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Designschutz verteuert Ersatzteile - Der Streit um das sichtbare Blech

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Sichtbare Kfz-Ersatzteile wie Kotflügel sind viel teurer als verborgene Teile. Schuld daran ist die Autolobby, die Regierung tut nichts dagegen und der ADAC schimpft.

Am Beispiel Golf zeigt der ADAC, wie teuer der Designschutz bezahlt werden muss. Am Beispiel Golf zeigt der ADAC, wie teuer der Designschutz bezahlt werden muss. Quelle: MOTOR-TALK

Berlin - Motorhaube, Außenspiegel, Windschutzscheibe – bestimmte Ersatzteile fürs Auto kosten viel zu viel Geld. Der ADAC rechnet vor, das sichtbare Teile teilweise mehr als doppelt so viel kosten als verborgene. Denn das Design dieser Bauteile fällt unter den gesetzlichen Schutz. Er räumt den Autoherstellern quasi das Exklusivrecht am Verkauf dieser Produkte ein. Diese Monopol lässt die Preise nach oben steigen.

214 Euro für das Design

Im Extremfall erreicht der Aufschlag enorme Höhe, wie der Autoclub vorrechnet. Am Beispiel der Stoßfänger des Ford Focus. Statt eines Preises von 88 Euro beim freien Händler verlangte der Autohersteller 302 Euro. Gleiches Bauteil, anderes Auto: Beim VW Golf reicht die Preisspanne von 122 bis zu 317 Euro. Technisch unterscheiden sich die Bauteile nicht. Nur das Design samt Markenlogo rechtfertigt den Aufpreis von 195 bzw. 214 Euro.

Wer einen Neuwagen kauft, erwirbt alle Rechte am Fahrzeug. Das gilt nach Ansicht des ADAC auch für das Design. Deshalb sei es nicht nachvollziehbar, warum der Kunde bei einer Reparatur erneut bezahlen müsse. Gemeinsam mit anderen Verbänden wie dem ZDK (Zentralverband des Kfz-Gewerbe) und dem Gesamtverband Autoteilehandel fordert der Autoclub eine sogenannte Reparaturklausel. Sie soll den Designschutz für Kfz-Ersatzteile außer Kraft setzen. An die Stelle des Monopols soll ein fairer Wettbewerb treten. Das wird zu sinkenden Preisen führen.

Designschutz schützt vor Piraterie

Alle sichtbaren Ersatzteile wie die Heckleuchten fallen unter den Designschutz. Alle sichtbaren Ersatzteile wie die Heckleuchten fallen unter den Designschutz. Quelle: Hella Doch der Vorstoß wird an der Bundesregierung scheitern. Sie sieht aktuell keinen Handlungsbedarf. Aus Sicht des ADAC liegt das an der starken Autolobby mit dem VDA-Präsidenten Matthias Wissmann an der Spitze. Tatsächlich spricht sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) für den Erhalt des Designschutzes aus. Ohne dieses Gesetz sei die Wettbewerbsfähigkeit von innovativen Unternehmen gefährdet. In der Folge würde das Arbeitsplätze gefährden. Eine Reparaturklausel öffne der Produktpiraterie Tür und Tor.

Für die Hersteller ist der Designschutz ein lukratives Geschäft. Der Autoclub beziffert das Volumen allein in Deutschland auf drei bis vier Milliarden Euro pro Jahr. In Europa summiert sich dies auf 12 bis 13 Milliarden Euro. Diese Summen fließen derzeit zu 95 Prozent in die Taschen der Automobilhersteller.

Keine Auswahlmöglichkeit

Nach Ansicht von ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk bringt der Designschutz nicht nur finanzielle Nachteile, sondern auch technische. Wenn beispielsweise ein Neuwagenkäufer nach drei Jahren neue Autoreifen braucht, orientiere er sich am aktuellen Angebot und den neuesten Tests von Fachzeitschriften. Muss ein Scheinwerfer wegen eines Unfalls nach fünf Jahren ausgetauscht werden, verlangt das Gesetz den Einbau des möglicherweise bereits veralteten Teils. Weder Kfz-Meister noch Kunde haben die Chance, sich selbst für ein Produkt zu entscheiden.

In anderen europäischen Ländern wie Spanien, Italien, Polen und den Niederlanden gibt es bereits eine Reparaturklausel. Der ADAC und seine Mitstreiter hoffen darauf, dass sie noch vor den Bundestagswahlen im Herbst auch hierzulande eingeführt wird. Dann könnten alle Beteiligten die jahrzehntealte Diskussion über den Designschutz für sichtbare Kfz-Teile ad acta legen.

 

Quelle: MOTOR-TALK

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