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MX-5 Erfinder Bob Hall - Mr. Yamamoto, bauen Sie doch mal einen Roadster!

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Ohne diesen Mann wäre der Roadster vielleicht ausgestorben: Bob Hall erfand für Mazda den MX-5. Hier blickt der Ex-Journalist auf sein wichtigstes Abendessen zurück.

Das ist der letzte Design-Prototyp, mit dem Bob Hall den Wettstreit um das MX-5-Produktionsmodell gewann Das ist der letzte Design-Prototyp, mit dem Bob Hall den Wettstreit um das MX-5-Produktionsmodell gewann Quelle: Bob Hall/Mazda

New York - Diesen Abend im Jahr 1979 wird Bob Hall nie vergessen. Der Journalist war als leitender Redakteur beim US-Magazin Autoweek zwar hochkarätigere Gesprächspartner als den Mazda-Entwicklungschef gewöhnt. Doch dass Kenichi Yamamoto den Spieß umdrehte, den Reporter in die Mangel nahm und von ihm hören wollte, was Mazda in Zukunft für Autos bauen sollte, das war ziemlich ungewöhnlich.

Aus dieser Begegnung wurde nicht weniger als eine kleine Sensation. Denn das Gespräch markiert die Geburt des Mazda MX-5, dem erfolgreichsten Sportwagen der Welt. Er wurde in 25 Jahren und drei Generationen nicht nur knapp eine Million mal verkauft. Ohne ihn hätte es auch offene Zweisitzer wie den Audi TT, die Fiat Barchetta oder den Mercedes SLK nie gegeben. So wurde Hall zum Retter des Roadsters.

Hin und wieder muss Bob Hall (l.) noch öffentliche Termine für Mazda wahrnehmen, hier auf der New York Auto Show 2014 Hin und wieder muss Bob Hall (l.) noch öffentliche Termine für Mazda wahrnehmen, hier auf der New York Auto Show 2014 Quelle: Youtube „Bis dahin war es allerdings ein ziemlich langer Weg“, erinnert sich Bob Hall. Der Wunsch nach einem kleinen, leichten und vor allem bezahlbaren Sportwagen ging ihm zwar leicht über die Lippen: „Ich habe einfach in den Overdrive geschaltet und drauf los geredet“. Aber bis die Idee in Japan zündete, durch die Instanzen ging und auf die Straße kam, dauerte es zehn Jahre.

Eine Liebe aus England

„Ich bin quasi in solchen Roadstern aufgewachsen“, erzählt Bob Hall. Sein Vater brachte die Liebe zu schrägen Sportwagen aus England mit, wo er als Bomberpilot im Zweiten Weltkrieg stationiert war. Im Hause Hall hatte es eigentlich immer einen offenen Zweisitzer gegeben. „Denn in welchem Auto könnte man die wunderbaren Küstenstraßen in Kalifornien besser genießen als in einem Triumph TR2 oder einem Austin Healy?“ fragt Hall.

Doch irgendwann waren diese Autos plötzlich vom Markt verschwunden. Die Engländer waren pleite, die Italiener hatten sich abgemeldet. Es gab nur noch die schweren amerikanischen Muscle-Cars, die Corvette oder die teuren offenen Sportwagen aus Deutschland. „Wer aufs Geld schauen musste, der pflegte sein altes Auto oder guckte in die Röhre. Das durfte so nicht bleiben, “ erklärt Hall.

Wechsel zu Mazda

Schnappschuss von der Entwicklung des MX-5/Miata Schnappschuss von der Entwicklung des MX-5/Miata Quelle: Bob Hall/Mazda Wenn sich Mister Hall etwas in den Kopf setzt, dann gibt er sich so schnell nicht geschlagen. Nicht umsonst prangte auf seinem Nummernschild „Ikigai“, ein Ehrentitel, den er von einer Studienreise nach Japan mitbrachte und der frei übersetzt „Besessenheit“ bedeutet. Und Hall war so von der Idee für den kleinen leichten Sportwagen besessen, dass er kurzerhand seinen Journalistenjob an den Nagel hängte, als Mazda ihm im gerade eröffneten Designstudio in Kalifornien einem Job als Trendscout anbot.

Dort ging es vordringlich um neue Limousinen, Kleinwagen oder Pick-ups. Doch als Yamamoto-san nach einer Testfahrt mit einem Triumph Spitfire rund um den Fuji auch Feuer und Flamme von der Roadster-Idee war, hatte Hall das Projekt „729“ auf dem Tisch: „Baut mir dieses Auto“, lautete der Auftrag aus Japan.

Dafür musste Hall nicht nur Techniker wie Yamamoto überzeugen, sondern auch die Buchhalter. Das war ungleich schwieriger, erinnert sich der PS-Pensionär: „Wie sollte ich den Japanern 250 Millionen aus dem Kreuz leiern, wenn in diesem Segment in Amerika keine 2.000 Autos im Jahr verkauft wurden?“

Ford hinterherhecheln

Für das Lightweight Sportscar, so der offizielle Entwicklungstitel, musste die gesamte Mazda-Struktur umgekrempelt werden. Weder technisch noch organisatorisch gab es Prozesse, an denen sich das Der Erstling hat die Augen schön: Mazda MX-5, Modelljahr 1990 Der Erstling hat die Augen schön: Mazda MX-5, Modelljahr 1990 Quelle: Mazda Projektteam orientieren konnte. „Alles im Unternehmen war darauf ausgerichtet, die aktuellen Modelle zu pflegen und Toyota, Chevrolet oder Ford hinterherzuhecheln. Selbst mal was Neues auszuprobieren, war einfach nicht vorgesehen.“ Deshalb musste Hall viel improvisieren: „Es war, als wenn man einen Teller Spaghetti an die Wand wirft und schaut, was davon hängen bleibt.“

Offensichtlich blieb das Richtige hängen. Projekt 729 war gut genug: Es gab – zum ersten Mal bei Mazda – einen Wettbewerb der Designstudios, bei dem Hall seinen Entwurf durchboxte. Fünf Jahre nach dem Dinner mit Yamamoto-san hob Tokio den Daumen, und nach zehn Jahren stand im Frühling 1989 auf der Motorshow in Chicago tatsächlich ein leichter Roadster.

More smiles per gallon

In Amerika überboten sich die Interessenten mit Preisaufschlägen, um möglichst schnell hinters Steuer zu kommen. Als der Wagen 1990 als MX-5 nach Deutschland kam, war das geplante Jahreskontingent nach drei Tagen ausverkauft. Statt wie geplant 1.000 Autos im Monat wurden in guten Jahren über 50.000 MX-5 verkauft.

Angeblich die Skizze, die Bob Hall dem Mazda-Entwicklungschef Kenichi Yamamoto malte: So soll er aussehen Angeblich die Skizze, die Bob Hall dem Mazda-Entwicklungschef Kenichi Yamamoto malte: So soll er aussehen Quelle: Mazda Über die Frage, was den Erfolg des MX-5 ausmacht, muss Hall nicht lange nachdenken. Er wiederholt keine Floskeln von geringem Gewicht und direktem Fahrverhalten, von Alltagstauglichkeit oder dem attraktiven Preis. Bob Hall hat eine einfache Formel: „More smiles per gallon: Es hat sicher stärkere und schnellere Sportwagen gegeben, und welche, die technisch raffinierter waren“, sagt er. „Aber keiner war so ein Garant für gute Laune wie der MX-5.“

An seine erste Testfahrt erinnert sich Bob Hall noch genau. Das war kurz vor der Premiere auf der Messe in Chicago. „Ohne Zulassung, im Container angeliefert, war der Wagen nie in Kalifornien auf der Straße,“ erinnert sich Hall. Eines Abends, im Schutz der Dunkelheit, durfte Hall ihn zum Dank für seine Arbeit mit nach Hause nehmen, musste ihn aber vor dem Morgengrauen wieder zurückbringen. „Aus einer Strecke von sonst 20 Minuten wurde die längste Heimfahrt meines Lebens.“

Der kalifornische Rentner

Mittlerweile ist Hall längst in Rente. Zwar nimmt Mazda ihn zum 25. Geburtstag des MX-5 noch einmal in die Pflicht, für Medientermine wie diesen. Mit dem Tagesgeschäft hat er aber nichts mehr zu tun, genauso wenig wie mit der Entwicklung der vierten MX-5-Generation, die im Herbst vorgestellt wird. „Warum sollten die Japaner einen alten Sack wie mich auch um Rat fragen“, witzelt Hall und spielt auf den anhaltenden Erfolg seiner Idee an.

Die drei Generationen des Mazda MX-5. Die vierte folgt im Herbst 2014 Die drei Generationen des Mazda MX-5. Die vierte folgt im Herbst 2014 Quelle: Mazda „Die haben doch in den letzten Jahrzehnten zu Genüge bewiesen, dass sie wissen wie sie es mit dem MX-5 anstellen müssen.“ Und spätestens, seit der neue Projektleiter Nobuhiro Yamamoto angekündigte, dass der nächste MX-5 100 Kilo leichter wird und einen tieferen Schwerpunkt bekommt, war Hall vollends beruhigt.

Nun wartet der Vater des Roadsters ungeduldig darauf, seine Bestellung abschicken zu können. Denn auch wenn er keine 20 mehr ist, die Muskeln etwas müde und die Hüften ein bisschen breiter sind, ist er rund um seine Heimat Los Angeles noch täglich im MX-5 unterwegs. „Erstens gibt es nirgendwo schönere Straßen für einen Roadster als in den Hügeln hinter Hollywood. Und zweitens gibt es kein anderes Auto, in dem sich selbst ein alter Sack wie ich noch einmal so jung fühlen kann.“

 

Quelle: SP-X

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