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BMW 750i: 30 Jahre BMW-Zwölfzylinder - Der erste Nachkriegs-Zwölfzylinder

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Eine Provokation für Mercedes und andere Premiummarken: Mit dem ersten deutschen Zwölfzylinder der Nachkriegszeit rückte BMW an die Spitze der Oberklasse. Und überholte die S-Klasse.

BMW 750il E32: Der erste nachkriegsdeutsche Zwölfzylinder kam von BMW BMW 750il E32: Der erste nachkriegsdeutsche Zwölfzylinder kam von BMW Quelle: BMW

München - „Spitzenklasse aus Bayern“ und „Das beste Auto der Welt“: Der neue BMW 7er, Generation E32, erntete viel Lob für die Sechszylinder 730i und 733i. Dabei hatte BMW das eigentliche Prachtstück noch im Köcher: eine Zwölfzylinder-Limousine, wie es sie aus Deutschland seit einem halben Jahrhundert nicht gegeben hatte. Im Februar 1987 war es soweit. Der BMW 750i und die Langversion 750iL mit 300 PS starkem 5,0-Liter-V12 brachten Bewegung in die Oberklasse und lösten ein Wettrüsten in der Luxusliga aus.

„BMW überholt alle“ titelte die Fachpresse nach ersten Testfahrten und meinte damit nicht nur die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Ohne Abregelung wären 270 km/h möglich gewesen, es fehlte jedoch an adäquaten Reifen. Vor allem in Komfort und Ausstattung galten die monumentalen Zwölfzylinder-BMW als neue Messlatte. Bei 160 km/h und knapp über 2.000 Touren waren nach Medienmeinung fast keine Motorengeräusche vernehmbar. Noch wichtiger war der Prestigefaktor des V12-Motors, der die wohlhabenden Kunden überzeugte. Schon vor der Premiere zählte BMW mehr als 3.000 Blindbestellungen für das neue Flaggschiff.

Dabei zielte der BMW 750i nicht nur auf Käufer der Mercedes S-Klasse, sondern vor allem auf die englischen V12-Luxusliner von Jaguar und Daimler. In Nordamerika, dem weltweit wichtigsten Luxusmarkt, galt der 5,02 Meter lange BMW 750iL sogar als Alternative zu Rolls-Royce Silver Spirit und Bentley Mulsanne.

Erfindung der "Dämpfer Control"

Bei 250 km/h regelte BMW den 750il E32 ab. Technisch wären bis zu 270 km/h möglich gewesen Bei 250 km/h regelte BMW den 750il E32 ab. Technisch wären bis zu 270 km/h möglich gewesen Quelle: BMW

Welche Klasse das deutsche Highend-Triebwerk besaß? Elf Jahre nach dem Debüt des Motors baute Rolls-Royce ihn in den Silver Seraph ein. Auch neben dem Motor besaß der BMW 750iL viele überzeugende Features, wie eine Mehrzonen-Klimaautomatik für Front- und Fondpassagiere mit vorprogrammierbarer Standlüftung.

Den Charakter der Chauffeurlimousine unterstrichen Fond-Kopfstützen, die bei belastetem Sitzkissen automatisch ausfuhren, sowie elektrisch verstellbare Fond-Sitzkissen und Rückenlehnen. Wem das nicht bequem genug war, für den gab es von Karossiers wie Hamco den V12 mit 28 Zentimeter zusätzlichem Radstand, Bar-Einrichtung, Telefon, Fax und Panzerung.

Der ohnehin stolze Preis des BMW 750i steigerte sich so von 102.000 auf 450.000 Mark. 50 Prozent mehr als ein Rolls-Royce Silver Spur, und damit die teuerste Limousine in Deutschland. Im Vergleich dazu wirkte der von Alpina auf 350 PS leistungsgesteigerte 750iL wie ein Sonderangebot: 208.000 Mark wurden für den Alpina B12 5.0 L fällig, der mit 275 km/h die schnellste Serienlimousine der Welt war.

Im Fahrkomfort setzte bereits der „billigste“ BMW 750i Maßstäbe, denn die neue elektronische „Dämpfer Control“ war Standard. Das schreckliche "Denglisch" beschrieb eine raffinierte Technik: BMW nutzte zweistufig umschaltbare Stoßdämpfer mit jeweils zwei in Doppelkolben unabhängig voneinander arbeitenden Ventilsystemen. Der Fahrer konnte per Knopfdruck zwischen einer komfortbetonten und einer sportlich-straffen Fahrwerksabstimmung wählen.

Sparsamer als eine V8-S-Klasse

2,95 Meter Radstand sorgten für standesgemäße Platzverhältnisse auf den Rücksitzen 2,95 Meter Radstand sorgten für standesgemäße Platzverhältnisse auf den Rücksitzen Quelle: BMW

Letztere trug dazu bei, dass die Presse jubelte: „Selbst bei Höchstgeschwindigkeit unbeirrbarer Geradeauslauf“. Wer die 300 PS und die damals sensationellen 450 Nm Drehmoment voll auskostete, musste 20 bis 23 Liter Verbrauch hinnehmen. Nur theoretischer Natur war der Normverbrauch von 10,5 Liter bei 90 km/h. Immerhin war der Münchner Zwölfzylinder damit sparsamer als der neue, 297 PS freisetzende V8 im 560 SEL, mit dem Mercedes rasch nachgerüstet hatte. Ein V8, der nichts daran änderte, dass sich das bayerische Dickschiff mit optionaler Doppelverglasung in der deutschen Zulassungsstatistik zumindest vorübergehend vor den Oberklasse-Bestseller mit Stern setzte.

Heute wirken 300 PS für eine Oberklasse-Limousine nicht mehr imposant. Schon der kleinste BMW bietet als M140i mehr Power. Vor 30 Jahren jedoch erreichte BMW damit eine Schallmauer, die nicht einmal Jaguar Sovereign V12 und Maserati Quattroporte/Royale V8 durchbrochen hatten. Zwei Limousinen, die bis dahin als schnellste Viertürer der Welt galten.

BMWs V12 punktete dagegen mit beispielhafter motorischer Laufruhe. Anschaulich gemacht wurde dies bei der Premiere durch hochkant auf den Motorblock gestellte Münzen, die bei laufender Maschine nicht umfielen. Zukunftsweisend war auch die Steuerung des nur 240 Kilogramm schweren Leichtmetallaggregats. Zwei unabhängige elektronische Systeme übernahmen die Regelung von Kraftstoffeinspritzung und Zündung für jeweils eine Sechszylinderbank, die in einem Winkel von 60 Grad zueinanderstanden.

Mercedes legte 1991 nach

15 Jahre Vorarbeit und zwei Vorläufer-V12 hatte es gebraucht, bis die BMW-Techniker ihr Wunderwerk in Serie zeigen konnten. Ein erster 5,0-Liter-V12 von 1974 war zu schwer, zwei kleinere 3,6-Liter- und 4,5-Liter-V12 von 1977 scheiterten an den Nachwirkungen der ersten Energiekrisen.

5,0 Liter Hubraum, 300 PS: Damit setzte BMW lange Zeit den Maßstab in der Oberklasse - bis Mercedes mit 6,0 Litern Hubraum kam 5,0 Liter Hubraum, 300 PS: Damit setzte BMW lange Zeit den Maßstab in der Oberklasse - bis Mercedes mit 6,0 Litern Hubraum kam Quelle: BMW Fünf Jahre später hatten sich die Diskussionen um Energieverknappungen vorläufig erledigt. BMW wagte sich an eine komplette Neuentwicklung, die schon nach zehn Monaten erfolgreich auf dem Prüfstand lief. Wie mutig das 1982 erneuerte Bekenntnis zum V12 war, zeigt der Vergleich mit Jaguar, wo die 1986 vorgestellte XJ40-Serie anfangs nicht für V12 ausgelegt war. Mercedes konnte sogar erst 1991 mit der S-Klasse W140 und dem noch größerem 6,0-Liter-V12 die alten Machtverhältnisse wiederherstellen.

Dieser Zwölfender mit Stern deklassierte den von Claus Luthe entworfenen BMW 7er der Serie E32 gleich mehrfach. Zum einen entwickelte der Mercedes 600 SE deutlich mehr Leistung. Zum anderen trat der Benz so stattlich auf, dass der BMW 750i im Vergleich wie eine zierliche Mittelklasselimousine wirkte.

Auch zuvor konnten die 7er der Baureihe E32 noch nicht das Qualitätsniveau der ausgereiften S-Klasse W126 erreichen. Das erfuhren vor allem Käufer, die beide Modelle fuhren - keine Seltenheit bei Oberklasse-Kunden. Auch galt der V12 anfangs als nicht so robust wie die legendären BMW-Sechszylinder und der 1992 im 7er eingeführte V8. Probleme, die BMW löste, spätestens mit der 1994 lancierten dritten 7er-Generation.

Trotzdem erreichte der zweite BMW 7er gerade wegen des V12, was seinen Vorgängern, dem barocken BMW V8 aus den 1950er Jahren, den Modellen 2500 bis 3,3 Liter und dem ersten 7er (E23) nicht gelang: Er schoss BMW in die Sphäre der globalen automobilen Nobelklasse. Und das mit einem respektablen Gesamtabsatz von über 310.000 Einheiten.

Weiterlesen: Erste Fahrt im aktuellen BMW 760iL

BMW 750i/iL (E32) - Technische Daten

Länge: 4,91 (iL: 5,02) m

Breite: 1,85 m

Höhe: 1,40 m

Radstand: 2,83 (iL: 2,95) m

Kofferraum: 500 l

Motor: 5,0-l-V12-Benziner

Getriebe: Viergang-Automatik

Leistung: 300 PS (220 kW)

Maximales Drehmoment: 450 Nm bei 4.100 U/min

0-100 km/h: 7,4 s

Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abgeregelt).

Verbrauch: 10,5 L/100 km bei 90 km/h

Quelle: SP-X (Wolfram Nickel)

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