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Lamborghini Urus (2018) im Test: Preis, technische Daten - Der Urus ist Lamborghinis erster Kompromiss

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Der Lamborghini Urus ist das erste SUV aus Sant’Agata Bolognese. Und das schnellste überhaupt. Das macht kurz Spaß und ist dann lange sinnlos. Unterwegs im roten Ungetüm.

Lamborghini Urus (2018) im Test: Das erste SUV von Lamborghini fällt auf. Nicht nur in Rächer-Rot Lamborghini Urus (2018) im Test: Das erste SUV von Lamborghini fällt auf. Nicht nur in Rächer-Rot Quelle: Christian Bittmann für mobile.de

Einmal im Jahr trifft sich alles, was auf dem Automarkt neu ist, im hohen Norden Dänemarks. Kurz vor Skagen an der Nordseeküste haben die Juroren des europäischen Auto-Preises „Car Of The Year“ (COTY) beim sogenannten Tannistest Gelegenheit, Neuheiten unter die Lupe zu nehmen und zu fahren. Wir waren zum dritten Mal dabei und haben getestet, was uns in die Finger kam.

  • Lamborghini Urus im Fahrbericht
  • SUV mit 650 PS und V8-Turbo
  • Straffes Fahrwerk, hohes Gewicht
  • Lambo Urus Preis: ab 204.000 Euro

Tversted – Was für ein bizarrer Anblick. Im Innenhof des Tannishus stehen zwei rote Ungetüme. Lamborghini hat sie angeliefert. Zwei Lamborghini-Urus-SUV stehen auf dem Rasen vor dem Familienhotel. Sie passen in den hohen Norden Dänemarks so gut wie Vito Corleone ins Ikea-Bällebad. Aber Vorsicht: Die Farbe heißt Rosso Anteros. Anteros ist in der griechischen Mythologie der Bruder des Eros. Er rächt verschmähte Liebe.

So gesehen könnte das „Car of the Year“ 2019 ein böses Ende nehmen für die Juroren des Autopreises. Üblicherweise gewinnen hier praktische, erschwingliche Autos. Keine 2,2-Tonnen-SUV mit 650 PS und 850 Newtonmetern Drehmoment, die in 3,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 katapultiert werden und bis zu 305 km/h schnell werden. Und die mehr als 200.000 Euro kosten.

Lamborghini Urus: SUV mit Betonung auf Sport

Der Lamborghini Urus misst 5,11 Meter in der Länge Der Lamborghini Urus misst 5,11 Meter in der Länge Quelle: Christian Bittmann für mobile.de Man muss nicht sehr hoch klettern, um in das Lambo-SUV zu gelangen. Die Sportsitze mit grauem Leder und Alcantara passen gut, die Sitzposition ist sportlich. Die roten Ziernähte im Wabenmuster sind typisch Lambo. Lüftungsdüsen, Becherhalter, die Einfassung des Infotainmentbildschirms – wo möglich, bringen die Innenraumdesigner sechs Ecken unter. Und klar: Den Start-Knopf findet man auf der Mittelkonsole unter einer roten Klappe. Genauso Lambo- wie Jetfighter-mäßig.

Doch nicht überall ist der Urus so kantig. Der Infotainmentbildschirm erinnert an Audi, vor allem wegen der Schrift. Viele Schalter und Knöpfe sind alte Vertraute für Audi-Fahrer, außerdem die Hebel hinterm Lenkrad. Das digitale Instrumentendisplay hat Lamborghini nur halbherzig angepasst. Der Drehzahlmesser in der Mitte sieht lambo-typisch verspielt aus, einige andere Anzeigen auch, doch die Typo stammt wieder von Audi und passt in ihrer Schlichtheit nicht zum Rest. Kurz zur Info der Lamborghini-Urus-Preis: 204.000 Euro.

Der V8 im Lamborghini Urus stammt von Porsche

Der 4,0-Liter-V8 leistet 650 PS und 850 Nm Drehmoment. Maximal wird der Urus damit 305 km/h schnell Der 4,0-Liter-V8 leistet 650 PS und 850 Nm Drehmoment. Maximal wird der Urus damit 305 km/h schnell Quelle: Christian Bittmann für mobile.de Mund zu, Klappe hoch, Startknopf drücken. Der 4,0-Liter-V8 bollert in den Nordseewind. Längst nicht so laut und ungeniert wie die V10 und V12 aus dem Hause Lamborghini, aber nachdrücklich. Logisch, der Motor stammt aus dem Porsche-Regal. Ein Zug am rechten Schaltpaddel legt den ersten Gang ein, der Urus kriecht los.

Langsam wackelt das SUV durch den Ort. Ja, es wackelt. Leicht welliger Asphalt lässt den Urus bei langsamer Fahrt seltsam kippeln. Seitlich, von vorne nach hinten, diagonal und gefühlt über weitere Achsen im Raum. Straff liegt der Urus, der Abrollkomfort geht trotzdem in Ordnung.

Ortsausgang, freie Strecke. Der rechte Zeigefinger zieht den mit Anima beschrifteten Kippschalter einmal von „Strada“ (Straße) in „Sport“. Ein Tritt aufs Gaspedal, und der Auerochse (das heißt Urus auf deutsch) springt vorwärts, als hätte ihn eine Pferdebremse gestochen. Das Bollern wird lauter, aber längst nicht infernalisch. Jedenfalls nicht im Innenraum. Außenstehende berichten später etwas anderes.

Lambo Urus Sound: Im Corsa-Modus wird er böse

Der Urus besinnt sich auf alte Lamborghini-Wurzeln: Er kann umpflügen Der Urus besinnt sich auf alte Lamborghini-Wurzeln: Er kann umpflügen Quelle: Christian Bittmann für mobile.de Doch vulgär wird der Urus erst im „Corsa“-Modus (Rennen). Dann sprotzelt und knallt er beim Gaswegnehmen und rülpst beim Gangwechsel. Dazu schiebt der V8 den Urus mit einer Vehemenz nach vorne, die einem ob der schieren Masse und Größe dieses Trums den Atem nimmt. Tempo 200 soll nach 12,8 Sekunden erreicht sein, Feierabend ist erst bei 305 km/h. Glauben wir einfach so. Erstens wegen des dänischen Tempolimits und zweitens, weil es so schon genug stürmt.

Wegen der Böen zischelt es lautstark um die kantige Karosse, und wohl deshalb will der Urus nicht so gerne geradeaus fahren. Und weil die fetten Walzen am Ende der Federbeine (es sind 22-Zöller aufgezogen) gerne den Spurrillen nachrollen.

Dabei macht er seine Sache in Kurven erstaunlich gut. Für einen Ochsen. Er neigt sich wenig, bleibt lange neutral und zieht erstaunlich schnell präzise Kreise. Für enge Kehren ist er jedoch zu groß und zu schwer. Das spürt man immer, das kann er nicht verstecken. Richtungswechsel liegen ihm nicht so. Auf dem Handlingkurs wird das Lamborghini-SUV störrisch und fängt regelrecht an zu hoppeln. Weite, offene Rundkurse dürften besser passen. Aber: Was soll es da? Nur ein Rindvieh bringt ein Rindvieh mit zum Pferderennen.

Die praktische Seite des Auerochsen

Der Radstand des Lamborghini Urus beträgt ungefähr drei Meter Der Radstand des Lamborghini Urus beträgt ungefähr drei Meter Quelle: Christian Bittmann für mobile.de Besinnt man sich beim Urus-SUV auf die historischen Lamborghini-Werte, ergibt das Ungetüm mehr Sinn. Ferruccio Lamborghini hat ja mal als Traktor-Hersteller angefangen. Bis zu 3,5 Tonnen kann das Über-SUV ziehen, den dänischen Strand pflügt es vergleichsweise effektiv um. Spätestens, wenn der Corsa-Modus an und die Traktionskontrolle aus ist, kann man sogar ein bisschen driften mit dem dicken Lambo.

Ist dagegen Traktion gefragt, bieten sich die Modi „Sabbia“ (Sand), „Terra“ (Erde, Matsch) oder „Neve“ (Schnee) an. Der Urus könnte auch ins Gelände, wenn man denn wollte. Wobei unser Testwagen auf Sportreifen unterwegs war. All-Terrain-Reifen hat Lambo aber durchaus im Angebot.

Zudem passt ordentlich was ins Heck. Das Kofferraumvolumen liegt bei 616 Litern. Wird die Rückbank umgelegt, passen knapp 1.600 Liter hinein. Ganz schön viel für einen Lambo, ein VW Golf Variant bietet nur wenig mehr Platz. Gut, er misst mit 4,57 Metern Länge auch einen halben Meter weniger.

Lamborghini Urus: Das perfekte Angeberauto

Da braut sich was zusammen: Der Urus kann mit seinem V8-Biturbo ganz schön donnern Da braut sich was zusammen: Der Urus kann mit seinem V8-Biturbo ganz schön donnern Quelle: Christian Bittmann für mobile.de Doch vermutlich sind das die falschen Maßstäbe für einen Urus. Gelände, Rennstrecke, Landstraße, Autobahn, Innenstadt – es gibt überall einen, der es besser kann. Der Urus ist so gesehen das perfekte Angeberauto: Kann alles, aber nichts richtig. Anders ausgedrückt: Er ist der beste Kompromiss, den Lamborghini je im Programm hatte. Und schon deswegen ein halbherziger Lamborghini. Schließlich steht die Marke für kompromisslose Sportlichkeit.

Einige haben ihre Ideale bereits über Bord geworfen, um das Auskommen zu sichern. Porsche ist das beste Beispiel: Ohne das SUV Cayenne hätte der Sportwagenhersteller wohl nicht überlebt. So gesehen gäbe es heute ohne den Cayenne wohl keinen Elfer mehr.

Doch bei Lamborghini liegt der Fall anders. Seit 2011 wächst der Absatz der Marke Jahr für Jahr. Die Sportwagenschmiede aus Sant’Agata Bolognese erwirtschaftet der Mutter Audi satte Gewinne. Der Ende 2017 vorgestellte Urus soll nicht das Überleben der Marke sichern, sondern ihren Absatz verdoppeln. Wir wünschen viel Erfolg.

Lamborghini Urus: Technische Daten

  • Motor: 4,0-Liter-V8-Biturbo-Benziner
  • Leistung: 650 PS (478 kW) bei 6.000 U/min
  • Drehmoment: 850 Nm bei 2.250-4.500 U/min
  • Getriebe: Achtgang-Wandlerautomatik, Allradantrieb
  • 0-100 km/h: 3,6 s
  • 0-200 km/h: 12,8 s
  • Verbrauch: 12,7 l (NEFZ)
  • Höchstgeschwindigkeit: 305 km/h
  • Leergewicht: ca. 2.200 kg
  • Länge: 5,112 m
  • Breite: 2,016 m
  • Höhe: 1,638 m
  • Radstand: 3,003 m
  • Kofferraum: 616 – 1.596 l
  • Preis: 204.000 Euro

 

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