• Online: 1.312

Toyota Prius: Hybrid-Klassiker im Alltags-Test - Der Prius bleibt sich treu, macht aber fast alles besser

verfasst am

Wer ihn sieht, liebt ihn oder nicht - an seinen technischen und praktischen Qualitäten kommt aber niemand vorbei. Wie funktioniert der neue Toyota Prius im Alltagstest?

Neues Design, neue Plattform, überarbeiteter Antrieb und trotzdem: Der Prius bleibt seiner Linie treu. Sieht komisch aus, verbraucht wenig und ist verdammt praktisch Neues Design, neue Plattform, überarbeiteter Antrieb und trotzdem: Der Prius bleibt seiner Linie treu. Sieht komisch aus, verbraucht wenig und ist verdammt praktisch Quelle: MOTOR-TALK

Der Diesel ist in der Diskussion. Die Alternative: Hybridantrieb, und den gibt es nirgendwo ausgereifter als bei Toyota. Was der neue Prius im Alltag taugt, lest Ihr in unserem Test. Weiter unten findet Ihr unsere Wertung im Detail.

  • Frisch modernisierter Hybrid-Klassiker
  • Viel Platz und schickerer Innenraum
  • Sparsam in Theorie und Praxis
  • Umfangreiche Basisausstattung

Berlin - Wir wissen, was ihr gleich sagen werdet: Warum muss der Prius so aussehen, wie er aussieht. Ja, der Prius will auffallen – auch in der vierten Generation und knapp 20 Jahre nach dem ersten seiner Art. Toyota verdient längst gutes Geld mit der einst exotischen Hybridtechnik, hat den Antrieb millionenfach unters Volk gebracht.

Die Tropfenform ist seit dem Prius 2 einfach das Markenzeichen des Hybrid-Klassikers Die Tropfenform ist seit dem Prius 2 einfach das Markenzeichen des Hybrid-Klassikers Quelle: MOTOR-TALK Und trotzdem soll Prius-fahren immer noch ein tropfenförmiges Statement sein, und das muss man sehen. Deshalb das exzentrische Äußere und das Raumschiff-Cockpit. Daneben ist der Prius, das war er schon in der dritten Generation, zuallererst verdammt praktisch.

Die klassischen Prius-Tugenden: Viel Platz, viel Komfort, wenig Verbrauch. Und hohe Zuverlässigkeit, Taxifahrer gehören inzwischen zu den treuesten Kunden. Sie freuen sich beim vierten Prius erneut über jede Menge Knieraum für die Passagiere, sowie über 501 Liter Kofferraum – beim Umlegen der Rückbank entsteht leider eine wenig praktische Stufe.

Das neue Cockpit gefällt uns, wirkt eleganter und hochwertiger als beim Vorgänger. Einige Details irritieren dennoch: Die Klimaautomatik steht nach dem Start stets wieder auf Umluft, und den Knopf für die Sitzheizung versteckten die Ingenieure tief unten im nicht sichtbaren Bereich des Armaturenbretts. Da hatte der Designer wohl vergessen, dass der Knopf noch irgendwo hin muss.

Wie ein Prius, nur besser

Und wie fährt der neue Prius? Wie ein Prius, nur besser. Die ersten Meter legt man natürlich elektrisch zurück. Wenn der Benziner mitmischt, tut er das etwas rauer als beim Vorgänger – nach einer kurzen Warmlaufphase gibt sich das. Gefühlt schaltet der Verbrenner noch häufiger ab als bisher. Das für den Atkinson-Zyklus, in dem der Motor läuft, typische Aufheulen unter Last haben die Ingenieure auf wirkliche Vollgasphasen reduziert.

Das trägt dazu bei, die Langstreckentauglichkeit des Prius deutlich zu steigern. Bei hohem Tempo ist es nun deutlich leiser als bisher. Theoretisch fährt der Hybrid bis zu 110 km/h rein elektrisch, in der Praxis passiert das jenseits der 80 km/h aber kaum noch.

Mehr als 500 Liter passen rein: Den meisten Taxifahrern dürfte das reichen, uns auch Mehr als 500 Liter passen rein: Den meisten Taxifahrern dürfte das reichen, uns auch Quelle: MOTOR-TALK Immer wieder spannend beim Prius: Der Verbrauch. In und um Berlin haben wir verschiedene Alltagssituationen ausprobiert. Auf Kurzstrecken durch die verstopfte Innenstadt kamen dabei etwas mehr als 5 l/100 km zusammen, den Sonntagsausflug an den Stadtrand bewältigt der Prius mit vier Liter.

Über eine längere Strecke mit schnellem Autobahnanteil verbrauchten wir im Durchschnitt 4,3 l/100 km. Wer hauptsächlich über leere Landstraßen fährt, kann im Dreiliter-Bereich landen. Wer längere Zeit mit Tempo 150 fährt, darf mit 7,5 l/100 km rechnen. Viele Zahlen, viele Momentaufnahmen – unterm Strich verbraucht im Alltag kaum ein Auto weniger, ein Benziner schon gar nicht. Nur auf der Autobahn erreichen Diesel vergleichbar günstige Werte.

Für die Stadt zu unübersichtlich

Zwar funktioniert der Hybridantrieb in der Stadt am besten, der Prius ist dennoch mit 4,54 Metern Länge als Stadtauto eigentlich zu groß. Die mangelnde Übersicht nervt beim Rangieren auf wenig Raum: An die kurze und spitze Nase muss man sich ebenso gewöhnen wie an die zweigeteilte Heckscheibe. Der winzige Heckscheibenwischer ist mehr Alibi als Sehhilfe bei schlechtem Wetter.

Die Parkhilfen planen vorsichtshalber einen guten halben Meter Toleranz ein. Wenn der fehlt, nutzen sie nichts mehr. Peinlich, aber wahr: In einem Fall bekam der Autor den Wagen nur mit externer Hilfe sicher aus der Parklücke heraus. Fürs Einparken hatte unser Testwagen einen elektronischen Assistenten – kostet einzeln 950 Euro.

Der Prius bleibt der Hybrid-Vorreiter

Bisher war der Prius konkurrenzlos, bald jedoch bringt Hyundai mit dem Ioniq einen vergleichbar großen, viel unauffälliger gestylten Hybrid. Mit ähnlich kompletter Ausstattung wird er 23.900 Euro kosten, gute 4.000 Euro weniger als der Prius – wenn man Toyotas selbst finanzierte Rabattaktion (3.000 Euro) als Antwort auf die staatliche E-Prämie nicht mitrechnet.

Das könnte Toyota unter Druck setzen, hätte man dort mit Auris und Yaris nicht auch günstigere Hybride im Angebot. Ein Umsatzgigant wird der Prius in Deutschland und Europa ohnehin nicht mehr.

Als Technik-Leuchtturm muss er das vielleicht auch gar nicht. Als Markenbotschafter und Technik-Vorreiter hat er für Toyota weiterhin seinen Platz: Die Updates beim Hybridantrieb werden nach und nach in den Rest der Modellpalette einziehen. Die sieht gefälliger aus und bedient die europäischen Segmente passgenauer – den Prius muss man dagegen wollen, weil es der Prius ist. Das bleibt so.

Die Wertung in den Kategorien

Abmessungen: Taxi-tauglich

Im Test des amerikanischen „Consumer Report" stellte der neue Prius einen Verbrauchsrekord auf. Bei typischer US-Autobahngeschwindigkeit, schlage der Prius jeden Diesel. Insgesamt maßen die Amerikaner umgerechnet 5,4 l/100 km - Rekord Im Test des amerikanischen „Consumer Report" stellte der neue Prius einen Verbrauchsrekord auf. Bei typischer US-Autobahngeschwindigkeit, schlage der Prius jeden Diesel. Insgesamt maßen die Amerikaner umgerechnet 5,4 l/100 km - Rekord Quelle: MOTOR-TALK

Mit 4,54 Metern Länge sortiert sich der vierte Prius am oberen Ende der Kompaktklasse ein. Zum Vergleich: Ein aktueller Toyota Corolla misst 4,62 Meter, die Fiat Tipo Limousine 4,53 Meter. Beim Raumangebot spielt der Prius mit 501 Liter Kofferraum und riesigem Knieraum hinten in der Mittelklasse. Prädikat: Taxi-tauglich. Beim Rangieren auf engem Raum nervt aber die Unübersichtlichkeit.

Innenraum: Klassisch Prius, aber hübscher

Vor 10, 15 Jahren standen Mitteltachos für Fortschritt, heute findet man sie kaum noch. Im Prius schon: Das zentrale Anzeigeband gehört zum Andersmacher-Flair des Toyota, sitzt aber anders als bisher auf einem hübsch geschwungenen, auf Wunsch mehrfarbigen Armaturenträger.

Viele Prius-Fans waren zunächst erschrocken, uns gefällt das neue Cockpit besser als das alte. Deutsche Premium-Versessenheit bieten die Japaner nicht, aber die Materialien wirken deutlich angenehmer als bisher, und an der Verarbeitung gibt es nichts zu meckern. Dass es nun ein Head-up-Display gibt, ist schön – aber man braucht es eigentlich nicht.

Infotainment: Verbrauch gehört zur Unterhaltung

Toyotas Touch-Infotainment hat einen schwieriges Image, das aber nach den jüngeren Neuerungen nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Menuführung ist übersichtlich, das Handy lässt sich problemlos koppeln, die Navi-Grafik wirkt modern – das war noch vor wenigen Jahren anders.

Die Infos zum Sprit- und Energieverbrauch sind umfangreicher als bei herkömmlichen Autos. Klar, das hier ist immer noch ein Prius. Allerdings: Der Bordcomputer kann noch mehr. Hier wird wirklich jeder seine Lieblings-Statistik zum Spritverbrauch finden.

Antrieb: sparsamer und agiler

Die wichtigsten Neuerungen beim vierten Prius stecken unter der Motorhaube, dabei sind sie nur eine Weiterentwicklung des Bekannten. Die Hybridkomponenten speckten deutlich ab, den Wirkungsgrad des Benziners erhöhten die Ingenieure durch innermotorische Maßnahmen auf 40 Prozent. Die Systemleistung schrumpft von 136 auf 122 PS, bei besseren Fahrleistungen.

Es ist alles da, was man vom Prius kennt: Das rein elektrische Anfahren, eine leichte Schwerfälligkeit, das elektrisch gestützte Segeln unter leichter Last (bis zu zwei Kilometer weit), das Pfeifen der Generatoren beim Bremsen. Auch das Aufheulen des Benziners bei Vollgas – zum Glück nur noch dann. Aber: Der Prius lenkt exakt, bremst griffig und fährt nicht nur komfortabel, sondern auch stabil. Sogar agil, wenn man will. Gut gemacht, Toyota.

Fahrwerk: Komfortabel, aber präzise

Ein Leichtgewicht kann der Prius nicht sein, aber im Vergleich zum etwas staksigen Vorgänger fährt er deutlich harmonischer. Toyotas neue Plattform erlaubt einen tieferen Schwerpunkt, und das wirkt sich positiv aus. Der Radstand bleibt gleich. Bei Stößen spürt man das Gewicht, aber alles kein Problem.

Im Vergleich zum Vorgänger fühlt sich der Prius 4 schlanker, drahtiger, direkter an. Das liegt an der steiferen Karosse, der direkten Lenkung und dem prima abgestimmten Fahrwerk. Klar, gebaut wurde der Prius für die Märkte in Kalifornien und Japan. Trotzdem verkraftet er auch deutsches Autobahntempo gut und deutlich besser als die Vorgänger.

Preis: Selbstbewusst, aber nicht überteuert

Der Arbeitsplatz des Fahrers: Trotz vieler Funktionen wirkt das Cockpit übersichtlich und zum größten Teil logisch angeordnet Der Arbeitsplatz des Fahrers: Trotz vieler Funktionen wirkt das Cockpit übersichtlich und zum größten Teil logisch angeordnet Quelle: MOTOR-TALK

 

Billig war der Prius noch nie. Direkt teuer ist er aber auch nicht, auch dank 3.000 Euro „Hybridbonus“, die Toyota vom Listenpreis als Rabatt abzieht. Viel mehr geht allerdings auch beim Händler nicht - das legen zumindest die Preise bei mobile.de nahe. Dann bleiben nur die Tageszulassung oder die EU-Ausführung.

Bei der Ausstattung hat es der Kunde einfach. Im Basis-Prius (Variante: „Prius“) steckt bereits viel Wichtiges: Alufelgen, Lichtsensor, Smart Key, LED-Scheinwerfer, Fernlichtassistent, Rückfahrkamera, Touchscreen, Klimaautomatik. Für mehr Geld gibt es größere 17-Zoll-Felgen, Totwinkel-Warner und Head-up-Display (Comfort) sowie Regensensor, Einparkhilfe, JBL-Soundsystem und Navi (Executive).

Entsprechend sparsam geraten die Preisabstände: Bei 28.150 Euro geht es los, 29,900 Euro kostet die mittlere Ausstattung und 32.150 Euro das Topmodell. Jeweils minus 3.000 Euro.

Toyota Prius (2016): Technische Daten

  • Modell: Toyota Prius Executive
  • Verbrennungsmotor: 1,8-l-Vierzylinder-Benziner, 98 PS (72 kW), 142 Nm
  • Elektromotor: 53 kW (72 PS), 163 Nm
  • Getriebe: Stufenlose Automatik
  • Systemleistung: 122 PS (90 kW)
  • 0-100 km/h: 10,6 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
  • Verbrauch: 3,3 l/100 km (NEFZ, mit 17‘ Reifen)
  • CO2: 76 g/km
  • Länge: 4,54 m
  • Breite: 1,76 m
  • Höhe: 1,47 m
  • Radstand: 2,70 m
  • Leergewicht: 1.450 kg
  • Kofferraum: 501 l
  • Basispreis: 28.150 Euro
  • Testwagenpreis: 32.670 Euro

Avatar von bjoernmg
Renault
530
Hat Dir der Artikel gefallen? 13 von 13 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
530 Kommentare: