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Lenkrad-Restaurierung - selbst gemacht

Themenstarteram 20. März 2010 um 19:18

Hallo Gemeinde!

Ich habe diesen Thread aus meinem Mustang-Projekt ausgegliedert, da eine Lenkradüberholung sicher mehrere Leute interessiert. Die müssen dann nicht so lange suchen.

Nachdem ich wegen Regenwetter meine Gartenarbeit abgebrochen habe, schaute ich mir mal das vor kurzem erworbene Mustang-Lenkrad etwas an. Im Wagen ist momentan ein Holzlenkrad von Grant, welches zum Mustang Mach 1 so gut paßt wie ein Kaktus in ein Aquarium. Eine echte Beleidigung fürs Auge!

Mein Mach 1 hat eine Deluxe Innenausstattung. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit war er damals mit einem dreispeichigen "Rim-Blow"-Lenkrad ausgeliefert worden. Es gab sie von 1969 bis etwa 1974. Und eben genau so eines soll da auch in der passenden farbe wieder rein.

Diese sind ein besonderes Kuriosum. Ihr Hupenschalter liegt nicht in der Mitte des Lenkrades, sondern ist ein drucksensitiver Langkontakt, der um den ganzen Lenkkranz läuft. Sinn dieser Erfindung sollte sein, daß der Fahrer zum Hupen nicht mehr die Hand vom Lenkrad nehmen sollte, sondern nur den Lenkradkranz drücken mußte um die Tröte zu schallen.

Alle Hersteller - Chrysler, GM, Ford und AMC - verbauten diese Lenkräder. Durchgesetzt haben sie sich nie. Deswegen verschwanden sie wieder in der Versenkung. Die kurze Herstellungsdauer und die exotische Funktion, sowie die Tatsache daß es keinerlei Reproduktionen gibt, machen die Teile in Topzustand zu gesuchten Raritäten, da sie in allen namhaften Musclecars zu finden waren - Mustang, Cougar, Charger, Road Runner, Barracuda, Challenger, Charger, etc.

Übel: Die schlauchartigen Schalter härteten mit den Jahren aus und funktionierten entweder gar nicht mehr oder das Auto hupte von allein. (HONK!)

Weiterhin neigen alle Fordlenkräder dieser Zeit (und davor) zum Reißen. Neuralgische Punkte sind die Punkte wo die Speichen auf den Kranz treffen. Lenkräder wurden im Laufe der Autogeschichte aus unterschiedlichen Materialien gefertigt - Metall, Holz, Bakelit, Hartplastik, Vinyl/PVC, Leder oder eine Kombination davon. Je nach verwendetem Material gibt es eine unterschiedliche Reparaturweise.

Dieses Rim-Blow-Lenkrad ist aus Hartplastik, genauer gesagt aus Polyurethan. Die Mittelabdeckung ist aus Vinyl mit einem Korpus aus Hartschaum über einem metallenen Skelett. Der Verkäufer hatte das Lenkrad als "blau" angeboten, in Wirklichkeit ist es ein braunes, welches mit großem Dilettantismus blau angepönt wurde. Etwas rubbeln und die Originalfarbe trat zutage. Somit setzen wir es hier also nicht nur mechanisch instand, wir werden es auch umfärben.

01-rimblow-wheel
Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 21. März 2010 um 21:13

Die meisten Bücher gibt es schon, fast alle stehen in meinem Regal und daraus habe ich mein Wissen. Also macht es nicht wirklich Sinn, noch ein 25. Buch über die Mustangrestaurierung zu schreiben. Zwar bekommt man nur durch Lesen und eine tolle Büchersammlung noch keinen Nagel gerade in die Wand, daher ist auch der Mut gefragt, mal einfach etwas beherzt zu versuchen. Das ist auch mein erstes Lenkrad in der Mache. Nie vorher versucht. Mal sehen, was es wird...

Allerdings handelt es sich bei den meisten "Wie-mache-ich-es"-Werken um Abhandlungen über die 64 1/2- 70er Modelle. Ein umfassendes Werk über den 71-73 existiert meines Wissens nach nicht. Gefragt wurde ich schon mal von einem Verleger, ein Sachbuch über US-Autos zu schreiben...

In deutscher Sprache macht das aber wohl keinen Sinn.

Was mich wundert ist, daß hier im Forum nicht dauernd solche Dinge gezeigt werden. Es gibt hier 500 Threads zum Thema "mein Blinker geht nicht" mit jeder Menge Gesülze oder ungefähr 1500 Troll-Threads "soll ich mir einen Ami kaufen oder nicht" von Typen, die das dann doch nicht tun, aber das Zerlegen einer Hinterachse, das Planen eines Motorblocks oder das richtige Einstellen einer Tür zeigt hier niemand. Solche Sachen finde ich zum Beispiel wahnsinnig interessant.

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Themenstarteram 20. März 2010 um 19:18

Hallo Gemeinde!

Ich habe diesen Thread aus meinem Mustang-Projekt ausgegliedert, da eine Lenkradüberholung sicher mehrere Leute interessiert. Die müssen dann nicht so lange suchen.

Nachdem ich wegen Regenwetter meine Gartenarbeit abgebrochen habe, schaute ich mir mal das vor kurzem erworbene Mustang-Lenkrad etwas an. Im Wagen ist momentan ein Holzlenkrad von Grant, welches zum Mustang Mach 1 so gut paßt wie ein Kaktus in ein Aquarium. Eine echte Beleidigung fürs Auge!

Mein Mach 1 hat eine Deluxe Innenausstattung. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit war er damals mit einem dreispeichigen "Rim-Blow"-Lenkrad ausgeliefert worden. Es gab sie von 1969 bis etwa 1974. Und eben genau so eines soll da auch in der passenden farbe wieder rein.

Diese sind ein besonderes Kuriosum. Ihr Hupenschalter liegt nicht in der Mitte des Lenkrades, sondern ist ein drucksensitiver Langkontakt, der um den ganzen Lenkkranz läuft. Sinn dieser Erfindung sollte sein, daß der Fahrer zum Hupen nicht mehr die Hand vom Lenkrad nehmen sollte, sondern nur den Lenkradkranz drücken mußte um die Tröte zu schallen.

Alle Hersteller - Chrysler, GM, Ford und AMC - verbauten diese Lenkräder. Durchgesetzt haben sie sich nie. Deswegen verschwanden sie wieder in der Versenkung. Die kurze Herstellungsdauer und die exotische Funktion, sowie die Tatsache daß es keinerlei Reproduktionen gibt, machen die Teile in Topzustand zu gesuchten Raritäten, da sie in allen namhaften Musclecars zu finden waren - Mustang, Cougar, Charger, Road Runner, Barracuda, Challenger, Charger, etc.

Übel: Die schlauchartigen Schalter härteten mit den Jahren aus und funktionierten entweder gar nicht mehr oder das Auto hupte von allein. (HONK!)

Weiterhin neigen alle Fordlenkräder dieser Zeit (und davor) zum Reißen. Neuralgische Punkte sind die Punkte wo die Speichen auf den Kranz treffen. Lenkräder wurden im Laufe der Autogeschichte aus unterschiedlichen Materialien gefertigt - Metall, Holz, Bakelit, Hartplastik, Vinyl/PVC, Leder oder eine Kombination davon. Je nach verwendetem Material gibt es eine unterschiedliche Reparaturweise.

Dieses Rim-Blow-Lenkrad ist aus Hartplastik, genauer gesagt aus Polyurethan. Die Mittelabdeckung ist aus Vinyl mit einem Korpus aus Hartschaum über einem metallenen Skelett. Der Verkäufer hatte das Lenkrad als "blau" angeboten, in Wirklichkeit ist es ein braunes, welches mit großem Dilettantismus blau angepönt wurde. Etwas rubbeln und die Originalfarbe trat zutage. Somit setzen wir es hier also nicht nur mechanisch instand, wir werden es auch umfärben.

01-rimblow-wheel
Themenstarteram 20. März 2010 um 19:29

Der Prozess beginnt mit dem Zerlegen. Zuerst wird das Mittelteil entfernt. es ist von der Rückseite mit 3 Schrauben befestigt. Dadurch wird der elektrische Teil und die Nabe freigelegt.

Nach dem Lösen der Fachstecker wird der total verhärtete Druckschalter vorsichtig aus seiner Nut am Lenkradkranz gelöst. Hierbei sollte man größtes Fingerspitzengefühl walten lassen, da man sonst die feine (imitierte) Holzmaserung auf der Vorderseite beschädigen könnte. ein Durchmessen des Schalter ergab übrigens, daß er noch funktionierte, aber daß man zum Drücken eine Schraubzwinge benötigte um Kontakt herzustellen.

Der Schalter wird später erneuert. Er ist seit kurzem wieder als Reproduktion lieferbar. Allerdings schweineteuer und nur in schwarz. Den Schalter habe ich vom amerikanischen Lenkradspezialisten "Rimblow-Buddy".

Vielen Dank an Nate von Rimblow-Buddy in Arizona auch für die hilfreichen tipps und Materialempfehlungen!

02-rimblow-pad-off
03-rimblow-switch
Themenstarteram 20. März 2010 um 19:36

Rund um den Lenkradkranz verläuft eine ganz schmale Chromlinie, die den farbigen Teil vom Holzimitat-Teil trennt. Dieser Streifen besteht aus dem von 3M immer noch hergestellten Material "Mylar". Der hatte allerdings die letzten 40 jahre Handschweiß, Dreck und Sonneneinstrahlung eher übelgenommen und sich bis zur Unkenntlichkeit zersetzt.

Rimblow Buddy hat mich ebenfalls mit dem passenden Mylarstreifen beliefert, so daß das ganz originalgetreu wieder hergerichtet werden kann.

Die Reste des alten habe ich vorsichtig mit einer schmalen Schlüsselfeile entfernt und die feine Rille anschließend gereinigt.

04-mylar-tape
Themenstarteram 20. März 2010 um 19:50

Wie fast alle alten Hartplastiklenkräder hat auch dieses einige Schrumpfungsrisse. Allerdings sind diese nur klein und sind recht überschaubar. Da gibt es wesentlich schlimmeres auf dem Sektor, bis hin zum Verlust ganzer Kranzsegmente. Das Reaparaturverfahren ist aber auch bei größeren Schäden das gleiche.

Das Hartplastik des Lenkrades ist Polyurethan, allerdings eine sehr harte Mischung. Somit eignen sich zum Füllen der Risse alle Gieß- oder Spachtelmassen, die sich zum Kleben von Polyurethan verwenden lassen. Ich verwende zu diesem Zweck ein "Knetmetall", das in seiner Endfeste den Lenkradmaterial erstaunlich ähnlich ist.

Ein Tipp:

Es gibt von POR15 einen Lenkradreparaturkit, der ebenfalls empfehlenswert ist, aber recht teuer. Da hat man dann aber alle benötigten Materialien in einer Schachtel.

Bevor es in die Risse eingebracht wird, müssen diese aufgeweitet werden. Dies hat zwei Gründe. Erstens dringt die Füllmasse tiefer ein und hat größere Haftflächen, zweitens wird eventuelles Fett oder Dreck von den Kontaktflächen weggeschliffen. Dieses ersledigte ich mit einem Fräsaufsatz auf dem Dremel.

Die Masse wird dann angesetzt und tief in die aufgeweiteten Risse gedrückt. Die Oberfläche wird so geglättet, daß das Material etwas höhers steht als die Lenradoberfläche.

05-crack
06-crack-filled
am 20. März 2010 um 20:43

Allen respekt spechti!!!!!

Saubere Arbeit !

Bin echt begeistert und find es echt super dass du dir die mühe machst und deine "kunst" hier postest!!!!!!!!!

Hut ab und keep up the good work!!! ;);):D:D

MfG Torsten

Und wieder ein Thread abonniert ;) - klasse Arbeit, nur weiter so

Bin schon gespannt wie der Mustang dann am ende dasteht

Themenstarteram 21. März 2010 um 9:05

Nach Aushärtung der Füllmasse wird mit einer Feile überschüssiges Material abgenommen und dann auf Block mit 180er Papier so lange geschliffen, bis eine ebene Fläche entstanden ist. Das Ziel ist erreicht, wen vom Riß nichts mehr fühlbar ist.

Nun können die Lackiervorbereitungen beginnen.

Das Lenkrad wird "medium blue". Ford führte diesen Ton nicht wie den Rest des Armaturenbrettes in metallic aus, sondern verwendete einen Normalfarbton, der in Tönung und Helligkeit an den Rest angelehnt war. Dieser ließ sich relativ leicht in Annäherung auf einer RAL-Tabelle finden. Der Vinyl-Mittelteil war in "medium blue metallic" gefärbt. Dafür werde ich eine Vinylfarbe von Mustangs Unlimited verwenden (wenn sie denn irgendwann mal kommt :rolleyes:). Um maximale Beständigkeit des Lenradkranzes gegen mechanische und chemische Einflüsse wie Handgerubbel und Fingerschweiß zu erreichen, wird der Lenkradkorpus zum Schluß mit einem 2K-Klarlack versiegelt. Vorher muß allerdings noch die feine, simulierte Holzmaserung auf der Vorderseite wieder hergestellt werden.

Da ich im Moment noch auf den passenden Lack warte, werden wir erst mal das Mittelteil von seiner falschen Farbe befreien...

07-crack-sanded
am 21. März 2010 um 18:46

unglaublich! Was man hier alles lernen kann & dazu noch mit Hintergrundwissen & Historie versorgt wird. Eigentlich könntest du, Spechti, ein Buch herausbringen über die Restoration deines Mustangs. Denke das würde sich ganz gut verkaufen. Auch der Stil wie du schreibst find ich klasse. Erinert schon fast an einen sehr gut geschrieben Reparaturleidfaden. So könntest du dir auch einen Teil deiner Unkosten wieder reinholen. ;)

Gruß

Phil

Themenstarteram 21. März 2010 um 21:13

Die meisten Bücher gibt es schon, fast alle stehen in meinem Regal und daraus habe ich mein Wissen. Also macht es nicht wirklich Sinn, noch ein 25. Buch über die Mustangrestaurierung zu schreiben. Zwar bekommt man nur durch Lesen und eine tolle Büchersammlung noch keinen Nagel gerade in die Wand, daher ist auch der Mut gefragt, mal einfach etwas beherzt zu versuchen. Das ist auch mein erstes Lenkrad in der Mache. Nie vorher versucht. Mal sehen, was es wird...

Allerdings handelt es sich bei den meisten "Wie-mache-ich-es"-Werken um Abhandlungen über die 64 1/2- 70er Modelle. Ein umfassendes Werk über den 71-73 existiert meines Wissens nach nicht. Gefragt wurde ich schon mal von einem Verleger, ein Sachbuch über US-Autos zu schreiben...

In deutscher Sprache macht das aber wohl keinen Sinn.

Was mich wundert ist, daß hier im Forum nicht dauernd solche Dinge gezeigt werden. Es gibt hier 500 Threads zum Thema "mein Blinker geht nicht" mit jeder Menge Gesülze oder ungefähr 1500 Troll-Threads "soll ich mir einen Ami kaufen oder nicht" von Typen, die das dann doch nicht tun, aber das Zerlegen einer Hinterachse, das Planen eines Motorblocks oder das richtige Einstellen einer Tür zeigt hier niemand. Solche Sachen finde ich zum Beispiel wahnsinnig interessant.

Zitat:

Original geschrieben von spechti

Was mich wundert ist, daß hier im Forum nicht dauernd solche Dinge gezeigt werden...

Brauch halt viel Zeit und Können sowas zu präsentieren; zudem noch das Talent, so schreiben zu können wie Du!

Von mir jedenfall ein herzliches Dankeschön (leider lässt sich der "Danke-Button" jeweils nur einmal drücken ;)) und Kompliment an Dich - ganz ehrlich: Tolle Arbeit!

Andy

 

Danke für die Erinnerung an den Danke Button ;), hätt ich fast vergessen

am 22. März 2010 um 14:05

...wirklich schade ist die Tatsache,dass sich hier nen Mod so selten blicken lässt.Solche Threads sollten separiert werden,damit sie im ganzen Sch*** nicht untergehen.Nen "how to do" Bereich oder sowas....

Bei Bandit-Online gibt es auch eine sogenannte "Knowledge-Base". Da stehen wirklich tolle Dinge drin und haben auch mir schon viel weiter geholfen.

Wäre wirklich nicht verkehrt !:cool:

Zitat:

Original geschrieben von Mommel

...wirklich schade ist die Tatsache,dass sich hier nen Mod so selten blicken lässt.Solche Threads sollten separiert werden,damit sie im ganzen Sch*** nicht untergehen.Nen "how to do" Bereich oder sowas....

Ich hatte schonmal angemerkt, dass man solche Themen doch anpinnen sollte oder zumindest einen Sammelthread erstellt, wo man Links zu solchen Themen wie diesen hier bündelt.

Aber da wollte sich kein Mod für erwärmen, man meinte, dass es zu unübersichtlich wird und das ein Thema schon oben bleibe, wenn es interessant ist...

Nachteil ist hier im Motor-Talk wohl, dass der US-Car Bereich nur ein Unterforum am Rande ist und Mainstream hier wichtiger zu sein scheint :( ...

Aus diesem Grund bin ich auch lieber in > diesem < US-Car Forum.

Dort gibt's dann z.b. ein Unterforum, wo nur Resto-Projekte zu sehen sind und mit dem User "chief tin cloud" gibt es da ebenfalls ein lebendes Lexikon. Ist nur nicht so bekannt und sind auch weniger Leute da...

Würd mich freuen, wenn einige Profs hier aus'm MT da mal vorbei schauen :)

(Ich weiß, dass ist jetzte in bisschen Eigenwerbung, aber da hier sowieso kaum Mods reinschauen :D)

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