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Jeep Compass (2017): Fahrbericht, Daten, Preise, Marktstart - Form follows Böschungswinkel

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Unter den Kompakt-SUV ist der Jeep Compass der König am Berg - solange keine gewundene Asphaltstraße hinaufführt. Erste Fahrt in einem Auto, das zwei Modelle ablöst.

MOTOR-TALK-Redakteur Sven Förster mit dem Jeep Compass MOTOR-TALK-Redakteur Sven Förster mit dem Jeep Compass Quelle: Jeep

Lissabon – Wie konnten Jeeps Innenraumdesigner dieser Versuchung widerstehen? Irgendwann im Entwicklungsprozess muss die Idee da gewesen sein: Ein analoger Kompass am Armaturenbrett, in etwa dort, wo beim Porsche 911 GT3 die mechanische Stoppuhr sitzt. Jeep könnte sich diese Anspielung auf die Baureihenbezeichnung leisten. Man ließ es bleiben – und hat wohl recht damit.

Es ist ein schmaler Grat zwischen Kult und Hohn. Unter den Hardlinern der Markenfans könnte es der Compass so schon schwer genug haben. Schließlich ersetzt das Kompakt-SUV neben dem Vorgänger auch den Patriot. Eine klassische Karosserie weniger im Portfolio. Und eine mehr, die an den Jeep Grand Cherokeeerinnert. Die Plattform stammt vom kleineren Jeep Renegade und damit aus dem Fiat-Zweig des italienisch-amerikanischen FCA-Stammbaums.

Jeep Compass 2017: Stepptanz auf der Geländekuppe

Kunststoff kann jeder: Der Jeep Compass Trailhawk verfügt serienmäßig über Unterfahrschutzbleche Kunststoff kann jeder: Der Jeep Compass Trailhawk verfügt serienmäßig über Unterfahrschutzbleche Quelle: Jeep Kann der Jeep Compass in die Lücke und ins Segment der Kompakt-SUV fahren? Der kann überall hinfahren – sofern der Fahrer vorher die Tasten Lock und Low drückt. Und das passende Programm fürs Terrain wählt. Lock steht allerdings nicht für ein gesperrtes Mitteldifferenzial und unverrückbare 50 zu 50 Drehmomentverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse. Der Knopf sorgt nur für permanenten Allradantrieb. Ansonsten hilft die Hinterachse mit, wenn den Vorderrädern der Grip ausgeht.

Low meint auch keine niedrige Getriebeübersetzung. Was sich ändert, sind die Schaltpunkte des Neungang-Wandler-Automatikgetriebes. Viel später, erst tief im roten Bereich, kommt der nächste Gang. „Normalerweise bleibst du im steilen Gelände im niedrigeren Gang. Oft reicht der erste“, erklärt ein Jeep-Techniker. Der Low-Modus passt daneben das Motor-Mapping an vertikale Herausforderungen an.

Im unteren Drehzahlbereich liegt dann mehr Kraft an, das Gas lässt sich feiner dosieren. Damit wird der Stepptanz auf Geländekuppen leichter. Mit kurzen Bremsungen und noch kürzeren Gasstößen gleitet der Jeep in wilde Senken. Und normalerweise auch wieder hinaus. Wenn der erste Anlauf nicht funktioniert, kann das Fahrprogramm für den Untergrund gewechselt werden. Unter Snow, Sand, Mud und Rock speichert Jeep Fahrprogramme, keine physikalischen Gesetze. Snow richtete bei 30 Grad im portugiesischen Sand viel aus, hier lässt das Auto den meisten Schlupf zu.

Topmodell Trailhawk: Form follows Böschungswinkel

Mehr Bodenfreiheit, geänderte Heckschürze: Der Jeep Compass Trailhawk hinter dem Jeep Compass in der Limited-Ausstattungsvariante Mehr Bodenfreiheit, geänderte Heckschürze: Der Jeep Compass Trailhawk hinter dem Jeep Compass in der Limited-Ausstattungsvariante Quelle: Jeep Solche Spielereien bleiben Käufern des Topmodells vorbehalten: Der Jeep Compass Trailhawk ist das geländegängigste Modell der Baureihe und ab 38.500 Euro erhältlich. Mit 216 Millimetern verfügen Trailhawks über 2,5 Zentimeter mehr Bodenfreiheit als reguläre Jeep Compass. Ohne Maßband ist ein Trailhawk an der mattschwarz beklebten Motorhaube sowie steiler abfallenden Front- und Heckschürzen erkennbar - Form follows Böschungswinkel. Der Jeep Compass Trailhawk kommt ausschließlich mit dem 170 PS starken 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel und Automatik. Aggregat und Getriebe baut Jeep auch in den zivileren Compass Limited.

Jeep bietet einen weiteren 2,0-Liter-Selbstzünder in Kombination mit Allradantrieb an. Der 140-PS-Motor kann sowohl mit dem Sechsgang-Getriebe als auch der neunstufigen Wandlerautomatik geordert werden. Letzterer (als Limited ab 35.700 Euro) überzeugte im Gelände ebenfalls. Unter den Steighilfen steht nur der Lock-Modus zur Verfügung und das 140-PS-Triebwerk ist dem großen Bruder im unteren Drehzahlbereich klar unterlegen. Den Geländevergleich mit dem Trailhawk verliert er aber jenseits des Gipfels, wenn es wieder nach unten geht. Den schlauen Bergabfahr-Assistent hat nur das Topmodell.

Wandler versalzt das 9-Gänge-Menü

In jeder allradgetriebenen Variante bleibt der Jeep Compass im Kompakt-SUV-Segment der König am Berg – solange keine geschwungenen Asphaltstraße hinaufführt. In schnellen Kurven wirkt der Compass behäbig, die Lenkung gibt wenig Rückmeldung. Enge Kehren mag er lieber.

Portugiesischer Schnee: Nicht immer ist im Jeep Compass Trailhawk das namentlich richtige Fahrprogramm auch das beste Portugiesischer Schnee: Nicht immer ist im Jeep Compass Trailhawk das namentlich richtige Fahrprogramm auch das beste Quelle: Jeep Dem Testwagen hilft der Allradantrieb beim Herausbeschleunigen am Kurvenausgang. Der 140-PS-Diesel plagt sich mit dem Fahrzeuggewicht jenseits der 1,6 Tonnen ein wenig. Häufig hilft die Wandlerautomatik dem Motor. Einer von neun Gängen ist immer kurz genug übersetzt für die nächste Steigung. Doch der Drehmomentwandler ist träge, kuppelt häufig schleifend ein. Auch in der 170-PS-Variante. Hier gleicht das höhere Drehmoment einiges aus: Bei 1.750 Umdrehungen liegen 380 Newtonmeter an, 30 mehr als beim schwächeren 2,0-Liter.

Mit einer Länge von 4,40 Metern geriet der neue Jeep Compass um 6 Zentimeter kürzer als sein Vorgänger. Doch er baut mit 1,87 Metern etwas breiter, der Radstand ist beinahe identisch. Ausreichend Platz bietet der Compass in beiden Sitzreihen. Bei Modellen mit Panorama-Glasschiebedach (1.290 Euro Aufpreis) wird es hinten für größere Mitfahrer eng am Kopf. Die Sitze selbst könnten mehr Seitenhalt bieten, sind aber komfortabel. Jeep verzichtet im Innenraum auf Experimente – das Meiste ist aus bisherigen Modellen bekannt. Mit Hartplastik kommt nur in Kontakt, wer tief nach unten greift.

Fazit: Das wird funktionieren

Das in Deutschland vom VW Tiguan dominierte Segment der Kompakt-SUV ist hart umkämpft, Jeep ist mit dem Compass dennoch gut aufgestellt. Die Gelände-Performance ist ein solides Alleinstellungsmerkmal. Außerdem sind die Preise attraktiv: Den Einstieg bildet der 1,4-Liter-Benziner mit 140 PS ab 24.900 Euro. Bei den Selbstzündern startet der Compass ab 26.100 Euro für den 1,6-Liter mit 120 PS. Beides allerdings Fronttriebler. Allrad gibt es ab 31.200 Euro für den 2,0-Liter-Diesel mit 140 PS und Handschalter. In diesem Fall wohl kein Nachteil.

Technische Daten Jeep Compass

  • Modell: Jeep Compass Limited 2,0 MultiJet
  • Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel mit Speicherkatalysator
  • Getriebe: 9-Stufen-Wandlerautomatik mit Allradantrieb
  • Leistung: 140 PS bei 4.000 Umdrehungen
  • Drehmoment: 350 Nm bei 1.750 Umdrehungen
  • Verbrauch: 5,7 l/100 km (NEFZ)
  • CO2: 148g/km
  • 0 – 100 km/h: 10,5 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 196 km/h
  • Länge: 4,39 m
  • Breite: 1,82 m
  • Höhe: 1,64 m
  • Radstand: 2,64 m
  • Leergewicht (EU): 1.615 - 1.816 kg
  • Kofferraum: 438 l (ohne Reserverad bei aufrechter Rückbank)
  • Grundpreis Testwagen Jeep Compass 2,0 MultiJet Limited: 35.700 EUR
  • Basispreis Jeep Compass Sport, Frontantrieb, 6-Gang Handschalter: 24.900
  • Marktstart: 7. Juli 2017
  • Modell: Jeep Compass Trailhawk 2,0 MultiJet
  • Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel mit Speicherkatalysator
  • Getriebe: 9-Stufen-Wandlerautomatik mit Allradantrieb
  • Leistung: 170 PS bei 4.000 Umdrehungen
  • Drehmoment: 380 Nm bei 1.750 Umdrehungen
  • Verbrauch: 5,7 l/100 km (NEFZ)
  • CO2: 150 g/km
  • 0 – 100 km/h: 10,1 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 196 km/h
  • Länge: 4,39 m
  • Breite: 1,82 m
  • Höhe: 1,66 m
  • Radstand: 2,64 m
  • Leergewicht (EU): 1.706 kg
  • Kofferraum: 438 l (ohne Reserverad bei aufrechter Rückbank)
  • Grundpreis Testwagen Jeep Compass 2,0 MultiJet Trailhawk: 38.500 EUR
  • Marktstart: 7. Juli 2017

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