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E-Klasse Cabrio: Facelift - Das Cabrio, das eigentlich keines sein möchte

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Das frisch geliftete E-Klasse Cabrio stemmt sich gegen den Wind, mehr als jemals zuvor: Ein auswegloser Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner? Motor-Talk hat es ausprobiert.

Das Mercedes E-Klasse Cabrio mit neuem Gesicht Das Mercedes E-Klasse Cabrio mit neuem Gesicht Quelle: Mercedes-Benz

Sylt – Ein Nachmittag an der Nordsee und die Fahrt in einem Cabrio haben etwas gemeinsam: Sie eignen sich nur für Menschen mit betonfester Frisur. Alle anderen müssen sich in den Strandkorb oder in das neue E-Klasse Cabrio flüchten. Denn hier wie dort gibt es Sonne ohne Sturmschäden.

Wie das im Strandkorb funktioniert, ist klar. In der frisch gelifteten E-Klasse verdanke ich die Windstille der ausfahrbaren Lamelle oberhalb der Windschutzscheibe und dem Windschott zwischen den hinteren Kopfstützen. Neu ist, dass sich der sperrige Luftschutz bei langsamer Fahrt selbstständig einfährt, damit das Cabrio an der Ampel eine gute Figur macht. Klingt gut. Hört sich aber schlecht an. Denn der laut surrende Elektromotor nervt beim ständigen Ein- und Ausfahren (unter 15 km/h, über 40 km/h), sodass ich in der Stadt lieber ganz auf den mühsamen Kampf gegen den Wind verzichte.

Bei geschlossenem Dach kann es auf den hinteren beiden Sitzen recht eng werden Bei geschlossenem Dach kann es auf den hinteren beiden Sitzen recht eng werden Quelle: Mercedes-Benz Auf der Autobahn funktioniert das Zusammenspiel von Luft-Lamelle und Windschott einwandfrei. Bis Tempo 160 bleibe ich auf dem Gas. Die Frisur sitzt, der Wind dröhnt nur ein klein wenig in meinen Ohren. Dank Sitzheizung und Nackenfön würde das luftige Spiel sogar funktionieren, wenn die Sonne nicht scheint und alles um mich herum friert. Luxus kann so herrlich unvernünftig sein.

Teilautonom über die Autobahn

Die Sonne im Nacken, die Gedanken auf Reisen und die Hände im Schoß. Das klappt nicht nur im Nordsee-Strandkorb, sondern auch bei 150 km/h auf der Autobahn. Vorausgesetzt, ich habe die Distronic Plus samt Lenkassistent aktiviert.

Klingt entspannt? Naja. Denn der Moment des Loslassens hält nur für ein paar Sekunden an. Dann hat die Technik genug und signalisiert mit einem dezenten Ton und leuchtend roten Händen im Bordcomputer, dass der teilautonome Spaß gleich vorbei ist. Weil die Technik nicht mit sich verhandeln lässt, nehme ich das Steuer wieder selbst in die Hand. Eine sanfte Berührung genügt. Den Rest erledigt die bereits aus der Limousine bekannte Armada an elektronischen Helfern.

Eine ungewöhnlich gute Kombination

Doch um sich chauffieren zu lassen, ist das Cabrio ohnehin nicht gemacht. Dafür macht das Selber-Fahren viel zu viel Spaß. Denn der 252 PS starke 3,0-Liter-V6 unter der Haube ist ein herrlicher Motor – auch wenn die Kombination von Cabrio und Selbstzünder ziemlich untypisch ist. Der Antrieb passt wunderbar zu dem offenen Schwaben: er arbeitet viel und hart, lässt aber kaum etwas von sich hören.

Egal bei welcher Geschwindigkeit ich das rechte Bein strecke, mobilisiert der Antrieb seine Kräfte und gibt, was er hat. Nach 6,7 Sekunden zeigt der Tacho Tempo 100, bei 250 km/h kommt der elektronische Riegel. Und am Ende der idyllischen Tour von Hamburg nach Sylt stehen rund acht Liter in der Verbrauchsanzeige.

Für den Gangwechsel ist die meist recht fixe und nur selten etwas gemächliche Siebenstufenautomatik zuständig. Wer selbst eingreifen will, muss sich an den Paddles am Lenkrad bedienen. Einen Schalthebel in der Mittelkonsole gibt es nicht.

MT-Redakteurin Sabine Stahl im neuen E-Klasse Cabrio MT-Redakteurin Sabine Stahl im neuen E-Klasse Cabrio Quelle: Mercedes-Benz

Von vier bis acht Zylinder

Die Motorenliste geht auf alle Autofahrer-Wünsche ein: Vierzylinder-Diesel, Vierzylinder-Benziner, V6, V8. Das Sahnestück der Motorentorte ist der 4,6-Liter-V8-Benziner mit 408 PS, den ich im ebenfalls gelifteten Coupé ausfahren durfte.

Trotz des stattlichen Leergewichts von 1.815 Kilogramm (samt Fahrer und fast vollem Tank) schubst der Motor den Viersitzer nach vorn, als wäre er aus Pappe.

Und dabei bleibt das Coupé – wie es sich für ein Mitglied der E-Klasse-Family gehört – äußerst souverän. Quasi ohne es zu merken, rennt die Tachonadel an der 200-km/h-Marke vorbei. Völlig unaufgeregt. Der V8 brummt entspannt. Mein Beifahrer döst.

Wer genießen will, braucht Ruhe. Und die bekomme ich nicht nur im Coupé, sondern auch im Cabrio. Das neue Stoffdach hält noch dichter als zuvor und selbst bei Autobahn-Geschwindigkeiten merke ich kaum, dass ich nur ein dünnes Stöfflein über dem Kopf habe. Mercedes selbst spricht vom leisesten Cabrio seiner Klasse.

Fazit

Luxus ist so eine Sache – man sollte ihn genießen und nicht darüber nachdenken. Denn oft ist Luxus ganz schön verrückt, manchmal sogar unvernünftig. Zum Beispiel, wenn man mindestens 47.600 Euro für ein Cabrio ausgibt, das alles dafür tut, dass sich das Fahren gar nicht nach Cabrio anfühlt. Mit V8-Motor kostet es 75.327 Euro. Ganz schön viel Geld für ein entspanntes Sonnenbad mit zartem Lüftchen.

Technische Daten E-Klasse Cabrio / Coupé:

  • Modell: Mercedes-Benz E 350 BlueTec Cabrio
  • Motor: 3,0-Liter-V6-Diesel
  • Getriebe: 7G-Tronic-Plus-Automatik
  • Leistung: 252 PS
  • Drehmoment: 620 Nm
  • Verbrauch: 5,6 – 5,9 l/100 km (NEFZ)
  • CO2: 149 - 156 g/km
  • 0 – 100 km/h: 6,7 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,70 x 1,79 x 1,40
  • Leergewicht inklusive Fahrer: 1.680 kg
  • Kofferraum: 300 - 390 l
  • Leergewicht (fahrfertig): 1.935 kg
  • Grundpreis: 58.191 Euro

 

  • Modell: Mercedes-Benz E 500 Coupé
  • Motor: 4,6-Liter-V8-Benziner
  • Getriebe: 7G-Tronic-Plus-Automatik
  • Leistung: 408 PS
  • Drehmoment: 600 Nm
  • Verbrauch: 8,9 l/100 km (NEFZ)
  • CO2: 209 g/km
  • 0 – 100 km/h: 4,8 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,75 x 1,79 x 1,40
  • Gewicht (fahrfertig): 1.815 kg
  • Kofferraum: 450 l
  • Grundpreis: 70.805 Euro

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