Restwert - MwSt auszahlen lassen?
Hallo!
Ich hatte vor kurzem einen unverschuldeten Unfall, bei dem wirtschaftlicher Totalschaden an meinem Auto entstand. Die Versicherung des Gegners hat mir daraufhin den Wiederbeschaffungswert - Restwert überwiesen. Wenn ich das Auto komplett reparieren lassen würde, würde ich auch den Restwert ausbezahlt bekommen.
Eine Reperatur lohnt sich aber für mich nicht mehr. Und wie ich gehört habe kann man sich den Restwert abzüglich der MwSt auszahlen lassen in so einem Fall (ohne Reperatur), nur die Versicherungen würden da erstmal abblocken. Stimmt das mit der Auszahlung wirklich so??? Bin für jede Hilfe dankbar.
Gruß
Maxwell
Beste Antwort im Thema
Hätte ich bloß schon letzte Nacht geschrieben! Ich hatte das Urteil schon herausgesucht und war dann zu müde😮. Und in der Zwischenzeit habt ihr Euch richtig gefetzt und zum Glück auch wieder vertragen ...
Der BGH hat zur Problematik des Verkaufserlöses tatsächlich zuletzt folgendes geschrieben (Urteil vom 07.12.2004, IV ZR 119/04):
"Grundsätzlich ist allerdings ein überdurchschnittlicher Erlös, den der Geschädigte für seinen Unfallwagen aus Gründen erzielt, die mit dem Zustand des Fahrzeugs nichts zu tun haben, dem Schädiger nicht gutzubringen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO). Anderes gilt aber dann, wenn der Geschädigte für das Unfallfahrzeug ohne überobligationsmäßige Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den vom Sachverständigen geschätzten Betrag übersteigt. Dann hat er durch die Verwertung seines Fahrzeugs in Höhe des tatsächlich
erzielten Erlöses den ihm entstandenen Schaden ausgeglichen. Da nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen der Geschädigte zwar vollen Ersatz verlangen kann, an dem Schadensfall aber nicht "verdienen" soll, kann ihn der Schädiger an dem tatsächlich erzielten Erlös festhalten (vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 398; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, 458)"
Der Blick auf die ziterten Entscheidungen zeigt, dass das keine neue Entwicklung ist, sondern gesfestigte Rechtsprechung.
Der Mehrerlös hat im Gegensatz zur Ansicht von Prosecutor aber nichts mit einem "besonderen Verhandlungsgeschick" zu tun! Wenn man sich die ziterten BGH-Urteile mal ansieht, stellt man fest, dass der BGH dort ganz andere Fälle meinte:
Explizit wurde mal das Erzielen eines hohen Inzahlungnahmepreises bei einem Neuwagenkauf angesprochen. Das ist ja auch logisch, wenn man heutzutage einen Neuwagen zum Listenpreis kauft, bekommt man für den alten immer tausende EUR über Schwackeliste, und damit auch über dem tatsächlichen Wert des Altfahrzeuges. Dass soll aber nicht der Versicherung zugute kommen! Wenn man nämlich kein Altfahrzeug in Zahlung gibt, muß man ja auch nicht den Listenpreis zahlen.
Gleiches gilt (auch mal vom BGH so angedacht), wenn zwischen dem Geschädigten und dem Autokäufer irgendeine besondere Beziehung besteht, aufgrund derer der Geschädigte sein Auto zu einem Superpreis los wird (denkbar: Der Geschädigte verkauft das Auto zu einem hohen Preis eine seine Firma/Firma der Frau od. ähnliches, um dort Steuern zu sparen). Dann hat der "überdurchschnittliche Erlös ... Gründe ..., die mit dem Zustand
des Fahrzeugs nichts zu tun haben" (BGH, s.oben)
Im Übrigen muß man sich eines vor Augen halten: Der Geschädigte hat Anspruch auf Ersatz des tatsächlichen Schadens. Wie hoh der genau ist, wird man 100prozentig nie feststellen können. Letzlich schätzt ja auch der Sachverständige den Restwert nur.
Rechtlich ist für die Feststellung der Schadenshöhe der Richter zuständig, und nur der !! (§ 287 ZPO). Da kaum ein Richter über entsprechenden Sachverstand verfügt, braucht er Schätzgrundlagen. Als solche kommen das Gutachten des vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen, die Restwertangebote der Versicherung und auch der tatsächliche Erlös in Betracht. Und da gibt der BGH in seinen Urteilen praktisch nur Hinweise, wie diese Grundlagen zu werten sind und welche Gewichtung sie haben.
Ausnahme ist, wenn sich die Parteien schon auf eine Schadenshöhe geeinigt haben, etwa bei einem deklaratorischen Anerkenntnis der Versicherung! Aber das wurde ja schon richtig dargelegt.
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An Delle,Privatkunden sind mir lieber als Cheeef was is letzte Preis.Aber wir machen das ja alle nicht zum spaß.MfG.alrock01
Zitat:
Original geschrieben von Prosecutor
Nicht ganz. Die Versicherung reguliert auch die Anwaltskosten nur in der Höhe, in der sie die Forderung anerkannt hat. Wenn der Mandant eine höhere Forderung geltend macht, schuldet er dem RA die Gebühren für diesen höheren Streitwert. Wenn dadurch höhere Anwaltsgebühren entstehen (ein "Gebührensprung" ausgelöst wird), bleibt der Mandant auf diesen sitzen - es sei denn, er hat eine RS-Versicherung oder der RA verzichtet kulanterweise auf die Mehrgebühren.Zitat:
Original geschrieben von driver2211
Moin,wenn ich das Eingagsposting recht im Hinterkopf habe handelte es sich doch um einen nicht durch den TE verschuldeten Unfall.... Wozu bitte sollte er dann jetzt eine Rechtschutz brauchen? Ist es nicht vielmehr so das der TE einen Anwalt beauftragen kann den die gegnerische Versicherung im Endeffekt auch zu bezahlen hat?
Hallo Prosecutor,
Was Du geschrieben hast, ist ziemlich schwer verständlich, da stark verkürzt. Ich hab es auch erst beim dritten Lesen verstanden.
Also etwas ausführlicher:
Bei Schadenersatzansprüchen aus § 823 BGB, wie bei Verkehrsunfällen gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung, werden die Kosten der angemessenen Rechtsverfolgung bereits vom Schadenersatzanspruch gemäß § 249 BGB umfasst. So schrieb der BGH (Urteil vom 12.12.2006 - IV ZR 175/05):
"... zu den bei einer Schädigung gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Herstellungskosten (gehören) regelmäßig die Kosten der Rechtsverfolgung, so dass auch die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig sein können. E<i>in Schädiger hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis ... adäquat verursachten Anwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation (sogenannte “subjektbezogene Schadensbetrachtung”; vgl. Senat, BGHZ 66, 239, 245, 248 f.; 115, 364, 369; 155, 1, 5; 163, 362, 365; Urteil vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - VersR 2005, 381) zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. Senat, BGHZ 127, 348, 350 f.; Urteile vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 - VersR 2006, 521, 522, jeweils m.w.N.)"</i>
Als erforderlich und zweckmäßig erachtet die Rechsprechung aber regelmäßig die Inanspruchnahme eines RA bei Verkehsunfällen (zitiert bei www.gutachten24.net - sehr interessante Seite!):
LG MÜNCHEN I
27.02.2003
AZ: 19 S 18902/02
"In Verkehrsunfallsachen ist in aller Regel in einfach gelagerten Fällen auch vorprozessual die Beauftragung eines Rechtsanwalts zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich, ohne dass es dabei auf eine allgemeine Geschäftsgewandtheit des Geschädigten ankommt.
Aus den Gründen: Dem Laien wird in aller Regel gar nicht bewusst sein, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er nach einem Verkehrsunfall Schadensersatzansprüche geltend machen kann."
AG BERNKASTEL-KUES
07.02.2003
AZ: 4 C 657/02
"Die Einschaltung eines Juristen zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen verstösst nicht gegen § 254 BGB, wenn dies der Grundsatz der Waffengleichheit gebietet und die problemlose Abwicklung nicht absehbar war.
Aus den Gründen: Die Einschaltung eines Anwalts ist auch schon aus Gründen der Waffengleichheit gerechtfertigt, da die Beklagte eine Vielzahl von Volljuristen beschäftigt.
Im übrigen war nicht abzusehen, dass die Abwicklung der Schadensersatzansprüche so problemlos vonstatten gehen würde."
AG PFORZHEIM
22.02.2002
AZ: 2 C 590/01
"Ein Unfallgeschädigter hat in aller Regel Anspruch darauf, zur Wahrung seiner Interessen einen Anwalt einzuschalten.
Die Kosten dafür muss die Haftpflichtversicherung des Verursachers tragen."
AG KEHLHEIM
04.02.2002
AZ: 3 C 0620/01
"Nach einem Verkehrsunfall muss die Versicherung des Verursachers auch die Kosten für einen vom Geschädigten hinzugezogenen Anwalt übernehmen.
Diese Regelung gilt auch für einfache Fälle."
AG MARSBERG
27.12.1996
AZ: 1 C 187/96
"Für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts spielt es keine Rolle, dass die Versicherung den Schaden im nachhinein tatsächlich in voller Höhe reguliert hat, da es nur auf die ex-ante und nicht auf die ex-post Ansicht ankommt.
Aus den Gründen: Der Kläger war zum ersten Mal mit einem Verkehrsunfall konfrontiert und somit "Laie" auf dem Gebiet der Schadensabwicklung.
Für einen solchen Laien ist aber selbst, wenn es sich wie hier, um einen Verkehrsunfall mit alleinigem Verschulden des Gegners handelt, nicht klar, welche Ersatzansprüche er im einzelnen gegen die Haftpflichtversicherung des Gegners geltend machen kann.
Insoweit ist ihm insbesondere die Höhe seines Schadenersatzspruches und die Ermittlung der Schadenshöhe unter Berücksichtigung eventueller Wertminderungen sowie eventueller Abzüge "Neu für Alt" nicht bekannt."
Da im vorliegenden Fall streitig ist, ob der vom Gutachter festgestellte Restwert oder das Angebot des von der Versicherung benannten Aufkäufers zugrundegelegt werden muß, hätte nach meiner Ansicht die Versicherung die Kosten der Einschaltung eines Anwaltes durch den TE zu tragen. Woher soll ein Laie die Frage beantworten können - die ist ja selbst juristisch nicht unumstritten! Da kann sich der Laie anwaltliche Hilfe holen, und die Versicherung zahlt das Anwaltshonorar.
Die Anwaltsgebühren richten sich ja nach dem Gegenstandswert (auch "Streitwert"😉. Die Anwaltsgebühren nach dem Gegenstandswert in Höhe der begründeten Forderung zahlt die Versicherung..
Problematisch wird es erst, wenn der Anwalt dann auch Ansprüche geltend macht, die überhöht und in der Sache unbegründet sind. Die dadurch verursachten höheren Anwaltskosten können nicht ersetzt verlangt werden, das meinte Prosecutor wohl.
Vorliegend kann der TE also die Einschaltung eines Anwaltes androhen - wenn er dann schon den Anwalt seiner Wahl genau bezeichnet, die Drohung somit "konkret" macht, knickt die versicherung vielleicht ein. Die 300 fehlenden EUR sind wohl billiger als die Beratung des TE durch einen Anwalt, selbst wenn die Versicherung Recht haben sollte und es dann bei 800 EUR Restwert bleibt.
Zitat:
Nicht ganz. Die Versicherung reguliert auch die Anwaltskosten nur in der Höhe, in der sie die Forderung anerkannt hat. Wenn der Mandant eine höhere Forderung geltend macht, schuldet er dem RA die Gebühren für diesen höheren Streitwert.
Hallo Prosecutor,
gut, dass das (mal wieder) thematisiert wurde.
Wenn ich endlich dazu komme, auch mal ein Buch über Rechtsirrtümer in Deutschland zu schreiben, wird der Satz "Wenn Du nicht schuld bist, zahlt die Versicherung den Anwalt." einen Platz ganz vorne einnehmen!
Das ist nämlich tatsächlich nur die halbe Wahrheit und wird gerade im Bereich Personenschaden gerne übersehen.
Wenn ich beim Anwalt angebe, dass ich ganz wahnsinnig verletzt wurde und er fordert deshalb z.B. 5000 EUR Schmerzensgeld, entstehen die Anwaltsgebühren zunächst einmal aus den 5000 EUR.
Die Gebührenforderung entsteht auch nicht gegenüber der Versicherung, sondern gegenüber dem Mandanten. Der schuldet seinem Anwalt also erstmal einen Haufen Geld.
Werden die 5000 EUR auch reguliert ist alles in Butter.
Die entstandenen Gebühren sind als erforderliche Kosten der Rechtsverfolgung Teil des Schadensersatzanspruchs und werden vom Versicherer gezahlt.
Stellt sich heraus, dass ich tatsächlich gar nichts hatte, gibt es weder Schmerzensgeld noch Anwaltskosten vom Versicherer.
Alles was dann kommt ist eine Frage der Kulanz. Ich habe jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass der Anwalt die Kostennote unter den Tisch fallen lässt, weil ich so ein netter Kerl bin.
Wo wir gerade dabei sind:
Rechtsirrtümer Teil II:
"Die Angebote aus Restwertbörsen sind unbeachtlich. Entscheidend ist immer der regionale Markt"
Wer die These aufstellt (hier bei MT bald in jedem zweiten Faden), sollte sich vielleicht vorher gelegentlich die Mühe machen und ein oder zwei Urteile des BGH zu dem Thema lesen.
Da findet man nämlich ganz erhellende Passagen:
Der ominöse "regionale Markt" stammt im Wesentlichen aus einer Entscheidung aus 2004, bei der die Beklagte dem Kläger ein Restwertangebot von einem Aufkäufer an der tschechischen Grenze vorgelegt hat, bei dem noch nicht einmal geklärt war, wie die Abwicklung (Bezahlung & Abholung) erfolgen sollte.
VI ZR 132/04
Dennoch hat der BGH auch dieser Entscheidung bereits deutlich gemacht, dass es durchaus Fälle gibt, in denen ein vom Versicherer vorgelegtes Restwertangebot beachtlich ist. Nämlich in der Regel dann, wenn der Geschädigte es ohne besondere Anstrengungen realisieren kann:
"Freilich gelten auch bei einer solchen konkreten Schadensberechnung das Wirtschaftlichkeitsgebot und die sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergebende Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens, so daß der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer nicht an dem Vorbringen gehindert ist, auf dem regionalen Markt hätte ein höherer Restwert erzielt werden müssen. (...)
ist es nämlich nicht ausgeschlossen, daß besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben können, günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, um dem Wirtschaftlichkeitsgebot und seiner (...) Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen. Unter diesem Blickpunkt kann er gehalten sein, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung der beschädigten Sache Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen."
Dass es sich dabei um die Ausnahme handelt und die Umstände vom Schädiger zu beweisen sind, wir dann weiter ausgeführt.
Bei den weiteren Entscheidungen zu dem Thema handelte es sich in der Regel um Fälle, bei denen der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich gar nicht verkauft hat und der BGH offensichtlich verhindern wollte, dass er quasi mit leeren Händen da steht, weil er die Rep-Kosten nicht bekommt und den hohen Restwert nicht erzielt, weil er das Auto behalten will.
VI ZR 217/06
VI ZR 120/06
Hier überwiegt das Interesse des Geschädigten an der Abwicklung des Schadens "nach seinem Willen".
Insgesamt jedenfalls ein komplexes Thema, das nicht mit der eingangs zitierten Parole beantwortet werden kann.
Gruß
Hafi
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wenn sich auch in diesem forenbereich mal "geknufft" wird, ist es aber MIT einer der MT-bereiche die (aus meiner bescheidenen sicht) am besten "funktionieren". dafuer ein danke an viele der beteiligten!
war zwar OT, aber wollte ich mal loswerden 🙂
Harry
Zitat:
Original geschrieben von alrock01
An Delle,Privatkunden sind mir lieber als Cheeef was is letzte Preis.Aber wir machen das ja alle nicht zum spaß.MfG.alrock01
Wobei so mancher Privatkunde den Hals auch nicht vollbekommen kann.. 😁
Gruss Delle
Ein wahres Wort gelassen ausgesprochen! Gruß alrock01
Hab mich mittlerweile anwaltlich beraten lassen. Er meinte keine Chance wg. dem verbindlichem Angebot. Sehr ärgerliche Geschichte.