Welche Geschwindigkeit ist hier erlaubt?
Hallo ins Forum. Ich würde gerne Eure Meinung darüber erfahren, welche zulässige Höchstgeschwindigkeit Ihr in der folgenden Beschilderungssituation bestimmt:
Baustelle innerhalb geschlossener Ortschaft mit Geschwindigkeitsbegrenzung 30km/h, danach keine Aufhebung der 30 sondern ein erneutes 30er Schild mit dem Zusatz von 22 - 6 Uhr.
Nachts ist's klar, aber wie schnell darf ich da am Tage fahren? Ich würde mal denken 50, aber kann ein Schild, was nur zu einer bestimmten Zeit gilt außerhalb dieser ein anderes aufheben? 😕😁
Gruß vom Hulk
Beste Antwort im Thema
Zitat:
@TheHulk schrieb am 20. August 2015 um 10:00:39 Uhr:
Wenn ich aus einer Einmündung komme und alle bisherigen Schilder nicht kenne fahre ich 50 bis ein anders lautendes Schild kommt. Folglich können auch alle anderen die nicht aus der Einmündung kommen, diese Geschwindigkeit fahren.
Bis zur Einmündung hingegen muss ich die Geschwindigkeit fahren, die mir die Beschilderung zuvor angezeigt hat.
nein, das ist falsch. Die Beschränkung gilt weiter, auch nach der Einmündung. Wer in die Straße einbiegt und nicht ortskundig ist, kann sich durch Nicht-Wissen entlasten, das wird dann auch eingestellt. Für alle Anderen würde der Verstoß verfolgt.
21 Antworten
Zitat:
@TheHulk schrieb am 20. August 2015 um 17:39:36 Uhr:
Aber ich habe immer noch das Gefühl, das die Gerichte hier gegensätzlich entscheiden.
Eigentlich nicht,
Schuld (mit Strafe) und Haftung (mit Schadensersatz) hat unterschiedliche Bewertungskriterien. Es kann bei entsprechenden (Unfall-)Umständen schon sein, dass A zu 100% Schuld am Unfall ist und Strafe mit Bußgeld zu zahlen hat, jedoch B zu 100% in der Haftung ist und vollen Schadensersatz zu leisten hat.
Aber selbst wenn B zu 100% in der Haftung ist (gem. Schadensersatzrecht), verändert sich nichts daran, dass A zu 100% Schuld am Unfall war (gem. StVO).
Zitat:
Daraus kann man schon auf eine strittige bzw. unklare Rechtslage schließen.
Eigentlich nicht,
wenn man Apfel mit Birne vermischt, dann ist das ein Obstsalat aber keine strittige Birne. 😉
Zitat:
Vielleicht gibst Du mir ja wenigstens so weit Recht.
Nein 😛
Ja klar, wenn man die juristischen Feinheiten nicht kennt, kommt man schon recht leicht auf den Holzweg, ist aber dennoch nur ein Holzweg 😉
Zitat:
@TheHulk schrieb am 20. August 2015 um 16:26:59 Uhr:
Und wo steht das? Ich habe in der Stvo folgendes dazu gefunden:"Geschwindigkeitsbeschränkende Beschilderung muss nach Einmündung wiederholt werden - StVO §§ 3 Absatz 2 Nr. 1, 39 Absatz 3; Verkehrszeichen Nr. 274, 278 der StVO
1. Eine Beschränkung der innerörtlich zulässigen Geschwindigkeit durch das Verkehrszeichen 274 zur StVO gilt auch für den Geradeausverkehr nur bis zur nächsten Straßeneinmündung, sofern nicht das Verkehrszeichen nach der Einmündung wiederholt oder die Geschwindigkeitsbeschränkung anderweitig angeordnet wird.
2. Soll eine Geschwindigkeitsbeschränkung innerorts auf 30 km/h über eine längere Strecke mit einmündenden Straßen angeordnet werden, muss dies durch Einrichtung einer Tempo 30-Zone gemäß Zeichen 274.1 zur StVO erfolgen."
Genau das finde ich leider nicht in der StVO.
Da stellt sich die Frage, wo hast du das her?
In deinem Fall ist die Geschwindigkeitsbegrenzung automatisch aufgehoben, wenn die Baustelle vorbei ist.
Aber da gilt tatsächlich Vorsicht. Wenn du alles richtig einschätzt, dann ist alles gut. Ist die Baustelle aber gar nicht vorbei und du warst nur der Meinung, dass das der Fall war, dann bist du natürlich schnell der Mops.
Gerichte entscheiden ein und die selbe Rechtsfrage durchaus auch schon mal gegensätzlich. Hängt damit zusammen, dass verschiedene Menschen eben auch mal verschiedene Ansichten haben. Deshalb gibt es meist auch eine zweite Instanz oder zumindest die Beschwerdemöglichkeit. Materielle Gerechtigkeit kommt allerdings nicht immer am Ende auch wirklich heraus.
Ich kenne es sowohl aus der Fahrschule als auch vom Amtsgericht Tiergarten (Berlin) so, dass ein Streckenverbot (konkret 30 km/h innerorts) in Fahrtrichtung hinter einer Straßeneinmündung endet und dann das allgemeine TL von 50 km/h innerorts gilt. Das gilt auch, wenn die Einmündung eine Einbahnstraße ist, aus der eigentlich kein Kfz rauskommen dürfte, weil man als Nutzer der Hauptstraße bereits mit der Einschätzung ausgelastet ist, ob ein nicht bevorrechtigter Verkehr einen verkehrswidrig zum Bremsen zwingt oder die Vorfahrt gewährt. Ob der dort überhaupt so herausfahren darf, das kann man hingegen nicht einschätzen (man müsste anhalten, aussteigen und die dortige Beschilderung auch auf TL prüfen --> kann man wohl nicht verlangen). So wurden in der Hauptverhandlung aus einem Geschwindigkeitsverstoß von innerorts vorwerfbar 24 km/h (TL 30 Km/h gedacht richtig) nur noch vorwerfbare 4 km/h (TL 50 km/h zutreffend) und eine daher naheliegende Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit. Der Betroffene Berufskraftfahrer der BVG war sehr happy, der Richter freute sich wegen des vom Anwalt aus dem Hut gezauberten "Kaninchens" (die Einmündungssituation, die der Akte bis dahin nicht zu entnehmen war, dem Stadtplan aber schon) und die Polizisten, die diese Messstelle bis dahin immer mit 30 km/h eingeschätzt hatten, hatten auch etwas dazu gelernt (ließen sich das nach der Verhandlung vom Richter noch mal genau erklären). So hatten alle was davon.
Allein mit Logik ist in dieser Situation klar, dass es keine verschiedenen TL auf ein und der selben Strecke zur gleichen Zeit geben kann. Denn es kann nicht maßgeblich sein, ob einer nun aus der Einmündung kommt und das TL-Schild nicht sehen konnte - weil für seine Strecke keins aufgestellt war - oder ob man richtigerweise davon ausgeht, dass es ohnehin ohne Wiederholung ab der Einmündung nicht mehr gilt.
Streckenverbote gelten immer als beendet, wenn die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es nicht mehr gelten soll. Das ist natürlich voll die "Gummiformulierung". Schon klar. Aber da liegt der Hund ja auch begraben. Das ist dann immer eine Auslegungssache und falls man sich vertan haben sollte, man also irrtümlich anhand von bestimmten Gegebenheiten von einer Beendigung des TL ausgegangen ist, dann wird man sich da auch rausboxen können. Für die Eindeutigkeit der Anordnung von Einschränkungen ist schließlich die Behörde in der Pflicht und man kann vom VT nicht erwarten, dass er die jeweilige - ggf. nur missverständlich eindeutige - Situation jeweils mit kriminalistischem Spürsinn blitzschnell so erfasst, wie es möglicherweise von der Behörde mit der - unvollständigen - Beschilderung auch gemeint sein könnte. Da entfällt dann meist der Schuldvorwurf (in der Regel geht es ja eh nur um Fahrlässigkeit) oder der ganze Tatbestand.
Grüße
@Berlin-Paul: Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Man kann also zusammenfassen, dass die StVO bei Streckenverboten klar und eindeutig geregelt ist. Durch unzureichende bzw. mißverständliche Beschilderung seitens der Stadt hingegen gibt es hin und wieder unterschiedliche Auslegungsweisen, die dann vor Gericht verhandelt werden müssen.
@Jupp78: Stimmt, das war eine falsche Aussage von mir. Ich hatte nicht direkt in der StVO gesucht sondern über Google und bin auf einen Text einer Juristenseite gestoßen in dem dieser Wortlaut abgedruckt war. Ich hatte das irrtümlich für ein Zitat aus der StVO gehalten.
Meine ursprüngliche Frage wurde ja schon eingangs durch diedicke1300 hinreichend beantwortet, so dass in meinem speziellen Fall (zumindest für mich) alles geklärt ist. Es gibt natürlich immer noch die Leute, die nach dem Ende der Baustelle mit 30 weiter rumeiern. Viele Ortsunkundige übersehen aber vielleicht auch das Zusatzschild mit der Zeitbegrenzung. Genau genommen habe ich damit auch kein Problem. Etwa 500m weiter wird es da dann 2spurig in beide Fahrtrichtungen.
Grüße vom Hulk
Ähnliche Themen
Zitat:
@TheHulk schrieb am 21. August 2015 um 09:04:39 Uhr:
Durch unzureichende bzw. mißverständliche Beschilderung seitens der Stadt hingegen gibt es hin und wieder unterschiedliche Auslegungsweisen, die dann vor Gericht verhandelt werden müssen.
Eigentlich nicht,
die Rechtsauslegung der StVO ist eindeutig, siehe u.a. (beispielhaft für sehr viel mehr):
OLG Koblenz VRS 48, 57;
OLG Düsseldorf ZfS 88, 192;
OLG Braunschweig VRS 11, 295;
BayObLG VRS 73, 76;
OLG Hamm NJW 74, 759; VRS 61, 353, NZV 96, 247;
...
und sämtliche Verkehrsrechtskommentare, zB.: Hentschel, StVR, Beck-Verlag.
Zweifelsfrei gibt es in allen Rechtsgebieten auch alle paar Jahre eine von der allgemein geltenden Rechtsprechung deutlich abweichende Einzelmeinung eines AG-Richters, aber man kann mit etwa 200fach größerer Sicherheit den Gewinn des Lottojackpots fest einrechnen, als dass man auf einen Richter treffen wird, der abweichend entscheidet.
TheHulk, du darfst nicht vergessen ,die Amtsgerichte bzw. Obergerichte beurteilen nur explizit den vorliegenden Fall und die vorliegenden Fakten . Meistens ist das nicht auf andere anzuwenden .
JederFall, mag er noch so ähnlich sein, kann in Nuancen immer etwas anders sein, als ein anderer, und die Massenmedien informieren immer nur mit Auszügen der Urteile . Wenn man nicht das gesamte Urteil vorzuliegen hat, ist es immer -Kaffeesatzleserei -.
Deshalb bin ich auch immer so erstaunt , wenn in den Foren die "Stammtischjuristen" mit allergrößtem Einsatz und Inbrunst ihre subjektiven Thesen verbreiten .
Da bleibe ich meistens im Hintergrund und wundere mich .
Wer weiß , wielange ein RA studiert , um eine direkte Aussage kompetent herüberzubringen, der muss sich über manches Posting wundern.
Giovanni.
Zitat:
@giovannibastanza schrieb am 21. August 2015 um 17:30:52 Uhr:
...
Giovanni.
Könntest Du eventuell immer dazu schreiben, als was Du im jeweiligen Threads unterwegs bist, um das auch richtig einzuordnen?
Hast Du das jetzt als technischer Prüfingenieur einer Sachverständigenorganisation, oder Fachanwalt für Verkehrsrecht, oder Fahrlehrer, oder Polizei, oder ... geschrieben?
Oder erklärst eventuell, welche Nuancen beim Ende eines Streckenverbots möglich wären, um Urteilsbegründungen differenzieren zu können.