lassen.

Reicht ein Zettel an der Windschutzscheibe nicht aus?

Schon eine kaum sichtbare Delle in der Tür bedeutet: Warten und den Schaden aufnehmen
Quelle: dpa/picture-alliance
Auch wenn hier guter Wille gezeigt wird: Hängt der Verursacher einfach einen Zettel an die Windschutzscheibe und entfernt sich, macht er sich strafbar. "So ein Zettel kann wegfliegen und ist daher nicht sicher genug, um den Geschädigten zu informieren", so Dötsch. Auch könne ein Zettel oder eine Visitenkarte von einer anderen Person entfernt werden. Wer sich auf einen Zettel verlässt, riskiere daher eine Strafanzeige wegen Fahrerflucht.

Die Schadenshöhe spielt dabei kaum eine Rolle. Fahrerflucht kann laut Dötsch bereits ab einem Wert von rund 50 Euro angenommen werden. "Es ist daher dringend zu empfehlen, auf den Geschädigten zu warten oder eben die Polizei zu rufen, um sich abzusichern."

Wie lange muss man auf den Besitzer warten?

Eine gesetzlich festgelegte Wartezeit gibt es nicht. Das hängt auch von der Zumutbarkeit und Faktoren wie Witterungsbedingungen, der Schwere des Schadens und der Chance ab, den Geschädigten anzutreffen. "Bei einem leichten Parkunfall auf dem Kaufhausparkplatz sollte der Verursacher etwa 30 Minuten warten", sagt Küster. Bei einem schweren Parkschaden könnten auch bis zu zwei Stunden als zumutbar gelten.

Ist bei Fahrerflucht automatisch der Führerschein weg?

Nein, nicht zwingend. "Der Führerscheinentzug droht, wenn sich der Verursacher vom Unfallort entfernt, obwohl er einen bedeutenden Schaden verursacht hat", sagt Dötsch. Als Richtwert gelte hier ein Wert von 1.500 Euro.

Darf man bei einem Bagatellschaden die Polizei rufen?

Wer sich bei einem kleinen Schaden direkt mit dem Unfallgegener austauscht und den Schaden dokumentiert, riskiert hinterher keinen Ärger
Quelle: dpa/picture-alliance
Die Polizei darf immer gerufen werden, auch wenn der Schaden sehr gering oder nicht zu erkennen ist. "Gerade bei Uneinigkeit über die Schuldfrage oder den Unfallhergang selbst sollte die Polizei gerufen werden, selbst wenn kein Schaden zu sehen ist", rät Küster. Die Polizei könne Schäden, Unfallhergang und Zeugenaussagen aufnehmen und protokollieren. Das sei auch hilfreich, um später die Schadensregulierung mit der Versicherung zu vereinfachen.

Muss man ohne erkennbaren Schaden den anderen informieren?

Auf jeden Fall. "Der Schaden kann ja für einen Laien auch gar nicht sichtbar sein, daher darf man sich in so einem Fall nicht nur auf das eigene Urteil verlassen", sagt Dötsch. Der andere muss die Möglichkeit haben, sich selbst ein Urteil zu bilden. Ist er auch der Ansicht, dass nichts passiert ist, könne die Sache abgehakt werden.

Wie verhält es sich mit zunächst nicht erkennbaren Schäden?

Auch im Nachhinein hat der Geschädigte die Möglichkeit, seine Ansprüche geltend zu machen. "Wenn ein Schaden vom Geschädigten nicht sofort bei der gegnerischen Versicherung gemeldet wird, geht der Anspruch auf Schadenersatz nicht verloren", erklärt Kathrin Jarosch vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Wichtig: Die Beschädigung sollte immer möglichst eindeutig auf Fotos festgehalten werden. "Auch wenn die Schadenhöhe auf den ersten Blick gering erscheint. So erspart man sich späteren Streit um die erforderlichen Reparaturkosten."

Der Verursacher hat keine Daten Versicherungsdaten. Was tun?

Wer Fotos von einem verursachten Schaden macht, vermeidet unangenehme Überraschungen
Quelle: dpa/picture-alliance
Die notwendigen Informationen lassen sich über den Zentralruf der Autoversicherer unter der kostenfreien Nummer 0800/250 260 0 besorgen. "Der Zentralruf benötigt lediglich das Kennzeichen des Unfallgegners, um die gegnerische Haftpflicht-Versicherung ermitteln zu können", sagt Jarosch. Hier erfahre man auch die Versicherung von Fahrzeugen aus dem europäischen Ausland und die Kontaktdaten des jeweiligen deutschen Ansprechpartners.

Bei geringem Schaden einen Sachverständigen einschalten?

Das kann für den Besitzer, dessen Auto beschädigt wurde, teuer werden. "Es gilt die Schadenminderungspflicht, wonach auch der Geschädigte dafür sorgen muss, dass die Kosten gering bleiben", sagt Küster. Liegen die Kosten des Fahrzeugschadens unter der Bagatellgrenze von circa 750 Euro, würden Versicherungen die Kosten für einen Sachverständigen oft nur zögerlich oder auch gar nicht erstatten.

Sind mündliche Vereinbarungen über die Schadensabwicklung gültig?

Wenn sich Verursacher und Geschädigter vor Ort auf eine Regelung verständigen - etwa 100 Euro in bar - ist das dann für beide Parteien auch ohne schriftliche Fixierung bindend? Eigentlich ja, sagt Dötsch:

"So eine Verabredung über die Zahlung eines Pauschalbetrages beinhaltet dann auch, dass der Geschädigte auf etwaige weitere Ersatzansprüche verzichtet."

Schwierig sei es jedoch, wenn beispielsweise der Geschädigte im Nachhinein hiervon nichts mehr wissen will und es keine Zeugen gibt. "Es empfiehlt sich daher, eine solche Vereinbarung schriftlich zu fixieren, damit sie nötigenfalls auch bewiesen werden kann", rät Dötsch.

Quelle: dpa

 

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Wer Fotos von einem verursachten Schaden macht, vermeidet unangenehme Überraschungen
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Schon eine kaum sichtbare Delle in der Tür bedeutet: Warten und den Schaden aufnehmen
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Wer sich bei einem kleinen Schaden direkt mit dem Unfallgegener austauscht und den Schaden dokumentiert, riskiert hinterher keinen Ärger
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