Geltungsbereich eines Streckengebotes
Schönen guten Tag!
In meiner unmittelbaren Nähe gibt es seit einiger Zeit eine Beschilderung, die bei mir für allgemeine Ratlosigkeit sorgt. Es geht um eine Kurve, vor der ein 30er-Schild steht. Über dem Schild ist das Vorsichtzeichen für die Kurve, aber unter dem 30er-Schild ist kein Zusatzzeichen, dass das Tempolimit nur für diese nachfolgende Kurve gilt.
Ich habe das mal gefilmt und kommentiert:
https://my.hidrive.com/share/3y6c8ez5db
Meine Frage: An welcher Stelle darf man wieder auf 50 km/h beschleunigen? Es gilt ja der Grundsatz, dass Streckengebote so lange gelten, bis sie aufgehoben werden...
Die zuständige Behörde wird sich ja etwas dabei gedacht haben und es gibt genaue Pläne, wie und wo Verkehrszeichen aufgestellt werden, so dass ich eigentlich nicht davon ausgehe, dass dort etwas falsch gemacht oder vergessen wurde. Oder doch?
Matthias
43 Antworten
Trotzdem kann ein aufmerksamer aberortsunkundiger Fahrer auch mit größter Umsicht nichts von dem Limit wissen, wenn er hinter dem Schild in die Straße einbiegt.
Und wenn ich so überlege, mir fällt auch keine Kreuzung oder Einmündung ein, wo das geltende Tempolimit nicht erneut angezeigt wird. Wird es aber sicher geben.
Zitat:
@nogel schrieb am 10. Juli 2022 um 12:03:53 Uhr:
Genau. @VIN20050 hat recht.Streckenverbote mit Gefahrzeichen enden dort, wo die Gefahr erkennbar vorbei ist.
Und nein, Einmündungen heben Streckenverbote nicht auf, auch wenn das unlogisch ist. In allen gängigen Kommentaren zur StVO so genannt.
Es gibt Gerichtsurteile, da wollte ein "Sünder" nicht bezahlen mit der Begründung, er sei von der Seitenstraße her eingebogen. Da er aber dort wohnt, hieß es: "ortskundig" --> bezahlen!
Aber wie ist dann zu erklären das beim Zusatzschild mit der Schneeflocke z.B. eine Geschwindigkeitsbeschränkung ganzjaährig gilt ? Hier wird ja auch keine Entscheidungsspielraum, daß die Gefahr nicht (mehr) existiert zugestanden ?
Zitat:
@fehlzündung schrieb am 10. Juli 2022 um 12:46:10 Uhr:
Trotzdem kann ein aufmerksamer aberortsunkundiger Fahrer auch mit größter Umsicht nichts von dem Limit wissen, wenn er hinter dem Schild in die Straße einbiegt. …
Das wird das Gericht dann auch entsprechend würdigen.
Zitat:
@StrichAchtundSo schrieb am 10. Juli 2022 um 13:16:06 Uhr:
Aber wie ist dann zu erklären das beim Zusatzschild mit der Schneeflocke z.B. eine Geschwindigkeitsbeschränkung ganzjaährig gilt ? Hier wird ja auch keine Entscheidungsspielraum, daß die Gefahr nicht (mehr) existiert zugestanden ?
Das Zusatzschild Schneeflocke ist kein Gefahrenzeichen, in dessen Zusammenhang eine Geschwindigkeitsbeschränkung nach Wegfall der Gefahr endet. Sondern es ist ein erläuterndes Zeichen, verkehrsrechtlich nur als Erklärung zu verstehen und nicht als Einschränkung, wie es beispielsweise beim Zusatzschild "bei Nässe" der Fall wäre.
OLG Hamm, Beschluss vom 04.09.2014 - 1 RBs 125/14
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Hm, es werden zwar unterschiedliche Wörter verwendet, aber im praktischen Sprachgebrauch ist eine Schneeflocke als Erläuterung für die mögliche Gefahr oder ein Kurvensymbol als Gefahrensymbol in meinen Augen gleichwertig.
Oder anders gefragt: was ist die Sinnhaftigkeit oder Hintergrund wegen Schnee ganzjährig auch ohne erkennbare bzw. eindeutig auschzuschlissende Schneegefahr eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu haben, bei der Kurve aber nur im Bereich der Kurve
Der Zusatz "bei Nässe" ist jedoch klar.
Zitat:
@StrichAchtundSo schrieb am 10. Juli 2022 um 14:00:32 Uhr:
Oder anders gefragt: was ist die Sinnhaftigkeit wegen Schnee ganzjährig auch ohne erkennbare bzw. eindeutig auschzuschlissende Schneegefahr eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu haben, bei der Kurve aber nur im Bereich der Kurve
Diese Frage darfst du bei vielen Dingen nicht stellen. 🙂
Aus einem Urteil des OLG Hamm (3Ss OWi 292/98):
"Zutreffend macht der Betroffene geltend, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h, die zugleich mit dem Gefahrenzeichen Nr. 103 angeordnet war, nach dem Ende der scharfen Rechtskurve aufgehoben war. Die gegenteilige Auffassung des Amtsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft. Das Amtsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass das Ende einer Verbotsstrecke nach § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO dann nicht gekennzeichnet werden muss, wenn das Streckenverbotszeichen zusammen mit einem Gefahrenzeichen angebracht ist und sich aus der Örtlichkeit zweifelsfrei ergibt, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht oder wenn - was vorliegend nicht einschlägig ist das Verbot nur eine kurze Strecke gilt und auf einem Zusatzschild die Länge der Verbotsstrecke angegeben ist. Da das Gefahrenzeichen vorliegend eine Kurve betraf, ist eindeutig, dass die angezeigte Gefahr mit dem Ende der Kurve beseitigt war und somit die Voraussetzungen, dass das Ende eines Streckenverbots nach § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO nicht besonders angezeigt zu werden braucht, vorlagen (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Aufl., § 41 StVO, Randziffer 248, S. 741; OLG Hamm, NJW 1974/759). Die angezeigte Gefahr betraf die Kurve, nicht aber eine im weiteren Straßenverlauf befindliche seitliche Wohnbebauung, deren Grundstückszufahrten in die Straße einmünden."
Ich hab schon ab und zu diese Schilder mit einem zweiten Zusatzschild "2 Kurven" gesehen. Einfache Klarstellung, dass nach Ende der ersten Kurve das Verbot nicht aufgehoben wird, sondern erst nach der zweiten Kurve.
Zitat:
@StrichAchtundSo schrieb am 10. Juli 2022 um 14:00:32 Uhr:
… Oder anders gefragt: was ist die Sinnhaftigkeit oder Hintergrund wegen Schnee ganzjährig auch ohne erkennbare bzw. eindeutig auschzuschlissende Schneegefahr eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu haben, bei der Kurve aber nur im Bereich der Kurve …
Es kann je nach Gegebenheit (Höhenlage, Wind, Talkessel etc.) auch im Juli Bodenfrost geben, auch wenn es 5 Minuten entfernt 20 °C hat. Da viele diese Gefahren nicht kennen (so auch du, sonst hättest du nicht danach gefragt), bringt man ein Zusatzzeichen an. Das sagt übrigens nicht "Schnee" aus, sondern "Straßenglätte, unerwartete Glatteisbildung".
Zitat:
Hm, es werden zwar unterschiedliche Wörter verwendet, aber im praktischen Sprachgebrauch ist eine Schneeflocke als Erläuterung für die mögliche Gefahr oder ein Kurvensymbol als Gefahrensymbol in meinen Augen gleichwertig.
Das OLG Hamm urteilt hin und wieder nach der Devise "weil nicht sein kann, was nicht sein darf". Auch wenn ich das "Schneeflocken-Urteil" für zumindest fragwürdig halte, muss man in dieser Sache wissen, dass der fragliche Zeitpunkt im Januar lag - nicht im Sommer. Zudem wurde das Zeichen durch einem Prismenwender (Wechselverkehrszeichen) gezeigt, also schon situationsabhängig.
Ein besseres Beispiel als die Schneeflocke ist übrigens das Zusatzzeichen "Baustellenausfahrt". Die Behörden nutzen dieses Zusatzzeichen gern so, wie es vom Verkehrsteilnehmer fehlinterpretiert wird: Nach der Ausfahrt ist das damit verknüpfte Tempolimit aufgehoben. Ist es aber nicht (gemäß OLG Hamm).
BTT: Das zweifelsfreie Ende der Gefahrstelle ist hier m.E. am Querschnitt mit den Gefahrzeichen 136 "Kinder".
Der Punkt ist eigendlich das am Ende Menschen entscheiden was richtig gewesen wäre, die alle verfügbaren Lektüren und quasi beliebig Zeit zur Hand haben, während der Fahrer einen KFZ`s in kurzer Zeit nur einen Bruchteil dieser Informationen, die wohl noch aus der Fahrschulzeit stammt plus gelegendlicher Updates abrufen kann.
Eigendlich müste es für solch unklaren Zustände (ok was ist unklar? Mehr als 1 Ver-/Gebotsschild am Mast oder auf 10m ? >50% der TED Befragten hätten es auch nicht richtig gewust) ) , so etwas geben wie im Fußball, also eine Tatsachenentscheidung , ist nichts passiert, war das Verhalten Ok, ist was passiert oder jemanden tatsächlich gefährdet dann hat man sich wohl falsch verhalten.
Aber das wäre noch schwieriger umzusetzen.
Im Zweifelsfall fährt man halt weiter 30, da bricht man sich weder einen Zacken aus der Krone noch kommt man dadurch erst Monate später irgendwo an. So what?
Zitat:
@Pianist28 schrieb am 10. Juli 2022 um 12:16:04 Uhr:
Ich ging bisher davon aus, dass Streckengebote ausschließlich durch ein darunterstehendes Zusatzzeichen näher definiert werden, und nicht durch ein darüberstehendes Gefahrenzeichen.
Das ist der Knackpunkt an dieser Stelle. Das Kurvenzeichen ist nicht als Zusatzzeichen zur Geschwindigkeitsbegrenzung zu lesen (weil es drüber und nicht drunter steht), sondern beide Schilder sind unabhängig voneinander zu betrachten und damit bleiben die 30 km/h auch nach der Kurve gültig.
Ob das so dort gedacht und gewollt war, das darf man durchaus anzweifeln.
Zitat:
@Tom9973 schrieb am 11. Juli 2022 um 11:07:13 Uhr:
Das ist der Knackpunkt an dieser Stelle. Das Kurvenzeichen ist nicht als Zusatzzeichen zur Geschwindigkeitsbegrenzung zu lesen (weil es drüber und nicht drunter steht), sondern beide Schilder sind unabhängig voneinander zu betrachten und damit bleiben die 30 km/h auch nach der Kurve gültig.
Das Gegenteil ist der Fall, die Gerichtsentscheide dazu wurden doch schon aufgezählt.