Umfrage: Kostenloser ÖPNV anstelle des eigenen Autos

Gratis-Öffis: Bahn statt Auto

Sven Förster

verfasst am Wed Feb 14 16:40:07 CET 2018

Die Diskussion ist eröffnet: Durch kostenlosen ÖPNV sollen Autos stehen- und Fahrverbote ausbleiben. Das kann helfen - wenn viele Menschen umsteigen. Würdet Ihr es tun?

Werden die Emissionsgrenzwerte in deutschen Städten weiterhin überschritten, drohen Fahrverbote. Ein kostenloser ÖPNV soll die Zahl der Autos in der City reduzieren
Quelle: dpa / Picture Alliance

Berlin – Im Kampf um eine geringere Emissionsbelastung in Städten will die Regierung auf pauschale Fahrverbote verzichten. Das geht aus dem Entwurf des Koalitionsvertrages hervor. Nur hat der Gesetzgeber die Sache nicht allein in der Hand. 2018 sind gerichtlich erzwungene Fahrverbote denkbar – und zwar dann, wenn sich die Werte in stark betroffenen deutschen Citys nicht verbessern.

Eine Idee, die Stickoxid-Werte einzudämmen: Der öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV) soll kostenlos werden, die Zahl privater Fahrzeuge auf den Straßen damit geringer. Aktuell wird vor allem die finanzielle Umsetzbarkeit diskutiert. Doch was, wenn sich gar nicht genügend Menschen zum Umstieg bewegen lassen? Wir wollen von Euch wissen: Würdet Ihr das Auto zugunsten der Gratis-Öffis stehen lassen? Den Stand der Diskussion dazu lest Ihr hier:

Brief an Brüssel

Die Preise für Einzeltickets sind in deutschen Städten mitunter relativ hoch. Ein kostenloser ÖPNV soll Autofahrer zum (gelegentlichen) Umstieg animieren
Quelle: dpa / Picture Alliance
Der Vorschlag zum kostenlosen ÖPNV geht aus einem Brief von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hervor. Adressat: EU-Umweltkommissar Karmenu Vella. Denn: Die EU-Kommission könnte mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof die Einführung lokaler Fahrverbote erwirken. Die Große Koalition will Fahrverbote verhindern.

Ob die Kommunen überhaupt zur Einführung von Fahrverboten berechtigt wären, ist derzeit noch nicht geklärt. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in einer Verhandlung am 22. Februar über Fahrverbote in Düsseldorf und Stuttgart. Das Urteil soll wegweisend für weitere Entscheidungen sein.

„Wolkig“ und opportun: Kritik von DUH und Grünen

Die Bundesregierung will die Emissionsgrenzwerte mit anderen Maßnahmen einhalten – und erntet für den jüngst geäußerten Plan Kritik. Die Grünen sprechen von Aktionismus. Die große Koalition sei beim öffentlichen Verkehr seit Jahren weitgehend untätig, beklagte Fraktionsvize Oliver Krischer gegenüber der dpa. „Nun in einem Brief an Brüssel mit Vorschlägen zu kommen, die im Koalitionsvertrag nicht mal erwähnt sind, ist unglaubwürdig.“

Ein kostenloser ÖPNV sei interessant, löse aber nicht das akute Problem schmutziger Luft. „Um wirklich etwas gegen dreckige Luft zu tun, brauchen wir die blaue Plakette und Verpflichtung zur Nachrüstung von manipulierten Fahrzeugen auf Kosten der Hersteller. Doch dem verweigert sich die Bundesregierung seit Jahren.“

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, kritisierte den Brief an die EU-Kommission ebenfalls. Das Schreiben enthalte an keiner Stelle eine klare Zusage, sondern „wolkige Ankündigungen“. Zwar sei ein möglicher kostenloser Nahverkehr ein richtiger Schritt. „Nur muss dazu auch die über Jahre kaputtgesparte Infrastruktur passen.“ So betrage das Alter der Busse in Deutschland im Durchschnitt mehr als neun Jahre. Entsprechend verheerend sei die Qualität der Abgasreinigung.

Förderungen durch den Bund "denkbar"

Kostenloser ÖPNV: Die Kommunen sorgen sich um die Kostenübernahme. Ein Regierungssprecher stellte eine Förderung des Bundes in Aussicht
Quelle: dpa / Picture Alliance
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht die Ressourcenfrage nicht geklärt. „Kostenloser Nahverkehr ist eine visionäre Vorstellung, die auf jeden Fall mehrere Testballons braucht. Denn so einfach ist das nicht“, sagt VKU-Präsident Michael Ebling. Der Bund müsse sagen, wie er so etwas bezahlen möchte. „Zudem stelle ich mir die Frage, wie das in der Praxis umgesetzt werden soll." Mehr Menschen mit dem ÖPNV zu befördern, bedeute, neue Busse und Straßenbahnen zu kaufen und an die infrastrukturellen Gegebenheiten anzupassen. „Kurzfristig lässt sich so etwas nicht umsetzen.“

Laut einer Studie der Universität Kassel kostet der Autoverkehr eine deutsche Großstadt etwa das Dreifache des ÖPNV. Als entscheidender Faktor werden im Falle der Öffis ausgerechnet die Refinanzierung der Ausgaben für den Erhalt der Infrastruktur durch Verkaufseinnahmen angegeben. Dieser würde nach den Plänen entfallen. Laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen finanzieren sich die Verkehrsbetriebe etwa zur Hälfte aus dem Ticketverkauf, von insgesamt rund 12 Milliarden Euro ist die Rede. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums stellte einen Ausgleich durch Zuschüsse des Bundes in Aussicht, Förderungen seien „denkbar“.

Dauerhaft will die Bundesregierung Öffis nicht kostenlos machen. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von einem temporären, kostenlosen ÖPNV. Die Bundesregierung wolle zusammen mit Ländern und Kommunen über passende Modelle nachdenken. "Wir sind bereit, Schritte zu machen", sagte Seibert.

Umfrage: Würdet Ihr das Auto stehen lassen?

Kein Vorteil ohne Nachteil: Klar, öffentliche Verkehrsmittel sind in der Rush-Hour häufig schneller als das eigene Auto. Doch meist auch ganz schön voll
Quelle: dpa / Picture Alliance
Die entscheidende Frage für den Nutzen der Aktion: Wie viele Autofahrer würden den Wagen tatsächlich stehen lassen, wenn die Öffis kostenlos wären? Viele Menschen sind auf das Auto angewiesen. Hohe Preise für Einzelfahrscheine taugen jedoch nicht gerade als Anreiz für den gelegentlichen Umstieg. Und: Sind die Öffis zu den Hauptverkehrszeiten nicht jetzt schon rappelvoll?

Wir wollen von Euch wissen: Würdet Ihr das Auto zugunsten des kostenlosen Nahverkehrs stehen lassen? Stimmt in unserer Umfrage ab und führt Eure Meinung gerne in den Kommentaren aus.

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Quelle: Mit Material von dpa

Kostenloser ÖPNV: Die Kommunen sorgen sich um die Kostenübernahme. Ein Regierungssprecher stellte eine Förderung des Bundes in Aussicht
Quelle: dpa / Picture Alliance
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Quelle: dpa / Picture Alliance