Lebenserfahrung

Nur um ein paar behüteten, im warmen Nestchen aufgewachsenen Jungfüchsen die andere Seite der Medaille zu zeigen:

Mit zwei habe ich die Mutter verloren und wurde von Pflegeeltern angenommen, die mich per Kochlöffel (Prügel) erzogen. Mit elf wurde ich in ein Internat abgeschoben, aus dem ich mit dreizehn abgehauen bin. Mit fünfzehn habe ich mir eine Lehrstelle gesucht und seit dem alleine gelebt (wie zufälligerweise auch meine heutige geliebte Lebensgefährtin). An meinem einundzwanzigsten Geburtstag habe ich meine gesetzlichen Vormünder angerufen und nur einen Satz gesagt "Jetzt könnt Ihr mich am A_sch lecken". Mit einunddreissig habe ich als Fotoreporter angefangen und viele Krisenregionen der Welt gesehen. Als ich fündunddreissig war starb erst meine damalige Lebenspartnerin an Krebs, dann ein naher Verwandter, dann mein zweiter Schwiegervater, dann mein Erzeuger. 1993 habe ich eine heute florierende Firma gegründet, die, wegen der Schließung einer Bank, fünf Jahre später am Rande des Abgrunds stand. Ich war zweimal verheiratet, und wäre ob krimineller Aktivitäten meiner zweiten Ehefrau, während des Scheidungsverfahrens, beinahe mittellos geworden. Sie wollte, was ein Gericht schließlich verhinderte, mir mittels einer Patientenverfügung meinen Grundbesitz und Firmenanteile abnehmen. Eine der wenigen Erfahrungen, die ich, neben etwa dreissig verschiedenen Jobs, noch nicht gemacht habe, ist Krieg (als Soldat). Aber ich glaube kaum, daß man mir noch Sachen zeigen kann, die mich erschrecken können; außer brutale, körperliche Gewalt.

Wer dabei in Trauer und Depression verharrt, hat das Leben noch nicht verstanden. In all den Negativen steckt immer auch ein Positiv, das einen weiterbringt. Dies habe ich dem Sohn des Verunfallten versucht zu vermitteln.

bwfg01 hat geschrieben:

Zitat:

Alles was ich gerne sonst noch sagen würde, lass ich lieber sein, es wär nix Gscheites mehr!

Mei Bua, des war des davor a need !

In einem der Foren fand ich einen "Bruder im Geiste": ein elternloser, geistig wacher Mensch, der Heime von innen kannte, eine Tischlerlehre machte, Abi nachholte, Medizin studierte, in Berlin Oberarzt wurde, und heute eine Facharzt-Praxis im Westen hat. Solche Schicksale gibt es zu Hauf ... allerdings nicht in der Rosamund Pilcher - RTL Welt, in der manche zu schweben scheinen.

Ich frage mich ständig, was in einem Menschen vorgeht, der sich Metallgegenstände durch Körperteile zieht und diese dort belässt. Was will er uns damit sagen ? Vielleicht ist es die Kompensation von mangelnden Erfahrungen in einer mitleidlosen Welt. Aber ich bin kein Psychiater um das herauszufinden. Ich hatte Stress und Probleme genug und genieße daher heute mein Leben in höchsten Glücksgefühlen. Mit geht's, um ein Synomym zu verwenden: "wie Gott in Frankreich"; und das mit einer wunderbaren Lebensgefährtin, die sich zu Weihnachten eine Motorsäge wünscht (und wie ich Weiber verachtet, die Hunde aus Mallorca mitbringen um sie zu "retten"😉.

Allsquare
der sich fragt, ob er im September im Trollinger nicht doch stört ...

PS: Tec-Doc, Du würdest einen prächtigen Pfarrer abgeben.

Beste Antwort im Thema

Das is ja alles in Ordnung, was du da schreibst. Aber dennoch glaube ich nicht, dass man jemandem, der eben solche Erfahrungen (Gott sei Dank) noch nicht machen musste, nicht einfach durch die Tatsache, dass es eben Menschen gibt, die es mitmachen mussten, auf einen anderen Weg bringen kann. Wir sind doch keine Maschinen. Das bloße Wissen um eine Sache hilft einem überhaupt nichts, wenn man nicht dafür bereit ist oder damit umgehen kann.

Hinter jedem Menschen steckt doch eine eigene Geschichte. Dem einen isses augenscheinlich besser ergangen als anderen, der nächste hatte Pech auf Schritt und Tritt und wieder anderen ist es "gemischt" ergangen. Genauso vielfältig wie die jeweiligen "Leben" sind eben auch die jeweiligen Charaktere, die eben durch das bisherige Leben geprägt wurden und jeder geht mit Problemen, Sorgen und Ängsten anders um. Da nennt man auch Individualität!

Natürlich bringt es nix, wenn man in Trauer und Depression verharrt. Aber wer redet denn vom Verharren? Steht einem Angehörigen nicht das Recht zu, zu trauern? Steht anderen nicht das Recht von Betroffenheit zu? Wenn die Angehörigen bereit sind für den nächsten Schritt, werden sie ihn schon wagen. Aber halt erst, wenn sie dafür bereit sind und nicht, wenn andere sie dafür bereit halten.

Und nur weil du offenbar keine behütete Kindheit wie im Bilderbuch hattest, heißt das noch lange nicht, dass die von dir beschriebenen "Jungfüchse" ausnahmlos Teil der Wohlstandsgesellschaft sind. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, freilich einige nüchten betrachtet mehr, die anderen weniger, aber ich möchte mit absolut niemandem anderen tauschen wollen - egal ob es ihm/ihr augenscheinlich besser oder schlechter ergangen ist.

Es gibt genug Leute, die wissen wie die sprichwörtliche Schei**e schmeckt... Leider oder Gott sei Dank, das lass ich jetzt mal offen, denn in einem Punkt geb ich dir Recht - wer mit solchen Erfahrungen richtig umgeht, kann gestärkt aus der Sache hervorgehen. Der Grat zwischen Stärke und Zerbrechen ist aber ziemlich schmal - und das weiß ich aus meiner (wohl für einige unbedeutenden und lächerlichen) Lebenserfahrung...

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Hallo allsquare,

Zitat:

Original geschrieben von allsquare



Wer dabei in Trauer und Depression verharrt, hat das Leben noch nicht verstanden. In all den Negativen steckt immer auch ein Positiv, das einen weiterbringt. Dies habe ich dem Sohn des Verunfallten versucht zu vermitteln.

was ich nicht verstehe ist, daß du trotz deines Backgrounds so in´s Fettnäpfchen getreten bist. Nichts gegen deine Intention, da ist viel wahres dran, aber der Zeitpunkt war mE völlig unpassend. Der Junge um den es hier geht ist 20 (!), und sein Vater ist noch nichtmal unter der Erde. Woher um alles in der Welt soll er "das Leben verstanden" haben? Wenn du ihm helfen wölltest, wäre da nicht eine PN angebrachter gewesen?

Zitat:

Original geschrieben von allsquare


Nur um ein paar behüteten, im warmen Nestchen aufgewachsenen Jungfüchsen die andere Seite der Medaille zu zeigen:

Dazu nur soviel: es gibt hier noch mehr Leute, welche ( leider ) ähnliche Erfahrungen wie Jason oder Du machen mussten, und daher sehr wohl wissen wovon sie sprechen.

mfg

invisible_ghost

Das is ja alles in Ordnung, was du da schreibst. Aber dennoch glaube ich nicht, dass man jemandem, der eben solche Erfahrungen (Gott sei Dank) noch nicht machen musste, nicht einfach durch die Tatsache, dass es eben Menschen gibt, die es mitmachen mussten, auf einen anderen Weg bringen kann. Wir sind doch keine Maschinen. Das bloße Wissen um eine Sache hilft einem überhaupt nichts, wenn man nicht dafür bereit ist oder damit umgehen kann.

Hinter jedem Menschen steckt doch eine eigene Geschichte. Dem einen isses augenscheinlich besser ergangen als anderen, der nächste hatte Pech auf Schritt und Tritt und wieder anderen ist es "gemischt" ergangen. Genauso vielfältig wie die jeweiligen "Leben" sind eben auch die jeweiligen Charaktere, die eben durch das bisherige Leben geprägt wurden und jeder geht mit Problemen, Sorgen und Ängsten anders um. Da nennt man auch Individualität!

Natürlich bringt es nix, wenn man in Trauer und Depression verharrt. Aber wer redet denn vom Verharren? Steht einem Angehörigen nicht das Recht zu, zu trauern? Steht anderen nicht das Recht von Betroffenheit zu? Wenn die Angehörigen bereit sind für den nächsten Schritt, werden sie ihn schon wagen. Aber halt erst, wenn sie dafür bereit sind und nicht, wenn andere sie dafür bereit halten.

Und nur weil du offenbar keine behütete Kindheit wie im Bilderbuch hattest, heißt das noch lange nicht, dass die von dir beschriebenen "Jungfüchse" ausnahmlos Teil der Wohlstandsgesellschaft sind. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, freilich einige nüchten betrachtet mehr, die anderen weniger, aber ich möchte mit absolut niemandem anderen tauschen wollen - egal ob es ihm/ihr augenscheinlich besser oder schlechter ergangen ist.

Es gibt genug Leute, die wissen wie die sprichwörtliche Schei**e schmeckt... Leider oder Gott sei Dank, das lass ich jetzt mal offen, denn in einem Punkt geb ich dir Recht - wer mit solchen Erfahrungen richtig umgeht, kann gestärkt aus der Sache hervorgehen. Der Grat zwischen Stärke und Zerbrechen ist aber ziemlich schmal - und das weiß ich aus meiner (wohl für einige unbedeutenden und lächerlichen) Lebenserfahrung...

...ich wiederhole mich, auch das gehört hier nicht her .

Gruß k2

ach allsquare .. mit deiner lebensgeschichte stehst du nicht alleine da ... ich könnt mit meiner auch ein buch füllen

nur weil WIR kein gscheites elternhaus hatten ... die fürsorge gefehlt hat .. die liebe .. ein warmes wort ... ja himmel nochmal ... müssen wir es den anderen zu wirklich unpassender zeit zurückzahlen ?
sollt ich deswegen meine kinder mit härte statt mit liebe erziehen ?
meinen mitmenschen einfach lapidar sagen : horch ma, was nicht tötet härtet ab?

natürlich wächst man an erlebtem ... lernt aus fehlern anderer ... beisst sich durch´s leben

aber ... das alles braucht zeit ... viel zeit ... nicht mal grad nen paar tage ... das ist es, was mir an deinen post´s aufgestossen ist , die zeit

und bedenke eins, lieber allsquare ... auch dir hat wenigstens EIN mensch über diese zeit geholfen, denn so viele schicksalsschläge zu verkraften kann man nicht ohne die unterstützung einer lieben person ... der mensch ist ein rudeltier, alleine geht er zugrunde ... wird verbissen

Zitat:

Allsquare

der sich fragt, ob er im September im Trollinger nicht doch stört ...

MICH nicht ... ich mag ehrliche menschen und würd mich freuen dich mal kennenzulernen ... deine schreibweise ist zwar (für mich) doch ab und an zynisch 😉 aber man sollte auch lernen zwischen den zeilen zu lesen

und ich kann für mich sagen, lieber seine meinung direkt kundtun auch wenns manch einem weh tut ... wie ein messer im rücken haben

das ^^^^ aber gilt für all deine anderen posts die ich gelesen hab, dein trauerthread war zeitlich falsch gesetzt, sorry

Weisst du allsquare,
wir alle tragen unseren Rucksack herum. Vom 1. Tag an kommt hier und da immer wieder was da rein. Beim einen mehr, beim anderen weniger.

Grundsätzlich zweifle ich deine Geschichte nicht an. Was du aber nie vergessen solltest ist was für dich gillt muss für andere nicht richtig sein.

Es ist aber eine Tatsache das wir uns hier mittlerweile all zu fest von MT entfernen. Bereits der Trauerthread ist das an sich, jenseits dessen was eigentlich der Sinn von MT ist. Warum ich diesen Thread tolereiere schrieb ich andernorts bereits.

Ich möchte aber keine weiteren derartigen Diskussionen mehr haben. Solches wäre z.B. gut am erwähnten Treffen zu bereden, aber nicht hier im Forum.

Ich mache somit auch diesen Thread zu und ich möchte die ausdrückliche Bitte an alle richten es dann dabei zu belassen. Der Kondolenzthread bleibt offen wie angekündigt, aber ansonsten ist es Zeit einen Schlussstich unter das Thema zu ziehen. PN steht selbstverständlich zur Verfügung, aber öffentlich möchte ich dazu nichts mehr lesen.

Ebenso wäre es mehr als begrüssenswert wenn sich die Diskussion auch im Kondolenzthread nicht weiter fortsetzten würde. Auch da wäre btt erwünscht.

Gruss
aurian