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Test: Jeep Wrangler Rubicon CRD - So männlich-markant wie brennendes Rasierwasser

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Märkischer Sand statt Rubicon Trail: Wer mit dem Wrangler unterwegs ist, möchte die Straße so schnell wie möglich verlassen. Erst dann spürt man die Stärken dieses Autos.

Ab in die Brandenburger Wälder: Mangels richtig hartem Gelände testeten wir den Jeep Wrangler Rubicon in den Wäldern rund um Kyritz Ab in die Brandenburger Wälder: Mangels richtig hartem Gelände testeten wir den Jeep Wrangler Rubicon in den Wäldern rund um Kyritz Quelle: MOTOR-TALK/Björn Tolksdorf

Berlin - Es gibt Autos, die sind so langweilig, dass sie jeden Vergleichstest gewinnen. Und es gibt Autos wie den Jeep Wrangler. Der hat nach Punkten keine Chance gegen modische SUV - solange er auf der Straße fährt. Aber wehe es geht ins Gelände!

Denn genau hierfür wurde der Wrangler gemacht. Und das gilt auch noch 72 Jahre nach seiner Geburt unter dem Namen Willys, wie MOTOR-TALK-Redakteur Philipp Monse bereits auf dem Rubicon Trail erlebte.

Vergleichbares Gelände haben wir nicht, deshalb muss ein Abstecher in die Prignitz reichen. Viele Wrangler in Deutschland erleben nicht mal das: Denn auch stadtbewohnende Individualisten lieben den charakterstarken Jeep. Warum? Weil er so männlich und markant wie brennendes Rasierwasser ist, oder wie Gauloises ohne Filter.

Diese Kanten muss man erklimmen

Einer für Feld, Wald, Wiese und Moor: Jeep Wrangler Rubicon Einer für Feld, Wald, Wiese und Moor: Jeep Wrangler Rubicon Quelle: MOTOR-TALK/Björn Tolksdorf Doch wo es um Charakter geht, spricht man nicht von Schwächen, auch wenn der Wrangler eine Menge davon hat. Nein, eigentlich sind das eher liebenswerte Eigenheiten. Die Türen hängen in einfachen Scharnieren, Seitenscheiben aus Glas gibt in der Basis nur gegen Aufpreis. Nylonbänder statt Federn halten die Türen in Position. Während man in andere Autos hinein sinkt, erklimmt man den Wrangler und schaut von oben milde lächelnd auf die testsiegenden Polo, Astra und C-Klassen herab.

Trotz aller Glättungen, die der Jeep seit seiner kriegerischen Geburt erlebte: Er bleibt ein rustikales Stück Technik, geschraubt auf einen rustikalen Leiterrahmen. Im Rubicon treibt ein ruppiger Turbodiesel die Hinterachse an - Allrad natürlich zuschaltbar.

Keiner für die Autobahn

„Mit langem Radstand läuft er gut geradeaus“, hatte uns ein Jeep-Sprecher gesagt. Dieser Wrangler hat den kurzen Radstand. Das bedeutet: Auf der Autobahn schwimmt die Lenkung, und mit ihr das ganze Auto, mehr schlecht als recht in der Spur. Schnelle Kurven fordern volle Konzentration. Ein bisschen wie Armbrustschießen: anpeilen, zielen, kurzes Gebet.

Die starre Hinterachse boxt dabei in den Rücken, die Automatik müht sich, den Motor in einem nicht komplett ineffizienten Drehzahlbereich zu halten. Jenseits der 100 km/h strapaziert der Diesel neben den Gehörgängen auch die Zahnwurzeln. Die Front steht steil wie das Chrysler Building im Wind , die Flanke auch – was uns jeder kräftige Windstoß nachdrücklich wissen lässt.

Ein kräftiger Mann kann das Hardtop in kurzer Zeit allein demontieren Ein kräftiger Mann kann das Hardtop in kurzer Zeit allein demontieren Quelle: MOTOR-TALK/Björn Tolksdorf Das ist ein anderes, aktiveres Autofahren, ein Erlebnis, das sich der Wrangler mit gut 10 Litern Diesel auf 100 Kilometer bezahlen lässt. Aber dafür wurde er auch nicht gemacht, ebenso wenig wie der 142 Liter winzige Kofferraum für Familieneinkäufe.

Einer für den Wald

Mancher unbefestigte Waldweg in der Prignitz ist in den Navis dieser Welt als offizielle Straße verzeichnet. Zum Leidwesen Ortsunkundiger, denn Micras und Zafiras müssen hier nach einem Regen schon mal umdrehen, wenn lange nicht geschoben und der Weg wieder hergestellt wurde.

Der Wrangler muss nie umdrehen, denn das ist sein Element. Nicht dass es nötig wäre, aber: Versuchsweise durchqueren wir tiefe Pfützen und laubbedeckte Hänge mit Allrad und Untersetzung.

Es funktioniert, logisch. Dieser Wald bringt dieses Auto nicht an seine Grenze, nichts lotet die Böschungswinkel (38,4° vorn, 31,3° hinten), die Wattiefe (762 mm) oder die Kippfestigkeit des Wrangler aus. Dafür gibt es Frischluftvergnügen: Mit wenigen Handgriffen demontiert ein kräftiger Mann das zweiteilige Hardtop. Und fragt sich dann, wohin damit.

Ein vom Autozeitalter fast vergessener Kutschenweg bringt uns zurück in die Zivilisation Ein vom Autozeitalter fast vergessener Kutschenweg bringt uns zurück in die Zivilisation Quelle: MOTOR-TALK/Björn Tolksdorf

Unvernünftig, aber cool

In angemessenem Tempo geht es durch den Brandenburger Wald, und bei maximal 20 Kilometer pro Stunde stören keine Windgeräusche, keine mangelnde Spurtreue. Dafür beruhigt das Gefühl: Egal was kommt, wir kommen durch.

Nein, das ist alles nicht praktisch, außer man lebt mitten im Moor. In der Stadt und auf der Straße ist der Wrangler unvernünftig, durstig und mit knapp 40.000 Euro für die Rubicon-Variante auch nicht günstig. Aber: Er ist verdammt cool. Dieses Auto hat Cojones.

Technische Daten

  • Motor: 2,8-Liter-Turbodiesel
  • Getriebe: Fünfstufen-Automatik
  • Untersetzung: 4,00:1
  • Leistung: 200 PS (147 kW)
  • Max. Drehmoment: 460 Nm
  • 0-100 km/h: 10,7 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 169 km/h
  • Verbrauch: 8,8 l/100 km (NEFZ, kombiniert)
  • CO2: 227 g/km
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,22 x 1,87 x 1,85
  • Leergewicht: 1.933 kg
  • Anhängelast: 1.000 kg
  • Kofferraum: 142-430 l
  • Grundpreis: 39.100 Euro
  • Grundpreis Basismodell: 33.000 Euro

Avatar von bjoernmg
Renault
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