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Komplett-Instandsetzung statt Neukauf?

Themenstarteram 25. Juni 2015 um 19:25

Was ich mich schon seit Jahren immer wieder frage: Warum gibt es in Deutschland keine Werkstätten, die sich auf eine (effiziente) Komplett-Instandsetzung von Fahrzeugen spezialisiert haben? Damit meine ich, dass man aus "älteren Autos" mit über 200.000 km, oder über 10 Jahren, auf einfachsten Weg wieder ein "Neuwagen" gemacht wird.

D.h. komplette Motor- und Getriebeinstandsetzung (2500-4000 Euro), Aufarbeitung/Erneuerung der Achsaufhängung/Fahrwerkskomponenten (1500-3000 Euro), Rostbeseitigung/neuer Unterbodenschutz/neue Lackierung (2000-3000 Euro).

Damit wäre man bei 6000 bis 10.000 Euro für ein vollwertig instandgesetzten Wagen, den man ohne weiteres nochmal 10 Jahre/200.000 km fahren könnte. Jedenfalls fahren in meiner Gegend ohnehin schon Viele ihren alten Gebrauchten solange wie es geht. Weil er den meisten Leuten für den Weg zur Arbeit ausreicht, oder weil man zufrieden mit der Aussattung und den Fahrleistungen ist.

Also warum nicht einfach diesen Wagen komplett Aufarbeiten lassen, anstatt ihn für 500 Euro zum Verwerter zu bringen? Ab Bj. 2000 haben die Autos doch ohnehin schon eine ordentliche Ausstattung und (relativ) modernes Design. Ich denke dass es dafür garantiert eine Zielgruppe geben würde, die mit einem (gepflegten) Modell noch viele weitere Jahre zufrieden wären, und damit gleichzeit auch einfache und robste Technik für wenig Geld bekommen. Daher frage ich mich, warum das keiner als Geschäftmodell umsetzt... Oder wäre das Ganze evtl. doch viel teurer als man denkt, so dass es sich tatsächlich nicht mehr lohnt? Wie seht ihr das?

Beste Antwort im Thema

Also bei mir in der Firma ist es so, das wir grade im Youngtimerbereich einige Kunden haben, die einmal im Jahr bei der Inspektion "baugruppenweise" in Stand setzen lassen, sprich, es wird einmal die Hinterachse gemacht, einmal die Vorderachse, einmal Karosseriearbeit, einmal Innenausstattung, usw. usf.

Bei diesem Vorgehen hat man ein Auto, welches einen gewissen durchschnittlichen Zustand immer behält.

Wir haben Kunden, die fahren "ihr Auto" seit Jahrzehnten und schon über eine halbe Millionen KM und die Fahrzeuge sind eigentlich nie schlechter geworden.

In der Luftfahrt ist dieses Vorgehen normal, denn einen PKW der z.B. eine Lebensdauer von 300.000km hat, den kann man dann von 200.000 noch 100.000km durchschaukeln, aber ein halbkaputtes Flugzeug mag niemand fliegen...

PKWs hingegen sind Endverbraucherwegwerfprodukte, bei denen lebt die Industrie von Neuverkauf und die meisten Kunden sind darauf getrimmt, immer das neuste haben zu wollen.

Mein eigener 124er Mercedes steht jedenfalls jeden Tag vor der Haustüre, ich bin damit jetzt 266.000km gefahren, in über 11 Jahren auf insgesamt 441.000km und ich habe nicht das Gefühl, das ich in der nächsten Zeit ein neues Auto brauchen werde, der Wagen fährt ordentlich "gepflegt" tadellos, incl. sämtlicher Extras von Klima über Fensterheber, Schiebedach, Tempomat, Navi, Sitz und Standheizung, Lederausstattung Anhängerkupplung Niveauregulierung bis zur Differentialsperre und auch alle Kleinigkeiten funktionieren.

Wichtig ist, dass man daran regelmäßig, also 1x im Jahr oder alle 20.000km die Inspektion macht und in dem Rahmen wird an einem Fahrzeug eigentlich alles durchgeprüft und verschlissene Bauteile werden erneuert.

Wenn man z.B. den Keilrippenriemen wechselt, dann dreht man Spannrolle, Umlenkrolle, Lichtmaschine, Servopumpe, Wasserpumpe, Klimakompressor einmal im Kreis und prüft die Teile auf Verschleiß, zeigt sich irgendwo Spiel oder Lagergeräusche kommen die Teile einfach neu bevor sie auseinander fallen und schon ist die "Baustelle" für die nächsten 100.000km wieder gut. So instandgesetzt kann man ein Auto im Prinzip ewig fahren.

Unsere Oldtimerkunden haben auf ihren Autos teilweise ne 3/4el Millionen KM und mehr und fahren damit Pannenfrei quer durch Europa und kommen damit auch immer an.

Hauptproblem ist die Werbung im Kopf und die Fahrzeugwerte. Die Werbung impft den Leuten ein, sie bräuchten immer das neuste, und dann wird vom Privatmann immer "Instandsetzung / Inspektion" gegen "Fahrzeugwert" gerechnet. Die Rechnung ist betriebswirtschaftlich falsch. Eigentlich muss man den Instandhaltungsaufwand gegen den Aufwand der Ersatzanschaffung (z.B. statt 1500€ für eine größere Instandsetzung aus zu geben kauft man sich für 30.000€ einen jungen Gebrauchtwagen in der Klasse) rechnen, und dann die Mehrausgaben auf den Mehrwert umlegen.

Dann weis man, was man für z.B. eine Distronic, ein neues Design und ein leiseres Autobahnfahrverhalten bezahlt. Steht die Kiste dann nur draußen unterm Baum, man fährt kaum Autobahn und man hört eh nur WDR4 und benutzt die ganzen Infotainment Sachen nicht, stellt man fest das man für z.B. 20.000€ etwas kauft, was man gar nicht braucht und mit der richtigen Werkstatt im Hintergrund fahren dann auch normale Gebrauchtwagenfahrer ein Auto jahrzehnte lang !

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Och, mein Vater hat 1999 einen Mercedes W210 gekauft und der war Müll. Bei Mercedes hat man ihm gesagt "erstserie gekauft, selber Schuld", darauf hin kaufte er ein paar Jahre Ärgern später einen der letzten, "ausgereiften" und die Kiste viel im Alter von 5 Jahren sprichwörtlich auseinander, ab 94.000km wurde der zum Werkstattdauerläufer. Dann wollte er einen W220 kaufen, da hat man ihm gesagt, das wird nicht besser und dann einen W126 gekauft (von 1986) und der läuft mitlerweile seit 2005, also bereits im 10. Jahr ohne Probleme.

Wir haben alleine diesen Winter 3x W211 weiterverkauft, weil die Leute sich wieder 124er Kombis gekauft haben.

Durch die Feinstaubplakette ist auch viel kaputtgemacht worden, weil die Steuer für alte Autos so hoch war.

Dann Leasing: da denken viele, warum soll ich mir die Reparaturen antun, wenn ich ständig ein neues Auto für feste 300 Euro haben kann. Wenn sie dann konfiguriert haben, zahlen sie 500, aber dann ist das "haben wollen-Gefühl" schon stärker als die Vernunft.

am 26. Juni 2015 um 8:23

Man muss sich Samstag doch nur mal 20min Zeit nehmen und mal schauen mit welchen Fahrzeugen die jungen Fahranfänger vorfahren. Dort geht es nicht darum ob das Auto 8 Jahre finanziert ist, mit einer immernoch ziemlich hohen Abschlussrate und dazu nur noch Haftpflicht versichert. Viel mehr zählt doch, das die jungen unerfahrenen Damen danach schauen.

Ich war froh ein älteres Fahrzeug zu haben und daran die ersten Erfahrungen sammeln konnte, weil man selber den Schraubenschlüssel angesetzt hat.

Ein Auto ist für viele ein Statussymbol, deshalb kommt eine komplett Überholung von einen alten Auto niemals in Frage.

Das Neuaufbauen von PKW war in der DDR übliche Praxis, weil es nicht genug Neufahrzeuge gab. Seinerzeit wurde es immer beklagt, weil der Aufwand (z.B. Arbeitsstunden) für die handwerkliche Wiederherstellung größer war als bei der Neuproduktion, und die erhöhte Ersatzteilproduktion nachteilig für die Produktion von Neufahrzeugen war. Auf der anderen Seite ist diese Vorgehensweise vielleicht ressourcenschonender und sichert lokale Arbeitsplätze (diese Betrachtungen hat man damals allerdings nicht angestellt).

Wie bereits erwähnt, kommt man heute mit guter Pflege und regelmäßiger Wartung aus, um ein Fahrzeug bis zum Oldtimeralter ohne Neuaufbau zu betreiben.

Grüße

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