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Ziel verfehlt: Opel bleibt 2016 im Minus - Die Null bleibt rot

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Seit 2013 sprach Opels Chef Neumann von der Gewinnschwelle 2016. Nun hat er sie verfehlt. Der Kursabsturz des britischen Pfunds sorgte für gut 240 Millionen Euro Verlust.

Opel hat es nach einem aussichtsreichen ersten Halbjahr am Ende doch nicht geschafft, im Gesamtjahr 2016 die schwarze Null zu erreichen Opel hat es nach einem aussichtsreichen ersten Halbjahr am Ende doch nicht geschafft, im Gesamtjahr 2016 die schwarze Null zu erreichen Quelle: dpa/Picture Alliance

Detroit/Rüsselsheim – Im Grunde muss heute in Rüsselsheim Katerstimmung herrschen. Seit seinem Amtsantritt arbeitete Opel-Chef Karl-Thomas Neumann auf die schwarze Null im Geschäftsjahr 2016 hin. Schloss das Werk Bochum, modernisierte die Modellpalette, reduzierte die Kosten. Nun steht fest: Opel hat das Ziel verfehlt.

Der US-Mutterkonzern General Motors (GM) meldete am Dienstag in Detroit einen operativen Verlust in Höhe von 246 Millionen Dollar (231 Mio Euro) im vierten Quartal für seine Europatochter. Im Gesamtjahr ergibt sich ein Verlust von 257 Millionen Dollar. Das ist gegenüber 2015 ein deutlicher Verlustrückgang: Damals hatte GM in Europa noch 813 Millionen Dollar Verlust gemeldet.

2014 sagte Neumann im Interview mit MOTOR-TALK: „Wir haben ein Ziel, wir haben einen Plan, wir haben eine klare Mechanik dahinter. Und wir werden dieses Ziel erreichen“. Das hat nicht geklappt.

Dann eben 2017

Opel-Chef Karl-Thomas Neumann mit dem Elektroauto Ampera-e: Das Ziel wurde verfehlt, 2016 die Gewinnschwelle zu erreichen Opel-Chef Karl-Thomas Neumann mit dem Elektroauto Ampera-e: Das Ziel wurde verfehlt, 2016 die Gewinnschwelle zu erreichen Quelle: dpa/Picture Alliance

Trotzdem zeigt sich der Opel-Chef mit dem Jahresergebnis 2016 nicht unzufrieden: „Unser Kurs stimmt: Ohne das Brexit-Votum und den Absturz des britischen Pfunds hätten wir ein positives Jahresergebnis erzielt“, erklärte er in Rüsselsheim. „Für GM in Europa ist dies das beste Resultat eines vierten Quartals sowie das beste Jahresergebnis seit zehn Jahren.“

Eine Modelloffensive soll 2017 endlich für schwarze Zahlen sorgen. Sieben neue Modelle hat Opel für 2017 angekündigt, darunter das Mittelklassemodell Insignia, die Crossover-Modelle Crossland X und Grandland X sowie das Elektroauto Ampera-e. Insgesamt hat GM in Europa im Vorjahr rund 1,2 Millionen Fahrzeuge verkauft, gut 42.000 mehr als 2015. Darunter knapp 1,16 Millionen Opel/Vauxhall und 48.000 Chevrolet.

Im Sommer sah noch alles gut aus. In der ersten Jahreshälfte 2016 meldete Opel schwarze Zahlen. Im GM-Jahresbericht wird das Brexit-Votum der Briten als entscheidende Zäsur bezeichnet. Großbritannien ist weit vor Deutschland der wichtigste Einzelmarkt für Opel/Vauxhall.

UK: Weniger Autos, höhere Kosten

Nach dem Brexit hielten sich britische Autokäufer merklich zurück: 289.000 Vauxhall wurden dort nach Firmenangaben 2016 verkauft, 23.000 weniger als im Jahr zuvor. In den anderen Märkten Europas konnte Opel zulegen. Trotzdem meldete Opel in Deutschland Kurzarbeit an. Zu wichtig ist der britische Markt.

Was genau ist nun das Problem mit Großbritannien? Noch haben die Briten die EU schließlich nicht verlassen. Opel rechnet jedoch in Euro ab. Der Absturz des britischen Pfunds reduzierte dort erzielte Gewinne. Das spürte Rüsselsheim bei jedem auf der Insel verkauften Auto.

Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Institut der Universität Duisburg-Essen hält das allein nicht für schlüssig. Er sagt: "Ford verkauft auf der Insel weit mehr Autos als Opel und leidet daher viel stärker unter der Pfundabwertung, hat aber trotzdem 2016 einen soliden Europagewinn von 1,2 Milliarden Dollar vor Steuern erzielt."

Opel habe zudem mit den britischen Werken Ellesmere Port und Luton (Astra, Vivaro) ein erhebliches Plus gegenüber den Herstellern, die nicht auf der Insel produzieren. "Die Wagen können mit einem Preisvorteil von mindestens 6 Prozent in die übrige EU verkauft werden", meint Dudenhöffer. Allerdings: Opels britische Werke montieren zu mindestens 75 Prozent Teile aus Kontinentaleuropa. Der Import dieser Teile kostet die britischen GM-Werke deutlich mehr als vor dem Brexit-Votum.

Bratzel erwartet Zölle

Und das könnte noch schwieriger werden: Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, rechnet mit Zollschranken zwischen EU und Vereinigtem Königreich. "Für die EU wird es sehr schwer werden, keine Zölle zu erheben, weil man sonst Austrittsbestrebungen anderer Länder Tür und Tor öffnen würde." Zölle aber seien Gift für die Hersteller: "Autos werden heute in internationalen Wertschöpfungsnetzwerken produziert. Dieses System würde durch Zollschranken nachhaltig behindert."

Der ehemalige britische Premier David Cameron im Vauxhall-Werk Ellesmere Port: Der Absturz des britischen Pfund verteuerte die Produktion dort deutlich Der ehemalige britische Premier David Cameron im Vauxhall-Werk Ellesmere Port: Der Absturz des britischen Pfund verteuerte die Produktion dort deutlich Quelle: dpa/Picture Alliance 2015 exportierte Großbritannien 57,5 Prozent seiner Autoproduktion in die EU. Diese Exporte würden sich um 1,8 Milliarden Pfund verteuern, sollten tatsächlich 10 Prozent Zoll nach den WTO-Vorgaben erhoben werden. Importwagen würden für die britischen Konsumenten sogar um 2,7 Milliarden Pfund teurer, fürchtet der britische Automobilverband SMMT.

Unter diesen Vorzeichen vermutet Bratzel schon bald einen schleichenden Exit von GM aus Großbritannien. "Insbesondere bei der Entscheidung über Nachfolgemodelle zählen die Kosten doppelt. Das Astra-Werk Ellesmere Port stünde in direkter Konkurrenz mit Gliwice in Polen."

Dudenhöffer ist anderer Ansicht: "Zölle müssen die Kostenvorteile durch die Pfundabwertung nicht aufheben. Großbritannien wird ein sehr wichtiger Markt für GM bleiben. Möglicherweise flexibilisiert Opel die britischen Werke und baut dort mehr Autos und Modelle als bislang."

GM verdient knapp 12 Milliarden Euro

Einig sind sich die Autoexperten über Opels ihrer Meinung nach verfehlte Modellpolitik: "Möglicherweise hat man sich zu sehr auf die Werbung konzentriert und zu wenig auf die Produkte", sagt Dudenhöffer. "Die vielen Eigenzulassungen drücken zudem auf den Gewinn." Bratzel sagt: "Opel muss endlich liefern und nachhaltig in die schwarzen Zahlen kommen".

Noch habe das Unternehmen Luft: "Derzeit verdient GM auf dem US-Markt gutes Geld, sodass derzeit keine Gefahr für das Europageschäft besteht. GM braucht Opel für den Zugang zum großen EU-Markt. Anderenfalls würden sie den Anspruch eines globalen Autokonzerns aufgeben.“

Daran wird man in Detroit nicht einmal denken. Schließlich hat man viel Geld in die Umstrukturierung des Europageschäfts investiert. Konzernchefin Mary Barra zeigte sich zuversichtlich, in diesem Jahr bessere Resultate zu erreichen. Und anders als die USA und China gilt Europa wieder als stabiler Wachstumsmarkt.

Weltweit konnte GM im Vorjahr 166,4 Milliarden Dollar (156 Mrd. Euro) umsetzen. Vor Zinsen und Steuern sowie um Sonderposten bereinigt erlöste der Konzern mit 12,5 Milliarden Dollar knapp ein Sechstel mehr als im Vorjahr. Die operative Marge kletterte auf 7,5 Prozent.

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Quelle: bmt/dpa

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