12.01.2017 16:35
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VincentVEGA_
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Kommentare (10)
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VEGA Motors
Erstserie oder lieber ein spätes Modell?Ja, der Artikel war so nicht geplant.
Nein, diesmal keine eigenen Fotos, da ich das Auto für diese Reihe nicht vorgesehen habe.
Doch, er passt hier rein. Autos für die Liebe auf den zweiten Blick. Das ist er doch definitiv.
Der W220 ist die meistumstrittene und ungeliebteste aller S-Klassen. Wie konnte es soweit kommen? Was wurde falsch gemacht? Was spricht denn trotzdem für ihn? Mit all diesen Punkten möchte ich mich hier befassen.
Als er neu auf dem Markt war, war ich noch ein Grundschulkind. Also die früheste Zeit, an die man sich noch recht gut erinnern kann. Somit ist klar, wieso gerade der W220 mir als DAS Luxusauto in Erinnerung ist und auf mich noch heute prestigeträchtig und fortschrittlich wirkt - wie wahrscheinlich auf viele in den frühen 90ern Geborene. Mehr Faszination hat für mich eigentlich nur der CL. Eine fahrende Skulptur, formvollendet und kraftvoll.
Andererseits gibt es genug zum Meckern, hauptsächlich über die Qualität. Das Design wird auch mal angekreidet. Um die Jahrtausendwende war es um die Qualität von Mercedes nicht mehr so gut bestellt - Profitdruck der Welt-AG.
Sehen wir uns den W220 einmal an. An sich ist er ja schon ein Fortschritt zum W140: Im Gegensatz zu seinem elefantösen Vorgänger ist er zeitgemäßer, der 220er ist wendiger, etwas kleiner und vor allem leichter. Er fährt sich agiler, flotter und der Verbrauch sank auch. Konzeptionell lässt sich der S-Klasse dieser Baureihe also wenig vorwerfen.
Das Heck ist dafür umso besser gelungen, die dreieckigen Leuchten, die deutlich weiter als in der 2000er C-Klasse um die Ecke herumgezogen sind, erzeugen Spannung, wirken dennoch ungemein elegant.
Man sieht übrigens sehr deutlich, dass das Interieur anfangs sehr auf eine Ausstattung mit dem COMAND ausgerichtet wurde. Bestellte man es nicht, wirkt es doch recht schräg, siehe Bild. Der Halbkreistacho ist genauso wenig zeitlos wie die Spiegeleier neben dem Kühlergrill, doch das macht diesen Wagen gerade so besonders - in Details ist er unperfekt und modisch. Das macht ihn nahbarer als den strengen W140 und vor allem auch herrlich zeitgeistig.
Doch das sind alles keine harten Fakten. Was kann er? Platz? Hat er genug. Kraft? Selbst der S 320 ist keine Schnecke und kommt im Alltag gut voran. Komfort? Ich muss doch sehr bitten, das ist doch bei einer S-Klasse selbstverständlich!
Doch je mehr wir nachfragen, um so unsicherer werde ich. Prestige? Nun, irgendwie weniger als die anderen Baureihen... Langzeitqualität? Wirkt auf den ersten Blick etwas billig, aber hmmm, er sollte trotzdem halten...
Billig? In der S-Klasse? Oh ja. Ich hatte schon das Vergenügen mit einem S 430 lang. Die Klimaautomatik hatte mal ihre 5 französischen Minuten und sponn, ansonsten waren die elektrischen Funktionen o.K. Mal abgesehen von "normalen" Gebrechen wie Pixelfehlern. Motor und Getriebe litten nicht unter Wartungsstau und funktionierten demensprechend ohne Tadel. Ausgelutscht wirkte er auch nicht. Langzeitqualität, kann er doch auch?
Nun, mechanisch hält der W220 bei der notwendigen Pflege, die man bei einem Wagen dieser Klasse nicht unterschätzen darf. Kleiner Trost: Viele Verschleißteile sind günstiger als man denkt. Der große Feind lautet allerdings ROST. Eine S-Klasse, die überall gammelt? Nun, beim W116 war das doch recht normal. Auch frühe W126 können ordentlich rosten. Warum sollte man es dem W220 also dermaßen ankreiden?
Und da ist dann nun der W220, mit etwas künstlich anmutendem Leder, das Falten wirft. Mit billigen Hartplastikschaltern, die knarzen und indifferent einrasten. Mit Holzfurnier, dass nach Plasik aussieht.
Der W220 ist qualitativ sicherlich nicht so übel wie es sein katastrophaler Ruf vermuten lässt. Trotzdem nimmt man ihn als negativ war - weil er die zuvor gelegte Messlatte sicht- und fühlbar unterschreitet. Ein No-Go für eine S-Klasse.
Grund genug also, bei der Mopf (Modellpflege) 2002 so einiges anzugehen. Glücklicherweise nahm sich Mercedes die richtigen Stellen vor. Die Spiegeleier wurden durch Klarglasoptik statt trüber Streuscheibe appetitlicher angerichtet, die Haptik wurde wieder verbessert und als Zugabe gab es aktuelleres Infotainment. Auch die Rostanfälligkeit wurde gesenkt.
Was spricht gegen den späten W220? Ach ja, die Vernunft. Aber hatte ich eigentlich erwähnt, dass der W220 gegenüber seinen Vorgängern sehr effizient, schlicht und modern ist? Dass es mit dem S 320 CDI auch einen brauchbaren Diesel gibt? Dass sein Nachfolger zwar wieder autoritärer, aber nicht eleganter ist? Dass aufgrund des mäßigen Images die Preise für ein gutbürgerliches Bankkonto erträglich sind? Na also. Vernunft? Kann er auch! Der größte Feind ist weder der 7er noch der A8, denn man entscheidet sich in dieser Klasse üblicherweise anhand der Marke. Der W211 ist außen wie innen noch gefälliger, bietet ebenfalls genügend Platz für fast alle Lebenslagen und ist im Unterhalt günstiger. E sticht S dann doch in der Vernunft aus, doch eins kann der W211 nicht: Eine S-Klasse sein.
P.S.: Trotz aller Vorzüge des Faceliftmodells komme ich von der Erstversion nicht weg. Es ist nun mal das Auto, dessen Prospekte ich begeistert verschlungen habe, dass sich auf den Titelseiten der Autobild 1998 in meine Erinnerung eingebrannt hat. Und die einzige S-Klasse, die sich der Perfektion mutig entsagt hat. Daher habe ich eine Umfrage angehängt. |
12.01.2017 16:53 |
Goify
Hat man ein dickes Bankkonto, ist so ein W220 eine gute Idee, hat man das aber nicht, sollte man um High-Tech-Fahrzeuge ab Mitte der 90er einen großen Bogen machen. In einem gut ausgestatteten W220 ist noch immer eine ganze Menge mehr Elektronik verbaut als in einem voll ausgestatteten Golf und da diese Teile mittlerweile über 15 Jahre alt sind, werden sie nach und nach kaputt gehen und da alles über einen CAN-Bus gesteuert wird, kann man nicht einfach so mit Teilen aus ebay Puzzle spielen, weil die Teile nicht erkannt werden. Da braucht es schon sehr tiefe Kenntnisse.
Ach ja, in den V8 stecken 16 teure Zündkerzen und der V12 gleich mal 24 wegen der Doppelzündung!
Liest man die Kaufberatung zum W140, wird einem Angst und Bange, weil dieser Wagen eigentlich schon nicht mehr wirklich geeignet ist, um als halbwegs bezahlbarer Youngtimer zu gelten, weil er zu teuer im Unterhalt ist. Der W220 ist da ja noch extremer und zudem noch rostanfällig.
12.01.2017 16:57 |
VincentVEGA_
Das ist nicht falsch, weshalb ich da auf die Mechanik abgestellt habe, die i.d.R. recht langlebig ist.
Mit der Elektronik ist es ja wie russisches Roulette.. entweder man hat unverschämtes Glück und alles hält ewig... oder die Karre ruiniert einen Durchschnittsverdiener nachhaltig. Es kann einen jederzeit treffen - oder auch nicht.
12.01.2017 17:19 |
Goify
Dass es einen früher oder später trifft, ist unumgänglich. Die Frage ist nur wann und was man dann tut. Im W202-Bereich gibt es so manche Leute, die dem Wahnsinn nahe sind, weil das SAM nicht mehr richtig funktioniert und dir den halben Wagen lahm legt. Da müssen dann teils Experten zu Mercedes in die Werkstatt eingeflogen werden, die auch nicht immer helfen können. Natürlich kann man auch alles gegen Neuteile ersetzen, aber dann ist ein Jahreswagen W222 billiger.
12.01.2017 20:10 |
124er-Power
Als Normalverdiener sollte man sich generell kein Oberklasse Fahrzeug anschaffen.
Fernab der Marke und Baujahr.
Solche Autos sind ein finanzielles Risiko und können dich schnell ruinieren
12.01.2017 20:32 |
VincentVEGA_
Wer so ein Auto will, sollte das Risiko kennen und Reserven einkalkulieren. Ich werde bei einem Sechszylinder S 350 (also verbessertes Facelift) schon etwas schwach, da ist die Wartung etwas preiswerter und viele Extras haben die "Sparmodelle" meistens auch nicht wirklich.
Bei diesem unvernünftigen Vernunftkauf würde ich trotzdem als Minimum 200 Euro für Wartung und Reparatur monatlich einplanen.
13.01.2017 08:40 |
pico24229
Habe für Facelift/Modellpflege gestimmt, aber fast immer gefällt mir das Vor-Mopf besser
Der W220 ist elegant aber auch ein bisschen langweilig. Innen gefällt er mir ganz gut, besser als der W211, aber er ist mir insgesamt zu rund. Von Außen gefällt mir der W211 sehr gut, aber auch der ist mir insgesamt einfach ein bisschen zu rund.
Es ist definitv richtig dass eine S-Klasse/7er deutlich teurer ist als eine C- oder E-Klasse, die sich wenig nehmen. Allerdings muss auch nicht jedes Mal ein obergau entstehen. Aber die Wahrscheinlichkeit für teure Defekte ist halt höher. Aber von Kosten wie neue S-Klasse kann nicht die Rede sein.
13.01.2017 11:57 |
Trottel2011
Wenn ich mir anschaue, welche Probleme die W220er haben im Vergleich zum X308, dann geht der X308 klar als Sieger hervor... Haltbarer, weniger rostanfällig und weniger Technikausfälle. Dabei hat der X308 alles drin, was der W220 hat, mit Ausnahme von ESP.
13.01.2017 12:16 |
Goify
Auch eine aktive Abstandsregelung, einen digitalen Tacho und Massagesitze? Und 500 PS ohne AMG-Paket ist wohl auch einzigartig.
EDIT: Tatsächlich, Jaguar hatte ab 1999 auch einen adaptiven Tempomaten und sogar noch vor Mercedes (wenige Monate). Das war mir neu.
13.01.2017 12:20 |
Trottel2011
Die Sitze brauchen keine Massage funktion da orthipädisch
Abstandstempomat: war vorgesehen (schon 97) aber wurde erst 2004 eingeführt. Die Lampe habe ich schon drin
AMG braucht keiner... XJR und gut
Ist sowieso schneller 
03.07.2018 21:39 |
VMF
@Trottel2011
Deshalb bist Du nun auf einen Fiat 500 mit 69 Pferdestärken umgestiegen
Zugegeben, ein schicker Kleinwagen. Aber Du weißt ja: Fiat = Fehler In Allen Teilen
Ich fahre jetzt übrigens seit über 20 Jahren "ältere" Gebrauchtwagen der E-Klasse (aktuell die dritte) und kann im Nachhinein nur eines sagen: Ich hätte es nicht besser machen können. Alles andere davor war wesentlich anfälliger. Der Opel Calibra, den ich 1992 neu erworben hatte (mein erster und letzter Neuwagen) hat da im Vergleich sogar den Vogel abgeschossen (im Vergleich, weil es ja schließlich ein Neuwagen war).
PS:
Zumindest zu Zeiten, als ich mich noch als jungen Mann bezeichnen konnte, haben die Briten einen ganz schlechten Ruf gehabt, was Verarbeitung und Wertigkeit angeht. RR wahrscheinlich mal aussen vor.
Deine Antwort auf "VM #20: Das schlechteste Beste Auto der Welt?"