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Leitfaden Scoring / Risikobewertung

Themenstarteram 21. Oktober 2015 um 11:07

Hallo liebe Motor Talker!

Da es im Finanzierungsforum noch keine vernünftige FAQ gibt, habe ich mich dessen mal angenommen. Ich schreibe nun einen Beitrag zu einem Thema welches häufig vorkommt, welches häufig missverstanden wird und um welches sich viele Mythen ranken.

Die Rede ist vom "Scoring" oder auf Deutsch: "Risikobewertung".

Dazu muss man wissen um was es überhaupt geht.

Sicherlich wurde das Thema "Scoring" einer breiten Bevölkerungsschicht durch die Medien im Zuge der Banken- und Schuldenkrise näher gebracht.

Es werden von so genannten "Rating-Agenturen" "Scorings" erstellt. Beispielsweise wird so die Bonität eines Landes oder eines Unternehmens bewertet.

Dieses "Scoring" gibt es auch für Privatpersonen und wird täglich millionenfach angewandt. Auch für Privatpersonen gibt es Rating-Agenturen. In Deutschland machen das beispielsweise die "SCHUFA Holding AG", die "InfoScore Consumer Data GmbH" oder aber auch die "Deltavista GmbH" - um nur einige (bekanntere) Beispiele zu nennen.

Alle diese Agenturen sammeln vor allem eines: Daten!

Mit diesen Daten wird statistisch die Bonität einer Einzelperson ermittelt.

Hinzu kommt: Jede Bank führt ein eigenes, hausinternes Scoring durch!

Um das ganze etwas anschaulicher zu machen, ein Beispiel:

Kreditnehmer X geht zu Bank Y. Er möchte ein Darlehen aufnehmen.

Im Folgenden zeige ich ein Beispiel mit verfälschten Daten (ich plaudere also keine Betriebsgeheimnisse aus):

Die Bank zieht nun Auskünfte der o.g. Agenturen und führt das hausinterne Scoring durch.

Der Kunde muss beispielsweise "100 Punkte" im Scoring erreichen:

Kreditbetrag Bewertungsstufe:

3.000 bis 5.000 EUR = 20 Punkte (geringes Risiko)

5.001 bis 9.999 EUR = 15 Punkte

10.000 bis 15.000 EUR = 10 Punkte

...

45.000 bis 50.000 EUR = 1 Punkt

Haushaltsberechnung Überschuss:

1.000 EUR Überschuss = 20 Punkte (nach oben gedeckelt, geringes Risiko)

800 bis 999 EUR Überschuss = 15 Punkte

...

0 EUR Überschuss = 0 Punkte

Beschäftigungsdauer beim selben Arbeitgeber in Jahren (Kontinuität!!!):

über 20 Jahre = 20 Punkte

15 bis 19 Jahre = 15 Punkte

...

0 Jahre = 0 Punkte (kürzlich gewechselt)

Bei Rentner entfall - Ansatz einer guten Bewertungsstufe (nichts ist sicherer als die Rente)

Beschäftigungsart:

Rentner/Pensionär = 20 Punkte

Beamter = 20 Punkte

Angestellter im öffentl. Dienst unbefristet (länger als 15 J. beschäftigt, ü. 40 J. alt) = 20 Punkte

Angestellter im öffentl. Dienst = 15 Punkte

Angestellter = 10 Punkte

Arbeiter = 5 Punkte (oftmals schwankendes Arbeitseinkommen auf Stundenbasis)

Verwendungszweck:

Autokredit mit Sicherungsübereignung = 15 Punkte

Sonstiges / Zur freien Verwendung = 10 Punkte

Umschuldung = 5 Punkte

Kreditlaufzeit in Monaten:

12 Monate = 20 Punkte

24 Monate = 18 Punkte

...

84 Monate = 4 Punkte

 

etc.

Erreicht der Kunde also nicht die 100 Punkte, wird er abgelehnt.

Über diesen 100 Punkten kann es sicherlich auch Bewertungsstufen geben können. Beispielsweise ab 120 Punkten gibt es einen besseren Zins (nicht bei jeder Bank üblich).

Kurz und knapp: So ziemlich alles wird im Zuge der hausinternen Risikobewertung durchleuchtet. Welche Kredite fallen besonders häufig aus? All das schlägt sich dann im Scoring um. Der Kunde wird komplett durchleuchtet. Häufig ist es auch so, dass die Schufa-Bewertung im hausinternen Scoring mit einfließt - ein Scoring im Scoring wenn man so will. Scoringception. :D

Die Schufa bewertet den Kunden auch nach verschiedenen Merkmalen:

Wie häufig wurde ein Kredit aufgenommen?

in den letzten 10 Jahren

in den letzten zwei Jahren

im letzten Jahr

in den letzten drei Monaten

Wie häufig wurde umgeschuldet?

...

Welche weitere Produkte hat der Kunde?

Kreditkarten, Girokonten

Wie oft hat er seine Bank gewechselt?

...

etc.

Es ist also ein überaus komplexes Thema. Und ich zeige hier nur die Spitze des Eisbergs. Die Algorhythmen und Formeln dahinter sind weitaus komplexer.

Abschließend kann man sagen: Es handelt sich um ein statistisches Bewertungssystem, welches oftmals nicht transparent ist, und es auch nicht sein darf, da dieses System sonst anfällig für Manipulationen ist. Beispielsweise könnte ich als Sachbearbeiter hingehen und sagen: "21.000 EUR klappen nicht, aber versuchen Sie es doch mal mit 20.999 EUR." Das ist nicht erwünscht - und daher tappen selbst Bankmitarbeiter oftmals im Dunkeln und können keinen Grund nennen für die Ablehnung (und dazu sind sie auch nicht verpflichtet, da es sich um das Hausrecht handelt).

Man wird also abgelehnt und weiß nicht warum. Häufig ist das Scoring der Grund. Man kann sich nun überlegen wieso man so schlecht bewertet wird. Hat man häufig umgeschuldet oder Darlehen aufgestockt in den letzten Jahren? Das kann durchaus eine Rolle spielen!

Man sollte also sein Konsumverhalten überdenken. In jedem Fall ist es keine harte Ablehnung. Man kann es durchaus bei anderen Banken probieren - denn jede Bank bewertet anders!

Bei Bank Y hat die Schufa mehr Gewichtung, bei Bank X hat das Einkommen einen größeren Stellenwert.

Eine schlechte Schufa-Auskunft (gemeint ist NICHT eine negative Schufa!!!) wird man durch gute Werte in der persönlichen Bewertung ausgleichen können (bspw. lange beschäftigt).

Auf jeden Fall kann es auch als "Schuss vor dem Bug" verstanden werden, wenn man bei einer Bank im Scoring abgelehnt wird. Auch ein Arbeitgeberwechsel sollte überdacht werden, wenn man vor hat einen Kredit aufzunehmen. Die Verbesserung des Einkommens spielt eine untergeordnete Rolle. Der Bank geht es um Kontinuität. Wird der Kreditnehmer auch in sieben Jahren noch beschäftigt sein? Bekommt er dann noch ein regelmäßiges Einkommen? Je länger man beim selben Arbeitgeber beschäftigt ist, desto unwahrscheinlicher ist ein Wechsel.

Sollten Fragen dazu vorhanden sein, stellt sie bitte hier. Ich beantworte diese gerne. Der Thread erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll nur verständlich darstellen was "Scoring" bedeutet und wie das von den Banken gehandhabt wird.

Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 21. Oktober 2015 um 11:07

Hallo liebe Motor Talker!

Da es im Finanzierungsforum noch keine vernünftige FAQ gibt, habe ich mich dessen mal angenommen. Ich schreibe nun einen Beitrag zu einem Thema welches häufig vorkommt, welches häufig missverstanden wird und um welches sich viele Mythen ranken.

Die Rede ist vom "Scoring" oder auf Deutsch: "Risikobewertung".

Dazu muss man wissen um was es überhaupt geht.

Sicherlich wurde das Thema "Scoring" einer breiten Bevölkerungsschicht durch die Medien im Zuge der Banken- und Schuldenkrise näher gebracht.

Es werden von so genannten "Rating-Agenturen" "Scorings" erstellt. Beispielsweise wird so die Bonität eines Landes oder eines Unternehmens bewertet.

Dieses "Scoring" gibt es auch für Privatpersonen und wird täglich millionenfach angewandt. Auch für Privatpersonen gibt es Rating-Agenturen. In Deutschland machen das beispielsweise die "SCHUFA Holding AG", die "InfoScore Consumer Data GmbH" oder aber auch die "Deltavista GmbH" - um nur einige (bekanntere) Beispiele zu nennen.

Alle diese Agenturen sammeln vor allem eines: Daten!

Mit diesen Daten wird statistisch die Bonität einer Einzelperson ermittelt.

Hinzu kommt: Jede Bank führt ein eigenes, hausinternes Scoring durch!

Um das ganze etwas anschaulicher zu machen, ein Beispiel:

Kreditnehmer X geht zu Bank Y. Er möchte ein Darlehen aufnehmen.

Im Folgenden zeige ich ein Beispiel mit verfälschten Daten (ich plaudere also keine Betriebsgeheimnisse aus):

Die Bank zieht nun Auskünfte der o.g. Agenturen und führt das hausinterne Scoring durch.

Der Kunde muss beispielsweise "100 Punkte" im Scoring erreichen:

Kreditbetrag Bewertungsstufe:

3.000 bis 5.000 EUR = 20 Punkte (geringes Risiko)

5.001 bis 9.999 EUR = 15 Punkte

10.000 bis 15.000 EUR = 10 Punkte

...

45.000 bis 50.000 EUR = 1 Punkt

Haushaltsberechnung Überschuss:

1.000 EUR Überschuss = 20 Punkte (nach oben gedeckelt, geringes Risiko)

800 bis 999 EUR Überschuss = 15 Punkte

...

0 EUR Überschuss = 0 Punkte

Beschäftigungsdauer beim selben Arbeitgeber in Jahren (Kontinuität!!!):

über 20 Jahre = 20 Punkte

15 bis 19 Jahre = 15 Punkte

...

0 Jahre = 0 Punkte (kürzlich gewechselt)

Bei Rentner entfall - Ansatz einer guten Bewertungsstufe (nichts ist sicherer als die Rente)

Beschäftigungsart:

Rentner/Pensionär = 20 Punkte

Beamter = 20 Punkte

Angestellter im öffentl. Dienst unbefristet (länger als 15 J. beschäftigt, ü. 40 J. alt) = 20 Punkte

Angestellter im öffentl. Dienst = 15 Punkte

Angestellter = 10 Punkte

Arbeiter = 5 Punkte (oftmals schwankendes Arbeitseinkommen auf Stundenbasis)

Verwendungszweck:

Autokredit mit Sicherungsübereignung = 15 Punkte

Sonstiges / Zur freien Verwendung = 10 Punkte

Umschuldung = 5 Punkte

Kreditlaufzeit in Monaten:

12 Monate = 20 Punkte

24 Monate = 18 Punkte

...

84 Monate = 4 Punkte

 

etc.

Erreicht der Kunde also nicht die 100 Punkte, wird er abgelehnt.

Über diesen 100 Punkten kann es sicherlich auch Bewertungsstufen geben können. Beispielsweise ab 120 Punkten gibt es einen besseren Zins (nicht bei jeder Bank üblich).

Kurz und knapp: So ziemlich alles wird im Zuge der hausinternen Risikobewertung durchleuchtet. Welche Kredite fallen besonders häufig aus? All das schlägt sich dann im Scoring um. Der Kunde wird komplett durchleuchtet. Häufig ist es auch so, dass die Schufa-Bewertung im hausinternen Scoring mit einfließt - ein Scoring im Scoring wenn man so will. Scoringception. :D

Die Schufa bewertet den Kunden auch nach verschiedenen Merkmalen:

Wie häufig wurde ein Kredit aufgenommen?

in den letzten 10 Jahren

in den letzten zwei Jahren

im letzten Jahr

in den letzten drei Monaten

Wie häufig wurde umgeschuldet?

...

Welche weitere Produkte hat der Kunde?

Kreditkarten, Girokonten

Wie oft hat er seine Bank gewechselt?

...

etc.

Es ist also ein überaus komplexes Thema. Und ich zeige hier nur die Spitze des Eisbergs. Die Algorhythmen und Formeln dahinter sind weitaus komplexer.

Abschließend kann man sagen: Es handelt sich um ein statistisches Bewertungssystem, welches oftmals nicht transparent ist, und es auch nicht sein darf, da dieses System sonst anfällig für Manipulationen ist. Beispielsweise könnte ich als Sachbearbeiter hingehen und sagen: "21.000 EUR klappen nicht, aber versuchen Sie es doch mal mit 20.999 EUR." Das ist nicht erwünscht - und daher tappen selbst Bankmitarbeiter oftmals im Dunkeln und können keinen Grund nennen für die Ablehnung (und dazu sind sie auch nicht verpflichtet, da es sich um das Hausrecht handelt).

Man wird also abgelehnt und weiß nicht warum. Häufig ist das Scoring der Grund. Man kann sich nun überlegen wieso man so schlecht bewertet wird. Hat man häufig umgeschuldet oder Darlehen aufgestockt in den letzten Jahren? Das kann durchaus eine Rolle spielen!

Man sollte also sein Konsumverhalten überdenken. In jedem Fall ist es keine harte Ablehnung. Man kann es durchaus bei anderen Banken probieren - denn jede Bank bewertet anders!

Bei Bank Y hat die Schufa mehr Gewichtung, bei Bank X hat das Einkommen einen größeren Stellenwert.

Eine schlechte Schufa-Auskunft (gemeint ist NICHT eine negative Schufa!!!) wird man durch gute Werte in der persönlichen Bewertung ausgleichen können (bspw. lange beschäftigt).

Auf jeden Fall kann es auch als "Schuss vor dem Bug" verstanden werden, wenn man bei einer Bank im Scoring abgelehnt wird. Auch ein Arbeitgeberwechsel sollte überdacht werden, wenn man vor hat einen Kredit aufzunehmen. Die Verbesserung des Einkommens spielt eine untergeordnete Rolle. Der Bank geht es um Kontinuität. Wird der Kreditnehmer auch in sieben Jahren noch beschäftigt sein? Bekommt er dann noch ein regelmäßiges Einkommen? Je länger man beim selben Arbeitgeber beschäftigt ist, desto unwahrscheinlicher ist ein Wechsel.

Sollten Fragen dazu vorhanden sein, stellt sie bitte hier. Ich beantworte diese gerne. Der Thread erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll nur verständlich darstellen was "Scoring" bedeutet und wie das von den Banken gehandhabt wird.

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Themenstarteram 21. Oktober 2015 um 11:07

Hallo liebe Motor Talker!

Da es im Finanzierungsforum noch keine vernünftige FAQ gibt, habe ich mich dessen mal angenommen. Ich schreibe nun einen Beitrag zu einem Thema welches häufig vorkommt, welches häufig missverstanden wird und um welches sich viele Mythen ranken.

Die Rede ist vom "Scoring" oder auf Deutsch: "Risikobewertung".

Dazu muss man wissen um was es überhaupt geht.

Sicherlich wurde das Thema "Scoring" einer breiten Bevölkerungsschicht durch die Medien im Zuge der Banken- und Schuldenkrise näher gebracht.

Es werden von so genannten "Rating-Agenturen" "Scorings" erstellt. Beispielsweise wird so die Bonität eines Landes oder eines Unternehmens bewertet.

Dieses "Scoring" gibt es auch für Privatpersonen und wird täglich millionenfach angewandt. Auch für Privatpersonen gibt es Rating-Agenturen. In Deutschland machen das beispielsweise die "SCHUFA Holding AG", die "InfoScore Consumer Data GmbH" oder aber auch die "Deltavista GmbH" - um nur einige (bekanntere) Beispiele zu nennen.

Alle diese Agenturen sammeln vor allem eines: Daten!

Mit diesen Daten wird statistisch die Bonität einer Einzelperson ermittelt.

Hinzu kommt: Jede Bank führt ein eigenes, hausinternes Scoring durch!

Um das ganze etwas anschaulicher zu machen, ein Beispiel:

Kreditnehmer X geht zu Bank Y. Er möchte ein Darlehen aufnehmen.

Im Folgenden zeige ich ein Beispiel mit verfälschten Daten (ich plaudere also keine Betriebsgeheimnisse aus):

Die Bank zieht nun Auskünfte der o.g. Agenturen und führt das hausinterne Scoring durch.

Der Kunde muss beispielsweise "100 Punkte" im Scoring erreichen:

Kreditbetrag Bewertungsstufe:

3.000 bis 5.000 EUR = 20 Punkte (geringes Risiko)

5.001 bis 9.999 EUR = 15 Punkte

10.000 bis 15.000 EUR = 10 Punkte

...

45.000 bis 50.000 EUR = 1 Punkt

Haushaltsberechnung Überschuss:

1.000 EUR Überschuss = 20 Punkte (nach oben gedeckelt, geringes Risiko)

800 bis 999 EUR Überschuss = 15 Punkte

...

0 EUR Überschuss = 0 Punkte

Beschäftigungsdauer beim selben Arbeitgeber in Jahren (Kontinuität!!!):

über 20 Jahre = 20 Punkte

15 bis 19 Jahre = 15 Punkte

...

0 Jahre = 0 Punkte (kürzlich gewechselt)

Bei Rentner entfall - Ansatz einer guten Bewertungsstufe (nichts ist sicherer als die Rente)

Beschäftigungsart:

Rentner/Pensionär = 20 Punkte

Beamter = 20 Punkte

Angestellter im öffentl. Dienst unbefristet (länger als 15 J. beschäftigt, ü. 40 J. alt) = 20 Punkte

Angestellter im öffentl. Dienst = 15 Punkte

Angestellter = 10 Punkte

Arbeiter = 5 Punkte (oftmals schwankendes Arbeitseinkommen auf Stundenbasis)

Verwendungszweck:

Autokredit mit Sicherungsübereignung = 15 Punkte

Sonstiges / Zur freien Verwendung = 10 Punkte

Umschuldung = 5 Punkte

Kreditlaufzeit in Monaten:

12 Monate = 20 Punkte

24 Monate = 18 Punkte

...

84 Monate = 4 Punkte

 

etc.

Erreicht der Kunde also nicht die 100 Punkte, wird er abgelehnt.

Über diesen 100 Punkten kann es sicherlich auch Bewertungsstufen geben können. Beispielsweise ab 120 Punkten gibt es einen besseren Zins (nicht bei jeder Bank üblich).

Kurz und knapp: So ziemlich alles wird im Zuge der hausinternen Risikobewertung durchleuchtet. Welche Kredite fallen besonders häufig aus? All das schlägt sich dann im Scoring um. Der Kunde wird komplett durchleuchtet. Häufig ist es auch so, dass die Schufa-Bewertung im hausinternen Scoring mit einfließt - ein Scoring im Scoring wenn man so will. Scoringception. :D

Die Schufa bewertet den Kunden auch nach verschiedenen Merkmalen:

Wie häufig wurde ein Kredit aufgenommen?

in den letzten 10 Jahren

in den letzten zwei Jahren

im letzten Jahr

in den letzten drei Monaten

Wie häufig wurde umgeschuldet?

...

Welche weitere Produkte hat der Kunde?

Kreditkarten, Girokonten

Wie oft hat er seine Bank gewechselt?

...

etc.

Es ist also ein überaus komplexes Thema. Und ich zeige hier nur die Spitze des Eisbergs. Die Algorhythmen und Formeln dahinter sind weitaus komplexer.

Abschließend kann man sagen: Es handelt sich um ein statistisches Bewertungssystem, welches oftmals nicht transparent ist, und es auch nicht sein darf, da dieses System sonst anfällig für Manipulationen ist. Beispielsweise könnte ich als Sachbearbeiter hingehen und sagen: "21.000 EUR klappen nicht, aber versuchen Sie es doch mal mit 20.999 EUR." Das ist nicht erwünscht - und daher tappen selbst Bankmitarbeiter oftmals im Dunkeln und können keinen Grund nennen für die Ablehnung, da sie selbst im Dunkeln tappen. Einige Tage später erhält man oft nur einen Brief mit einer schwammigen Formulierung. Damit ist die Bank dann ihrer Verpflichtung nachgekommen.

Man wird also abgelehnt und weiß nicht warum. Häufig ist das Scoring der Grund. Man kann sich nun überlegen wieso man so schlecht bewertet wird. Hat man häufig umgeschuldet oder Darlehen aufgestockt in den letzten Jahren? Das kann durchaus eine Rolle spielen!

Man sollte also sein Konsumverhalten überdenken. In jedem Fall ist es keine harte Ablehnung. Man kann es durchaus bei anderen Banken probieren - denn jede Bank bewertet anders!

Bei Bank Y hat die Schufa mehr Gewichtung, bei Bank X hat das Einkommen einen größeren Stellenwert.

Eine schlechte Schufa-Auskunft (gemeint ist NICHT eine negative Schufa!!!) wird man durch gute Werte in der persönlichen Bewertung ausgleichen können (bspw. lange beschäftigt).

Auf jeden Fall kann es auch als "Schuss vor dem Bug" verstanden werden, wenn man bei einer Bank im Scoring abgelehnt wird. Auch ein Arbeitgeberwechsel sollte überdacht werden, wenn man vor hat einen Kredit aufzunehmen. Die Verbesserung des Einkommens spielt eine untergeordnete Rolle. Der Bank geht es um Kontinuität. Wird der Kreditnehmer auch in sieben Jahren noch beschäftigt sein? Bekommt er dann noch ein regelmäßiges Einkommen? Je länger man beim selben Arbeitgeber beschäftigt ist, desto unwahrscheinlicher ist ein Wechsel.

Sollten Fragen dazu vorhanden sein, stellt sie bitte hier. Ich beantworte diese gerne. Der Thread erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll nur verständlich darstellen was "Scoring" bedeutet und wie das von den Banken gehandhabt wird.

Wird ein Leasingvertrag als Kredit gewertet?

Ich verdiene zwar gut, aber wenn ich das so anschaue, hätte ich wohl kaum 100 Punkte bekommen (seit einem Jahr Freiberufler, wechselndes Einkommen, Umzug, Bankwechsel), also alles ziemlich schlecht und trotzdem wurde mir ein geschäftlicher Leasingvertrag genehmigt, was mich ein klein wenig wunderte, wenn ich so an diverse Forenbeiträge hier denke.

Themenstarteram 21. Oktober 2015 um 12:21

Bei selbstständigen stehen komplexere Prüfmechanismen dahinter. Für die Banken ist es sehr schwierig die Bonität eines solchen zu bewerten. Nicht alle Banken machen das, oder nur dann wenn bestimmte Kriterien vorhanden sind.

Ein Leasingvertrag zählt als Leasingvertrag. ;) Es ist kein Darlehen, nein. Eher eine Mietverpflichtung, wenn man so will. Zudem besteht ein Sicherungsgut.

Dazu muss man auch sagen: In der Autobranche gibt es bezüglich Finanzierungen kaum ein Risiko, die Toleranzen sind dementsprechend sehr großzügig.

In den seltensten Fällen gehen sicherungsübereignete Darlehen kaputt. Das ist sehr überschaubar. Ich hatte mal den Fall, dass ein ungarischer Staatsbürger das Auto vor dem Autohaus abgestellt hat, Fahrzeugpapiere und Schlüssel in den Briefkasten - dazu ein Schreiben: "Ich gehe zurück nach Ungarn."

Das hat natürlich Monate gedauert bis wir das Auto rückabwickeln konnten. In zehn Jahren in dieser Abteilung hatte ich erst einen solchen Fall - und das Auto war ja noch vorhanden. Die Bank konnte aus der Nummer also ohne viel Schaden raus.

Auch ist es ein Märchen, dass die Leute häufig teure Autos finanzieren. Die meisten Fahrzeugfinanzierungen betreffen Klein- und Kleinstwagen, zu überschaubaren Laufzeiten.

Wobei das auch kein pauschal so angewendetes System ist...

Ich beispielsweise bin Bankberater mit eigener Kreditvergabekompetenz.

Ich prüfe natürlich auch Rahmendaten wie Argbeitgeber, Beschäftigungsdauer, Familienstand, etc.

Eine mindestens ebenso große Rolle spielt für mich jedoch das Kontoverhalten des Kunden, Sparfähigkeit des Kunden und mein persönlicher Eindruck zu dem geplanten Vorhaben. Auch wichtig ist natürlich die Haushaltsrechnung, wobei ich hier etwas Spielraum habe was anzusetzen ist und was nicht.

Hinzu kommt bei Bestandskunden eine automatische Risikobewertung der EDV anhand vorhandener Daten.

Schufa und ähnliches interessiert uns bei 95% der Kunden nicht - die wird nur bei Härtefällen angefordert. Sicherheiten nehmen wir ebenfalls nur in absoluten Ausnahmefällen herein - auch eine Sicherungsübereignung des Autos findet nicht statt. Der Bearbeitungsaufwand und die hierbei entstehenden Kosten sind höher als die Gefahr größerer Ausfälle als mit Sicherheiten.

Themenstarteram 21. Oktober 2015 um 17:40

Scoring-Systeme werden vorwiegend von Retail-Banken - also im Massengeschäft - eingesetzt. Diese Scorings laufen automatisiert, womöglich schon bei Antragsstellung. Der Sachbearbeiter selbst muss also garnix machen. Der bekommt häufig nur eine grüne oder eine rote "Ampel".

Wie du schon richtig sagst muss das nicht auf jede Bank zutreffen. Hier ging es mehr darum zu erläutern was das überhaupt ist.

Ich denke die hier beschriebenen Systeme treffen vor allem für Großbanken zu.

Bei kleineren Sparkassen und Volksbanken dürfte das normalerweise anders, konkret: weniger standardisiert, laufen.

@ TE: Im Wesentlichen stimme ich Deinen Ausführungen zu, in einem Punkt allerdings nicht:

Zitat:

@Ascender schrieb am 21. Oktober 2015 um 13:07:14 Uhr:

(und dazu sind sie auch nicht verpflichtet, da es sich um das Hausrecht handelt).

An dieser Stelle muss man unterscheiden, ob es sich um eine automatisierte Ablehnung handelt (die sind im Massengeschäft inzwischen üblich. Wenn gewisse Negativkriterien erfüllt sind, guckt sich kein Mensch mehr den Antrag an, weil das viel zu aufwändig wäre) oder um die Ablehnung durch einen qualifizierten Kreditentscheider. Wird ein Kreditantrag maschinell abgelehnt, hat der Kunde sehr wohl Anspruch darauf, zu erfahren, aus welchem Grund die maschinelle Ablehnung erfolgte (BDSG §6a). Im Übrigen regelt das BDSG auch den inzwischen ziemlich weitreichenden Anspruch des Betroffenen auf Auskunft zu den errechneten Scorewerten.

Beruflich hatte ich vor Jahren mit der Entwicklung von Scorekarten im Kreditgeschäft zu tun und kenne die Berechnungsmethoden und Bewertungskriterien. Ich selbst stehe Scoringmodellen kritisch gegenüber, weil sie - auf das gesamte Portfolio gesehen - zwar meist trennscharf sind und somit recht haben, aber auf den Einzelfall bezogen, auch häufig danebenliegen. Auch aus diesem Grund habe ich beispielsweise der SCHUFA die Weitergabe von Scoringwerten über meine Person untersagt, was mein Recht ist. Nachteile sind mir dadurch bisher nie entstanden.

 

 

am 22. Oktober 2015 um 5:22

@TE Danke für diesen sehr informativen Beitrag, der ein klein wenig Transparenz in die dunkle, böse Blackbox Kreditvergabe bringt ;)

Themenstarteram 22. Oktober 2015 um 8:02

Zitat:

An dieser Stelle muss man unterscheiden, ob es sich um eine automatisierte Ablehnung handelt (die sind im Massengeschäft inzwischen üblich. Wenn gewisse Negativkriterien erfüllt sind, guckt sich kein Mensch mehr den Antrag an, weil das viel zu aufwändig wäre) oder um die Ablehnung durch einen qualifizierten Kreditentscheider. Wird ein Kreditantrag maschinell abgelehnt, hat der Kunde sehr wohl Anspruch darauf, zu erfahren, aus welchem Grund die maschinelle Ablehnung erfolgte (BDSG §6a). Im Übrigen regelt das BDSG auch den inzwischen ziemlich weitreichenden Anspruch des Betroffenen auf Auskunft zu den errechneten Scorewerten.

Okay, my bad. :) Ich dachte man müsste nur Auskünfte geben, wenn der Kunde aufgrund einer negativen SCHUFA-Bewertung abgelehnt wird. Erfahrungsgemäß blockieren die Banken aber Anfragen zu den einzelnen Scorewerten - und Einblick in das Scoringverfahren wird erst recht nicht gewährt, aus den o.g. Gründen der einfachen Manipulation und Aushebelung.

Diese MediaMarkt & Co "0%" Finanzierungen (z.B. über die Santander wie bei OBI aktuell) stehen alle schön in der Schufa und dürften keinen guten Eindruck hinterlassen.

Andererseits steht der größte Schuldenberg gar nicht in der Schufa (aber im Grundbuch). Dadurch dass die Schufa nur raten kann was jemand als Einkommen hat (z.B. gemeldeter Dispo / 2 oder / 3 = Nettogehalt) liegt sie nicht selten daneben.

Ist schon ein seltsamer Verein. So eine Mischung aus Datenkrake und Astro-TV. Nicht selten mit falschen Daten, weil es einige Banken nicht gebacken bekommen, ein ordentlich gekündigtes Girokonto inkl. Dispo zu melden.

Zitat:

@picard95 schrieb am 22. Oktober 2015 um 21:14:00 Uhr:

Diese MediaMarkt & Co "0%" Finanzierungen (z.B. über die Santander wie bei OBI aktuell) stehen alle schön in der Schufa und dürften keinen guten Eindruck hinterlassen.

Andererseits steht der größte Schuldenberg gar nicht in der Schufa (aber im Grundbuch). Dadurch dass die Schufa nur raten kann was jemand als Einkommen hat (z.B. gemeldeter Dispo / 2 oder / 3 = Nettogehalt) liegt sie nicht selten daneben.

Ist schon ein seltsamer Verein. So eine Mischung aus Datenkrake und Astro-TV. Nicht selten mit falschen Daten, weil es einige Banken nicht gebacken bekommen, ein ordentlich gekündigtes Girokonto inkl. Dispo zu melden.

Die Schufa juckt sowas garnicht solange man Kredite bedient , habe sogar mal nen Tv mit 0% gekauft.

Schufa Score 97,7%

Eigenheim und Mehrfamiliehnaus auf Kredit , mit Geschäftskonten und Familie haben wir 8 Konten.

Ich zahle immer fleißig alles zurück und nur das ist was zählt.

Ich denke aber man sollte es mit Konsumerkrediten nicht übertreiben , mehrere treiben den Score nach unten.

Scorewert Ausfallwahrscheinlichkeit

>97,5% Sehr geringes Risiko

95% - 97,5% Geringes bis überschaubares Risiko

90% - 95% Zufriedenstellendes bis erhöhtes Risiko

80% - 90% Deutlich erhöhtes bis hohes Risiko

50% -80% Sehr hohes Risiko

<50% Sehr kritisches Risiko

Zitat:

Dadurch dass die Schufa nur raten kann was jemand als Einkommen hat (z.B. gemeldeter Dispo / 2 oder / 3 = Nettogehalt) liegt sie nicht selten daneben.

Schufa und Einkommen haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Die Schufa bekommt weder Einkommens- noch Vermögensdaten von ihren Vertragspartnern und gibt entsprechend auch keine solchen Daten weiter. Deshalb kann sie im Bezug auf Einkommenshöhen gar nicht daneben liegen. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass in der Schufa irgendwelche Daten zur Einkommenssituation gespeichert sind.

Um das Thema vielleicht noch etwas zu vertiefen:

Manch ein Kunde, der seinen persönlichen Scorewert von der Schufa mitgeteilt bekommen hat und womöglich im Segment mit dem geringsten Ausfallrisiko liegt, reibt sich verwundert die Augen, wenn ihm trotzem eine Kreditablehnung ins Haus flattert.

Ursache: Die Schufa berechnet verschiedene branchenspezifische Scorewerte (z.B. für Autobanken, Genossenschaftsbanken, Versicherungen, Handel usw.), die sie an ihre Vertragspartner übermittelt. Diese Scorewerte können vom Scorewert, den der Kunde selbst bei der Schufa abfragen kann, deutlich abweichen. Weil der dem Kunden bekannte Verbraucherscore in den meisten Unternehmen ohnehin keine Anwendung findet, ist er das Papier nicht wert, auf dem er steht.

Du kannst deine Scores jederzeit unter Mein Schufa abfragen , der Service ist allerdings kostenpflichtig.

Man kriegt auch ne Nachricht bei jeder Veränderung oder wenn jemand ne Abfrage macht!

Der Service war glaub ich das erste Jahr kostenlos und jetzt nen 10er im Jahr ist mir der Spass Wert .

Hab für meine Frau mal bei Heine nen Kleid bestellt , zahle eigentlich immer mit Karte oder Paypal aber da hab ich mal Rechnung angeklickt , zack Prüfung bei der Schufa angefragt von Heine !

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