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Käfer1500

Blog vonKäfer1500

Thu Feb 25 13:00:49 CET 2010    |    Käfer1500    |    Kommentare (3)    |   Stichworte: 11/150 PRIMA D, Autoroller, Käfer, Motorroller, NSU, Oldtimer, Wirtschaftswunder

meine-prima-d
Meine-prima-d

Die 50er Jahre in Deutschland. Unsere (Groß-)Eltern legten durch Fleiß und viel Arbeit im "Wirtschaftswunder" den Grundstein für unseren heutigen Wohlstand und versuchten die traumatischen Kriegserinnerungen zu verdrängen.

 

Mobilität wurde nun immer wichtiger, man wollte nicht mehr zur Arbeit und Freizeitbeschäftigung laufen oder mit der Bahn fahren. Zuerst fuhr man Mopeds, doch schon bald wollte man es komfortabler und moderner, konnte sich aber noch kein Auto leisten (der einfachste Käfer Standard kostete mitte der 50er Jahre ca. 3600 DM) - die Motorroller boomten!

 

Vorreiter waren die Italiener, wie die Mailänder Firma Innocenti mit ihrer "Lambretta". Die Neckarsulmer NSU Werke wollten den Trend nicht verpassen, also mußte schnell ein Roller ins Programm genommen werden, das bisher hauptsächlich aus Mopeds wie der "Quickly" bestand. So wurde man sich mit Innocenti einig und fertigte zunächst die "Lambretta" in Lizenz.

 

Aus deren Erfahrungen heraus wurde dann die "NSU Prima" Baureihe entwickelt und bei NSU als "Autoroller" bezeichnet. In der Tat konnte man mit einem solchen Roller auch zur Arbeit fahren, ohne sich Kleider oder Schuhe dreckig zu machen, selbst bei Regen bot er (mit einem Regenmantel) guten Wetterschutz. Daher war er auch bei den Damen sehr beliebt, da für die damalige Zeit äußerst komfortabel, weich gefedert, über Bremspedal zu bremsen und mühelos über den Elektrostarter zu starten. Der Preis war damals mit gut 1600 DM zwar fast halb so teuer wie ein VW Käfer Standard (Ovali) mit 30PS, aber dennoch bezahlbarer als ein Auto.

 

Doch nun zu meinen persönlichen Erfahrungen (er-fahren im wörtlichsten Sinne) mit meiner ex-Prima:

 

Ich besaß diesen optisch sehr ansprechender Roller in "bergblau" (Hellblau) mit viel Chrom und weißen Gummi-Einzelschwingsätteln aus Familienbesitz bis 1999.

 

Leider war die "Prima" technisch nicht alltagstauglich - die 3-Gang-Drehgriffschaltung rastete oft nicht richtig ein und verstellte sich dabei. Die Federung war zu weich, in Kurven fast gefährlich, zudem war die mögliche Schräglage sehr gering, einige Male setzte rechts der Endtopf auf. Die Bremsen entsprechen nicht mehr heutigen Erwartungen und erfordern vorrausschauende Fahrweise und zwangen mich ein Mal zum Ausweichen in den Acker. Der gebläsegekühlte Zweitaktmotor erreicht subjektiv kaum seine nominellen 6,2 PS (aus 150 ccm) und 81 km/h, zudem überhitzte er leicht, einmal blieb ich sogar mit hängendem Gasschieber (wegen Überhitzung im Bing-Einschiebervergaser verklemmt) liegen.

 

Die Kupplungsbetätigung erwies sich als unterdimensioniert, der Mitnehmerstift nutzte sich mit dermaßen ab, daß ich ihn mit ca. 35tkm tauschen mußte, aber es gab ihn nicht mehr zu kaufen. Überhaupt ist die Ersatzteilsituation schwierig, vieles ist nicht mehr zu bekommen, einige Teile nur noch sehr teuer bei Spezialhändlern (wie z.B. die zahlreichen Gummiteile, die einfach mit der Zeit porös werden). Wer die beinahe paradiesische Lage bei VW Käferteilen gewohnt ist, wo es noch fast alles gibt und sich die Preise durch die Konkurrenz und viele gute Repros in Grenzen halten, fällt hier aus allen Wolken. Die Kupplungswelle mußte ich mir also selbst nachdrehen und härten lassen.

 

Schließlich zwang mich sogar der TÜV, den Beifahrerhaltegriff (einen gummiummantelten Metallbogen) gegen eine gefahrlosere Variante zu tauschen, in meinem Käferteilelager fand ich schnell Ersatz in Form einer farbgleichen Gummihalteschlaufe. Neu war mir, daß es für manche Teile keinen Bestandsschutz gibt, d.h. auch ehemals zugelassene Serienfahrzeugteile nachträglich geändert werden müssen!

 

Mit etwa 44tkm kam dann das Ende mit einem kapitalen Motorschaden, und da ich keinen Ersatzmotor finden konnte, verkaufte ich den Roller dann leider an einen Sammler. Der stellte dann beim Zerlegen fest, daß er auch kein Schnäppchen gemacht hatte, denn der Kurbelwellenbruch beschädigte auch die Lichtmaschine, die ja gleichzeitig der Anlasser ist, wie er mir danach sagte.

 

Wenn ich abschließend die Zeit betrachte, die ich den Roller fuhr, ergibt sich mit der Zeit, die ich mit daran schrauben verbrachte, geschätzt ein Faktor 3:1. Ziemlich übel, beim Käfer sehe ich den als geschätzt 20:1 - 20h fahren, 1h schrauben.


Sat Jan 02 16:58:14 CET 2016    |    BoCaddy

Ich hatte so eine "Eleganz" in brillierendem Schwarz von meinem Vater überlassen bekommen, nach dem er sich im Jahr 1968 endlich ein "Dach über Kopf" für das Fahren gekauft hat. Der "Nusi" hatte aber schon bei 11 Tkm seine Schwächen: Der hintere Stoßdämpfer war schon keiner, was dann die Materialermüdung und Bruch der Tellerfeder auf der Radachse geführt hat. Dabei haben die Bruchteile das Gehäuse "ausgedreht" so, dass es beinahen in zwei Hälften zerfallen hat. Abgesehen davon, die Vordergabel ohne Stoßdämpfer war lebensgefährlich. Zwei Mal kam es dadurch während der Fahrt unerwartet zum Aufbäumen und Sprüngen - so wie bei einem Hengst! Beim ersten Mal stürzte ich ab und beim zweiten Mal gelang es mir den Nusi zu zähmen. Der Schock dabei war enorm.

Die Fehler nach der Reihe nach:

- Das untere Pleuellager bei 1100 km blockiert. Komplette Kurbelwelle samt Pleuel musste ersetzt werden, da es ein Produktionsfehler war.

- Hinterer Stoßdämpfer nach 5000 km kaputt

- Akkus jedes zweite Jahr ausgetauscht, da der Regler einen Konstruktionsfehler hatte. Dazu der Akkukasten innen durch die ausgekochte Säure schwer angerostet.

- Die 3 Eingreifstifte am Zahnrad für den 2. Gang schräg angenutzt. Als Folge sprang der Nusi oft aus dem 2. Gang in den "Leerlauf".

- Der Kupplungsbetätigungshebel beim Getriebe ist beim Achsauge "aufgegangen".

- Der hohle Stummel des Gebläserotors ist bei der Keilnut aufgegangen und somit die mit der Drehzahl verstellbare Nocke des Zündunterbrechers in der Stellung der größten Vorzündung blockiert. Ein Motorstart mit dem Anlasser war darauf nicht möglich.

- Die Bremsen waren eine Katastrophe. Die bei einem Motorrad so wichtige Vorderradbremse hatte kaum Bremskraft und die Hintere war durch die fehlende Wirkung eines funktionierenden Stoßdämpfers stark geschwächt.

- Mehrmals wurden Kolbenbolzen und der obere Pleuellager ausgetaucht.

 

Trotz allem, der Nusi war mein erstes "Motorrad" und ich verbrachte mit ihm unglaublich viele schöne Stunden.

 

BoCaddy

Fri Jun 29 20:55:33 CEST 2018    |    johannesleitner

Nicht der Regler ist die Fehlkonstruktion, sondern die heutigen chinesischen Batterien. Ich habe verschiedenste alte Fahrzeuge. Vor 20 Jahren hielten Batterien noch an die 8-10 Jahre, heute ist jährlicher Austausch nötig. Mein Händler hat kürzlich die Garantie von 2 Jahren auf 6 Monate herunter gesetzt ("Batterien sind inzwischen Saisonware"). ALternativen habe ich bislang keine gefunden. Wer von Nachhaltigkeit redet, sollte hier mal den Hebel ansetzten. Nicht nur die Lebensdauer, auch die katastrophalen Herstellungsbedingungen gehören an den Pranger.

Sat Aug 11 15:02:07 CEST 2018    |    BoCaddy

Die Batterien waren von Bosch - so wie der Regler. Ob Robert seine GmbH im Jahre 68 in China produziert oder eingekauft hat, weiß ich nicht. Ich denke, damals waren eher Japan und vor allem Südkorea Länder wo die Europäischen und USA Händler billig eingekauft haben. China ist erst die letzten 20 Jahren im Aufstieg.

Deine Antwort auf "Meine Erfahrungen mit der NSU Prima D - leider nicht "prima""

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