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StefanG74

Sat Aug 29 10:04:31 CEST 2009    |    StefanG74    |    Kommentare (35)    |   Stichworte: Audi, Diesel, Kuh, q7, TDI, V12

Audi Q7 V12 TDIAudi Q7 V12 TDI

Rendevous mit der 12er Kuh

 

Gewünscht hatte ich mir eine Probefahrt schon, seit ich das erste Mal vom Audi Q7 V12 TDI gehört hatte. Und heute sollte es soweit sein: Ich darf einen Tag lang das Auto mit dem stärksten Seriendiesel-Motor der Welt fahren. Ein SUV der Superlative. 500 PS und 6 Liter Hubraum, über 5 Meter lang, vollgestopft mit allen nötigen und unnötigen elektronischen Spielereien, auf mächtige 295er „Hufe“ gestellt und knapp 2,6 Tonnen schwer.

 

 

 

 

 

 

Die Schlüsselübergabe ist unspektakulär. Der Mitarbeiter, der mir den Schlüssel im Vorbeigehen in die Hand drückt, bittet mich fast flehend auf die Felgen aufzupassen („Die ziehen die Randsteine magisch an“). Und schon stehe ich ganz alleine da. Mit dem Schlüssel zu einem Auto mit einem Neupreis von rund 164.000 Euro. Ich denke kurz darüber nach, dass man für das gleiche Geld auch 16 ½ VW Fox oder 9 VW Golf in Basisausstattung kaufen könnte und dann steht sie vor mir:

 

 

Königsblau funkelnd und richtig richtig groß!

 

Audi Q7 V12 TDIAudi Q7 V12 TDI

„Automobile Unvernunft“, „unzeitgemäß“ oder „Straßenpanzer“ – das sind Schlagworte und Begriffe die man immer wieder in Zusammenhang mit dem Q7 hört. Aber nichts davon trifft in diesem Moment auf das Automobil zu, dass unter dem Vordach steht und auf mich wartet. Ich bin noch nicht ganz beim Auto angekommen, da höre ich es schon von der Seite: „Mann .. Mann … Mann was ein Auto!“. Ein älterer Herr, der gerade mit seinem Mercedes CLS AMG vorgefahren ist, läuft begeistert auf den Q7 zu. Als ich die Taste am Schlüssel für den Türöffner drücke geht das „Interview“ auch schon los: „Wie viel PS hat der?“, „Das ist doch kein Zwölfzylinder, oder?“, „Was kostet der?“. Ich antworte so gut ich kann und meinen Einwand, dass es sich nur eine freundliche Leihgabe für einen Tag handelt überhört der Mercedes-Fahrer vor lauter Begeisterung. Nicht glauben will er die 1000 NM Drehmoment. Seine Frau hält sich dezent im Hintergrund und meint nur abfällig: "Was ein hässlicher Kasten".

 

 

 

 

 

Aber eigentlich will ich ja gar nicht über das Auto reden, sondern nur damit fahren! Im Cockpit fühle ich mich als Audi-Fahrer sofort wie Zuhause. Alles am gewohnten Platz, viel Raum und edle Materialien um mich herum. Erst beim Blick auf den Tacho, der bei 310 km/h endet, wird mir wieder bewusst, dass dieses Auto nicht 240 PS hat, wie mein sonstiges Fortbewegungsmittel, sondern 500.

 

Spiegel und Sitz lassen sich elektrisch und sehr komfortabel einstellen, erstes Ziel ins Navi eingeben und noch kurz mit der TV-Funktion gespielt und dann kommt der große Moment: Ein leichter Schlüsseldreh lässt den Zwölfzylinder mit einem leisen Grummeln erwachen. Würde man mich jetzt blind in das Auto setzen – ich könnte auf Anhieb vermutlich nicht sagen, ob ich in einem Fahrzeug mit Benzin- oder Dieselmotor sitze. Auf jeden Fall würde man aber erraten, dass es eine gewaltige Maschine sein muss, die hier ihre Arbeit verrichtet.

 

Gleich nach den ersten Metern kommt eine kleine Steigung und ich muss zwangsläufig etwas mehr Gas geben. Erstaunlich sanft reagiert das knapp 2,5 Tonnen schwere Fahrzeug auf den Gasdruck, verlässt das große Gelände mit der vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit und umschifft einige Fußgänger und Frauen mit Kinderwägen mit souveräner Gelassenheit.

 

 

Audi Q7 V12 TDIAudi Q7 V12 TDI

Bevor ich die Kuh in die freie Wildbahn entlasse will ich mich noch etwas mit dem Fahrzeug vertraut machen und fahre über einige abgelegene Straßen des Voralpenlandes. Ich teste verschiedene Einstellungen beim Luftfahrwerk und entscheide mich angesichts der Schlaglöcher für die Einstellung „Comfort“.

 

Auf einem Parkplatz halte ich für ein kleines Foto-Shooting an. Kaum sind die ersten 3 Fotos im Kasten, nähert sich von vorne ein schüchterner junger Mann, der hier mit seinem Uralt-Kadett pausiert. Er kommt schrittweise näher, bis er sich schließlich die Nase an der Seitenscheibe platt drückt. Entschuldigend meint er: „Na DEN muss ich mir angucken – so einen sieht man schließlich nicht alle Tage“. Nachdem er mir 5 Minuten lang seine Lieblingsautomarken aufgezählt hat holt er sogar noch seine Kamera, stellt sich vor die Kuh und will ein paar Erinnerungsfotos von mir geknipst haben.

 

 

 

 

Fast wehmütig verabschiedet er sich von der Kuh und ich steige ein um die nächste Etappe meiner Tagestour anzutreten.

 

Vorher steigen aber noch vier Familienmitglieder zu. Unser Sohnemann und sein Kindersitz finden bequem in der 3. Sitzreihe Platz. Alle freuen sich über das großzügige Platzangebot im Fond, über die getrennt regelbare Klimaanlage in der hinteren Mittelkonsole und natürlich werden gleich die in die Kopfstützen eingebauten kleinen Flatscreens einem ersten Test unterzogen.

 

Vor uns liegt die Fahrt in Richtung Oberstaufen. Stetig und teilweise recht steil geht es hier hinauf über das „Paradies“ bis nach Lindenberg. Im Kolonnenverkehr, der an diesem Morgen leider herrscht, bewährt sich das Adaptive Cruise Control hervorragend. Als die Straßen dann endlich freier werden habe ich einen BMW M5 vor mir, der sich über die hartnäckige Kuh in seinem „Nacken“ bestimmt wundert.

 

 

 

Audi Q7 V12 TDIAudi Q7 V12 TDI

Trotz forscher Fahrweise wird die Kuh nie laut. Der Drehzahlmesser bewegt sich gemütlich zwischen 1000 und 2500 Umdrehungen und die Kraftentfaltung des Motors mit knapp 6 Liter Hubraum ist beinahe etwas unheimlich. Das Auto lädt ein zum gemütlichen Dahingleiten, zum souveränen Landstraßen-Cruisen. Niemals habe ich das Gefühl ein so schweres Auto zu fahren. Die Lenkung ist leichtgängig, präsizse und die kurvige Strecke macht richtig Spaß und das Luftfahrwerk tut sein übriges für eine entspannte Fahrt.

 

Bei der Fahrt durch die Innenstadt von Oberstaufen bleibt schon der eine oder andere Blick an der blauen Kuh hängen. Man hat aber nicht das Gefühl aufzufallen. Die Passanten haben sich längst an den Anblick der großen Audi-Kühe, der VW Touaregs, des BMW X5 und des Porsche Cayenne im deutschen Straßenbild gewöhnt.

 

 

 

Die Ermahnung bei der Schlüsselübergabe schießt mir durch den Kopf als die Straßen enger werden und so halte ich nach einem Parkplatz Ausschau. Nach einer Kaffeepause geht es wieder zurück auf die Landstraße und mangels einer Autobahn auf der geplanten Strecke ergibt sich die Chance für die erhoffte Vollgasbeschleunigung doch noch auf einer Schnellstraße.

 

Ich warne kurz meine Passagiere vor, nehme recht flott die Einfahrt zur Schnellstraße die erfreulicherweise leer ist und dann will ich es wissen: Ich trete das Gaspedal voll durch!

Gefühlte 2 Sekunden lang passiert: Gar nichts. Der Motor scheint noch einmal „durchzuatmen“. Aber dann brüllt der vorher noch so lammfromme Kuhmotor auf wie ein Löwe, den man aus seinem Mittagsschlaf geholt hat und bis ich überhaupt realisiere was los ist, zeigt der Tacho schon knapp 160 km/h. Nie hätte ich damit gerechnet, dass dieses mit 5 Personen besetzte Riesenauto mit einem Leergewicht von 2,6 Tonnen einen solchen Spurt hinlegen kann. Von der Rückbank höre ich nur noch ein Ächzen. Mein Puls rast und ich bin total begeistert. Da hier nur 130 km/h erlaubt sind entscheide ich mich dafür das Gaspedal wieder loszulassen und schon erstirbt die Geräuschkulisse und die Kuh gleitet wieder sanft und zahm dahin.

 

 

Audi Q7 V12 TDIAudi Q7 V12 TDI

Brav warnt mich der Spurwechselassistent Side Assist vor Autos die neben mir herfahren, das Autoradio spielt klasse Hits aus den 80ern und ich genieße es einfach nur, dass ich mit diesem Auto unterwegs sein darf. Als ein Lastwagen vor mir ohne zu Blinken ausschert stemmt die Kuh auf meinen Bremspedal-Befehl hin buchstäblich die Hufe in den Sand. Will sagen: Die Verzögerung der 20 Zoll Keramikbremsen ist fast genauso beeindruckend wie die Beschleunigung.

 

Etwas mühsam manövriere ich die Riesenkuh an der Tankstelle an einigen Autos vorbei zu einer freien Zapfsäule und stecke die Zapfpistole in den 100 Liter Tank. Jetzt wird es noch einmal spannend. Rund 150 km Landstraße mit einer Vollgasbeschleunigung und einer ansonsten eher unaufgeregten Fahrweise ergeben einen rechnerischen Durchschnittsverbrauch von rund 10,5 Liter. Da kann man wirklich nicht meckern. Ein Blick in den Bordcomputer verrät einen Allzeit-Verbrauch von 13,9 Litern. Die Vorbesitzer haben wohl doch etwas mehr auf die Tube gedrückt.

 

 

 

VerbrauchVerbrauch

Langsam neigt sich mein Rendevous mit der 12er-Kuh dem Ende zu. Ich lasse mir Zeit auf den letzten Kilometern und genieße den leise vor sich hin brummelnden Motor und die souveräne Kraftentfaltung bis zum letzten Meter. Dann steht die Kuh wieder unter dem Vordach, ich baue den Kindersitz hinten aus und suche unsere Sachen zusammen. Vor mir steht ein Audi A5 und der Besitzer sieht mir interessiert beim Ausladen zu. Augenzwinkernd meint er: „Ich habe das Auto am LED-Tagfahrlicht gleich erkannt“.

 

Bei der Schlüsselübergabe kommt es wie es kommen mußte: Kritisch werden die Felgen beäugt und die vordere rechte Felge hat eine Macke. „Keine Sorge“ meint der Mann der jetzt wieder den Schlüssel dieses Traumautos in der Hand hält. „Die Schramme hat er schon seit der ersten Probefahrt“. Erleichtert atme ich auf, gehe ins Gebäude und drehe mich noch ein letztes Mal um. Beinahe hätte ich der Kuh noch zugewunken ...


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