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Elefantentreffen 2013: Reportage - Zündapp, Frost, Leder und Bier

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Das "Alte Elefantentreffen" ist vermutlich das härteste Motorradtreffen Deutschlands und eines der traditionsreichsten. MOTOR-TALK zwischen Zündapp, Frost, Leder und Bier.

Schlamm, Sand, Frost: Das Elefantentreffen gehört denen, die es wollen. Schlamm, Sand, Frost: Das Elefantentreffen gehört denen, die es wollen. Quelle: Fabian Hoberg

Von Motor-Talk-Reporter Fabian Hoberg

Nürburg - Ekelhaft, diese Eifel. Peitschende Winde, bei denen die Zähne der Besucher vor Kälte klappern. Regen, der die Menschen durchnässt wie ein Sprung in die kühle See. Manchmal tauchen Frost und Feuchtigkeit überraschend im Mai oder Juni auf. Im Februar sind beide ganz natürliche Begleiter.

Campieren am Lagerfeuer. Diese harten Biker haben es sich in der verschneiten Eifel gemütlich gemacht. Campieren am Lagerfeuer. Diese harten Biker haben es sich in der verschneiten Eifel gemütlich gemacht. Quelle: Fabian Hoberg Trotz, oder vielleicht wegen des besonderen Eifelwetters stehen hier an einem Wochenende Mitte Februar Zelte und Motorräder. 2.000 Biker treffen sich am Nürburgring zu einer riesigen irren Party im Schnee. „Wo sonst kann man mit Gleichgesinnten im Winter grillen und zelten?“, fragt der 50-jährige Reiner. Die Antwort bedarf keiner weiteren Erklärung.

Wer tut sich das an?

Wir notieren Temperaturen unter null Grad Celsius, Schnee, Matsch und Eis. Geschlafen wird im Zelt. Zwei übereinander gelegte Isomatten reichen den meisten. Die Weichen unter den Harten haben ein Feldbett dabei. Dazu kommt die Anfahrt auf dem Motorrad. Ein Biker reitet aus Eckernförde die 780 Kilometer zu diesem Treffen, ein Russe legte von Moskau 2.784 Kilometer zurück, um seine Wurst in diesem Kreis zu bräunen. Was für Kerle tun sich das an?

Echte Männer wie Ernst Leverkus

Es sind Motorradfahrer. Echte Motorradfahrer. Kerle auf zwei Rädern. Männer. Bier und Schnapstrinker. Anti-Latte-Macchiatoren. Typen, denen chrompolierte Chopper oder verspoilerte Superbikes ein Graus sind. Die auf gut abgehangene Enduros und robuste Gespanne der Marken BMW, Dnepr, Ural, MZ oder Zündapp stehen. Eine Zündapp KS 601, Beinamen „Grüner Elefant“, war einst Namensgeber für diesen Treff. Das wohl älteste Motorradtreffen Deutschlands entstand 1953 aus einer Idee des Motorradjournalisten Ernst „Klacks“ Leverkus.

Der will wissen, wer noch das ganze Jahr mit einer Zündapp KS 601 fährt. Leverkus schaltet bei sich zu Hause in Stuttgart Anzeigen. Die Biker, die sich darauf melden, lädt er in seinen Garten ein. Eine handvoll hartgesottener Elefantenfahrer kommen. Man lacht, man prostet sich zu und verabschiedet sich mit dem Versprechen: Im nächsten Jahr machen wir das wieder.

Irgendwann macht der Garten von Ernst Leverkus das nicht mehr mit.

Hendrik und Jann schrauben an Hendriks Yamaha XT600. Hendrik und Jann schrauben an Hendriks Yamaha XT600. Quelle: Fabian Hoberg

Erstes öffentliches Treffen 1956

Das erste öffentliche „Elefantentreffen“ wird 1956 auf die Solitude-Rennstrecke in Stuttgart verlegt. Diesmal dürfen auch Nicht-Elefanten kommen. Zwölf Jahre später, 1968, ziehen die Organisatoren an den Nürburgring. 15.000 Besucher kommen in den wildesten Zeiten, bis 1977 ein Besucher erschossen wird.

Das Treffen wird in Deutschland verboten, die Meute zieht nach Österreich.

Dort bleibt man nicht lange, es gibt immer mal ein Hin und her. Umweltauflagen und andere Streitereien zwischen den Veranstaltern spalten die Gemeinschaft. So gibt es seit 1990 zwei Treffen. Das alte Elefantentreffen am Nürburgring und das neue Elefantentreffen in Solla im Bayerischen Wald.

Lagerfeuer, Würstchen und Benzin

„Neben Deutschen reisen vor allem Briten, Franzosen und Italiener an“, sagt Mitorganisator Zoran Bogic. Der vielleicht härteste, sicher aber älteste Teilnehmer ist Herman van Woudenberg mit 72 Jahren.

So ein Dreirad macht für drei Personen natürlich Sinn. So ein Dreirad macht für drei Personen natürlich Sinn. Quelle: Fabian Hoberg Dabei ist das Alter hier völlig egal. Auf dem Campingplatz am Nürburgring riecht es nach Lagerfeuer, Würstchen und verbranntem Benzin. Neben ein paar rockigen Tönen von AC/DC legt sich der Klang eines Dudelsacks über die Zeltstadt. Das ganze Bild ist surreal. Eis und Matsch, Jahrmarkt und Rockertreffen, Kerle, die sich wie Kinder freuen.

Sehen und gesehen werden, miteinander feiern, lachen und grillen. Und ab und zu ein Kännchen Bier oder Wein. Das ist Sinn und Zweck der Zusammenkunft. Eingepackt in Kutten aus Leder, dicke Armeekleidung und noch dickere Stiefel sehen manche Teilnehmer angsteinflößend aus. Aber dann prügeln sie nicht andere Rocker, sondern ihre alte Dnepr, mit Brennholz im Beiwagen. Bei Vollgas spritzt der Schnee zur Seite, der Motor dampft, die Menge johlt und die Brocken auf dem Bock lächeln süß wie einst in Kindertagen.

Winter-Biker unter sich

Reiner ist mit seinem BMW K100-Gespann aus Schweinfurt angereist. Er trifft sich mit ein paar Kumpels und tauscht ein paar Tricks aus. „Motorrad fahren im Winter ist anders. Und hier finde ich Gleichgesinnte, die mich verstehen“, sagt Reiner, der schon mehr als 20 Mal dabei war. Er kennt die Kniffe für den problemlosen Einsatz im Winter.

Die Elektrik wird mit Melkfett vor Salz geschützt, Bleche halten den kalten Wind von Knien und Füßen ab und dicke Pelz-Muffs schützen die Hände. Für mehr Traktion sorgen zur Not Seile oder spezielle Schneeketten an den Rädern. Reiner ist Motorradfahrer aus Überzeugung.

Die High-Tech-Beiwagen sind etwas spießig Die High-Tech-Beiwagen sind etwas spießig Quelle: Fabian Hoberg Auch den Mitglieder des Motorradclubs aus Ostfriesland macht das Wetter nichts aus. Norddeutsche sind ja einiges gewöhnt. Zum Aufwärmen brennt vor ihnen ein Lagerfeuer und darüber tropft das Fett von Schweinshaxen und Würsten in die Flammen.

Da würden sich Hendrik Märtens und Jann Eilers gerne dazusetzten. Doch die beiden Studenten müssen zuerst Hendriks Yamaha XT600 wieder fit machen. Die hustet nur noch müde und will anscheinend für immer in der Eifel bleiben. Hendrik ist mit seinem Kommilitonen zum ersten Mal hier und von der Atmosphäre begeistert. „Allerdings eher davon, dass wir mit unseren Kisten überhaupt angekommen sind“, lacht er. „Falls die XT gleich nicht anspringt, halbiere ich den Teilnehmer-Aufkleber– ich hab dann ja nur die halbe Strecke geschafft.“

Guter Rat ist nicht weit

Aber zum Glück ist auf so einem Treffen guter Rat nicht weit. Martin Daube hilft den Jungs. In seinem beheizten Werkstattzelt hat er zwar keine Ersatzteile, aber einiges an Werkzeug und eine Menge Ratschläge. „Meist sind es kleine Reparaturen, schlappe Batterien oder abgerissene Vergaserschläuche, die ich wieder repariere“, sagt er. Für Rahmenbrüche steht ein Schweißgerät parat und ein Kaltmetall-Kleber hat schon manchen Ventildeckel gerettet. Beim alten Elefantentreffen müssen eben nicht nur die Fahrer was abkönnen, sondern auch die Maschinen.

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