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AdBlue - Die Lösung aller Probleme??

Themenstarteram 6. September 2017 um 15:30

Guten Abend,

jetzt lese ich zum Thema Diesel-Verschmutzung und Stickoxide gerade folgendes: "Mit dem Zusatzprodukt AdBlue kann allerdings eine Reduktion dieser Stickoxide um bis zu 90% erreicht werden." (aus dieser Quelle)

Wenn dieses tolle AdBlue solche Wunder verbringen soll, warum wird das dann nicht als Lösung aller Probleme hinzugezogen? Kennt sich hier jemand aus?

Grüßle,

Maddin

Beste Antwort im Thema

Das ist ziemlich einfach.

AdBlue müsste mit etwa 5% vom Dieselverbrauch eingesetzt werden für eine solche NOx-Reduktion unter 90% der Bedingungen.

Das heißt: auf 100 Liter Diesel 5 Liter AdBlue. Ein Tank von etwa 12-24 Liter AdBlue reicht dann ca. 240 Liter bis 480 Liter Diesel (ungefähr 3.000 km bis 12.000 km, sehr stark vom Verbrauch abhängig). Diese Menge Diesel hat der in ca. 5x bis 8x tanken drin. Dann müssten auch wieder 12-24 Liter AdBlue rein. Und das heißt: der Kunde muss das AdBlue selbst nachfüllen. Dafür müsste der nen AdBlue-Einfüllstutzen außen haben und an der Tankstelle sollte eine Pkw-Zapfsäule für AdBlue sein. Dann wäre es einfach für ihn.

Viel mehr als 24 Liter AdBlue kann man nicht wirklich sinnvoll in einen Pkw machen, weil das ein Riesentank wäre, für den kein Platz da ist und der auch wieder Gewicht bringt. Nur einige große, dicke SUV haben heute mehr.

Bisher war die Strategie noch: der Kunde soll nicht nachfüllen müssen, sondern das wird mit den Inspektionsintervallen von der Werkstatt gemacht. So hat der das Geschwäpper nicht und sieht das AdBlue (eine Harnstoff-Lösung, dadurch mit nicht gerade tollem Image) nicht. Aber damit so ein 12-24 Liter Tank dann 20.000 bis 30.000 km hält (das wird ja beim Diesel als Inspektionsinverall erwartet), musste das AdBlue viel, viel sparsamer dosiert werden. Also haben die EURO6-Diesel trotz AdBlue immer noch viel NOX emittiert. Dafür hatte man den Nachfüllstutzen nach innen gelegt, wo er für regelmäßiges Nachfüllen denkbar schlecht erreichbar ist.

Zwei Änderungen müssen also passieren:

* der Nachfüllstutzen muss nach außen und der Kunde muss nachfüllen (für alte Konstruktionen, wo der Tank nur von innen erreichbar ist, geht das schlecht) - dafür braucht er auch paar Hinweise zur Nachfüllmenge (Nachfüllen aus einem Beutel oder Kanister) oder aber die Säule schaltet mit nem Sensor selbst ab (wie beim Sprit)

* es braucht Pkw-(!)-AdBlue-Zapfsäulen an den Tankstellen, die bequem bedienbar sind => dann aber bekommt der Kunde die Mehrkosten für das AdBlue direkt mit. Und die Tankstellen sind mehrheitlich auch noch zögerlich, weil sie dann ggf. eine Sorte Premium-Suppe rausnehmen müssten. Lkw-AdBlue-Säulen gehen schlecht, weil die eine viel zu hohe Durchflussrate haben.

* oder der Kunde lernt routiniert, das AdBlue nach innen nachzufüllen. Das ist aber einiger Aufwand - je nach Auto. Und manche der ersten Autos hatten nur einen AdBlue-Tank von 6 oder 8 Litern. Wer da bei jedem zweiten Tanken zum Nachfüllen ranmuss (irgendwo in der Kofferraummulde), flucht auch.

Ach so: alle Probleme ist man damit noch nicht los, denn man hat a) nur NOx angegangen und b) auch neue Probleme.

Der Gefrierpunkt von AdBlue liegt bei -11,5 °C. Also braucht man ggf. eine elektrische Heizung, um das AdBlue im Winter warm zu machen, damit man es nutzen kann.

Wenn AdBlue unpassend dosiert eingesetzt wird, kommt das an sich erstmal erwünschte NH3 (Ammoniak) nicht nur im SCR-Kat zum Einsatz (wo es mit NOx zu N2 und H2O reagiert, also zu Stickstoff und Wasser), sondern es kommt als NH3 bis nach außen durch. Und dieser Ammoniak würde dann stark stechend riechen und ist giftig. Die Dosierung muss also wirklich passend sein.

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Ad Blue ist die Lösung gegen Stickoxide (wenn richtig dosiert), gegen die Verkokung der AGA, vor allem bei Kurzstreckenbetrieb, aber auch bei über längere Zeit sehr ökonomischer Fahrweise, ist Ad Blue jedoch ziemlich machtlos. Diese Problematik, die - zumindest zeitweise - die HC (Kohlenwasserstoff) - Emissionen von Dieselmotoren in die Höhe schnellen lässt, wurde bisher von der Presse noch nicht aufgegriffen, vermutlich noch nicht mal entdeckt.

Veto. Wenn du SCR hast, dann hast du die Wahl(!) deine AGR zurückzufahren und die NOx mittels höherer SCR Arbeit trotzdem zu reduzieren. Ohne SCR musst du sowohl Mehrfacheinsprizung wie AGR aktiv lassen um die NOxe zu minimieren.

Bei einer Gasturbine (hat weder SCR oder AGR) rechnet man im Reiseflug mit etwa 1wt% Stickoxide bezogen auf den Brennstoff-Massenstrom. Ein Beschissdiesel mit seinen 6l/100km und RDE Emissionen von 500-1000 mg/km (bzw. 50-100g/100km) hat etwa 5 Kilo Kraftstoffdurchsatz. Diese 50 bis 100g sind also bezogen auf 5 Kilo Durchsatz etwa 1-2 wt% Stickoxide. Verbrennungstechnisch ist das der selbe "Scheiss in Grün". Was beim Dieselmotor auf der Zeitachse passiert (Ansaugen, verdichten, verbrennen, expandieren) passiert beim Strahltriebwerk auf der Ortsachse. Der PKW hats schwerer, der hat viel mehr Lastwechsel.

Zitat:

@GaryK schrieb am 8. September 2017 um 13:45:17 Uhr:

Veto. Wenn du SCR hast, dann hast du die Wahl(!) deine AGR zurückzufahren und die NOx mittels höherer SCR Arbeit trotzdem zu reduzieren. Ohne SCR musst du sowohl Mehrfacheinsprizung wie AGR aktiv lassen um die NOxe zu minimieren.

Ganz zurückgefahren wird die AGR ja trotz SCR und LNT meines Wissens nie, außer im Volllastbereich natürlich. Abgesehen davon geht es eher um den Ruß, welcher (vor Filter) ja beim Dieselmotor immer entsteht. Der legt sich dann auf die Komponenten und deaktiviert diese, zumindest zeitweise. Wird die Freibrenntemperatur zu selten erreicht, hat man dann hohe HC - Emissionen. Um das etwas einzudämmen, bekam der Dieselmotor, eigentlich als qualitätsgeregeltes Aggregat auch ohne lauffähig, ab ca. der Abgasnorm Euro 4 ebenfalls eine Lambdasonde.

Zitat:

@CrankshaftRotator schrieb am 8. September 2017 um 20:01:04 Uhr:

Zitat:

@GaryK schrieb am 8. September 2017 um 13:45:17 Uhr:

Veto. Wenn du SCR hast, dann hast du die Wahl(!) deine AGR zurückzufahren und die NOx mittels höherer SCR Arbeit trotzdem zu reduzieren. Ohne SCR musst du sowohl Mehrfacheinsprizung wie AGR aktiv lassen um die NOxe zu minimieren.

Ganz zurückgefahren wird die AGR ja trotz SCR und LNT meines Wissens nie, außer im Volllastbereich natürlich.

Beim LKW funktioniert das - es gibt sogar Motoren ohne äußere Abgasrückführung (sehr hoher AdBlue Verbrauch)

Der Auslegungsbereich zwischen wenig AGR (und viel AdBlue) und viel AGR (und wenig AdBlue) ermöglicht verschiedene Strategien.

Ist dann vermutlich schlicht eine Sache der Tankgröße, da kann man sich einen hohen Harnstoffverbrauch gut leisten. Und es hält den Motor sauber, weil die Schlonze aus der Abgasanlage dem Frischluftbereich fern bleibt. Das oben erwähnte Problem haben Lkw - Motoren übrigens sowieso nicht, weil sie kaum in Verlegenheit geraten, im Niederlastbereich zu laufen. Kurzstrecken sind auch selten.

am 10. September 2017 um 9:54

Zitat:

@MartinWessel schrieb am 6. September 2017 um 17:30:04 Uhr:

Guten Abend,

jetzt lese ich zum Thema Diesel-Verschmutzung und Stickoxide gerade folgendes: "Mit dem Zusatzprodukt AdBlue kann allerdings eine Reduktion dieser Stickoxide um bis zu 90% erreicht werden." (aus dieser Quelle)

Wenn dieses tolle AdBlue solche Wunder verbringen soll, warum wird das dann nicht als Lösung aller Probleme hinzugezogen? Kennt sich hier jemand aus?

Grüßle,

Maddin

AdBlue ist jetzt nicht wirklich so DIE neue Errungenschaft. Gemeinhin ist das schlichter Harnstoff mit einem anderen Namen und wird schon seit X Jahren zu Minderung der Stickoxyd Anteile bei der Schwerölverbrennung genutzt.

Es war eigentlich schon zur Einführung von Euro5 ausgemachte Sache, dass die sichere Einhaltung der Grenzwerte nur mit Ammoniak bzw. Harnstoff möglich ist.

Ein nachrüsten ist technisch an und für sich kein Problem, da der NOx Kat auch ohne Daten aus der Motorsteuerung funktionieren kann. Evtl. erreicht man dann nicht 97% sondern nur bis 95% Minderung da das System etwas träger beim Gaswechsel reagiert. Kostenpunkt für einen Passat bei VW Originalpreisen für den Katalysator ca. 1700Euro laut Fa. Baumot. Ob ich 40 oder 50 µg hinten raus schicke ist ja wohl ziemlich egal.

Und Platz für den AdBlue Tank gibts ja wohl in jeder Reserveradmulde zu genüge. Tankt man halt zwischen den Inspektionen einmal nach.

Das dass System ohne Daten der Motorsteuerung funktioniert wird natürlich von den PKW Herstellern bestritten. Ist ja klar, wenn das zu einfach wäre, müssten sie ja evtl. alle Euro5 Diesel nachrüsten.

Bei LKW Motoren funktioniert es tadellos, dank nicht häufig schwankende Lastbereiche. Das Problem lässt sich ganz einfach lösen: Subventionen für den PKW Diesel streichen. Lastkraftwagen besitzen doch schon immer eigene Tanksäulen, wodurch ein Umbau der Tankstellen nicht notwendig ist.

Zitat:

@RtTechnik schrieb am 10. September 2017 um 12:02:30 Uhr:

Lastkraftwagen besitzen doch schon immer eigene Tanksäulen, ...

An denen ich fast immer meinen Pkw betanke. Weil sich das Entlüftungsventil im Tankstutzen mit der großen Zapfpistole einfacher herunterdrücken läßt...

 

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