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Harley Davidson Street 750: Fahrbericht - Schlicht und ergreifend

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Das erste neue Harley-Modell seit 14 Jahren ist klein, schlicht und trotzdem ein Hingucker. Und es fühlt sich an wie eine große Harley. Eine Ausfahrt mit der 750 Street.

Das neue Harley-Einsteigermodell kommt im August auf den Markt, für unter 8.000 Euro Das neue Harley-Einsteigermodell kommt im August auf den Markt, für unter 8.000 Euro Quelle: Harley-Davidson

MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze

Madrid – Wendig, leicht und schlank - diese Attribute passen nicht zum schweren, ledernen Image von Harley-Davidson. Bis jetzt. Denn im August kommt mit der Street 750 ein Einsteiger-Bike für den Großstadtverkehr auf den Markt, das erste neue Harley-Modell seit 14 Jahren.

Wir testen die 750 Street im nachmittäglichen Berufsverkehr von Madrid. Locker mogelt sich die Harley durch endlose Autoschlangen, während der wassergekühlte 750er-V2 mit Kraft und Drehfreude am Riemen zerrt. Dank des breiten Lenkers und des geringen Trockengewichts von 206 Kilogramm lässt sich das neue Basismodell sehr leicht manövrieren. Kurz: Die Street ist tatsächlich das, was Harley versprochen hat, ein Einsteiger-Motorrad für die Fahrt durch die überfüllten Metropolen dieser Welt.

Aus Indien für Europa

Den brandneuen „Revolution X“-Motor gibt es wahlweise mit 56 PS oder – für Führerschein-Neulinge – Der 750er Revolution X-V2 ist komplett neu, schiebt kräftig an und dreht willig bis 8.000 U/min hoch Der 750er Revolution X-V2 ist komplett neu, schiebt kräftig an und dreht willig bis 8.000 U/min hoch Quelle: Ralf Schütze mit 48 PS. Den Preis für die Volks-Harley haben die Amerikaner bislang noch nicht verraten. Wir gehen davon aus, dass er unter 8.000 Euro liegen wird.

Die Modelle für Europa fertigt Harley in Indien. Das drückt den Preis, kratzt aber auch am Mythos des US-Originals. Umso mehr muss der Einstieg in den Milwaukee-Kult mit Qualitäten überzeugen, die andere Hersteller nicht bieten.

Das Wichtigste vorweg: Die kleine Harley sieht aus wie eine große, fühlt sich beim Fahren so an und klingt auch dementsprechend. Das charakteristische V2-Blubbern ist bereits mit Serientöpfen klar erkennbar. Für den Look ist Chef-Designer Ray Drea verantwortlich, der sich von Vorbildern wie dem '77er Harley-Modell XLCR Café Racer inspirieren ließ. Das Ergebnis ist ein schlichtes Motorrad, das den „Spirit“ der 111 Jahre alten Traditionsmarke in neue Märkte tragen soll. Vor allem Asien und Südamerika stehen auf der Wunschliste von Harley-Davidson.

Zwischen Komfort und Agilität

Schon der Blick auf die Instrumente verrät: Hier herrscht Minimalismus. Ein Drehzahlmesser fehlt ebenso wie jegliche Bordinfos jenseits der reinen Geschwindigkeitsangabe. Immerhin ist bereits ab Werk der Tankdeckel abschließbar. Die ausladenden Hebel für Kupplung und Bremse an der Street 750 sind ideal für Langfinger, für kleine Hände aber ein Problem, da sie nicht verstellbar sind.

Mit seinen 56 PS und 60 Nm ist der neue Revolution X-Motor ein spritziger Antrieb Mit seinen 56 PS und 60 Nm ist der neue Revolution X-Motor ein spritziger Antrieb Quelle: Harley-Davidson Auch beim Fahrwerk gibt es keinerlei Einstellmöglichkeiten. Das ist aber nicht so tragisch, da es im Stadtverkehr und auf Landstraßen mit einem guten Kompromiss aus Komfort und Agilität überzeugt. So agil sich die 750 bei der City-Tour gibt, so spurstabil ist sie bei Geschwindigkeiten über 120 km/h auf der Autobahn. Schade: An manchen Stellen stechen bunte Kabel und Stecker ins Auge und fordern den tatendurstigen Besitzer zum Handeln heraus.

In Tausenden von Interviews hat Harley der neuen, jungen Zielgruppe auf den Zahn gefühlt. Das Ergebnis: Die sichere Bremshilfe ABS ist laut Matthew Knott von Harley-Davidson Europa verzichtbar. Das sehen wir anders und hoffen auf baldige Nachbesserung. Die könnte die Street 750 auch in Sachen Schräglage vertragen, denn vor allem rechts setzt relativ früh eine Auspuffschelle auf – also ein festes Bauteil, das nicht nachgibt wie etwa die „Angstnippel“ an den Fußrasten anderer Modelle.

Zwei Farben gegen Aufpreis

Die Instrumente fallen schlicht aus Die Instrumente fallen schlicht aus Quelle: Ralf Schütze Ob beim entspannten Dahinblubbern, beim beherzten Ampelsprint oder im Stand vor dem Straßen-Café: Die kleine 750er Harley ist ein Hingucker, wie die neugierigen Blicke der Madrilenen in der Großstadt-Hektik beweisen. In Mattschwarz sieht das Modell besonders cool aus. Wer sich für die aufpreispflichtige Zweifarb-Lackierung entscheidet, bekommt ein etwas schickeres Motorrad.

Trotz einiger Kritikpunkte sind wir überzeugt: Die Street 750 ist ein gelungenes Einstiegsmodell, das den V2-Blubber-Kult auch Menschen mit kleinerem Budget näher bringt. Und wer es lieber auffällig statt schlicht mag: Mit vier Umbauten hat Harley-Davidson bereits demonstriert, was sich aus der Street so alles zaubern lässt. Teile zum Individualisieren gibt es bereits ab Werk, etwa einen Einzelhöcker mit dem bezeichnenden Namen „Café Solo Seat“.

Technische Daten: Harley-Davidson Street 750

  • Motor: Wassergekühlter V2-Motor mit jeweils vier Ventilen
  • Hubraum 749 ccm
  • Leistung: 56 PS (42 kW)
  • max. Drehmoment: 60 Nm
  • 0 – 100 km/h: k.A.
  • Höchstgeschwindigkeit: k.A.
  • Radstand: 1,53 m
  • Sitzhöhe 0,71 m
  • Leergewicht fahrfertig und vollgetankt: 222 kg
  • Grundpreis (geschätzt): Unter 8.000 Euro

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