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Rennanalyse DTM Hockenheim - Schumacher bremst BMW aus

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Doppelsieg für Mercedes. Merkwürdige Speed-Defizite bei Audi. BMW unter Wert geschlagen. Sportchefs, die um die Wetter strahlten – zumindest in der Öffentlichkeit. Verärgerte Fahrer, die deftig fluchten – auch coram publico. Das sind die Schlagzeilen des ersten DTM-Wochenendes.

Nach den vielen Jahren der Zweisamkeit in der DTM war jetzt endlich der große Tag gekommen: BMW war wieder da. Und damit das auch wirklich jeder merkt im Fahrerlager setzten die Münchner beim Bau der Hospitality-Einrichtungen neue Maßstäbe. Die Eintrittskarten für den imposanten VIP-Verköstigungspalast passen übrigens hervorragend zu der Mächtigkeit des Bauwerks: Die schwarzen Plastikausweise haben das Format eines Frühstücks-Brettchens.

Ralf Schumacher bremst BMW aus

Aber weder die BMW-Marketingmänner noch die weißblauen Techniker konnten im Vorfeld mit Sicherheit sagen, ob die sportliche Leistung der M3-Armada mit dem selbstbewussten Auftritt neben der Piste Schritt halten würde. Samstags um 15 Uhr dann die erste Entwarnung: Dirk Werner sicherte sich überraschend Startplatz drei. Und wäre Bruno Spengler nicht von einer defekten Spurstange gebremst worden, wäre vielleicht sogar die Pole-Position drin gewesen.

Für die DTM ist das DTM-Comeback von BMW Gold wert. Auf den Tribünen des Motodroms zeigten sich fast keine Lücken. Mehr als 70.000 Zuschauer Renntag ? um eine solche Zahl zu erreichen hat die DTM bei ihren Gastspielen im Badischen in den letzten Jahren zwei, oder manchmal sogar drei Besuche benötigt.

Vor dem Start war man bei BMW guter Dinge: Vier Autos in den Top 10 am Start, das ließ auf Großes hoffen. Doch es war  ausgerechnet ein ehemaliger BMW-Formel 1-Pilot, der mit seiner Blutgrätsche in der Spitzkehre dafür sorgte, dass sich der rosarote Horizont des BMW-Jungs schnell verfinsterte. Ralf Schumacher verpasste den Bremspunkt um gefühlte 100 Meter. Der Mercedes rammte gleich beide Schnitzer-BMW. Während Dirk Werner wenigstens weiterfahren konnte (wenngleich chancenlos), humplete Bruno Spengler an die Box und musste aufgeben. "Ein verrücktes Manöver von Ralf", fluchte der Kanadier über seinen letztjährigen Teamkollegen. Im Funk waren sogar noch wüstere Beleidigungen zu hören. "Seine Strafe hilft mir jetzt auch nichts mehr." Schumi 2 war schon in der ersten Runde unangenehm aufgefallen, als er Audi-Mann Timo Scheider in einen zünftigen Dreher schickte.

Überholvorteil auf Mercedes-Seite

Auch Formel 3-Europameister Roberto Merhi entpuppte sich bei seiner DTM-Premiere im Mercedes als Rauhbein im Stile des grimmigen Real Madrid-Verteidigers Pepe. Der Spanier drängte Martin Tomczyk ins Abseits, was die von Ex-Formel 1-Fahrer Karl Wendlinger beratenen Sportkommissare allerdings als nicht ahndungswürdig einstuften. "Ich kam mir ein bisschen rumgeschubst vor", meinte der Titelverteidiger. "Einige Gegner waren heute offenbar übermotiviert." Schumachers Vorgesetzter Norbert Haug bügelte die Anwürfe kaltlächelnd ab: "Jene Zuschauer, die den Lackaustausch schätzen, sind auf ihre Kosten gekommen. Ich schätze dies übrigens nicht, weil es Geld kostet." Doch im gleichen Atemzug erwähnte Haug auch, dass "man in den neuen Autos gut überholen kann." Genau genommen traf dies beim Saisonauftakt aber nur für die Mercedes-Fahrer zu. Wer nicht das Glück hatte in einem C-Coupé zu sitzen, konnte an den angesprochenen Platztausch-Manövern nur passiv teilnehmen. So wie Mattias Ekström, der in einer einzigen Runde gleich zwei Positionen gegen Gary Paffett und Jamie Green verlor. Oder wie Mike Rockenfeller. Der A5-Pilot hatte der Schlussoffensive von Mercedes-Junior Christian Vietoris nichts entgegen zu setzen.

Während Norbert Haug angesichts des doch etwas unerwarteten Doppelsiegs vor Leidenschaft glühte und Mercedes Technikvorstand Thomas Weber den Schumi-Daumen der Fernsehkamera entgegen reckte, waren bei Audi nur schmallippige Gesichter und zerfurchte Mienen zu sehen. Klar, denn wer in den entscheidenden Phasen des Rennens durchschnittlich fast eine Sekunde auf die Schnellsten verliert, muss diesen Schock erst mal verdauen. Sportchef Ullrich schwächte ab: "Im Qualifying hat´s gut gepasst, aber das Rennen war nicht so gut." Eine Überraschung sei dies aber nicht gewesen: "Wir haben schon im Freien Training gesehen, dass es mit dem Rennspeed noch nicht so klappt."

Lausitzring ist ganz anders als Hockenheim

Schon am nächsten Wochenende kommt es am Lausitzring zum zweiten Kräftemessen der Saison zwischen den großen Drei. "Klar, dass man den paar Tagen bis zum nächsten Rennen am Auto nicht allzu viel ändern kann", sagt Sieger Gary Paffett. Ob Mercedes aber so dominiert wie beim Saisonauftakt ist fraglich. "Denn der Lausitzring ist von der Charakteristik ganz anders als Hockenheim", sagt Audi-Mann Ullrich. Neues Spiel, neues Glück also am 6. Mai. Vor allem BMW könnte eine tüchtige Portion davon gebrauchen. Verdient hätten es die Münchner.

 

 

Quelle: Auto Motor und Sport

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