Seat Leon: Erste Ausfahrt

Beim Seat Leon müssen wir über Geld reden

Philipp

verfasst am Tue Nov 13 16:19:06 CET 2012

Er ist in der Basis günstiger als der Golf, von dem er alles hat, außer das Kleid und den Namen. Kann der Leon deshalb die erste Wahl werden?

Im Gegensatz zum Golf hat sich beim Leon optisch viel getan.

Málaga – Andalusien, 5°C, Regen und Hagel. Wetter wie dieses tötet in Spaniens Süden jede Lebensfreude. Einsam rollt der neue Leon über die gewundenen Straßen im hügeligen Hinterland. Schnell und agil bewegt sich der Golf im Spaniendress. Kein noch so kühler Regen, keine noch so trübe Laune kann dem Auftritt des Leon etwas anhaben. Frisch steht er auf dem Parkplatz, dynamisch und schön anzusehen. Das Gegenteil zu seiner Umgebung, ein Lichtblick für die gebeutelten Südeuropäer?

Daten und Fakten

Leider wird es nur in der Basisversion günstig.
Der Neue ist sechs Zentimeter kürzer (4,26 Meter) als sein Vorgänger, bietet aber mehr Platz. Er wiegt ein paar Kilo weniger, bietet aber mehr Sicherheit. Und obwohl Spaniens Lebensfreude sinkt, weckt das feine Fahrwerk die Lust am Lenken. Der Grund für all das heißt eigentlich Golf, wird aber seit einigen Monaten nur noch "der modulare Querbaukasten" genannt. Gemeint ist die neue technische Basis des Bestsellers, die Plattform für viele weitere Modelle. Wie im Golf streckt sie auch im Leon den Radstand. Und zwar um sechs Zentimeter auf 2,64 Meter. Damit sitzt man vorn so gut es in einem Kompaktwagen geht, hinten dagegen schon viel besser als vom alten Leon gewohnt.

Design & Gewicht

Viel wichtiger für die schönen Spanier: Der neue Leon kann nicht nur eine Menge mehr, er sieht auch besser aus als der alte. In der Front steckt ein bisschen Audi, ein bisschen VW, aber nur noch ein bisschen Seat. Gerade die LED-Frontscheinwerfer des Leon erinnern an Ingolstädter Beleuchtung. Damit verliert der Wagen ein Stück seiner spanischen Individualität. Verantwortlich für das dennoch gelungene Blechkleid ist der belgische Designer Luc Donckerwolke. Er hat Seat und Spanien mittlerweile verlassen und wirkt nun bei VW in Deutschland.

So ein Kompakter soll glänzen, aber Gefallen findet so ein Auto, wenn die Zahlen stimmen. Der Verbrauch sinkt auf dem Papier um bis zu 20 Prozent. Dafür sorgen die Start-Stopp-Automatik und das dank warmumgeformter Stähle reduzierte Gewicht. Der neue Leon wiegt mit dem 1,2-Liter-TSI (105 PS) und 6-Gang-Getriebe 1198 Kilogramm. Der vergleichbare Vorgänger brachte 1280 Kilo auf die Waage. Macht 82 Kilogramm Gewichtseinsparung. Zwischen altem (1380 kg) und neuem (1305 kg) 2,0-Liter-TDI liegen 75 Kilogramm. Dagegen steigt das Kofferraumvolumen auf 380 Liter. Allerdings muss eine hohe Ladekante überwunden werden.

Die Ausstattung

Reduziert wurde die Zahl der Schalter und Knöpfe im Cockpit. Hier wirkt alles klar und wie mit dem Lineal geordnet. Das macht sich sicher im Designstudio schick, hier im Leon im verregneten Málaga ist der Eindruck aber beinahe unterkühlt. Es dominiert schwarzes Plastik. Etwas Klavierlackoptik wurde um den Touchscreen herum auch untergebracht: Überflüssig.

So bleibt das Cockpit angenehm einfach, aber wenig temperamentvoll. Blickt man nach hinten, ist der Leon ebenfalls angenehm übersichtlich. Die Einparksensoren braucht man nicht.

Klar, einfach und in der FR-Ausstattung mit viel Sportlichkeit.
Entlang der Promenade von Málaga zeigt sich der Leon von seiner besten Seite. Entspannt nimmt er Gullideckel oder Kurven mit stoischer Gelassenheit und zeigt dabei die Bandbreite seiner Fähigkeiten. Er federt etwas straffer als der Golf, soweit man das im Fernduell sagen kann. Ein sanft regulierender Spurhalteassistent steht ab sofort zur Seite. Weitere Systeme wie Abstandsregelung, Verkehrszeichenerkennung oder Notbremsfunktion folgen 2013. Das gilt auch für den Dreitürer und den erstmals geplanten Kombi.

In deutschem Graupelwetter geht es über spanische Bergstraßen. In der Style-Ausstattung umklammern die Hände ein Lenkrad aus Plastik-Leder-Irgendwas. In der sportlichen FR-Ausstattung fassen sich das Kunstleder-Volant und vor allem die Sitze in Wildlederimitat mit roten Ziernähten viel besser an. Aber damit will Seat auch besser verdienen. Die FR-Variante kostet als 1,4-Liter-TSI mit 122 PS mindestens 21.870 Euro. Der Preisvorteil gegenüber dem Golf löst sich so in sportlichem Styling auf.

Was unter der Blechhaube des Leon rackert, stammt 1:1 aus dem Golf. Die Motoren sind demnach bodenständig statt feurig. Das stärkste Aggregat fährt mit Diesel und leistet 150 PS (320 Nm Drehmoment), 2013 soll es eine 184-PS-Version geben.

Die Beschleunigung

Ein Spurhalteassistent greift sanft ein, wenn man ihn lässt.
Von Null auf Tempo 100 beschleunigt der 2.0-TDI den Leon in 8,4 Sekunden. Und das spürt man auch. Nicht besonders schnell, aber auch nicht ausgesprochen träge, etwas deutsch: bloß nicht auffallen. Ab und an kann man ein flottes Überholmanöver wagen, aber Bauchkribbeln bekommt hier keiner. Dafür ist der Diesel auch akustisch unauffällig. Hier wird nicht laut genagelt, sondern sanft gesäuselt.

Der 10 PS schwächere Benziner (1,4-Liter-TSI, 140 PS) spurtet sogar in 8,2 Sekunden. Obwohl nominell schneller, fühlt er sich träger an als der drehmomentstärkere Diesel und ist dabei nicht viel leiser.

Die rechte Hand wechselt zwischen Steuer und Schalthebel. Typisch fürs VW-Haus, schaltet man präzise und knackig. Das ist immer wieder angenehm.

Verbrauch & Preis

Ob es an den vielen Kurven lag, kann man nicht sagen. Aber der angegebene Verbrauch von 4,1 Litern war bei unserer entspannten Testfahrt schon nach 60 Kilometern erreicht. Bis zur 100-Kilometer-Marke steigerte sich der Durst auf 6,9 Liter. Weniger ausgeprägt, aber ebenfalls klar über dem Durchschnitt lag der Durst des Benziners. Er schluckte 7,2 statt 5,2 Liter. Da half auch das Starten-Stoppen nicht.

Man kann über den Seat Leon denken, was man will. Beim ersten Blick auf die Preisliste liegt er klar unter seinem deutschen Pendant. Doch der Schein trügt. Die Basisversion (1,2-Liter-TSI, 86 PS, 5-Gang-Getriebe) kostet 15.390 Euro. Der Seat kostet damit 200 Euro weniger als zuvor und ist 1.585 Euro günstiger als ein Golf (ab 16.975 Euro). Eine Klimaanlage und Start-Stopp-Automatik, wie im Basis-Wolfsburger, bekommt man dafür allerdings nicht.

Wer es im Sommer schön kühl haben möchte, muss mindestens 17.150 Euro für einen Leon mit Reference-Ausstattung investieren. Dann liegt der Preis über dem des Golf. Eine Start-Stopp-Automatik bekommt man dann aber immer noch nicht. Starten, Stoppen und Kühlen kostet im Leon mindestens 17.990 Euro.

Schnittiger und sportlicher als der Golf - Besonders in der FR-Variante, mit Doppelrohrauspuff
Ein Spanier mit viel deutschem Herz.
Um die Kurve geht der neue Leon gut. Das Fahrwerk ist straff, aber nicht hart.
Beim 150-PS-Diesel stimmt die Längsdynamik.
Spitze Kanten in der Seite. Enorm flache Rückleuchten.
Die Eigenständigkeit des Designs wird zurückgefahren.
Der Leon vor spanischer Kulisse.
Ein Spurhalteassistent greift sanft ein, wenn man ihn lässt.
Zum Fototermin stimmte das Wetter noch.
Allein auf weiter Flur? Nicht in der Kompaktklasse...
Enorm flache Rückleuchten.
Sportlich, schnittig und viel schöner als der Vorgänger.
Hinter der Heckklappe verbergen sich 380 Liter Kofferraumvolumen.
Es geht ein bisschen in Richtung Audi.
Optional leuchtet der Leon mit Voll-LEDs
Schicke Felgen am neuen Seat Leon.
Klar, einfach und in der FR-Ausstattung mit viel Sportlichkeit.
Mit FR-Ausstattung wird es sportlich elegant.
Leider wird es nur in der Basisversion günstig.