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1. Teil - von den Anfängen im Rennsport bis in die 1980er
Opel
Thu Nov 28 10:12:45 CET 2013 um Thu Nov 28 10:12:45 CET 2013 UhrOpel, Röhrl (8 weitere)

Opel, das war im Rallyesport immer der Kampf David gegen Goliath. Und wie bei der Legende vom Kleinen, der den Großen besiegt, ist auch der Ruf der Rüsselsheimer als Sportgroßmacht nicht kleinzukriegen. Der verchromte Blitz mag im Laufe der Jahrzehnte ein wenig stumpf geworden sein, aber neuerdings hantiert man in Rüsselsheim wieder mit Politur.

Ursprünglich als Nähmaschinenfabrik gegründet produzierte Opel ab 1886 erstmals Fahrräder, mit denen die Söhne des Firmengründers Adam Opel erfolgreich an Radrennen teilnahmen. Der gelernte Radrennfahrer Carl Jörns war ein Mitarbeiter der ersten Stunde bei Opel. Mit dem Bau der ersten Autos Ende des 19. Jahrhunderts fand er endgültig seinen Platz und wurde der erste Werksfahrer.

Vom Neuling zum Hoflieferanten

Opel Rennwagen 1903 Opel Rennwagen 1903

Asphaltierte Straßen gab es noch keine, gefahren wurde auf Schotterstrecken. Jörns wurde beim Kaiserpreis im Taunus im Jahr 1907 nach hartem Kampf mit Fiat-Fahrer Felice Nazzaro Dritter und sein Opel das bestplatzierte deutsche Fahrzeug. Fortan durfte sich das junge Unternehmen mit dem Titel "Hoflieferant" schmücken. Prinz Heinrich war ein großer Autonarr, während sein Bruder, Kaiser Wilhelm II., der Auffassung war, dieses Automobil sei nur eine temporäre Erscheinung. Die Zukunft gehöre dem Pferd.

Opel sah das anders und entwickelte fleißig weiter. So richtig in Schwung kam die Rallyegeschichte für Opel aber erst in den 60ern. Als längst jedes noch so schwächliche Automobil mehr Kraft und Geschwindigkeit entwickelte als das feurigste Ross, dröhnte in Schweden ein kleines Kompakt-Mobil durch die verschneiten Wälder. Der neue Opel Kadett war robust, hatte ein gutes Handling, und er war erschwinglich. Das zahlte sich bald auch auf den Schotterpisten des ganzen Kontinents aus. Lillebror Nasenius gewann mit diesem Opel Kadett A 1966 die Rallye-Europameisterschaft. Es war für die grobstollige Motorsportfraktion der höchste Titel, eine Weltmeisterschaft gab es erst seit 1973, und das auch nur für Hersteller.

Rallye Saison 1974: Berger und Röhrl Rallye Saison 1974: Berger und Röhrl 1972 stand ein völlig unbekannter Schlacks mit Seitenscheitel in den Zeitenlisten der stark besetzten Olympia-Rallye in Deutschland ganz oben. Die Rallyeleitung hielt das für einen Zeitnahmefehler, schließlich war die halbe Weltelite am Start. Die Zeit dieses Nobodys auf seinem für Rallyes angeblich völlig untauglichen Ford Capri wurde um eine Minute verlängert, nur spielte dieser Typ aus Bayern nicht mit. Im Fichtelgebirge briet er den Arrivierten dermaßen eins über, dass nun auch der letzte Reporter sich den Namen buchstabieren ließ.

Das erste Rallye-Team

Diesen Walter Röhrl, der zuvor Chauffeur beim Justitiar des bischöflichen Generalvikariats Regensburg war, war mit einem Schlag in aller Munde. Es waren wieder mal die Skandinavier, die das Potenzial des 1972 erschienenen Opel Ascona zu schätzen wussten, und weil der Ruf nach Sportgeräten aus Rüsselsheim immer lauter wurde, gründete das Unternehmen ein Jahr später das Opel Euro Dealer Team. Rallyesport war jetzt im Hessischen zumindest formal Chefsache. Ein richtiges Team hatte man allerdings nicht. Aber man hatte Günther Irmscher, der aus biederen Opel-Limousinen schon eine Weile fetzige Straßenflitzer machte. Er erkannte das Talent Röhrls und kaufte ihn aus dem Stand als Fahrer ein. Günther Irmscher (l.) Günther Irmscher (l.)

Irmscher baute einen Ascona A nach dem neuen Gruppe-2-Reglement für verbesserte Serienautos auf. Geplant war die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 1974, dummerweise war Ölkrise und drei Rallyes wurden abgesagt. Also wechselte das Irmscher-Team in die weniger betroffene Europameisterschaft. Da trat man gegen Lancias Superstar und Monte-Carlo-Sieger Sandro Munari an. Auf dem Papier waren die Chancen mit dem kleinen Ascona eher mickrig, auch wenn das schmächtige Grauguss-Motörchen mit seinen 155 PS einer potenteren Zweiliter-Querstrom-Version gewichen war. Die hatte zwar immerhin 170 PS, war damit aber immer noch unterlegen.

Wie schon bei der Olympia-Rallye kümmerte sich der kantige Röhrl einen feuchten Kehricht um Wettquoten und Papierform. Bei der tschechischen Moldau-Rallye prügelte er Munari mit 46 Bestzeiten auf 47 Prüfungen windelweich. Röhrl und der Ascona traten bei acht Rallyes an, am Ende hatten sie sechs gewonnen, und erstmals kam ein Europameister aus Deutschland. Röhrl war ein Visionär, der dem maßgeblich von wild driftenden Nordmännern geprägten Motorsport eine neue Schnörkellosigkeit aufzwang, die man zuvor nur auf der Rundstrecke kannte.

Olympia-Rallye 1972 Olympia-Rallye 1972

Fahren ohne Driften

Das konsequente Ideallinien-Fahren sorgte bei der Rallye Monte Carlo 1976 für den Auftritt, den Röhrl bis heute seine beste Leistung nennt. Opel hatte auf den neuen Kadett C umgestellt, der rund 200 PS leistete und immer noch ein modifiziertes Serienauto war, während Autos wie Porsche 911 oder Lancia Stratos nach dem viel freizügigeren Gruppe-4-Reglement für Gran-Turismo-Sportwagen aufgebaut waren. Röhrl war wieder einmal der David, nur dass dieses Mal gleich drei Goliaths gegen ihn antraten. Am Ende hatte die Opel-Truppe gegen die drei Lancia keine Chance, und trotzdem trieb Röhrl Superstars wie Darniche und Waldegaard vor sich her. Platz vier klingt auf den ersten Blick nicht besonders eindrucksvoll, aber alle, die hinter Röhrl ins Ziel kamen fragten sich, wie dieser sture Bayer diesen kleinen Opel so ausquetschen konnte.

Der Kadett erwies sich nicht als so robust wie der ältere Ascona. Opel musste gegen die immer schneller erstarkende Konkurrenz vor allem mit dem Motor an die Grenzen gehen, und das vertrug der Zweiliter-Vierzylinder nicht gut. Nach vielen Technikproblemen und reichlich Frust wechselte Röhrl 1977 zu Lancia. Was den Spitzensport betrifft, spielte Opel keine Rolle mehr, dafür aber umso mehr im Breitensport.

Einer für alle

Der C-Kadett wurde in der Gruppe 1 zum meistverwendeten Sportgerät. Nun eroberte der Kadett die Landesmeisterschaften, sammelte Klassensiege zu Hunderten und begründete die bis heute anhaltende Beliebtheit. Der Kadett, das war die einfache, ehrliche Haut, bezahlbar und mit seiner schnittigen Coupé-Karosse und dem Heckantrieb dennoch ein echter Sportsmann - der Porsche des Malochers.

Und das blieb auch so, als der Ascona B auf den Markt kam. In seiner seriennahen Variante hatte der neue Opel mit Jochi Kleint am Steuer 1979 ein weiteres Mal die Europameisterschaft nach Deutschland geholt, allerdings führte dieses Championat mittlerweile ein Schattendasein gegenüber der WM, zumal in letzterer nun auch eine Fahrer-Krone zu Rallye Kadett C 1979 Rallye Kadett C 1979 vergeben war.

Für derlei höhere Weihen gab es nun ein echtes Werksteam mit Röhrls Ex-Beifahrer Jochen Berger als Teamchef und dem genialen Karl-Heinz Goldstein als Technik-Guru. Der hatte den Ascona für die wilde Guppe 4 aufgepumpt, ein Leichtbau-Geschoss mit einem in der Serie nie erhältlichen 2,4-Liter-Motor mit 260 PS und dicke Backen. Die 400 nötigen Homologations-Autos wurden sofort zu gefragten Kultgegenständen. Kleint wurde 1981 mit dem Ascona 400 bei der Rallye Monte Carlo Dritter.

Die Konkurrenz wächst

Dennoch war Opel eigentlich zu spät dran. Audi debütierte in diesem Jahr mit dem Quattro. Allradantrieb war das Gebot der Stunde, und als die Ingolstädter in ihre erste volle Saison gingen, war gegen sie in der Marken-WM kein Kraut gewachsen.

Gegen die Überlegenheit der Vierradmonster gab es nur ein Mittel: Röhrl. Der hatte als frisch gebackener Weltmeister Ende 1980 bei Mercedes unterschrieben, nur um zusehen zu müssen, wie die Stuttgarter ihr Projekt noch vor der Monte 1981 einstampften. Nach einer Saison mit sporadischen Einsätzen in Deutschland war der lange Regensburger froh, wieder ein volles WM-Programm zu haben. Und hier begann ein Opel-Märchen.

Hier könnt Ihr lesen, wie es mit Opel ab 1980 weiterging. Kramt doch einfach mal auf Eurem Dachboden oder in Opas Keller nach „Zeitzeugen“. Das können Fotos aus der Zeit, Renntickets, Plakate, Zeitungsausschnitte usw. sein, die wir demnächst hier auf der Opel-Seite in einer großen Bildergalerie zeigen wollen.

Copyright: Opel

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4 Kommentare
Avatar von Reifenfüller50840
Thu Nov 28 17:12:47 CET 2013

Schöner Beitrag. Beim lesen musste ich an meinen seeligen Fiat 131 2000/TC zurückdenken, den hat der gute Walter ne Zeit lang auch recht flott um die Ecken bugsiert.

Avatar von dodo32 "Meister Lappi"
Tue Dec 03 16:15:44 CET 2013

Wow! Klasse Bericht! :cool: Vielen Dank dafür! :)

 

Was mir besonders positiv auffällt ist, dass obwohl der Hersteller wohl selbst der Vefasser ist, er das damalige Geschehen im Hinblick auf Entwicklungen etc. selbstkritisch beleuchtet. In so einer Form habe ich das hier auf MT noch selten erlebt. Schon gar nicht von einem Deutschen Hersteller. Respekt! :cool:

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