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Peugeot News

Fahrbericht Peugeot iOn

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Auf der Michelin Challenge Bibendum 2011 in Berlin gab es die außergewöhnliche Gelegenheit, gleich mehrere Fahrzeuge mit alternativen Antrieben wie Strom, Hybridantrieb, Wasserstoff und LPG zur Probe zu fahren. Daher folgen hier in loser Folge einige Fahrberichte. Heute: Peugeot iOn.

Der Peugeot iOn, bekanntlich baugleich mit dem Mitsubishi i-MiEV und dem Citroen C-Zero, steht eigentlich für alles, was die Menschen derzeit noch extrem skeptisch gegenüber Elektroautos macht. Er ist mit 35.000 Euro Kaufpreis für einen Kleinwagen extrem teuer, und er fährt nur ca. 130 km/h schnell, was für deutsche Autobahnen als eher grenzwertig empfunden wird. Die Reichweite liegt weit unter 200 km, je nach Wetter und Fahrstil auch mal weit unter 100 km, wie Tests des Tüv Süd ergaben. Optisch gefällt er auch nicht jedem, um nicht zu sagen er gefällt den meisten nicht.

Sagenhaft erfolgreich bei Flottenbetreibern

Peugeot iOn Peugeot iOn Trotzdem hat dieses Auto ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal. Es ist nämlich das erste reine Elektroauto der neuen Generation, das erstens in Großserie produziert wird und zweitens auch in Deutschland gekauft oder geleast werden kann. Das reicht momentan aus, um den Erfolg sicherzustellen: Car Sharing Unternehmen und Autovermieter fragen signifikante Stückzahlen an Elektroautos nach, auch Flottenbetreiber wollen die kugeligen Japaner als Dienstwagen nutzen.

Daneben sind bundesweit etliche staatlich geförderte Sonderprojekte zur Mobilität der Zukunft aufgelegt worden. Auch die brauchen, und zwar in Größenordnungen, Elektroautos. Die kriegen die derzeit nicht, denn die i-MiEVs, C-Zeros und iOns sind schlicht auf Monate ausverkauft, wie mir ein Mitarbeiter des Euref-Campus in Berlin erzählt, der auch gern noch ein paar davon für seine Forschungseinrichtung hätte.

Praktisch, aber ohne Flair

Aber jetzt steht ja erst mal einer der begehrten Schätze vor mir, und ich habe den Schlüssel in der Hand. Dann mal los. Das Platzangebot finde ich für die Fahrzeugklasse ziemlich amtlich, da gibt es absolut nichts dran zu meckern. Vorne, hinten, Kofferraum, alles da und alles gut nutzbar dimensioniert. Die vier Türen ermöglichen einen bequemen Einstieg, die Sitzposition ist leicht erhöht und bietet damit ein rudimentäres Mini-Van-Feeling. Von der Haptik und Qualitätsanmutung her wäre ich aber nie auf einen Neupreis von 35.000 Euro gekommen. Dünnwandige Hartplastikverkleidungen, wohin man schaut. Vor allem aber die hinteren Türen hinterlassen Eindruck: So leicht, so dünn, so gefühlt zerbrechlich erinnert man sich spontan an rollende Regenschirme wie R 4 oder 2 CV. So was macht man doch heute nicht mehr, und schon gar nicht in einem preislichen Umfeld, in dem sich z.B. die Mercedes C-Klasse bewegt.

Unkomplizierter Stadtwagen

Ein Plus gibt’s dann wieder für die Bedienung, hat man sich erst mal mit den antriebsspezifischen Anzeigen vertraut gemacht, fährt sich der iOn absolut intuitiv. Irritierend vielleicht, dass man weder akustisch noch an irgendwelchen Vibrationen wahrnimmt, wenn er startklar ist. Automatik auf D, und los geht’s. Dann geht’s raus auf den simulierten Stadtkurs. Enge Straßen, scharfe Kurven, ein Kreisverkehr und viele Radfahrer – sehr realistisch. Der Peugeot nimmt es gelassen, mit straffer Federung und präziser Lenkung ist er ohne Probleme jederzeit beherrschbar.

Peugeot-iOn am Brandenburger Tor Peugeot-iOn am Brandenburger Tor Das satte Drehmoment aus dem Stand macht ihn zu einem echten Ampelkönig und ermöglicht auch zügiges Einfädeln ohne Stress. Ohne Stress passt überhaupt sehr gut: Stadtverkehr ist oft schon fordernd genug, dieses Auto als solches benötigt angenehmerweise auffallend wenig Konzentration. Das gefällt. Die Dimensionen sind sehr gut abschätzbar, zu schalten gibt es nichts, die Bremsen sind gut dosierbar und wendig ist es auch. Auch die Geräuschlosigkeit suggeriert mühelose Mobilität, eine neue Leichtigkeit gegenüber vielen anderen Kleinwagen, in denen sich überforderte 60-90 PS Motoren mit den schwergewichtigen Zwergen abschleppen. Ja, das kann ich mir vorstellen – dann erinnere ich mich an den Preis, und kann es mir doch nicht vorstellen.

Preislich nicht satisfaktionsfähig

Alles in allem: Wenn diese Autos in größerer Zahl unterwegs wären, wäre das durchaus ein Gewinn. Der städtische Berufsverkehr wäre um etliches an Lärm und Abgasen ärmer. Ja, auch im derzeitigen Strommix wäre es ein Vorteil, wenn das Abgas nicht mehr lokal in der Innenstadt erzeugt wird. Und zwar für die Menschen, die dort wohnen, arbeiten oder auch zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind.

Diese erste Generation der vielbeschworenen Elektromobilität ist aber Preis-leistungs-mäßig total abgemeldet, da beißt die Maus keinen Faden ab. Auto, Motor und Sport errechnet Kraftstoffkosten von etwa 3,14 Euro je 100 km, das ist etwa halb so viel, wie derzeit bei einem vergleichbar großen Benziner anfällt. Der kostet in der Anschaffung dafür nur ein Viertel oder noch weniger. Attraktiv ist das Auto derzeit wohl wirklich nur für Flottenbetreiber, die sich mit einem grünen Image vielleicht über die Mehrkosten hinwegtrösten können.

(bmt)

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Quelle: MOTOR-TALK

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