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PSA Peugeot Citroën: Deutschland-Chef Albéric Chopelin im Interview - "Keine Nische für Händler mit schlechtem Service"

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Seit November 2014 leitet Albéric Chopelin die deutsche Division von PSA Peugeot Citroën. Öffentlich hielt sich der Franzose bisher zurück - uns gab er nun ein Interview.

Albéric Chopelin hat bereits viele Strukturen geändert: Die PSA-Zentrale in Köln, die Vertriebsorganisationen, jetzt die Niederlassungen. "Wir müssen mehr Autos verkaufen und damit mehr Geld verdienen", sagt der PSA-Generaldirektor Albéric Chopelin hat bereits viele Strukturen geändert: Die PSA-Zentrale in Köln, die Vertriebsorganisationen, jetzt die Niederlassungen. "Wir müssen mehr Autos verkaufen und damit mehr Geld verdienen", sagt der PSA-Generaldirektor Quelle: Jennifer Adler (Frau Rabe fotografiert) für MOTOR-TALK

Berlin – Bisher sprach Albéric Chopelin kaum mit deutschen Medien. Der 39-jährige Franzose soll den schwächelnden Riesen PSA Peugeot Citroën in Deutschland zu profitablem Wachstum führen. Seit November 2014 leitet der Franzose als Generaldirektor die Kölner Deutschlandzentrale.

Sein Problem passt in eine Zahl: 3,4 Prozent Marktanteil in Deutschland. Nur, dabei ist PSA mit fast drei Millionen verkauften Autos im Jahr 2014 nach Volkswagen Europas zweitgrößter Autohersteller. In der Eurokrise rutschten die Franzosen in den letzten Jahren jedoch tief in die roten Zahlen.

Die finanzielle Handlungsfähigkeit erlangte PSA mit dem Einstieg des chinesischen Unternehmens Dongfeng Anfang 2014 zurück, nun muss die Gewinnzone erreicht werden. Dafür braucht PSA dringend bessere Ergebnisse in Deutschland.

Bevor Albéric Chopelin sein neues Vertriebskonzept für Berlin vorstellte, schaute er zum Interview in der MOTOR-TALK-Werkstatt vorbei. Der Absolvent einer Lyoner Elite-Wirtschaftsschule stieg schon 1998 in die Autobranche ein. Nach BMW und Ford kam er 2009 zu PSA. Über Slowenien und die Niederlande stieg er zum Peugeot-Vertriebsvorstand für die kleineren Märkte in Europa auf. Nun also Deutschland.

Neues Konzept für Niederlassungen

Von links nach rechts: PSA-Pressesprecher Stephan Lützenkirchen, MOTOR-TALK-Chefredakteur Timo Friedmann, Albéric Chopelin, MOTOR-TALK-Redakteur Björn Tolksdorf Von links nach rechts: PSA-Pressesprecher Stephan Lützenkirchen, MOTOR-TALK-Chefredakteur Timo Friedmann, Albéric Chopelin, MOTOR-TALK-Redakteur Björn Tolksdorf Quelle: Jennifer Adler (Frau Rabe fotografiert) für MOTOR-TALK MOTOR-TALK: Monsieur Chopelin, im ersten Halbjahr 2015 verkaufte PSA in Deutschland 22.000 Autos weniger als Hyundai-Kia. Wie konnte es so weit kommen?

Albéric Chopelin: Wir sind die Nummer zwei in Europa, mit rund 12 Prozent Marktanteil. In vielen Märkten sind wir stärker, in Deutschland deutlich schwächer. Deshalb reparieren wir Schritt für Schritt unser Geschäftsmodell. Wir müssen den Marktanteil verbessern, auf die richtige Art, mit den richtigen Methoden.

MOTOR-TALK: Als erstes haben Sie in Köln die Führung neu strukturiert und 140 Mitarbeiter entlassen …

Albéric Chopelin: Die Struktur in unserer Zentrale war der erste Schritt. Seit Juni haben wir eine neue Struktur, mit der wir uns auf das Kerngeschäft fokussieren: Auto- und Ersatzteilhandel. Als nächstes müssen wir unsere Handelsnetze entwickeln, die Wege zu uns verkürzen, die Effizienz verbessern und die Standorte und Aktivitäten unserer eigenen Niederlassungen optimieren.

MOTOR-TALK: Konnten Sie dafür diese 140 Leute nicht gebrauchen?

Albéric Chopelin: Viele Kollegen arbeiten weiter für uns, aber nicht mehr bei uns: Zum Beispiel haben wir unsere vier Trainingscenter ausgegliedert. Einige Kollegen arbeiten nun bei Partnerfirmen, die auf Training und Ausbildung spezialisiert sind. Der Bedarf ist unverändert hoch. Wenn wir ein neues Modell einführen, haben wir großen Schulungsbedarf. In Deutschland arbeiten 15.000 bis 20.000 Menschen für unsere Marken.

MOTOR-TALK: Wie wollen Sie das Niederlassungsnetz umbauen?

Albéric Chopelin: Dafür ist Berlin ein tolles Beispiel. Wir planen hier neun Top-Standorte, in Top-Immobilien zu sinnvollen Fixkosten. Dort bekommen Sie alle drei Marken: Peugeot, Citroën, DS. So kann der Händler drei Marken eigenständig präsentieren, braucht aber nur ein Back-Office.

Unsere Organisationen Peugeot Commerce und Citroën Commerce haben wir bereits zum 1. Juni fusioniert. Peugeot Citroën Retail ist ein Riese mit 800 Millionen Euro Umsatz, 1.500 Mitarbeitern und über 50.000 Fahrzeugen pro Jahr.

MOTOR-TALK: Was nutzt das den unabhängigen Händlern? Kann in Zukunft ein Ford-Händler zum Beispiel DS anbieten?

Albéric Chopelin: Die freien Händler profitieren davon, denn unsere Kampagnen werden viel sichtbarer. DS wollen wir in unserem eigenen Netz entwickeln. Einen unabhängigen Kontrakt zu einem späteren Zeitpunkt schließt das nicht aus.

Kampagnen speziell für Deutschland

Braucht Peugeot neue Autos? "Ich brauche nicht mehr als das, was ich habe, um mehr zu erreichen als bisher", glaubt Chopelin Braucht Peugeot neue Autos? "Ich brauche nicht mehr als das, was ich habe, um mehr zu erreichen als bisher", glaubt Chopelin Quelle: Jennifer Adler (Frau Rabe fotografiert) für MOTOR-TALK

MOTOR-TALK: Was war denn bisher das größte Problem im Händlernetz?

Albéric Chopelin: In Deutschland haben wir eine zu große Schere zwischen sehr guten und weniger guten Händlern, größer als in anderen Ländern. Dadurch verlieren wir Geld und Kunden. Es gibt hier in Deutschland keine Nische für Händler mit schlechter Nachhaltigkeit, niedriger Kundenloyalität oder schlechtem Service. Durch unsere Maßnahmen werden sich die tollen Händler, die wir haben, besser entwickeln können als bisher. Für die anderen wird es spannend.

MOTOR-TALK: Wie stark wollen Sie in Deutschland wachsen? Im ersten Halbjahr 2015 erreichten Peugeot und Citroën je 1,7 Prozent.

Albéric Chopelin: Früher haben wir viele Zahlen genannt und diese nicht erreicht. Mit allen drei Marken kann PSA in Deutschland fünf Prozent schaffen. Das ist mein mittelfristiges Ziel. 1,7 Prozent für eine Marke ist so wenig, dass wir zuerst unser Image stark zuspitzen müssen. Dafür haben wir drei Kampagnen entwickelt: Für Peugeot „Impress yourself“, für Citroën „le CARactère“ und für DS Automobiles: „Spirit of Avantgarde“.

Es war nicht einfach, die Zentrale in Paris davon zu überzeugen. Denn die Kampagnen gibt es nur in Deutschland. Aber man musste dort verstehen: In Frankreich sind Peugeot und Citroën Massenmarken, in Deutschland können und wollen wir nicht im Mainstream mitschwimmen.

MOTOR-TALK: Aber am Ende müssen Sie ja Autos verkaufen und keine Kampagnen.

Albéric Chopelin: Ja, und mit jedem kommenden Produkt wird das Image von Peugeot und Citroën stärker werden. Qualität allein reicht nicht. Unsere aktuellen Produktneuheiten zeigen, wie es geht. Der Peugeot 308 ist ein tolles Auto, Auto des Jahres 2014. Deshalb lautet unsere Botschaft: Wenn Sie keinen VW wollen wie Ihr Nachbar, haben wir eine andere Lösung. Auf mindestens dem gleichen Niveau oder sogar besser, unserer Meinung nach.

Garantien als Verkaufsargument

MOTOR-TALK: Trotz junger Modellpalette sinken die Verkaufszahlen. Hyundai-Kia setzen auf Vertrauen, mit langen Garantien. Wäre das für PSA auch ein Hebel?

Albéric Chopelin: Es mag nicht so bekannt sein, was wir ändern müssen. Bei Peugeot bieten wir fünf Jahre Garantie, bei Citroën vier. Das ermöglicht dem Händler zu sagen: Ich biete Ihnen eine lange Garantie, wenn Sie noch Zweifel haben. Wir sind überzeugt von unseren Autos.

Aber viel wichtiger ist die Neupositionierung der Marken. Unsere Images sind in Deutschland noch nicht gut genug. Dafür müssen die Kampagnen vor Ort erlebbar sein. Daran arbeiten wir, die Händler werden besser geschult, hinsichtlich Produktkenntnis, Verhaltenskompetenz und technischer Kompetenz.

MOTOR-TALK: Warum haben Sie den Peugeot RCZ eingestellt? Das war doch ein emotionales Produkt.

Citroën-Aircross-Studie: Für die IAA plant PSA mehrere Studien. Echte neue Modelle dürften dagegen noch nicht im Fokus stehen Citroën-Aircross-Studie: Für die IAA plant PSA mehrere Studien. Echte neue Modelle dürften dagegen noch nicht im Fokus stehen Quelle: Citroën Albéric Chopelin: Ja, ich fahre zurzeit neben dem DS 5 selbst einen RCZ R. Aber PSA muss profitabel werden. Deshalb fokussieren wir uns auf Autos, die das nötige Geld einbringen. Das ist schmerzhaft, aber unumgänglich.

MOTOR-TALK: Rentabilität auf der einen Seite, Marktanteile auf der anderen. Ist das in Ihrer Situation kein Widerspruch?

Albéric Chopelin: Nein, das ist mein Job. Den Marktanteil hochtreiben ist einfach. Es ist auch einfach, den Profit pro Auto hochzutreiben. Wir müssen beides schaffen: mehr Autos verkaufen und daran mehr Geld verdienen. Darauf liegt mein Fokus. Ich muss unsere Fähigkeit zum Geld verdienen verbessern. Unsere Fähigkeit, Loyalität seitens der Kunden zu erzeugen. Unsere Fähigkeit, dabei die Händler im Boot zu haben. Wenn wir das nicht schaffen, ist ein höherer Marktanteil nutzlos.

"Es kommen tolle, neue Autos"

MOTOR-TALK: Brauchen Sie nicht trotzdem zuerst neue Autos? Der Hoffnungsträger Citroën Cactus läuft in Deutschland schlecht.

Albéric Chopelin: Das sehe ich anders. Der Cactus unterstreicht, was ich mir unter profitablem Wachstum vorstelle: Er hat den Privatkunden-Anteil um 20 Prozent gesteigert bei Citroën, und jeden Monat gibt es mehr Bestellungen und Nachfragen. Und der Cactus ist ein Imageträger: „Le CARactère“ ist in diesem Auto offensichtlich.

Wie funktioniert MOTOR-TALK? Albéric Chopelin im Gespräch mit MT-Geschäftsführer Tom Kedor Wie funktioniert MOTOR-TALK? Albéric Chopelin im Gespräch mit MT-Geschäftsführer Tom Kedor Quelle: Jennifer Adler (Frau Rabe fotografiert) für MOTOR-TALK MOTOR-TALK: Welches Produkt hätten Sie gern nicht erst 2018, sondern schon morgen? Auf der IAA 2015 zeigen Sie einige spannende Studien von Peugeot und Citroën.

Albéric Chopelin: Ich brauche keine neuen Produkte, um mehr zu erreichen als 1,7 Prozent. Ja, es kommen einige tolle Autos. Bei der IAA wird man das sehen. Aber bevor ich von fehlenden Autos träume: Leute, wir haben genau jetzt diesen neuen Peugeot 208. Er ist toll und bei Vielem dem Wettbewerb voraus. Das sage ich meinen Leuten. Wir haben dazu frische 108, 308 und 2008. Es ist absolut möglich, damit 2,3 Prozent zu erreichen statt 1,7 Prozent. Dafür werden wir bezahlt.

MOTOR-TALK: Monsieur Chopelin, zum Schluss noch eine persönliche Frage. Sie haben bisher alle ein bis zwei Jahre den Job gewechselt. Sind Sie eine Art „Troubleshooter“ oder doch eher ein „Car Guy“?

Albéric Chopelin: Ich bin definitiv ein „Car Guy“. Ich liebe Autos. Es stimmt, was Sie sagen. Aber das war eher Zufall. Hier in Deutschland brauchen wir Zeit. Wir brauchen einen guten Plan und personelle Kontinuität. Ich bin hier mit meiner Familie, und der Plan ist, einige Jahre zu bleiben.

Monsieur Chopelin, wir danken Ihnen für das Gespräch.

(Das Interview führten Björn Tolksdorf und Timo Friedmann)

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