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Euro 5 ohne Abgasnachbehandlung: Die neuen DC13-Motoren

Themenstarteram 6. Oktober 2007 um 12:44

Am 05.09.2007 hat Scania - noch vor dem von mir erwarteten Zeitpunkt - die neue Motorengeneration DC13 vorgestellt. Zwar wurden auch die aufgewerteten 5-Zylinder-Motoren vorgestellt, welche die Euro-5-Norm ohne Additive erfüllen, aber die Veränderungen sind längst nicht so gravierend, als dass ich in diesem Bericht nur auf die neuen 13-Liter-Motoren eingehe.

Schon zur Einführung von Euro 4 hat Scania - entgegen fast aller Mitbewerber - erklärt, die Euro-4- und die Euro-5-Norm über innermotorische Maßnahmen und nicht durch eine Nachbehandlung der Abgase erreichen zu wollen. Oft wurde dieses Unterfangen von den Wettbewerbern und auch der Presse belächelt. Eine solche Zielstellung kam von Scania nicht von ungefähr. Wäre man nicht entsprechend gerüstet gewesen, wäre eine solche Alleinstellung erst gar nicht erst passiert.

Hier nutzte Scania wieder das Baukastensystem, welches durch mutige Entscheidung der Führungsriege Ende der 1940er Jahre einzuführen begonnen wurde. Das erste wirkliche Produkt aus diesem Strategiewechsel wurde im April 1980 mit der sog. GPRT-Serie, dem ersten Fahrzeug, welches komplett nach dem Baukastensystem entwickelt wurde, vorgestellt. Allerdings gelangt man schnell an Grenzen, wenn man jede Komponente kontinuierlich weiter entwickelt. Insoweit reichten die Zulieferungen nicht mehr aus und man begann wesentliche Elemente selbst zu entwickeln. Hierzu arbeitete man durchaus auch mit anderen Firmen, meist in Form von Joint-Ventures, zusammen. Die Fruchtbarkeit dieser Verbindungen kann man ganz besonders in der neuen Motoren-Familie erkennen.

Der Motor bekam eine neue Architektur. Allerdings sind die traditionellen Merkmale geblieben. So haben die neuen Motoren wieder separate Zylinderköpfe, eine hoch im Zylinderblock angeordnete Nockenwelle und hinte am Motor angeordnete Steuerräder sowei den bewährten Zyklon-Ölfilter. Schon bei den in 1949 vorgestellten Motoren, welche aus einer Kooperation mit Leyland Motors Ltd. Hervorgegangen sind, konnten die Ingenieure aus Södertälje sich unter Beweis stellen. Immerhin brillierte der auf das Gleichteilesystem entwickelte Motor durch überragende Sparsamkeit und Zuverlässigkeit. Zum ersten Mal waren die Motoren auch mit einer Direkteinspritzung ausgestattet. Genau die Direkteinspritzung, bzw. das System hierzu, stellt ein wesentlicher Baustein für das innermotorische Erreichen der strengen Abgasnormen dar. Schon seit den 1990er Jahren besteht ein Joint-Venture mit Cummins, da das Angebot anderer Zulieferer nicht so leistungsfähig war, wie Scania das erwarteten. Als gemeinsames Produkt ging aus dieser Zusammenarbeit die HPI (High Pressure Injectors) hervor. Schon diese waren extrem leistungsfähig. Nun bedurfte es aber einer umfassenderen Steuerung des Einspritzprozesses, wofür diese Einheiten nicht vorgesehen waren. Deshalb hat man die HPI weiterentwickelt und als aktuelles Produkt resultierte XPI (eXtra-High-Presure Injectors). Diese bestechen weniger durch den hohen Druck - das konnten schon die HPI – sondern vielmehr durch die Möglichkeit der Mehrfacheinspritzung und der variablen Steuerung des Einspritzdrucks. Um das zu erreichen wurden der Nockenwelle die Nocken für die Kraftstoffeinspritzung geraubt. Nunmehr wird das vollektronisch gesteuert. Hierzu gibt es auch keine Stößel, Stößelstangen oder Kipphebel.

Schon sehr früh war den Entwicklern von Scania klar, dass nur mit einem eigenen Motor-Management-System die Anforderungen erfüllt werden können. Für die neuen Motoren konnte man auf das selbst entwickelte System setzen und für den neuen Bedarf weiter entwickeln. Nunmehr gehören neben vielen anderen, die Kraftstoffeinspritzung, die zweistufige Abgasrückführung, die Ladeluftkühlung, der Kühllüfter, die Arbeitstemperatur des Motors, der Turbolader mit variabler Geometrie, die Abgasbremse, die Emissionsüberwachung, die Abgasnachbehandlung und der Motorölfüllstand zu den kontrollierten Funktionen. Auch wurden Funktionen für wegweisende Borddiagnosefunktionen integriert, die im Laufe der Zeit weiter entwickelt werden und mit deren Hilfe Betriebsdaten für weitere Auswertungen und Analyse registriert werden. Auf diese Auswertungen wird auch mit den Flottenmanagementsystemen zugegriffen werden können.

Die Motor-Architektur wurde komplett neu entwickelt. Die Bohrung und der Hub der Zylinderköpfe wurden vergrößert. Der Zylinderblock und andere strukturelle Komponenten wurden neu entwickelt. Nunmehr sind sie belastbarer, allerdings ohen auf spezielle Stahlsorten zurückgreifen zu müssen. In die Ölwanne wurde ein Leiterrahmen kontruiert. Dieser wirkt Geräuch- und Schwingungsbildung entgegen.

Abgase werden bei der Rückführung nunmehr zweistufig gekühlt. Als erste Stufe dient einwassergekühlter EGR-Kühler am Zylinderblock und als zweite Stufe fungiert ein luftgekühlter EGR-Kühler oben am Ladeluftkühler. Durch die Einleitung gekühlter Abgase und ihre Mischung mit der Einlassluft wird der Sauerstoffgehalt gesenkt und damit auch die Verbrennungstemperatur. Im Ergebnis entstehen so bereits bei der Verbrennung weniger Stickoxide (NOx).

Als Novum gelangt nun auch ein Turbolader mit variabler Geometrie zum Einsatz. Bisweilen war man bei der Auswahl der Turbolader eher wenig progressiv, einmal abgesehen vom Turbocompound, mit dem man schon früh experimentierte und in Serie verbaute. Man hat in Sachen Zuverlässigkeit zu keiner Zeit Einbußen erleiden wollen. Schon allein deshalb erwarte ich auch beim Einsatz des VGT keine Abstriche. Die Steuerung erfolgt durch einen verschiebbaren Düsenring, der wiedrum durch einen elekrischen Aktuator geregelt wird. Auf diese Weise lassen sich sowohl die Ladeluftversrogung des Motors als auch die Menge der über EGR hantierten Gase präzise steuern. Ein wesentlicher Vorteil des VGT liegt darin, dass die Menge der Einlassluft sich im gesamten Drehzahlbereich des Motors optimieren lässt. Auf diese Weise trägt ein Turbolader mit variabler Geometrie zu verbesserter Elastizität des Motors und zu einem höheren Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen bei. Zukünftig wird das System sogar eingesetzt werden, um das Schalten mithilfe von Scania Opticruise zu beschleunigen, da die Turbinendrehzahl während des Schaltvorganges selber aufrechterhalten wird.

Eine weitere wesentliche Grundtugend der Scania Motoren wird auch weiterhin bleiben: Hohes Drehmoment bei niedriger Drehzahl. Wie gewohnt, wird die hohe Anfahrleistung bei niedrigen Drehzahlen sich in Form einer besseren Fahrbarkeit bemerkbar machen. Somit wird auch eine wesentliche Möglichkeit Sparsamkeit zur Tugend zu machen, eröffnet. Konstruktiv kann durch die Wahl einer schnelleren Hinterachübersetzung Kraftstoff eingespart werden.

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81 Antworten
Themenstarteram 12. Oktober 2007 um 20:10

MAN-TGX, ich weiß, Du kämpfst um die Ehre von MAN. Da hast Du meinen vollen Respekt.

Die vorgestellten Euro 5- und EEV-Motoren benötigen einen hochgradig wirkenden Partikelfilter, um die Normen zu erfüllen. Es wird also ein hoher Anteil von unverbranntem Kraftstoff in den Partikelfilter geblasen.

Scania braucht einen Partikelfilter mit geringer Abscheiderate, um EEV zu erfüllen. Für Euro 5 wird überhaupt keiner gebraucht.

Gerade bei Busmotoren spielt die Kraft aus dem Drehzahlkeller eine hervorragende Rolle. Bei den hubraumschwachen Motoren von MAN erscheint mir das wenig praxisnah.

Scania hat jüngst einen Abschluss über 500 (!!) Citybusse für Singapur gemacht. Das dürfte einer der größten Verkäufe für Busse von Scania überhaupt sein. Derzeit hat der größte Kunde 1.500 Busse von Scania im Fuhrpark. Mal sehen, wieviel von den 2.700 Bussen, die Singapur jetzt austauscht, später das Scania-Emblem tragen werden. Mit etwas Geduld wird die Zeit uns die Antwort dazu geben.

Bei der PDF ist ein bisschen Vorsicht geboten - sie stammt vom 13.09.2006, ist also über ein Jahr alt und hat daher bzgl. der Euro-5-Varianten von D20 und D26 in meinen Augen mehr Absichtserklärungs- als Ankündigungscharakter :-(

In einem Jahr wissen wir mehr, ich bin zuversichtlich dass es dann einen D26 für Reisebusse und LKW mit 480 PS (oder zumindest 450 PS, wie vor Kurzem angekündigt) und Euro 5 ohne SCR und Verbrauchsnachteil geben wird - nur halt ein Jahr später als bei Scania...

Zum Hubraum: Ein D26 hat ja nicht wirklich entscheidend weniger Hubraum als ein DC13. Im Stadtbusbereich nimmt man bei MAN dann halt einen D20, 10,5 Liter sind da glaube ich sicherlich genug. Kraft aus dem Drehzahlkeller haben die D20/D26 (in ihrer Hubraumklasse gesehen) doch eigentlich durchaus, oder straft mich da die Praxiserfahrung Lügen?

RichIE

Themenstarteram 12. Oktober 2007 um 21:31

Wenn die D20 wirklich in Stadtbusse eingebaut werden, dann hätte der ja durchaus angemessen Hubraum. Vorgesehen sind da ja eher die D08-Motoren oder liege ich da falsch?

Zitat:

Original geschrieben von ScaniaChris

Wenn die D20 wirklich in Stadtbusse eingebaut werden, dann hätte der ja durchaus angemessen Hubraum. Vorgesehen sind da ja eher die D08-Motoren oder liege ich da falsch?

Da liegst Du wirklich falsch. Weder der MAN D08 noch der MB OM906 haben  im Stadtbus große Verbreitung gefunden. Bisher waren da die 12l-Motoren wie MAN D28 und MB OM 457 der Standard. Für das ständiges Anfahren brauchts Drehmoment.

Dann ist das noch eine Frage der Getriebewahl. Während die Schaltstrategie eines Automatikgetriebeherstellers aus Friedrichshafen bei hubraumschwachen Motoren immer das Gefühl aufkommen lässt, dass man besser aussteigt und schiebt, geht das bei dem Heidenheimer Getriebe schon etas flotter.

Aber rate mal, welches Getriebe überwiegend bestellt wird...

Themenstarteram 12. Oktober 2007 um 22:49

Das meinte ich doch: Für's Anfahren brauchts Drehmoment und das haben die kleinen Motoren einfach nicht. Wie das die Kunden so bestellen, hab' ich überhaupt keine Ahnung, schon gar nicht bei MAN. Da will ich auch keinem etwas vormachen. Dennoch interessiert es mich.

Hatte schon vermutet, dass das Friedrichshafener Getriebe nicht so der Brüller ist. Das Heidenheimer hat ja nicht nur eine andere Schaltstrategie, sondern so seine eigene Lösung, was den unteren Fahrbereich angelangt. Was mich da immer schon interessiert hat: Kann sich dieses Getriebe von der Haltbarkeit und Zuverlässigkeit, als auch der Wartung mit Getrieben messen, die im Gütertransport eingesetzt werden?

Ja, DIWA ist schon eine schöne Sache. Die Lebensdauer der Stadtbusgetriebe ist nicht so berauschend. Im reinen Stadtverkehr würde ich mal eine Lebensdauer von ca. 300.000km nennen. Im Überlandverkehr hält es etwas länger, da gibt es halt auch weniger Schaltvorgänge.

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