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PETROLHEAD's WORLD

Blog für alle mit Spaß am Verfeuern fossiler Brennstoffe. 2 Räder? 4 Räder? Unwichtig, Hauptsache motorbetrieben und mit gutem Gefühl bewegt. Alle Sinne ansprechend. Wer braucht schon mehr, als den Geruch von Sprit, heißem Öl und Reifen...

Wed Sep 20 21:00:41 CEST 2017    |    gaston73    |    Kommentare (33)

Quelle: Quartette Forum, User: Hazzardfox. Eingestellt: 20.11.2014Quelle: Quartette Forum, User: Hazzardfox. Eingestellt: 20.11.2014

Was ist erhaltenswert?

 

Die Altblech-Szene ist riesig und extrem vielschichtig. Das gilt insgesamt betrachtet ohne Frage, wenngleich es klare Präferenzen zu geben scheint, wenn man sich hin und wieder auf Young- und Oldtimer-Treffen begibt. Ein Benz ist zweifellos heiß begehrt, wenn man sich die zahllos aufgereihten, von Fadenkreuzen gekrönten Kellerfenster (wie ich die alten Benz-Kühlergrills liebevoll nenne) auf den Parkplätzen ansieht. Strichacht, 123, 124, 126, 108, 111, 116, aber auch 107, Pagoden oder Pontons, vereinzelt frühe 201er und 129er. Unendlich viele Benze. Durchaus hübsche Autos, da gibt es nichts zu meckern. Gerade späte 126 und frühe 124 haben es mir angetan, der 129 zählt für mich zu den schönsten Roadstern überhaupt.

Dann ist da noch Porsche. Der heilige Gral der Autoliebhaber. Legenden mit beeindruckender Historie, verbunden mit großen Namen, assoziiert mit den bekanntesten Rennstrecken dieser Welt. Die Preise für manche Modelle schießen durch die Decke, vor allem die der Luftkühler, deren heiseres Kreischen bei Volllast den Fans die Nackenhaare aufstellt. Selbst die bis dato ungeliebten, daher noch relativ erschwinglichen 996 scheinen das Tal der Tränen sukzessive zu verlassen. Warum nicht? Ein Porsche ist ein Porsche ist ein Porsche. Das gilt nach meinem Dafürhalten übrigens auch für die Transaxle-Zuffenhausener. Von wegen "Hausfrauen-Porsche"! 924, 944 und 968 sind großartige Fahrerautos, vom bulligen Schnellcruiser 928, den ich selbst schon das Vergnügen hatte zu fahren, ganz zu schweigen. Ein zeitlos schönes Auto. "Bulette ohne Arsch und Gesicht"? Colani, Du hast keine Ahnung, setz' Dich wieder!

Und dann gibt es da noch die völlig Entrückten. Lamborghini Miura, Ferrari F40, Maserati 3500 GT, 300SL Flügeltürer, Porsche 959, Alfa Romeo 8C oder ganz exotische Gesellen wie ein Cizeta Moroder V16 oder Bugatti Atlantic. Die Liste könnte endlos werden. Leider sind die Kandidaten dieser Kategorie wegen ihres exorbitanten Werts oft nur noch Stehzeuge in den Hallen von Sammlern, degradiert zu Spekulationsobjekten. Schade eigentlich. Sie wurden erhalten, aber wer hat noch das Vergnügen, sie zu sehen, geschweige denn fahrend? Selbst ein großzügig verglaster VW-Bus geht inzwischen auf sechsstellige Summen zu, da wird doch schon fast zwangsläufig lieber gehätschelt als gefahren.

 

Back to the roots?

 

Was ist also erhaltenswert? Was entscheidet überhaupt darüber? Die Rendite? Der Markt? Die Szene? Oder können, ja sollten andere Faktoren ausschlaggebend sein? Sentimentalität? Persönliche Erinnerungen wie das erste eigene Auto? Bei mir wäre das ein C-Kadett. Bei meinen Kumpels Ascona B, Käfer 1303, Audi 50 oder Polo 86C. Eine junge Dame in unserem Freundeskreis fuhr einen Mazda 323GT von 1982, das schnellste Auto der Truppe. Im Prinzip alles simple Gebrauchsautos. Weder exotisch noch mit heftiger Wertsteigerung gesegnet. Dennoch voller Erinnerung. Die ersten, längeren Touren, die dauernde Schrauberei daran, weil ein Auto mit 10-15 Jahren Anfang der 90er einfach meist fertig war. Knutschen mit der Freundin, bekloppte Aktionen wie Rallyefahren in der Kiesgrube, zweifelhafte Tuningmaßnahmen oder Wettrennen auf der Autobahn. Alles aus den 34 bis 60 PS rausholen (im Falle des Mazda 85, ein unbezwingbarer Gegner) :D .

 

Wer jetzt etwas spürt, hat genau verstanden, was ich meine. Die Poster an der Wand zeigten die Träume, das Unerreichbare. Das, was man mal angehimmelt hat. Die Realität war meist deutlich irdischer. Und die Erinnerungen daran verklären den Rückblick noch mehr. Die Sehnsucht nach dem ersten Auto ist nicht ungewöhnlich. Ich träume sogar ab und zu von meinen alten Autos. Und es fühlt sich oft irritierend gut an. Kein Wunder, handelte es sich doch um den ersten großen Schritt Richtung Freiheit und Unabhängigkeit.

 

"Den hatte ich auch mal."

 

Was wäre ein Oldietreffen ohne die typischen "Ach, so einen hatte ich auch mal"-Sätze? Die Geschichten von Erlebnissen in diesem oder jenen Auto. Was das für Autos waren? Sicher keine Lamborghinis, Flügeltürer oder Ferraris. Das waren meist Käfer, Kadett, Taunus oder Audi 80. Vielleicht BMW 1502, der 200D Strichacht als Studentenkarre oder der runtergerittene R4. Die Massenautos schreiben solche Geschichten. Hätten vor Jahrzehnten mal die Leute gesagt, das sei zu verbrauchender Alltagskram, nichts, das erhalten werden muss, wer könnte derlei Geschichten erzählen? Das führt direkt wieder zur Eingangsfrage danach, was erhaltenswert ist.

Das ist heute nicht so ganz einfach zu ermitteln, die Lager sind gespalten. Warum ist der Golf II schon so oft in Liebhaberhänden, der Kadett E oder Escort Mk. 3 oder 4 aber nicht? Warum ist ein Starrachsen-Volvo, BMW E34 oder MB 124 aus den frühen 90ern inzwischen gesucht, ein Omega A oder Ford Scorpio nicht? Wieso schießen die Preise für VW T3 konstant nach oben, die für Ford Transit nicht? Sicher, es ist alles eine Frage des individuellen Geschmacks, aber wenn man sich die nüchternen Zahlen ansieht, sprich Preise, Gesuche oder Fanclubs, dann herrscht über Präferenzen keine Unklarheit. Droht uns da auf Dauer nicht eine automobile Monokultur auf dem Altblech-Sektor? Wie die oben schon genannten Kellerfenster-Reihen? Massenhaft 911, 912 und 365? Ich will auch alte Franzosen AUSSER der DS und der Ente sehen, auch mal Audis aus den 70ern und 80ern, BMW E21 und E28 etc. Ich liebe die Vielfalt.

 

Wie wäre es mal mit einem Underdog?

 

Warum also nicht mal einen Renault 21 oder Peugeot 405? Vielleicht einen Citroën BX, einen frühen Passat 35i oder in der Tat den hervorragenden Omega A? Schon mal an einen Fiat 131 oder Alfa Arna (falls es noch welche am Stück gibt) gedacht? Kennt heute noch einer den Peugeot 309? Fast ausgestorben, obwohl langlebig und rostresistent, das Pendant zum ebenfalls sehr coolen R11. Oder mal statt des ewigen 190E einen Audi 80 B2 oder B3, einen Ford Sierra oder mal einen Ascona C wagen? Wenn's exotisch werden soll, könnte auch mal ein Talbot Solara, Fiat Regata oder früher Lada Samara vor die Garage kommen. Die fast vergessenen oder noch im Verbrauch befindlichen Autos, zu denen Leute was erzählen können. Diese Kontakte sind das Schöne.

Wie sieht es bei Euch aus mit den Underdogs? Was findet Ihr erhaltenswert, was kann verheizt und in die Presse geworfen werden? Immerhin waren Käfer, Kadett und Co. ja auch mal profane Massenautos fernab eines potentiellen Sammlerstatus, ebenso 2CV und R4. Geschunden bis zum letzten Atemzug, dann entsorgt. Was ist Euch wichtig bei einem Oldie? Wertstabilität oder Emotion? Im Idealfalle vermutlich beides. Möchtet Ihr fahren oder geschützt stehend und selten bewegt bewundern? Ich meine das völlig wertfrei, jede Ansicht zu dem Thema ist legitim. Vielleicht habt Ihr ja selber eine Geschichte, die Ihr zu einem Eurer ehemaligen Autos erzählen wollt.

Lasst mich wissen, was Ihr dazu denkt...

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Mon Sep 18 21:55:44 CEST 2017    |    gaston73    |    Kommentare (20)

Maximaler Kilometerstand bei älteren Fahrzeugen:


Der Traum vom Altblech...

 

Wie hoch darf der Kilometerstand sein? Beim Kauf, nicht selbst draufgefahren. Was ist zumutbar, was ein Wagnis? Ist das überhaupt verallgemeinerbar? Ich würde sagen, nein. Zu viele Faktoren beeinflussen das Wohl und Wehe eines langen Fahrzeuglebens. Was für Typen waren die Vorbesitzer, respektive Vorbesitzerinnen? Pfleger oder Fahrer? Im Optimalfalle beides. Erstbesitzer sind meist gewährleistungsgetrieben eben dies. Die Stempel im Wartungsheft sind entscheidend für den Wiederverkauf. Aber was kommt danach? Hängt nicht unwesentlich von der ersten Haltedauer ab. Wechselt der fahrbare Untersatz schon früh die Garage, geht's meist erst einmal so weiter, gern bei freien Schraubern, was nicht schlecht sein muss. Auch nach extrem langen Ersthaltedauern stehen die Chancen auf ein pflegliches Gnadenbrot für die Kutsche ziemlich gut. Wer kennt sie nicht, die Youngtimerjagd nach gepflegten Ersthandexemplaren aus Rentnerhand? 20 oder mehr Lenze mit Handwäsche und Leib- und Magenwerkstatt am sorgsam gehüteten Blech und seinen Innereien. Ein Traum...

 

Bitte jetzt sehr stark sein...

 

Was aber, wenn dem Hobel ein gnadenloseres Schicksal zuteil wurde? Ab in den Orkus der automobilen Hurerei? Alle paar Jahre einen neuen Schänder. Wartung ist für Weicheier! Immer volle Pulle, egal ob kalt oder warm. Öl erst bei der Warnleuchte kontrollieren und nachfüllen. Das Nachkippen macht die teerzähe Bracke endlich wieder annähernd flüssig. Bremsflüssigkeit erst wechseln, wenn sie am Stück ist. Garagen? Pah! Das Moos muss sprießen! In jeder Dichtung und Fuge! Der Lack muss bleichen! Waschanlage? Nur, wenn man sich selbst die Klamotten dran versaut. Parkrempler? Sch**ß der Hund was drauf! Rostlöcher? Gut für die Belüftung. Antenne abgeknickt? Egal, Cassette/CD geht auch. Soll ich weitermachen?

 

Wer nicht spätestens jetzt den Schweiß des Entsetzens auf der Stirne perlen fühlt, der gehört wohl entweder zum angesprochenen Personenkreis, oder empfindet einen silbernen Daewoo Rezzo mit Baumarktradkappen und Bob-der Baumeister-Sonnenblenden an den Fondtüren als prickelnd erregende Form der motorisierten Fortbewegung. Der Petrolhead aber wendet sich mit Grausen ab. Oder verfällt in sein Helfersyndrom. Nein, nicht jenes, welches einem zu Ruhm und Ansehen in Film, Funk und Fernsehen, im kleineren Rahmen bei Freunden und der buckligen Verwandtschaft verhilft. Es ist dummerweise das Helfersyndrom, das eben genau bei letzterer Gruppe für schief hängende Haussegen, Mitleid, Lachkrämpfe oder mindestens hochgezogene Augenbrauen sorgt: die Rettung automobilen Kulturguts kurz vor dem Exitus! Einem Beinah-Wrack - mit 3 Rädern in der Presse, mit einem in seiner eigenen Öllache - noch zu ein paar Jahren lebensverlängernder Maßnahmen zu verhelfen. Wer kann so etwas verstehen, wenn nicht ein veritabler Petrolhead? Eine rhethorische Frage, zugegeben. Alf Cremers würde mich verstehen... :D

 

91er Vectra in Weiß mit faustgroßen Rostlöchern in den hinteren Radläufen? Geht noch! Taxibeiger 89er 190D im Libanon-Look (ohne Radkappen, für die nicht eingeweihten Leser), abgeknicktem Fadenkreuz und einer viertel Umdrehung Spiel in der Lenkung? Ist doch geil! Scheintoter Passat 32B in einer Sinfonie aus Mattlack und Gammel? Sicher, warum nicht! 92er Volvo 940 Kombi mit 385.000 km, marodem Auspuff und lebloser Handbremse? Mooooment! Now we're talking...

 

Ich will Dich, schöner Roter...

 

Dabei sah die Anzeige ziemlich gut aus. Kilometerstand? Ist ein Redblock, gerade eingefahren. Baujahr 1992? Hm. Gut abgehangen. Und noch mit M47-Getriebe. Sehr gut. Sogar Austauschgetriebe. Noch besser, das M47 ist ein Sensibelchen, mag keinen beinharten Anhängerbetrieb. Nicht diese bierkastengroßen Hängerchen mit Schubkarrenrädern für Gartenabfälle, die sind kein Problem. Nein, zweieinhalb Meter breite und hohe, tandemachsige Anderthalbtonner unter großzügiger Ausnutzung der Maximalbeladung sind es, die dem 5.Gang im Dauerbetrieb den Garaus machen. Oder pausenlose Urlaube mit dem angehängten Groß-Wohnklo am Nordkapp, Sizilien, dem Ural oder der Algarve.

 

Ein längeres Gespräch mit der Besitzerin konnte diese Zweifel schnell beseitigen. Kein nennenswerter Hängerbetrieb UND eine neue Kupplung. Klingt gut, wenngleich dieses neu verbaute Teil später noch unangenehm auffallen sollte. Selbst der Standort Hildesheim, immerhin deutlich über 300 km von meiner Behausung entfernt, konnte mich nicht abschrecken. Was sind schon knappe 650 km für die Rettung 1385 Kilogramm schwedischen Altmetalls? Höre ich da Frauenstimmen? Los geht's! Meine diese Macke kennende Mutter erbarmte sich meiner und verbrachte mich an den Ort der Bestimmung. Ein kleines Kaff mit Namen Harsum, mir unbekannter Bewohnerzahl und zahlreichen, verschlafen-bäuerlich anmutenden Behausungen. Vor einer davon stand das Objekt der Begierde. Dunkelrot, mit leicht hängendem Hintern (die Federn werden mit der Zeit einfach schlapp) - und im Libanon-Look. Hier aber wegen der montierten Winterreifen.

 

Na, also, sieht doch gar nicht schlecht aus...

 

Eine Runde um den Großelch vor dem Klingeln verhieß aber eine ziemlich gute Substanz. Bis auf ein paar kleine Steinschläge am Frontscheibenrahmen praktisch rostfrei, überraschend gutes Interieur. Kein übler erster Eindruck. Die runderneuerten Winterpneus sind alt und schon etwas porös, haben aber noch gut Profil. Ich gehe zur Haustür und klingele. Ein Hund bellt, kurz darauf öffnet eine freundliche Frau mittleren Alters und heißt mich willkommen. Es entwickelt sich ein nettes Vorgeplänkel, dann gehen wir mit Schlüssel zum Auto und nehmen es unter die Lupe. Zumindest ich tue das. Sie kennt es ja bereits erwartungsgemäß gut.

 

Die gute Anmutung der Inneneinrichtung von außen findet innen ihre Bestätigung. Nichts ist verwohnt oder kaputt, bis auf den Teppich im vorderen Fußraum ist alles sauber. Es riecht so unnachahmlich nach alten Polstern. Das manuelle Schiebedach läuft leicht und leise, zudem ist es dicht, was durch den ergiebigen Regen zuvor klar wurde. Hier ist alles trocken. Erstaunlich vor dem Hintergrund des Alters und der Laufleistung. Ich freue mich leise. Die Zeichen stehen klar auf Probefahrt. Kurzzeitnummern drauf, Schlüssel 'rein und starten. Der dicke 2.3er Eisenklotz erwacht sofort zum Leben, begleitet vom typischen Rauschen des Kühlerlüfters. Allerdings röhrt er, der Elch. Es verrät sofort eine dröhnig-dumpfe Note im Unterton, dass der Abgasstrang den einen oder anderen Ausgang zu viel hat. Noch nicht dramatisch, aber deutlich hörbar. Egal, ich lassen den roten Schweden mit leicht schabendem Kupplungsgeräusch anrollen, vermutlich Flugrost auf der Schwungscheibe vom langen Stehen. Runter vom Hof und auf die Landstraße.

 

Handlungsbedarf...

 

Der 940 rollt endlich wieder, das Wummern der Reifen verschwindet langsam, den maroden Auspuff hört man innen kaum. Trotzdem ist der Motor etwas lauter, als erwartet. Der 2-Liter in meinem 740 läuft deutlich ruhiger. Aber jetzt gilt es erst einmal, dem eckigen Zeitgenossen auf den Zahn zu fühlen. OK, der Tacho spinnt. Zeigt fast immer zwischen 70 und 85 an, egal wie schnell ich fahre, Streckenzähler läuft aber normal, Wassertemperatur- und Tankanzeige gehen. Bremse ist etwas teigig und lässt sich recht tief reintreten, verzögert aber ordentlich. Immerhin hat der Gute ein Weilchen gestanden. Handbremstest. Und - nichts. Ich kann den Hebel bis zum Anschlag hochziehen, bis auf ein leises Kreischen und kaum erahnbare Verzögerung passiert nichts. Wahrscheinlich könnte ich den Kopf aus dem Fenster halten und den Mund weit öffen können, vermutlich würde ich vom dadurch erzeugten Luftwiderstand eher zum Stehen kommen. Da ist Handlungsbedarf. Wir rollen wieder auf den Hof, die Prüfung geht weiter. Ein Rütteln an der Kardanwelle offenbart ein ausgelutschtes Mittellager. Machbar. Das musste mein 7er auch über sich ergehen lassen.

 

Für die Verhandlungen begeben wir uns ins Haus. Die Stimmung ist trotz der von mir gefundenen Mängel gut, schnell werden wir uns einig. Angesichts der anstehenden Arbeiten an jenem Monument schwedischen Automobilschaffens werden aus den aufgerufenen 2500 Steinen schnell deren 2000. Wir tauschen Geld gegen Papiere, die Dame äußert noch ihre Trauer über die Abgabe des Volvo. 8 Jahre hat sie ihn gefahren, viele davon im Außendienst für eine Versicherung. Aber sie hat noch einen Turbo in Grün vor dem Haus, das dürfte den Schmerz lindern. Ich werde zu meinem Neuerwerb geleitet, wir wechseln noch ein paar Worte, dann mache ich mich auf die gut 320 km Heimweg, Erstbetankung im nächsten Ort, dann auf die Autobahn. Meine Mutter ist längst weg. Macht nichts, so kann ich mich voll auf das Auto konzentrieren.

 

Willkommen zu Hause...

 

Schnell ist es da, das typische Gefühl von Alt-Volvos. Diese Behaglichkeit und Entschleunigung. Fahren wie in Abrahams Schoß. Die Welt draußen fließt ruhig vorbei, der Motor brummt wohlig vor sich hin. Die dicken Sessel sind ein Traum an Komfort, sogar das unpassend knallbunt illuminierte Aldi-Radio funktioniert. Inzwischen ist auch der Tacho erwacht, und zeigt mir 120 km/h an. Da ich inzwischen weiß, dass der letzte Ölwechsel schon 5000 km überfällig ist, belasse ich es dabei. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht geht es heimwärts. Ach ja, die Radkappen für die Winterräder liegen bei den Sommerrädern im Kofferraum. Libanon-Look adé...

 

Fortsetzung folgt...

 

 

P.S.: 2000 sind viel für so einen Schlitten? Nicht wirklich, denn abgesehen von den langsam anziehenden Preisen für die alten Hinterradantriebs-Schweden hat meiner eine Menge teurer Neuteile bekommen, teilweise kurz vor dem Verkauf:

 

- neue Frontscheibe

- AT-Getriebe samt Ölwechsel

- neue Kupplung

- neuer Heckwischermotor

- neue Ansaugluftvorwärmung

- Zahnriemen und Wasserpumpe

- Kurbelwellensimmerring getriebeseitig

 

Ach ja, TÜV immerhin noch anderthalb Jahre. Ihr seht, es geht also eigentlich. Und die Laufleistung? Sehen wir es doch mal ganz klar: Solche Kilometerstände sind bei einem alten Schweden eher ein Versprechen, als eine Bedrohung... ;)

 

Zum Schluss eine kleine Umfrage: wie hoch darf für Euch der Kilometerstand eines Fahrzeugs, für das Ihr Euch interessiert, sein? Lasst mal hören...

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Wed Oct 28 13:22:12 CET 2015    |    gaston73    |    Kommentare (5)

Fiat-Leiche auf dem Weg ins neue Zuhause...Fiat-Leiche auf dem Weg ins neue Zuhause...

Ja, meine lieben Petrolheads, manchmal ist es einfach Zeit, mal einen neuen Weg einzuschlagen. Nach inzwischen beachtlichen 10 Jahren bei MotorTalk, zahllosen Kommentaren, erstellten Themen, erhaltenen und vergebenen Danke-Klicks, großartigen Hilfestellungen, erhitzen Diskussionen und wunderbaren persönlichen Bekanntschaften wird es Zeit für einen weiteren Schritt. Ich werde mich ab jetzt in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen hier zu allen möglichen Themen rund um die Bereiche Auto und Motorrad auslassen. Dazu zählen auch Reiseberichte, Tests, Kommentare und Glossen, sowie persönliche Überlegungen beinah philosophischer Art zur individuellen Fortbewegung auf 2 oder 4 Rädern :D .

 

Da ich mich selbst als leidenschaftlichen Altwagentreiber verstehe, und die Liebe für's rollenden Altmetall inzwischen auch auf die motorisierten Zweiräder übergeschlagen hat, befinden sich die Gegenstände meiner Texte naturgemäß zumeist in ihren besten Jahren, um es einmal diplomatisch zu formulieren. Ich selbst habe noch nie ein Fahrzeug besessen, das aus dem 21. Jahrhundert stammt. Diesen Umstand weiß ich wiederholt umso mehr zu schätzen, wenn ich mal wieder das zweifelhafte Vergnügen habe, ein "modernes" Fahrzeug zu bewegen, das seinen Besitzer, respektive seine Besitzerin mit allen möglichen Segnungen der zeitgemäßen Elektronik beglückt. Meine emotionalen Regungen diesbezüglich sind mit dem Wort "Begeisterung" sicher nicht ganz zutreffend beschrieben, aber darauf werde ich in einem meiner folgenden Artikel en détail eingehen.

 

Prinzipiell eint mich mit der kraftstoffbetriebenen Fortbewegung eine geradezu liebevolle Beziehung. Ich mag es, alles mitzubekommen. Nehmen wir meinen alten Volvo 740: im Leerlauf das leise Tickern der Ventile, beim Beschleunigen in den unteren Gängen das Rauschen des permanent mitlaufenden Kühlerlüfters. Bei konstanter Fahrt singen Getriebe und Differential leise im Duett, an der Ampel wiederum tanzt der Schalthebel milde in der Mittelkonsole im Takt sporadisch auftretender Zündaussetzer und dem niedrigen Leerlauf. Jede Fahrwerksaktivität kommt durch, der Fahrbahnzustand wird zuverlässig weitergegeben. Kein ABS, keine Airbags, kein ESP. Kein Soundgenerator, kein Klappenauspuff, kein Doppelkupplungsgetriebe. Fahren ohne Filter mit hinterer, LKW-artiger Starrachse.

Gleiches gilt im Grunde auch für meine alte BMW K75. Das ist fahren mit allen Sinnen, aber ohne jegliche elektronische Helferlein. Dazu noch den Elementen mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt, sieht mal einmal von der großen Tourenscheibe ab. Lebendiger kann man sich kaum fühlen. Auch hierzu später mehr.

 

Nun, ich hoffe, in der Zukunft das eine oder andere ansprechende Thema anbieten zu können. Vielleicht gibt es ja auch von Seiten meiner Leserschaft einmal Anregungen zu Wunschbeiträgen oder selbstredend auch kritische Anmerkungen. Ich lese die Kommentare aufmerksam.

 

Damit erst einmal genug von mir. Bis demnächst in diesem Blog...

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